(Noch ein Erfahrungsbericht) Damage Control Demonizer und Womanizer


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Beitrag von Friedlieb vom Mai 05. 2005 um 16:48:23:

Tach,

nachdem Jochen ja hier und da schon was zum Womanizer geschrieben hat, und ich die beiden Monster schon ein paar Tage hier im Einsatz habe, muß ich ja wohl auch so langsam mal was dazu schreiben.

Vorweg muß ich allerdings eine Vorwegschickung vorwegschicken. Die meisten von Euch wissen ja, daß ich gelegentlich was für Jacques Isler mache, und da bin ich ja nicht der einzige hier. Da nun Jacques den Vertrieb für Damage Control in fast ganz Europa übernommen hat (bis auf das kleine gallische Dorf glaube ich), bietet es sich prima an, hier ein reines Werbepostings meinerseits zu unterstellen.
Ich versichere, das ist nicht der Fall. Natürlich bin ich potenziell befangen, deshalb schaffe ich ja auch die Transparenz, damit jeder diesen Umstand entsprechend mit berücksichtigen kann. Aber wenn ich etwas sage, dann meine ich das so, dafür kennt ihr mich gut genug.
Jacques hatte auch den Vertrieb für Daisy Rock Gitarren, und dazu habe ich zum Beispiel nie einen Satz gesagt.
Jetzt hat er mal wieder was zum volldraufabfahren im Programm, und da sage ich mal wieder was.
Ende der vorweggeschickten Vorwegschickung.

Als ullli vor eineinhalb Wochen bei mir zu Besuch war, sind wir auch mal nach Köln zu Jacques gefahren (danke nochmal für Erdnüsse und Cookies, und gute Besserung an den Blinddarm) und auf dem Rückweg hatten wir zwei Kartons mehr im Auto, einen Demonizer und einen Womanizer. Inzwischen habe ich beide in fast allen Lebenslagen getestet und kann was berichten. Das kann ich natürlich nicht so schön wie Jochen, und vermutlich auch nicht so akkurat wie Dieter Roesberg in der kommenden Gitarre&Bass, aber dafür halt eben friedliebiger, lest es oder lasst es.

So, jetzt gehts los.

Echt.

Demonizer vs. Womanizer? Als erstes fragt man sich natürlich, warum zwei Geräte? Warum kann man diese Funktionalität eines zwei-Röhren-Preamps nicht auch so gestalten, daß man beide Geräte Womanizer und Demonizer in einem Gehäuse hat, und so natürlich auch viel weniger dafür bezahlt? Das war jedenfalls meine erste Frage. Und - brauch ich nur einen, wenn ja welchen, oder brauch ich beide?

Also eigentlich kann man schon beide brauchen, die meisten werden sich aber für einen entscheiden. Beispielsweise Burke und Felix wären imho Demonizer-Leute. Jochen und Michael Womanizer-Anwender.

Man kann mit dem Womanizer fantastische HiGain-Sounds erzeugen. Man kann mit dem Demonizer einen erstklassigen Clean-Sound machen. Der Womanizer hat aber die Mitte seines Spektrums an der Stelle, wo es gerade anfängt, von Clean auf Crunch umzubrizzeln, während der Demonizer diesen Mittelpunkt in Richtung satter Crunch verschiebt. Außerdem haben beide völlig verschiedene Klangregelungen.

Beide Geräte haben einen Regler für den Output-Level, natürlich den Drive-Regler und den Kompressor-Regler.
Das ist ein Opto-Compressor, den selbst ulllis kritische Studio-Ohren spontan als "wirklich sehr gut" klassifiziert haben. Ich bin noch nie mit einem Kompressor klargekommen, konnte nie was damit anfangen. Der hier ist richtig geil, und man fragt sich, wieso die bisherigen Fußboden-Röhren-Preamps sowas kaum mal dabei haben. Ich möchte den jedenfalls jetzt nicht mehr missen.
Dann gibt es noch zwei Doppel-Regler. Einmal einen semiparametrischen Equalizer in der Vorstufe, also ein Regler für die Arbeitsfrequenz und einer für Cut/Boost. Der EQ ist bei den Geräten unterschiedlich abgestimmt und wie Jochen schon schrieb macht er extremste Einstellungen möglich, man kann ihn sogar als Wah einsetzen.
Außerdem haben beide noch einen "Nuclear Mode", das ist sowas wie Doc Browns "Super Zündis" bei Zurück in die Zukunft (Teil 3): eine Extra-Schippe Gain (15 bzw. 20 dB). Da bleibt dann kein Auge trocken. Auf Sessions wird der Nuclear Mode sicher in Lothy Mode umbenannt werden.
Hinter der Zerrstufe kommt nochmal ein Doppelregler, der sich allerdings bei beiden Geräten total unterscheidet.

Der Womanizer hat schlicht einen Bass- und einen Treble-Regler, mit dem man quasi wie am Pult noch Bässe und Höhen nachregeln kann, wobei die Arbeitspunkte ziemlich gut gewählt sind. Ich konnte jedenfalls damit nahezu jeden guten Sound einstellen, den ich wollte. Außerdem kann man damit irgendwelche spezifischen Probleme des Amps ausbügeln, den man zum lautermachen nimmt.
Mit dem semiparametrischen EQ kann man vor allem im leicht angezerrten Bereich sehr feinfühlig genau die Tonhöhe bestimmen, bei der es zuerst zu zerren beginnt, und allein das ist sowas von geil, daß man es einfach mal gehört haben muß.

