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(Gitarrenbuch) Kennt einer ne gute Jazz-Schule???

Wünsche einen wunderschönen guten Abend!


Meine Suche nach einem Gitarren Buch/Video, das Jazz-Standards behandelt war bisher nicht von Erfolg gekrönt.

Vielleicht hat von euch einer 'n Tip!?!?

Also, ideal wäre ein Buch, das mir nicht nur Noten (Tabulatur darf's natürlich auch sein :-) von den Stücken bietet. Quasi ein Real-Book mit Anleitung wie das Werk zu klingen hat. Rhythmus, Stilistik, Sound, Improvisation...
Begleit-CD wäre natürlich super.


Viele Grüße,
feko

Re: (Gitarrenbuch) Kennt einer ne gute Jazz-Schule???

Servus!

Um es gleich vorwegzunehmen: Im Laufe dieses Threads wird irgendjemand das Buch von Sagmeister "Jazzgitarre" empfehlen - ich kann das nicht, d.h. nicht für Jazzstarter befürworten.
Die Vorteile dieses Buches liegen zwar auf der Hand (mal ganz rationell und auf deine Anforderungen eingegangen):
Im Jazz wichtige Themen werden umfangreich behandelt. Das wären z.B. Die Durscala, II-V-I Verbindungen, Improvisationstechniken etc.
Zu den wichtigen Themen gibt's Beispieltracks, wo man hört, wie das ganze klingen soll (die sind wirklich gut! - nicht, wie so oft auf beiligenden CDs in einem Irssinstempo, sondern auch für den, naja, Gerade-Fortgeschrittener-Geworden Gitarristen nachvollziehbar).
Warum kann ich dieses Werk dann nicht empfehlen? (P.S.: Ich lerne selber seit 1,5 Jahren Jazzgitarre und kaufte mir auch zu Anfang dieses Buch)
Die Themen werden auf eine absolut besch... Art und Weise angegangen - so sind das zweite und dritte Kapitel des Buches schon harmonisch & melodisch Moll (was KEIN Jazzer wirklich oft - meistens nie) braucht.
Zweitens erklärt der Herr Sagmeister Basic-Themen (Arrpegios, In-Tune spielen), die für den Start norwendig sind kaum bis gar nicht. Auf Rhytmusfragen geht er ebenfalls nicht ein (was aber gerade als Jazzgitarrist eines der Hauptanliegen sein sollte!) - auf solch Fortgeschrittenenthemen wie Alterieren etc. reitet er allerdings schon recht früh und ausführlich herum, was eigentlich nur zur Verwirrung des Lernwilligen beiträgt. Außerdem bombadiert er den Leser geradezu mit unterschiedlichen Akkordfärbungen/griffen, meist gehäuft, anstatt diese im Laufe seines Lehrwerkes sinnvoll anzubringen. (Hier sei ein Zitat aus dem Buch angebracht: "Für jeden Turnaround stehen somit fünf verschieden Variationen zu Verfügung. Übertragen auf alle vier Turnarounds bedeutet das eine Erweiterung der Akkordrepertoires auf 105 Akkorde" (im 1. der 10 Kapitel, kurz vorm Beispielsong) - noch Fragen?
Mit Sicherheit ist das Buch ein gutes Nachschlagewerk, und der Fortgeschrittene kann einiges lernen, für den Anfänger ist es aber ungeeignet.

Okay, ich seh: deine Frage hab' ich nicht beantwortet. Und einen konkreten Buchtipp habe ich auch nicht, da ich glücklicherweise dann nach dem Fehlschlagt dieses Buches einen wahnsinns guten Lehrer gefunden habe, der mich inzwischen schon tief in die Gefilde des Jazz geführt hat. Das wäre vielleicht die beste Möglichkeit - ein Lehrer (ist aber mitunter ein Geldproblem - gute Jazzgitarrenlehrer kosten ein Heidengeld. Ich hab' mir seitdem kein neues Equipment mehr leisten können und meinen CD-Käufe auch größtenteils einstellen müssen). Was vor allem in Sachen Rhytmus was bringt: Viel hören, z.B. Wes Montomery, Pat Metheny, Mike Stern... aber auch Bossa (Jobim) - vieeel Swing (z.B. Franky Boy - es geht ja nicht ausschließlich um die Gitarre, sondern ums Feeling) - und versuchen, anhand des Realbooks und einiger einfachen Stücke diese "Feelings" umzusetzen (für den Anfang geeignet: "Blue Bossa", "All of me", "Autumn Leaves" oder modale Stücke wie "Impressions", "So what") - das wichtigste (und Übungsbedürftigste) ist sicherlich, ein gutes ternäres Einfühlungsvermögen zu entwickeln. Es ist also (leider) viel Selbststudium angesagt - und der Lehrer wäre wirklich von Vorteil.

Viele Grüße,
Markus

Re: (Gitarrenbuch) Kennt einer ne gute Jazz-Schule???

Hallo Markus!


Danke für die viele Antwort.


Ich kann all das bestätigen was du geschreiben hast.
Das Sagmeister-Buch kenne ich nicht, aber ich kann es mir in etwa vorstellen. Andererseits mag es vielleicht auch Leute geben, die in dem Buch genau das finden, was sie gerade brauchen.
Ich schau mal rein wenn ich's im Musikladen sehe.


Gott sei Dank bin ich bereits in der glücklichen Lage, einen Jazz-kompetenten Lehrer zu haben mit dem ich bisher ein paar Stücke erarbeitet habe (Autumn Leaves, Blue Bossa, All The Things You Are, Night And Day,...)
Er kann mir natürlich genau das zeigen was ich suche, aber die Zeit ist natürlich begrenzt und deswegen suche ich zusätzlich ein Buch o.ä.
Vielleicht bin ich aber auch ein bischen zu ungeduldig. Mein Lehrer spricht schonmal von einem "Tal, das man durchschreiten muss". Da ist wohl was dran...

Wenn ich nichts passendes an Literatur finde, ist dein Vorschlag, mit Realbook und CD Aufnahmen zu arbeiten sicher der beste.
Hast du CD Tips? Zum (Kennen)lernen wären natürlich 'einfache' Versionen am besten, die Themen und Struktur der Titel gut erkennen lassen.


Gute Nacht!
feko

Re: (Gitarrenbuch) Kennt einer ne gute Jazz-Schule???

Hallo!

Dir bleibt nur das Realbook und ein Haufen Jazz auf CD. Außerdem musst du in der Lage sein, Akkorde zu "bauen". Wenn irgendwo XY4711 hoch Pi minus € steht und du zum Shell-Atlas greifst, ist was verkehrt.

Anstelle des Shell-Atlas´ oder einer dieser furchtbaren Akkord-Nachschlagewerke hilft eher das Wissen darüber, wie man Akkord aufbaut. Das gibt es für Pianisten aber allgemeinverständlich im Buch "So spielt man Bar-Piano" von Simon Schott. Ein verständliches Buch für Gitarristen kenne ich nicht.

Im Prinzip ist es ja ganz einfach. Grundton, Terz, Quinte plus den Krempel, der hinter dem Buchstaben steht. *g Also mußt du "nur" wissen, was mit "minus 5" gemeint ist. Und wenn du nicht weiter weißt, greifst du entweder einen Powerchord oder einen Siebener und machst ein wichtiges Gesicht.

So mache ich das jedenfalls. Aber ich spiele auch kaum Jazz.

Gruß

Matthias

Re: (Gitarrenbuch) Kennt einer ne gute Jazz-Schule???

Servus!

CD-Tipps im spezillen habe ich leider nicht - aber es gibt so viele Künstler, die CDs nur mit Standarts vollgepropft haben, da muß man einfach mal in einen guten Laden gehen und sich umschauen.

Und ansonsten - ein paar Aufnahmen hab' ich (natürlich) auch. Zwar nicht allzu viele (also keine Regale voll), aber gut sortiert. Schreib' mir einfach eine Mail (serr.arris@SPAMgmx.net).

Viele Grüße aus dem schönen Bayernland,
Markus

Re: (Gitarrenbuch) Kennt einer ne gute Jazz-Schule???

Solche Jamtracks arten bei mir immer in dem Versuch etwas zu schreiben aus. Und ich übe gern zu schlagzeugsounds. Das gepiepe vom Click oder Metronom mag ich nicht. Ich versuche gerade unseren drummer mal zu überreden ein paar loops aufzunehmen. Damit sollte das auch schnell von statten gehen. Sollte das tatsächlich klappen, werde ich die wohl auch mal ins Netz stellen.
Gruß
Ugorr


Re: (Gitarrenbuch) Kennt einer ne gute Jazz-Schule???

wurde hier schon einmal diskutiert

Ich war auch schon im Archiv, habe aber nicht gefunden was ich gesucht habe.

Ich meinte Jacuzzi's Michael hätte mal eine sehr ausführliche und verständliche Anleitung zum DoItYourSelf Basteln von Akkorden mit Erweiterungen niedergeschrieben.

Habe ich mir damals sogar ausgedruckt und gehört seitdem zu meinen Standardnachschlagewerken.

Ansonsten gilt; nicht so sehr von diesen Akkorden mit den vielen Zahlen beieindrucken lassen, meistens handelt sich eh um die gleichen drei vier Akkordschlaufen. So im Stil Maj, b5/7 und dann wieder runter zu diesem Ding mit der None.

Eine gute Lektion ist da z.b. "my funny Valentine". Nicht allzu wild dafür sogar Fetentauglich Und die Version von Chet Baker gesungen entspricht einszueins dem Original aus dem Realbook. Kann man schön sehen wie sich die Akkorde durch das Stück arbeiten und wie der jeweilige Leitton weitergeben wird. Und mit Chet als Crooner hat man gleich noch ein schönes Playalong im Hintergrund

Gruss Manuel

Re: (Gitarrenbuch) Kennt einer ne gute Jazz-Schule???

Hallo auch,

: Meine Suche nach einem Gitarren Buch/Video, das Jazz-Standards behandelt war bisher nicht von Erfolg gekrönt.

Tja: "Die" Bibel(n) zum Thema Jazz-Standards ist nun
mal das Real-Book (das illegale, Band 1). Natürlich
schadet es nicht, Band 2 und 3 auch zu besitzen sowie
auch die Bände 1-3 der legalen Ausgabe.

Wenigstens zu Band 1 gibts (ich weiß aber nicht wo)
eine Sammlung mit Band-In-A-Box files incl. MElodien,
nicht nur mit den Begleitakkorden. Aber im WWW finden
sich viele Webseiten mit BiaB-Files zu allem möglichen.

:
: Vielleicht hat von euch einer 'n Tip!?!?
:
: Also, ideal wäre ein Buch, das mir nicht nur Noten (Tabulatur darf's natürlich auch sein :-) von den Stücken bietet. Quasi ein Real-Book mit Anleitung wie das Werk zu klingen hat. Rhythmus, Stilistik, Sound, Improvisation...
: Begleit-CD wäre natürlich super.

Tja: bevor es BiaB gab und für die, die die auf Dauer fade Synthi-Begleitung nicht mehr hören können, gibts den berühmten Jamie Abersold, Band 1 bis mittlerweile 50 oder so, jeder Band zu einem Bestimmten Thema (Latin, oder Bebop etc). Da ist auch ein live eingespieltes Playalong zu allen Stücken des Bandes auf CD mit bei ... aber halt nur in einem Tempo! Das Tempo läßt sich aber mit Software wie z.B. dem "Transcriber" oder "Musician's CD Player" verlangsamen, ohne die Tonhöhe zu verändern.
Abersold ist DER Name für Literatur um Jazz zu lernen.

Im AMA-Verlag gibt's von Jürgen Vogel ein/zwei Bücher mit typischen Jazzlicks berühmter Vorbilder. Da ist auch eine CD dabei.

Vorsicht vor Tips, die sich auf Harmonielehre oder Skalen beschränken!! Jazz ist mehr als oder besser gesagt was anderes als nur vierstimmige Akkorde oder Skalenreiterei!
Der ternäre Swing-Groove, präzises Timing (sollte eigentlich vom Rock her schon gelernt sein, wenn's nicht gerade Trash Metal war), Clave-Feeling für Latin-Grooves, Mut zur Improvisation, eine offene Einstellung und ein offenes Ohr für die Aktionen der Mitmusiker denn jedes Stück läuft jedes Mal ein bißchen anders ab, und die Bereitschaft, sich in der Band zurückzunehmen, gehören mindestens genauso dazu. Und das kann man/frau alles einbringen, ohne auf den komplizierteren Skalen rumzureiten.

(Einschub:
Im Ggs. zu einem meiner Vorredner ist die harmonische Moll-Skala übrigens schon von gewisser Bedeutung, auch für den Anfänger, sobald er über Moll-Kadenzen improvisiert. Aber "harmonisch Moll" ist ja bloß ein Name: wichtig ist dabei nur ein Ton: die große Septime als Leitton für die Auflösung der Moll-Kadenz.)

Jazz is what you DON'T play.

Eine gute Alternative zu Literatur und Lehrern sind übrigens Jazz-Workshops, die an mehreren Orten in Dtld. angeboten werden. Wenn Du Tips brauchst, so melde Dich.

Keep groovin'
Kurt

Re: (Gitarrenbuch) Kennt einer ne gute Jazz-Schule???

Tach Matthias

Nee eben leider nicht, genau diese Beiträge hatte ich schon gefunden.

Es ging nicht um bestimmtes Stück sondern es war mehr so ein Haunschildkonzentrat (den ich übrigens als Person ganz merkwürdig finde) und ich meinte Urheber war der Michael J.

Ich schau mal Zuhause nach.

Ich habe beisewai auf Ebay einen Original Framus Halsrohling ersteigert, viel zu teuer aber den musste ich haben. Und zur Zeit bin ich schon dran von einem alten Framus Archtop Body die Farbe runterzuraspeln. Mal schauen, vielleicht komme ich doch noch für vernünftig Geld zu einer guten massiven Dschässgitarre.

Ich halte die Gemeinde auf dem Laufenden.

Gruss Manuel

Re: (Gitarrenbuch) Kennt einer ne gute Jazz-Schule???

Hi,

kleiner Einspruch:

präzises Timing (sollte eigentlich vom Rock her schon gelernt sein, wenn's nicht gerade Trash Metal war)

...ich kenn so ein paar wüste Trasher, die hochpräzise über wüsteste Drum-Breaks bei guten 190BpM punktgenaue Taktartwechsel zelebrieren. Sicher gibt es da sehr viel fieses Geschrammel, aber in der hartmetallischen Fraktion gibt es ganz schön präzise Musikanten, die bei schwindelerregendem Tempo noch tight bleiben. Ich denke da zB mal Fear Factory...

Gruß
burke

Re: (Gitarrenbuch) Kennt einer ne gute Jazz-Schule???

Abend,


: Der ternäre Swing-Groove, präzises Timing (sollte eigentlich vom Rock her schon gelernt sein, wenn's nicht gerade Trash Metal war)


1. Gibt es keinen Trash Metal
2. Gibt es aber Thrash Metal
3. Ist das nun wirklich völliger Quatsch. Für Thrash braucht man genauso Rhythmusgefühl wie für Jazz, aufgrund der Geschwindigkeit könnte man fast vermuten dass es sogar anspruchsvoller ist.

Schön Tach noch,
Lukas

Re: (Gitarrenbuch) Kennt einer ne gute Jazz-Schule???

Tach,


:
: 1. Gibt es keinen Trash Metal
: 2. Gibt es aber Thrash Metal
: 3. Ist das nun wirklich völliger Quatsch. Für Thrash braucht man genauso Rhythmusgefühl wie für Jazz, aufgrund der Geschwindigkeit könnte man fast vermuten dass es sogar anspruchsvoller ist.

Sorry, ich geb zu, ich kenn mich in Hardrock und all seinen Derivaten/Steigerungen wie MEtal unsoweia 0 (Sprich: Null) aus. War eine überhebliche Bemerkung eines Jazzers, die ich hiermit zurücknehme.