Beim Demonizer wirkt der semiparametrische EQ etwas breiter (geringere Flankensteilheit oder Q, wer's genau wissen will) und auch die Frequenzen sind anders. Dann gibt es noch einen Treble-Regler hinter der Zerrstufe, und als besonderes Highlight einen Scoop-Regler, mit dem man die Mitten-Ausdünnung einstellen kann, und so im Grunde stufenlos zwischen mittigem Hardrock-Sound und modernem Heavy-Badewannen-Sound mit zurückgenommenen Mitten überblenden kann.

Vor einem Amp sind beide als hervorragender Verzerrer zu brauchen. Ich hab ja vor dem Reu-Spider schon ein paar röhrige Vorschalt-Teile getestet und hab jetzt eigentlich erstmals etwas gefunden, was mir wirklich noch eine neue geile Nuance in den Ton bringt.
So richtig überrascht war ich aber von dem Sound, der plötzlich aus meinem kleinen alten SOB kam, den einige ja kennen, weil ich ihn zB in Darmstadt als Monitor dabei hatte. Der klang ja eigentlich in allen Konstellationen immer nur scheiße. Mit dem Demonizer davor wird er zum Monster. Unglaublich. Ich hab es in all den Jahren mit POD und VAmp nie geschaft, aus dem Teil so einen richtig geilen Sound rauszuholen, und dann das.

Direkt in die PA geht auch. Der Womanizer hat eine Speakersimulation eines 1x12er Combo-Amps drin. Der Demonizer simuliert eine geschlossene 4x12er Box. So ne gute Speaker-simulation habe ich noch nicht gehört, die ist noch einen Tacken besser als zB die HK Red Box, und die fand ich schon gut. Keine Digitaltechnik involviert, ich habe keine Prozessoren und so ein Zeugs in den Geräten gefunden, alles schön analog.

Wie der Direct Out des Womanizer klingt, hat Jochen ja schon eindrucksvoll vorgeführt. Über die PA klingt es Killer. Ich fand meinen Direkt-Sound POD->PA ja schon geil, aber das hier ist echt um Klassen besser, und das meine ich jetzt wirklich so. Übrigens hätte ich damit nicht gerechnet, als ich die Geräte bekommen habe. Ich dachte schon, daß sie gut sind, habe sie aber vor allem als Bodentreter gesehen. Mir war überhaupt nicht klar, daß sie als Direct Devices den POD und den VAmp so deklassieren würden.
Wenn ich demnächst mal wieder mit kleinem Besteck losziehen muß, dann brauche ich nur eine Gitarre und den Womanizer. Oder den Demonizer, dann klingt es sofort wie Nuno Bettencourt - nur der Sound, nicht der Ton... ;-)

Zum Aufnehmen werde ich den VAmp jetzt auch erstmal nicht mehr benutzen. Einen Aussenjam hab ich schon fast fertig, bin halt nicht so schnell wie Jochen. Aber der Sound ist um soviel besser als das Digizeugs, daß es einfach überhaupt keinen Grund mehr gibt, es zu verwenden. Natürlich sind keine Effekte dabei, aber die hab ich ja im Computer. Und natürlich kann man keine Sounds speichern, das ist tatsächlich schade, aber dafür wäre halt wieder Digitaltechnik erforderlich gewesen. Die Digitalos haben auch mehr verschiedene Sounds, aber wie ich früher schon mehrfach geschrieben habe: was nützt es, drölf Fantastilliarden Sounds zu haben und keiner ist so RICHTIG geil? Die Damage Control Teile haben sicher im Vergleich zB zum POD "nur" ein paar Tausend verschiedene Sounds, aber die sind alle toll. Wie halt ein richtig guter Amp mit ausgefeilter Klangregelung.

Optisch sind die Teile ziemlich lecker. Man sieht es dem Gehäuse an, daß es vom gleichen Designer stammt, der auch die Line 6 Modelers entworfen hat. Halt ein bißchen, als ob jemand die heimlich in der Enterprise irgendwo von einem geheimnisvollen Pult abgeschraubt hätte. Die auf den Input bezogene Lightshow ist ein nettes Gimmick und wird dafür sorgen, daß demnächst wieder viele Gitarristen vor sich auf den Boden schauen.
Die Funktionsanzeige durch Beleuchtung der Röhrenkammern mit jeweils mehreren verschiedenfarbigen LEDs zu machen, ist auch klasse. Es macht einfach Spaß, mit den Teilen zu spielen. Ich überlege sogar schon, zur Session in Berlin den Amp zuhause zu lassen und nur mit ***nizer im Handgepäck aufzuschlagen. Mehr Grundsound pro Kubikzentimeter hab ich jedenfalls noch nicht erlebt.

Übrigens dachte ich, daß die Teile 500 Euro kosten würden und war ganz erstaunt, daß sie für knapp 400 Listenpreis kommen sollen.

Das klingt jetzt alles ziemlich euphorisch, aber ich bin auch echt angetan davon und ich glaube, daß diese Geräte arg einschlagen werden. Es wird natürlich Leute geben, die damit nix anfangen können, oder die dann den imho sicher einsetzenden Hype für unberechtigt halten. Jeder wie er mag. Testet einfach mal selbst, und urteilt selbst, aber macht euch drauf gefaßt, daß der Test euch möglicherweise in eine gefährliche Habenwollen-Situation bringt.

Ja, Matthias, Dich auch.

Keep rockin'
Friedlieb


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