Gruß
Kurt

Re: (Gitarrenbuch) Kennt einer ne gute Jazz-Schule???

Hallo manuel,

du suchst nach einem Beitrag über Akkordaufbau?
Einer, den Matthias in seinen Links nicht aufführte, stammte von mir (der Thread hieß glaube ich "Schafscheiße"). Ich will mit mit dem Beitrag nicht brüsten, aber vielleicht nützt er Dir ja was.

Hier ist er nochmal:




Hallo zusammen,

ich gebe zu, meine Ausführungen gestern waren schon ziemlich theoretisch, weil allgemein (z.B. Dur-Akkord: ersma nur große Terz, Quinte kann auch augmented sein) und für die Praxis nicht so geeignet. Das haben meine Nachredner auch schon klargestellt:

: Klar, ein Dur-Akkord kann eine alterierte Quinte haben.
: Aber natürlich steht das dann auch beim Akkordsymbol dabei; wo also nur "C" steht, wird CEG gespielt.
: Im Lehrbuch steht, dass Dur durch ne grosse Terz definiert wird - Klaus wird aber auf die Aufforderung, nen G-Dur zu spielen, kaum nachfragen, ob denn D als Quinte angenehm sei.


Ich versuche mal, in möglichst knappen Worten (das ist schon eins meiner Hauptprobleme) das Prinzip des Akkordaufbaus und die Notationsregeln für die Symbolschrift darzulegen.

Oli sagt:
: Ein Großteil der Akkorde besteht ja aus einen Dur oder Molldreiklang mit Optionstönen - diese Töne bzw. Intervalle zu lernen, da führt wohl kein Weg dran vorbei.

: Für Akkorde, die nicht in dieses Schema passen, scheint es mir am effektivsten, nach und nach jeden Akkordtyp, dem man begegnet, kurz zu analysieren. Und dadurch verstehen, das im sus2 Akkord ne Sekunde statt einer Terz ist, welcher Ton im °7-Akkord die Septim ist usw.

: Allgemeine Regeln/Rezepte gibt's für nicht dem Schema "dur/moll plus Optionen" wohl keine.


Den ersten beiden Absätzen kann ich zustimmen, dem letzten nicht so ganz, da es durch aus Regeln/Konventionen für die Deutung des Akkordsymbols in Töne/Intervalle gibt. Leider sind diese Konventionen nicht überall (USA, Europa, oder auch schon zwischen verschiedenen Schulen/Autoren) einheitlich!

Also von der Pike auf:
Ein Akkord besteht aus geschichteten Terzen, ein Dreiklangakkord daher aus: Grundton (root), Terz und Quinte.
Das Tongeschlecht des Akkords wird durch die Terz bestimmt: Dur-Akkorde (engl. major chords) haben eine große Terz (4 Halbtonschritte über root), Moll-Akkorde (minor chords) eine kleine Terz (3 HT-schritte über root).

In Symbolschrift wird der Dur-Dreiklang durch einen einfachen Großbuchstaben (z.B. C) abgekürzt. Offensichtlich gibt es auch die Schreibweise Cmaj dafür. Moll-Akkorde schreibt man Cm oder Cmin oder C- (das Minuszeichnen steht für minor).
C sind die Töne c/e/g, Cm sind die Töne c/es/g.

Neben der Terz kann auch die Quinte variiert werden (kommt im Folk/Rock zunächst seltener vor, im Jazz häufiger v.a. bei Cm7b5, aber da ist auch noch die Septime dabei, bleiben wir erst mal bei Dreiklängen).
Die erhöhte Quinte schreibt man C+ oder Caug oder Caugm5 oder C+5 oder C(#5), die verminderte C(-5) oder C(b5).
Caugm5 z.B. sind die Töne c/e/gis

Man sieht, alles, was vom normalen Dur-Dreiklang abweicht, wird extra im Symbol vermerkt.
Auch alle weiteren, zusätzlichen Töne werden im Symbol vermerkt.

Wichtigster zusätzlicher Akkordton: die Septime. Mit ihr zusammen ergibt das einen klassischen Vierklang, die Grundlage für die Jazzakkorde.
Die Septime gibt es in großer (1 Halbtonschritt unter geschrieben (nie als #7), die kleine als 7.

Dur-Akkorde mit Septime: es gibt zwei ganz wichtige: Cmaj7 (c/e/g/h, DER klassische Jazz-Dur-Akkord. Blöderweise wird "maj" ohne Zahl dazu für die Terz, mit 7 dazu für die große Sept. verwendet).
Der zweite ist C7, der Dominant-Sept-Akkord (c/e/g/b. Mit b meine ich b-flat, also ein h mit b-Vorzeichen).

Weitere Akkordtöne: die 6. Sie bezeichnet die große Sexte (7 Halbtonschritte über root) und ersetzt im Akkord die 7. Also: in C6 (c/e/g/a) wird keine 7 gespielt!
Dann noch die Angabe "sus": sie bedeutet "suspended" (aufgehängt), der Akkord pendelt also zwischen Dur und Moll, weil er KEINE TERZ beinhaltet. Die Zahl nach "sus" gibt an, durch welchen Ton die Terz zu ersetzen ist. Meist ist das "sus4", manchmal "sus2". Wenn nix dasteht, würde ich die 4 nehmen, die ist meistens auch leichter zu greifen.
Csus4 sind die Töne: c/f/g, c7sus4 sind c/f/g/b.

Dann kommen wir zu den Erweiterungstönen, die jenseits der 8 liegen. Ein Vorredner meinte, von der Zahl kann auch 7 abgezogen werden und die Töne wären gleichwertig. Das stimmt nicht ganz!
Sind die Erweiterungen jenseits der 8, also die 9, 11, 13, so sind diese Töne möglichst auch auf den oberen (eigentlich: der obersten) Saite des Akkords zu greifen, denn sie bilden nach Möglichkeit den Melodieton.
Das ist für uns Gitarristen nicht immer ganz einfach oder möglich, aber die Akkordsymbole wurden ja auch (oder sogar in erster Linie!) für Pianisten erschaffen, und die haben ja alle Töne nebeneinander aufgereiht und können quasi alles greifen. Als Gitarrist behilft man sich dann, indem man unwichtige, langweiligere Töne aus dem Akkord wegläßt, in der Präferenz: Quinte (die interessiert eh keinen, außer sie ist erhöht oder vermindert), Den Grundton (ist er langweiligste von allen, drum spielt ihn auch der Bassist ;-) ) und wenns sein muß, die Septime. Nicht weglassen sollte/darf man: Terz und die speziellen Erweiterungstöne.

Bei diesen Erweiterungstönen 9,11,13 gilt auch, daß die Septime stets dazugespielt wird:
C9 = C7/9 (c/e/g/b/d, Griffbild z.B. X3233X mit weggelassener Quinte)
C11 = C7/11 (c/e/g/b/f, Griffbild 8X896X auch hier wurde Quinte durch die 11 ersetzt)
C13 = C7/13 (c/e/g/b/a, griffbild 8X8910X mit 13 statt Quinte)
Bei den Griffen im 8. Bund ist das c auf der hohen e-Saite NICHT zu greifen/spielen, denn als höchster Ton soll die 11 bzw. die 13 gespielt werden!

bzw. für die maj7-Akkorde:
Cmaj9 = Cmaj7/9 (c/e/g/h/d)
Cmaj11 = Cmaj7/11 (c/e/g/h/f)
Cmaj13 = Cmaj7/13 (c/e/g/h/a)

und für Moll Akkorde:
Cm9 = Cm7/9 (c/es/g/b/d)
Cm11 = Cm7/11 (c/es/g/b/f)
Cm13 = Cm7/13 (c/es/g/b/a)

Soll die Septime einmal nicht gespielt werden, so benutzt man den Zusatz "add", um den Erweiterungston als rein additiv zu kennzeichnen:
Cadd9 = c/e/g/d
Cadd13 = c/e/g/a = C6
Cadd11 = c/e/g/f aber nicht (c/e/f/g)! f ist Melodieton.

Der Entfall der Septime kann auch implizit durch die 6 angegeben werden:
C6/9 = c/e/g/a/d, Griffbild: X32233, ein fantastisch klingendes Voicing!!
Übrigens kann G6/9 fast genauso gegriffen werden: 3X2233.

Die erweiterungtöne werden nach Bedarf natürlich auch noch erhöht oder vermindert, dann wird die Septime wieder mit angegeben. Hier begenet einem fast ausschließlich die kleine Septime, dann deutendDiese Veränderungen auf die Verwendung der alterierten Skala beim Solo hin (7b9, 7#9, 7b13) bzw. auf die mixo-#11-Skala (7#11) bzw. die lydische (maj7#11):
C7b9 = c/e/g/b/des, X3232X
C7#9 = c/e/g/b/dis, X3234X
C7b13 = c/e/g/b/as, 8X899X
Cmaj7#11 = c/e/g/h/f, 8X897X

Dann gibt es noch spezielle Schreibweisen/Abkürzungen für verminderte und verminderte Akkorde:
halbvermindert: m7b5 (Terz und Quinte sind vermindert). Schreibweise: C-"Durchmesser", also C mit einer durchgestrichenen Null, oder eben "m7b5"
Cm7b5 = c/es/ges/b
vermindert: sozusagen "mb7b5" (Terz und Quinte und Septime sind vermindert). Schreibweise: Cdim (diminished) oder C-Null (die Null ist dann nicht durchgestrichen).
Cdim = c/es/ges/a (das a ist aber keine 6 sondern eine verminderte 7, eine weitere 7 ist dann "verboten", formal-theoretisch könnte aber noch eine kleine 6 ergänzt werden. macht aber keiner).
Der letzte akkord "dim" besteht aus lauter kleinen Terzintervallen, daher kann er um 3/6/9 Bünden nach oben/unten auf dem Griffbrett verschoben werden und klingt genauso. Alter Gitarristentrick.

So, das wärs zum Thema "Akkordzusammensetzung" (Wie sie gegriffen werden, in welchen Umkehrungen, mit welchen voicings auf welchen Saitengruppen, das füllt ganze Bücher).

Die Theorieseite auf "justchords" erklärt das genauso, imho etwas komplizierter, da sofort auf die Akkord-Umkehrungen auf auf alle nur denkbaren große/kleine-Terz-Schicht-Kombinationen eingegangen wird. Ich habe das im Sinne der Praxis weggelassen.
Ein gutes Theoriebuch zum Thema Akkorde ist:
Peter O'Mara, A Chordal Concept for Jazz Guitar, Advance Music Verlag (www.peteromara.com, www.advancemusic.com). Ist aber auch nichts für Anfänger.

Bei Fragen: schießt ruhig los!

Gruß
Kurt


Re: (Gitarrenbuch) Kennt einer ne gute Jazz-Schule??? -- Nachtrag und @:SerrArris

Hallo zusammen,

hab mich durch Matthias' Archiv-Links gewühlt und muß noch mal nachkarten:
Da wurde von irgendjemand behauptet, Jazz wäre verkopft, eine bierernste Angelegenheit und nicht mit Spaß verbunden. Da muß ich aufs entschiedenste widersprechen!!!
Natürlich ist Jazz von der Theorie her etwas schwieriger und erfordert beim Spielen vielleicht auch eine gehörige Portion Konzentration um nicht falsch zu spielen. Außerdem haben Jazzer meist einen Anspruch, künstlerischer zu sein als vielleicht ein Rocker, und ihre Musik wäre irgendwo zwischen klassischer E- und reiner U-Musik angesiedelt.
Aber Spaß ist jede Menge dabei, auch und gerade bei Jazz-Anfängern!

Die "Jazzer", die den Jazz bierernst nehmen, sitzen bocksteif im Publikum, rauchen Pfeife, schieben wichtig ihre Brille nach vorne, grooven keinen Deut mit weil sie kein Rhythmusgefühl haben, hören aber jeden "falschen" Ton ("Die Kadenz am Ende der Bridge war aber nicht alteriert ausgespielt sondern nur billige Pentatonik!"). Diese Leute nennt man die "Jazzpolizei", sie gibts überall und niemand haßt diese Leute mehr als die Musiker.

Sicher haben Jazzer die Tendenz zur Arroganz gegenüber den "U-Musikern" wie Rockern (rutscht mir ja auch hin und wieder raus, leider) oder Pop-Musikern oder Tanz-Muckern. Aber genausowenig, wie ein reiner Rocker einen Bebop spielen kann, so kann ein Jazzer einen amtlichen Rock hinlegen, ich jedenfalls kann es nicht und ich ziehe meinen Hut vor einem gutem Rockgitarristen. Es gibt also keinen Grund arroganz zu sein.


@ SerrArris: wolltest Du nicht am 16.4.04 zu Peter O'Mara in den Jazzclub Bamberg kommen? Warst Du da?


Gruß
Kurt

Re: (Gitarrenbuch) Kennt einer ne gute Jazz-Schule???

Hallo feko!

Das ideale Buch, wie Du es beschreibst kenn ich leider nicht. Vielleicht ist das eine Marktlücke.

Man kann sich der Sache auch von der praktischen Seite aus nähern, d.h. man sucht sich einen einfachen Jazz Standard, besorgt sich eine Aufnahme davon und versucht mitzuspielen. Für "Autumn Leaves" reicht z.B. für A und B-Teil jeweils eine einzige Skala. Was da harmonisch passiert, wie die einzelnen Akkorde miteinander zusammenhängen, hat man "gefressen", wenn man sich bei Justchords in der Theorie Collection den Artikel "Harmonisation" angesehen hat. Man kann zur Aufnahme zwanglos rumklimperen und ausprobieren, welche Töne der Skala auf welche Akkorde passen und irgendwann hat man es dann für so einen einfachen Fall im Blut. Danach wagt man sich Schritt für Schritt an kompliziertere Sachen ("Giant Steps" würde ich nicht gleich als 2. Stück angehen ;-).

Ein Theoriebuch wie das von Haunschild würde ich nicht auf Vorrat durcharbeiten, sondern mir jeweils das anschauen, was für das gerade in Arbeit befindliche Stück relevant ist. Theorie, die man sich auf Vorrat angelernt hat, vergißt man sofort wieder - was man gleich anwenden kann, vergißt man nie.

Ich hab am Anfang meiner Beschäftigung mit diesem Thema den Fehler gemacht, zu viel zu lesen und zu wenig zu hören und zu üben.

Beste Grüße
Bernd

Re: (Gitarrenbuch) Kennt einer ne gute Jazz-Schule??? -- Nachtrag und @:SerrArris

: Die "Jazzer", die den Jazz bierernst nehmen, sitzen bocksteif im Publikum, rauchen Pfeife, schieben wichtig ihre Brille nach vorne, grooven keinen Deut mit weil sie kein Rhythmusgefühl haben, hören aber jeden "falschen" Ton ("Die Kadenz am Ende der Bridge war aber nicht alteriert ausgespielt sondern nur billige Pentatonik!"). Diese Leute nennt man die "Jazzpolizei", sie gibts überall und niemand haßt diese Leute mehr als die Musiker.

Genau das hat Helge Schneider bei ... ääähhm ... der war ja in letzter Zeit überall ... bei irgendwas ernstem auch gesagt. Recht hat er. Du dementsprechend auch :-)

Re: (Gitarrenbuch) Kennt einer ne gute Jazz-Schule???

Hallo feko,
ja, es gibt genau das, was du suchst.
Ja, es ist von Frank Haunschild und heißt "Modern Guitar Styles" und ist erschienen bei advance music.
Es behandelt, jeweils in separaten Kapiteln mit z.T. mehreren Stücken pro Thema
-Blues
-Bossa
-Swing
-Samba
-Moll-Blues
-Salsa
-Fusion
-Modern Jazz

Dazu gibt es jeweils Analysen, Skalen, Akkordvorschläge, Improvisationsanregungen und haunschildige Playalongs.
Das lohnt, das Buch.
Den Sagmeister hab ich auch zu Hause liegen, so zum schnellen Nachschlagen von Fingersätzen (Harmonisch Moll kann man alle Nas´lang brauchen).

Gruß,
Woody

Re: (Gitarrenbuch) Kennt einer ne gute Jazz-Schule???

Hallo !!!

Dank an die Gemeinde für die rege Beteiligung! Jazz scheint ja hier bei weitem auf mehr Interesse zu stoßen als ich dachte. Schaue nur ab und zu ins Forum und wurde fast erschlagen von den ganzen Beiträgen ;-)

Was Harmonielehre angeht bin ich Gott sei Dank schon auf einem guten Weg. Akkorde zusammenbasteln ist kein Thema. Der nächste Schritt wird wohl sein, mein CD-Regal zu füllen. Die Idee mit Band In A Box ist auch nicht schlecht. Bin mal gespannt wann mir der Sound aufn Zeiger geht ;-)

Aber was das Buch angeht: Nunja, es gibt wohl nicht _genau das_ Buch, das mir meinen Wunsch nach erklärenden Worten und Spieltips für Standard-Jazz-Stücke erfüllt. Wäre vielleicht auch ein wenig zu speziell. Schade...Wenn doch, dann immer her damit !
Vielleicht ist es echt ne Marktlücke und irgendjemand wird stinkreich damit. Vielleicht ja ein Aussensaiter - wer weiß...

Auf in den CD Laden, hören und losjamme(r)n!


Viele Grüße,
feko

Re: Kennt einer nen guten Jazz-Spruch??? -- Nachtragend (war: bierernst)


Hihi, schalut Kurt, alter Jazzer-Schwede,

: Da wurde von irgendjemand behauptet, Jazz wäre verkopft, eine bierernste Angelegenheit und nicht mit Spaß verbunden. Da muß ich aufs entschiedenste widersprechen.

Stimmt. Musiker sind besonders lustig, wenn sie solche Dinge erzählen:

"Jazz ist mehr als oder besser gesagt was anderes als nur vierstimmige Akkorde oder Skalenreiterei! Ternärer Swing-Groove, präzises Timing ... Trash Metal, Clave-Feeling für Latin-Grooves, Mut zur Improvisation, eine offene Einstellung und ein offenes Ohr ... die Bereitschaft, sich in der Band zurückzunehmen, ... harmonische Moll-Skala ... Moll-Kadenzen ... große Septime als Leitton für die Auflösung der Moll-Kadenz.

Mein Lieblingswitz bleibt aber: "Jazz is what you DON'T play." Den kann ich gar nicht oft genug hören.

Gruß an die Sept,

Michael (Jacuzzi)



Re: (Gitarrenbuch) Kennt einer ne gute Jazz-Schule???

Hi Woody,

du hast das Thema verfehlt. Ich kenne dieses Printwerk und das hier ist der entscheidende Fehler

: Wie es aussieht behandelt er in dem Buch nur Eigenkreationen.

Punkt. Treffer, versenkt.

Deine Einwände

: Naja.
: EinBluesisteinBluesisteinBluesisteinBlues.
: Und Autumn Leaves wird mit neuem Thema nicht neuer.
: Und dass Meiste ist nicht unbedingt stückspezifisch.


ziehen nicht.

Wenn ich den klassischen Standard XY spielen will und Haunschilds AB übe, kann ich XY eben immer noch nicht. Auch wenn ich was gelernt habe.

Gruß

Matthias

Re: (Gitarrenbuch) Kennt einer ne gute Jazz-Schule???

Hallo Kurt,

ich habe Deinen Artikel mit Interesse gelesen.

Der Versuch, einmal einen Überblick durch den Bezifferungs-Dschungel zu bieten, ist zunächst recht lobenswert.
Allerdings scheinen mir einige Statements - vorsichtig formuliert - zumindest diskussionswürdig zu sein, insbesonders unter dem Aspekt, daß Dein Beitrag ja anderen Kollegen als Hilfestellung dienen soll.


[ZITAT:] Ein Akkord besteht aus geschichteten Terzen, ein Dreiklangakkord daher aus: Grundton (root), Terz und Quinte. [ZITAT ENDE]

"Akkord" ist innerhalb des abendländischen Begriffsfeldes "Harmonik" die Bezeichnung für einen vertikal konzipierten Klang, wobei es unerheblich ist, welche Intervallstruktur dieser Klang hat. Auch ein Klang z.B. mit Quartschichtung ist per Definition ein "Akkord", ebenso wie ein "Cluster" aus allen 12 Tönen des chromatischen Totals.

"Dreiklang", "Vierklang" usw. ist hingegen die Bezeichnung für Akkorde mit einer historisch auf bestimmte Konsonanzverhältnisse begrenzten Struktur - die Bezeichnung "Dreiklangakkord" ist also redundant: ein Dreiklang ist per se ein Akkord (aber nicht jeder Akkord ist ein Dreiklang).

Die axiomatische Aussage, daß ein Dreiklang aus Terzen besteht (axiomatisch, weil es sich bei Dreiklängen und anderen Akkorden um willkürliche kulturelle Setzungen handelt und nicht um Naturphänomene) hat z.B. noch für das 18. Jh. nur eine tendenzielle Gültigkeit: selbst bei Haydn gibt es noch Sextakkorde, die nicht als Umkehrungen von Terzschichtungsakkorden zu deuten sind, sondern als Akkorde mit der autonomen Struktur 1-3-6.

[ZITAT:] Das Tongeschlecht des Akkords ... [ZITAT ENDE]

Die Bezeichnung "Tongeschlecht" bezieht sich auf die Intervallstruktur von horizontal konzipierten Materialskalen, die man in der neueren abendländischen Musiktheorie mit Begriffen wie Dur, Moll oder "Kirchenmodal" (als Sammelbegriff für die Tongeschlechter Dorisch, Phrygisch usw.) zu definieren versucht.
Bei Akkorden unterscheidet man hingegen nach "Akkordgeschlecht", wobei der Dreiklang als Bezugsgröße dient.
Akkordgeschlechter sind der Dur- und Moll-Dreiklang, sowie der verminderte, übermäßige und hartverminderte Dreiklang; d.h. neben der Terz ist auch die Quinte als bestimmender Faktor wirksam.


[ZITAT:] Neben der Terz kann auch die Quinte variiert werden ...[ZITAT ENDE]

"Varianten" sind austauschbare Werte bei gleichbleibender Funktion.
Aber weder Terz noch Quinte können in einem Dreiklang "variiert" werden, ohne damit das Akkordgeschlecht oder gar die harmonische Funktion zu ändern.


[ZITAT:] Wichtigster zusätzlicher Akkordton: die Septime. Mit ihr zusammen ergibt das einen klassischen Vierklang, die Grundlage für die Jazzakkorde.[ZITAT ENDE]

Ein Vierklang ist im Klangverständnis des Jazz kein Dreiklang "plus Zusatzton", sondern eine eigene Akkordqualität.

Der als "Septimakkord" definierte Vierklang kann nicht "Grundlage für Jazzakkorde" sein, weil es keine spezifischen "Jazzakkorde" gibt, sondern nur Akkordstrukturen, die von Jazzmusikern mehr oder weniger bevorzugt verwendet wurden oder werden. Im Akkordmaterial geht der Jazz kaum über das europäische Akkordrepertoire der Romantik hinaus.

[ZITAT:] ... Cmaj7 (c/e/g/h, DER klassische Jazz-Dur-Akkord. Blöderweise wird "maj" ohne Zahl dazu für die Terz, mit 7 dazu für die große Sept. verwendet).[ZITAT ENDE]

Das Elend der maj7-Bezifferung (kein Mensch versteht auf Anhieb, warum "7" nicht die große 7 bezeichnet, sondern die kleine, während alle anderen Ziffern ohne Alterationszeichen immer große bzw. reine intervalle angeben!) läßt sich nicht mehr ändern, weil die Jazzbezifferung unseeligerweise nicht von der Dur-Skala ausgegangen ist, sondern vom Akkord der 5. Stufe, der in Terzschichtung als Siebenklang konstruiert wird und dadurch das diatonische Total abdeckt:
(in C:) g-h-d-f-a-c-e = 1-3-5-7-9-11-13

[ZITAT:] ... C7, der Dominant-Sept-Akkord ...[ZITAT ENDE]

Ob C7 eine Dominant-Funktion einnimmt, ist nicht aus der Akkordstruktur ablesbar, sondern kann nur aus dem konkreten Kontext abgeleitet werden. Folgt auf einen C7 z.B. ein F, kann man von einer Dominantfunktion ausgehen - in einem Blues in C ist der C7 bekanntlich kein Dominant-Sept-Akkord, sondern Tonika mit funktionsloser, rein koloristischer 7.
Akkordstrukturen sind also etwas anderes, als harmonische Funktionen.


[ZITAT:]...die 6. Sie bezeichnet die große Sexte (7 Halbtonschritte über root) und ersetzt im Akkord die 7. ...[ZITAT ENDE]

Die Sexte ist keine 7-Substitution, sondern "charakteristische Dissonanz" in einem eigenständigen Vierklang. Diese "sixte ajoutée" müßte eigentlich als "add6" beziffert werden, da z.B. C6 falsche Assoziationen weckt, zumindest bei Musikern, die Generalbaß kennen: hier steht die 6 für "Sexte statt Quinte". Ein weiterer Fall der bedauerlichen Kompatibilitätsprobleme der Jazz-Sigel zu historisch etablierterenn Bezifferungsmethoden.

"7 Halbtonschritte über root" liegt die reine Quinte!
Bei der Berechnung von HT-Schritten rechnet man die root als "1". Die gr. 6 liegt also 9 HT über root.

[ZITAT:] ... "suspended" (aufgehängt), der Akkord pendelt also zwischen Dur und Moll, weil er KEINE TERZ beinhaltet...[ZITAT ENDE]

"sus x" ist terminologisch korrekt als "x-Vorhalt" zu übersetzen.

Der jeweilige Akkord pendelt nicht unbestimmt zwischen Dur und Moll, sondern beinhaltet sehr wohl eine Terz - diese wird aber auf metrisch schwerer Zeit "vorenthalten" und erklingt bei schulbuchmäßiger Auflösung erst auf metrisch leichter Zeit.
Auch ein unaufgelöster "sus-Akkord" ist zumeist aus dem Kontext bestimmbar: in C wird man einen Gsus4 richtig als Durakkord deuten, in Am einen Dsus4 als Moll - hier wäre "Dm sus4" als Bezifferung besser.

[ZITAT:]Als Gitarrist behilft man sich dann, indem man unwichtige, langweiligere Töne aus dem Akkord wegläßt ...[ZITAT ENDE]

Die Antwort auf die Frage, ob ein Ton "unwichtig" oder gar "langweilig" wirkt, sollte man besser der Musikpsychologie überlassen ;) ...
Ob Töne weggelassen werden (oder verdoppelt - auch das ist möglich), richtet sich auch bei Pianisten zunächst nach musikalischen Prinzipien des Voicings und der Stimmführung. Der grifftechnische Aspekt ist allerdings bei der Gitarre etwas dominanter.

[ZITAT:]Nicht weglassen sollte/darf man: Terz ...[ZITAT ENDE]
[ZITAT:]C11 = C7/11 (c/e/g/b/f, Griffbild 8X896X auch hier wurde Quinte durch die 11 ersetzt)[ZITAT ENDE]

C11 = C7/9/11 bzw. C13 = C7/9/11/13!

Akkordvoicings mit der 11 verzichten i.d.R. auf die Terz, um das sehr dissonante Intervall der kleinen None zu vermeiden.
Das Beispielvoicing 8-x-8-9-6-x klingt durch die kleine Sekunde schlichtweg grausam, kann aber durch Weglassen der 3 erheblich gemildert werden: 8-x-8-7-6-x (1-7-9-11)

[ZITAT:]C6/9 = c/e/g/a/d, Griffbild: X32233 ...[ZITAT ENDE]

Hinter C6/9 versteckt sich eigentlich ein Akkord mit Quartschichtungsstruktur: e-a-d-g-c (x-7-7-7-8-8). Auch hier hat die 6 keine substituierende Funktion, abgesehen davon, daß die Bezifferung die intendierte Akkordstruktur ohnehin nicht wiedergeben kann.

[ZITAT:]... (7b9, 7#9, 7b13)...[ZITAT ENDE]

Bei aller Uneinheitlichkeit in der Praxis: Alterationszeichen gehören HINTER die jeweilige Intervallziffer (C9b usw.), genau wie bei den Root-Buchstaben (man schreibt ja schließlich C#, nicht #C)!
Die Bezifferung X79 ist redundant, da bei 9-13 immer auch die dazwischenliegenden Terzen impliziert sind.

[ZITAT:] halbvermindert: m7b5 (Terz und Quinte sind vermindert). Schreibweise: C-"Durchmesser", also C mit einer durchgestrichenen Null, oder eben "m7b5"
Cm7b5 = c/es/ges/b
vermindert: sozusagen "mb7b5" (Terz und Quinte und Septime sind vermindert). Schreibweise: Cdim (diminished) oder C-Null (die Null ist dann nicht durchgestrichen).
Cdim = c/es/ges/a (das a ist aber keine 6 sondern eine verminderte 7, eine weitere 7 ist dann "verboten", formal-theoretisch könnte aber noch eine kleine 6 ergänzt werden. macht aber keiner).[ZITAT ENDE]

Bei verminderten Akkorden ist das Bezifferungs-Chaos leider besonders groß. Das ändert aber nichts daran, daß ein verminderter Akkord keine verminderte Terz hat, sondern eine kleine Terz und eine verminderte Quinte.

Die beste Bezifferung ist hier der Kreis oder "dim", beide Zeichen meinen aber nur den Dreiklang, also C° oder Cdim = C-eb-gb!

C°7 /C dim7 ist der "halbverminderte Septakkord" C-Eb-Gb-Bb.
C°7b/C dim7b ist der verminderte Septakkord C-Eb-Gb-Bbb.
Wieso der "formal-theoretisch (???)" ("theoretisch" reicht doch schon!) durch eine kleine 6 ergänzt werden könnte, ist ein arg erklärungsbedürftiges Statement.

Verbreitet, aber unsinnig ist die Bezifferung Xm7/5b bzw. Xm7b5b: sobald die Quinte verändert wird, verändert der ganze Akkord sein Akkordgeschlecht.
Ein "verminderter" Dreiklang ist aber kein "Mollakkord" mit verminderter Quinte, sondern ein eigenes Akkordgeschlecht.
Auch deswegen ist X° / Xdim vorzuziehen, weil eindeutig.


Also: Hut ab vor der gemachten Mühe, aber gerade bei Beiträgen, in denen man anderen Leuten Wissen vermitteln möchte, sollte man sich selbst gegenüber sehr kritisch sein und selbst scheinbar nebensächliche Formulierungen immer noch mal auf ihre Stichhaltigkeit überprüfen.

mfG
Ulrich Peperle

Re: (Gitarrenbuch) Kennt einer ne gute Jazz-Schule???

Hallo Ulrich,

ich habe Deinen Artikel mit Interesse gelesen.

Ja, das habe ich gemerkt. Und daß Du ziemlich gutes Wissen über - salopp gesagt - Musiktheorie und Notationsweisen hast, ist unschwer zu erkennen. Und ich fühle mich daher auch sehr geehrt, im Ernst, obwohl Du mein Posting ganz schön zerfiselt hast. Es ist mir klar, daß ein lehrerhafter um nicht zu sagen klugscheißerischer Beitrag wie meiner Widerspruchsgeister ruft. Aber das ist ok, ich kann Kritik vertragen.


Allerdings scheinen mir einige Statements - vorsichtig formuliert - zumindest diskussionswürdig zu sein, insbesonders unter dem Aspekt, daß Dein Beitrag ja anderen Kollegen als Hilfestellung dienen soll

Ja, HILFESTELLUNG war meine Intention. Drum sei mir die Kritik an Deiner Antwort schon hier erlaubt, daß Deine Anmerkungen zwar sehr akkurat und sicher auch 100%ig richtig und wasserdicht sind, jedoch - und vielleicht gerade deswegen - nicht unbedingt so HILFREICH.




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: [ZITAT:] Ein Akkord besteht aus geschichteten Terzen, ein Dreiklangakkord daher aus: Grundton (root), Terz und Quinte. [ZITAT ENDE]
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: "Akkord" ist innerhalb des abendländischen Begriffsfeldes "Harmonik" die Bezeichnung für einen vertikal konzipierten Klang, wobei es unerheblich ist, welche Intervallstruktur dieser Klang hat. Auch ein Klang z.B. mit Quartschichtung ist per Definition ein "Akkord", ebenso wie ein "Cluster" aus allen 12 Tönen des chromatischen Totals.


Vielleicht wird an an diesem Beispiel schon klar, was ich meine: Deine Definition von Akkord sucht quasi den archimedischen Punkt im abendländischen Begriffsfeld Harmonik und ist so rein und unantastbar wie möglich. Mein Posting war aber für Aussensaiter gedacht, die v.a. von der musiktheoretisch schwächer besetzten Rockmusik kommen und nach einer begreif(!)baren Definition von "Akkord" fragten. Mit einem (be)greifbaren Akkord im Sinne der Gitarreros meinte ich einen Akkord/Griff wie er auf der Gitarre i.d.R. gespielt wird und den in der dortigen Literatur (Real Book) den Namenskonventionen und dem harmonsichen Grundaufbau (geschichtete Terzen) entspricht. Und so ist es auch verstanden worden, wie ich an den Reaktionen erkannte.

Ob der Begriff "Dreiklangakkord" ein Pleonasmus ist, ist in diesem Zusammenhang - bitte Entschuldige - Haarspalterei.

Daß ein Dreiklang aus Terzen besteht, mußte ich axiomatisch formulieren. Im heutigen Harmonieverständnis wie auch im Jazz ist das auch so anerkannt. Und falls ich in meinem Posting diese Aussage durch alternative Strukturen aus Haydn`s Kompositionen relativiert hätte, so hätte ich die Kollegen bloß verwirrt. Und ich glaube, sie wollen auch gar keinen Haydn spielen. Und Haydn wollte auch keinen Jazz komponieren.
(Zugegebenermaßen kannte ich die Haydn'schen nicht-terzgeschichteten Dreiklänge auch gar nicht :-)



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: [ZITAT:] Das Tongeschlecht des Akkords ... [ZITAT ENDE]
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: Die Bezeichnung "Tongeschlecht" bezieht sich auf die Intervallstruktur von horizontal konzipierten Materialskalen, die man in der neueren abendländischen Musiktheorie mit Begriffen wie Dur, Moll oder "Kirchenmodal" (als Sammelbegriff für die Tongeschlechter Dorisch, Phrygisch usw.) zu definieren versucht.
: Bei Akkorden unterscheidet man hingegen nach "Akkordgeschlecht", wobei der Dreiklang als Bezugsgröße dient.
: Akkordgeschlechter sind der Dur- und Moll-Dreiklang, sowie der verminderte, übermäßige und hartverminderte Dreiklang; d.h. neben der Terz ist auch die Quinte als bestimmender Faktor wirksam.


Mit dem Begriff "Tongeschlecht" wollte ich einen OBerbegriff für die Unterscheidung Dur/Moll ins spiel bringen - und hatte schon Bauchschmerzen dabei, vielleicht zu klugscheißerisch zu wirken. Der Begriff Moll wird dabei in der Jazz-Harmonielehre zur Festlegung der Terz (klein) verwendet, auch in Verbindung mit den Mode-Bezeichnungen: dorisch-moll, äolisch-moll, harmonisch-moll etc.

Den Begriff des Tongeschlechts auch auf die Verminderung/Überhöhung weiterer Töne auszudehnen, ist sicher korrekt, aber im Sinne der Verständlichkeit für die Zielgruppe meines Postings wiederum nicht hilfreich.





: Der als "Septimakkord" definierte Vierklang kann nicht "Grundlage für Jazzakkorde" sein, weil es keine spezifischen "Jazzakkorde" gibt, sondern nur Akkordstrukturen, die von Jazzmusikern mehr oder weniger bevorzugt verwendet wurden oder werden. Im Akkordmaterial geht der Jazz kaum über das europäische Akkordrepertoire der Romantik hinaus.


Seit der Romantik harmonisch nichts Neues? Ich wußte es: schon Franz Schubert hatte (und spielte!?) den Blues ;-)

Wie wär's mit folgender Definition für diesen ungeschützten Begriff: "Jazzakkorde" sind die von Jazzmusikern mehr oder weniger bevorzugten Akkordstrukturen?
Aber was ist ein Jazzmusiker? Was kennzeichnet ihn?
Was ist überhaupt Jazz? Kennst Du eine umfassende Definition? Miles Davis kannte keine. Er lehnte vielmehr ab, Jazz zu definieren: "Jazz ist ein Wort des weißen Mannes."



: [ZITAT:] ... C7, der Dominant-Sept-Akkord ...[ZITAT ENDE]
:
: Ob C7 eine Dominant-Funktion einnimmt, ist nicht aus der Akkordstruktur ablesbar, sondern kann nur aus dem konkreten Kontext abgeleitet werden. Folgt auf einen C7 z.B. ein F, kann man von einer Dominantfunktion ausgehen - in einem Blues in C ist der C7 bekanntlich kein Dominant-Sept-Akkord, sondern Tonika mit funktionsloser, rein koloristischer 7.
: Akkordstrukturen sind also etwas anderes, als harmonische Funktionen.



Yep, you are right. Ein "Dominant-Sept-Akkord" im Blues hat nicht die harmonische Funktion einer Dominante.
Nur hat sich die Bezeichnung "Dominant-Sept-Akkord" für einen Dur-Dreiklang (Root + gr.Terz + Quinte) mit zusätzlicher kleiner Septime eingebürgert. In diesem Sinne habe ich ihn verwendet, just to keep things simple ...



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: [ZITAT:]...die 6. Sie bezeichnet die große Sexte (7 Halbtonschritte über root) und ersetzt im Akkord die 7. ...[ZITAT ENDE]
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: Die Sexte ist keine 7-Substitution, sondern "charakteristische Dissonanz" in einem eigenständigen Vierklang. Diese "sixte ajoutée" müßte eigentlich als "add6" beziffert werden, da z.B. C6 falsche Assoziationen weckt, zumindest bei Musikern, die Generalbaß kennen: hier steht die 6 für "Sexte statt Quinte". Ein weiterer Fall der bedauerlichen Kompatibilitätsprobleme der Jazz-Sigel zu historisch etablierterenn Bezifferungsmethoden.


Tja, hier gings leider nicht um Generalbaß oder historisch etablierte Bezifferungen sondern um die in der kontemporären Literatur (sprich JAZZ) verwendeten Akkordsymbole und da bedeutet C6 eben c,e,g,a also eine Substitution der ansonsten meist gespielten 7 durch die 6. Es gibt auch Akkorde im Jazz, wo beides gespielt wird, die lauten dann C13 (mit der 6 als höchsten Ton im Akkord und die 7 ist per Konvention in diesem Symbol mit eingeschlossen).
Es gibt auch innerhalb der zeitgenössischen Verwendung der Akkordsymbole genügend Bespiele von Uneinheitlichkeit (v.a. zw. nordamerikanischen und deutschen Schreibweisen) und Verwirrung, da dachte ich, wir übersehen die Unterschiede zur Generalbaß-Schreibweise geflissentlich ...



: "7 Halbtonschritte über root" liegt die reine Quinte!
: Bei der Berechnung von HT-Schritten rechnet man die root als "1". Die gr. 6 liegt also 9 HT über root


Au weia, da hab ich mich total verhauen und verzählt. Du hast recht.





: Die Antwort auf die Frage, ob ein Ton "unwichtig" oder gar "langweilig" wirkt, sollte man besser der Musikpsychologie überlassen ;) ...
: Ob Töne weggelassen werden (oder verdoppelt - auch das ist möglich), richtet sich auch bei Pianisten zunächst nach musikalischen Prinzipien des Voicings und der Stimmführung. Der grifftechnische Aspekt ist allerdings bei der Gitarre etwas dominanter...


NEIN! Was langweilig ist, entscheidet nicht ein Musikpsychofritz, sondern a) der Musiker indem er entscheidet welche Töne ihm wichtig sind und er spielen will (oder kann) und b) der Zuhörer.
Da es hier um Akkorde/Griffe auf der Gitarre ging, habe ich, wie Du auch erwähnst, die grifftechnischen Aspekte des Weglassens denen der Stimmführung mindestens gleichgestellt.



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: [ZITAT:]Nicht weglassen sollte/darf man: Terz ...[ZITAT ENDE]
: [ZITAT:]C11 = C7/11 (c/e/g/b/f, Griffbild 8X896X auch hier wurde Quinte durch die 11 ersetzt)...[ZITAT ENDE]
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: C11 = C7/9/11 bzw. C13 = C7/9/11/13!
:
: Akkordvoicings mit der 11 verzichten i.d.R. auf die Terz, um das sehr dissonante Intervall der kleinen None zu vermeiden.
: Das Beispielvoicing 8-x-8-9-6-x klingt durch die kleine Sekunde schlichtweg grausam, kann aber durch Weglassen der 3 erheblich gemildert werden: 8-x-8-7-6-x (1-7-9-11))


Nein, ich bleibe dabei: die Terz ist der wichtigste Ton im (Gitarristen-)Akkord und darf prinzipiell nicht weggelassen werden. Auch C11 wird mit Terz gespielt; die Reibung zwischen der 3 und der 4 ist ja gerade das interessant klingende. Im moderneren Jazz werden gerade auch auf der Gitarre (schwierig zu greifende) Sekundenintervalle gesucht!
Es gibt z.B. auch etliche modale Groove-Stücke, die die längste Zeit auf einem X7#9 beruhen (root+gr.Terz+Quinte+Septime+übermäßige None), d.h. mit der Reibung der kleinen Sekunde zwischen Terz und #9. Klingt schön sperrig schräg, einfach geil.
Am ehesten kann die QUinte weggelassen werden (außer natürlich sie ist vermindert oder überhöht), dann der Grundton (den spielt eh der Baß).

Und bei C13 wird die 11 NICHT mitgespielt. Alle Zahlenangaben jenseits der 8 (9,11,13) sind sog. Farben, die nur einzeln im Akkord gespielt werden, außer es stehen mehrere da (z.B. C9/13)


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: [ZITAT:]... (7b9, 7#9, 7b13)...[ZITAT ENDE]
:
: Bei aller Uneinheitlichkeit in der Praxis: Alterationszeichen gehören HINTER die jeweilige Intervallziffer (C9b usw.), genau wie bei den Root-Buchstaben (man schreibt ja schließlich C#, nicht #C)!
: Die Bezifferung X79 ist redundant, da bei 9-13 immer auch die dazwischenliegenden Terzen impliziert sind. )


Ja, das Alterationszeichen hinter der Ziffer könnte viel Verwirrung vermeiden, aber die Praxis ist leider zu 95 % anders und die Gitarristi hier müssen auch damit zurechtkommen.



: Also: Hut ab vor der gemachten Mühe, aber gerade bei Beiträgen, in denen man anderen Leuten Wissen vermitteln möchte, sollte man sich selbst gegenüber sehr kritisch sein und selbst scheinbar nebensächliche Formulierungen immer noch mal auf ihre Stichhaltigkeit überprüfen.)...


Danke, danke, aber ich wollte ja auch kein Lehrbuch für die Musikhochschule schreiben, sondern nur eine straffe Darstellung aus der Praxis für die Praxis, nix für ungut, bugs included.

Was hast Du eigentlich für eine musikalische Ausbildung? Und was für Musik spielst Du so? Spielst Du auch/viel Jazz? Und gibst Du auch Unterricht?


Keep the groove
Kurt

Re: (Gitarrenbuch) Kennt einer ne gute Jazz-Schule???

Lieber Kurt,

vielen Dank für diese Reaktion. Sie ist souverän, angemessen und in Ton und Inhalt besser als alles, was ich dazu schreiben könnte.

Oder - um es plakativer zu formulieren - du ersparst mir, mein Kopfschütteln in Worte wie Rabulistik, sinnlose Haarspalterei, arrogante Besserwisserei , Dummschwätzerei und (da isse wieder) Schafscheiße zu fassen.

Gruß

Matthias



Re: (Gitarrenbuch) Kennt einer ne gute Jazz-Schule???

Hi Matthias, Kurt und Ulrich,

: Oder - um es plakativer zu formulieren - du ersparst mir, mein Kopfschütteln in Worte wie Rabulistik, sinnlose Haarspalterei, [...]

also ich persönlich liebe ja diese Haarspaltereien unter Wissenden, wenn zwei Jazzer sich gegenseitig korrigieren - das hat was.

Vielleicht mag ich das so gern, weil es mir ein Stück Kindheit zurückbringt. Ist so wie damals, wenn Opa - frisch in Rente - mich mit auf einen Spaziergang nahm, mir dann in der unweigerlich am Wegesrand liegenden Kneipe ein Malzbier spendierte und ich dann den klugen Worten der großen Onkels lauschen durfte, die über Dinge redeten, von denen ich noch nicht einmal den Schatten erahnen konnte. Hach, war das schön.

Also disputiert bloß weiter, ich schlürf dann solang nochmal an meinem Malzbier.

Keep rockin'
Friedlieb

Re: (Gitarrenbuch) Kennt einer ne gute Jazz-Schule???

Hi Kurt, Hi Ulrich und alle Anderen, die es evtl. interessiert!

Im Prinzip wollte ich mich aus dieser Harmonik-Diskussion heraushalten, so interessant ich sie finde...

Ich habe nach einem Schlaganfall (hat nix mit Fremdgehen auf'm Drumset zu tun!) mit Mühe wieder Lesen und Schreiben gelernt und immer noch Probleme mit längeren Texten, ich bitte, mir evtl. Rechtschreibefehler freundlichst nachzusehen und werde mich auf einige wenige Punkte beschränken, zu denen ich glaube, etwas beitragen zu können.

Vorab sollte klar sein, daß eine wie auch immer geartete Theorie niemals Wirklichkeit konsequent darstellen oder gar ersetzen kann, sondern nur annäherungsweise beschreiben, daher sollte mit Begrifflichkeiten wie wahr/falsch vorsichtig umgegangen werden, letztlich kommt es darauf nicht an, sondern auf "Handlichkeit". Musik allgemein profitiert zuweilen von "Mehrdeutigkeiten", insofern begibt sich derjenige, der musikalische Zisammenhänge eindeutig beschreiben will, leicht auf dünnes Eis.

Die bislang Verfügbare Theorie zum Jazz unterliegt leider genau dieser Versuchung und ignoriert überdies geflissentlich den Umstand, daß laut Goedel "ein hinreichend mächtiges System entweder nicht in sich abgeschlossen oder nicht widerspruchsfrei sein kann". Weitere Fragwürdigkeiten entstehen aus der Bevorzugung der generalbassbasierten Stufentheorie, die dort sicherlich ihren Sinn hatte, aber etliche Entwicklungen harmonischer Zusammenhänge der Romantik nicht mehr treffsicher beschreibt und somit dort durch die Funktionstheorie verdrängt wurde, die auch die Harmonik im Jazz (die ja deutlich romantische/impressionistische Vorbilder hat) sicher griffiger erscheinen lassen würde (angefangen damit, daß die favorisiert der Dominante vorausgehende 2. Stufe präzise als Doppeldominante, Subdominantparallele oder auch Tristan-Akkord zugeordnet wird), sowie aus der Heiligsprechung der teilweise mehr als schlampigen Real-Book-Notationsweise.

>(Zugegebenermaßen kannte ich die Haydn'schen nicht-terzgeschichteten Dreiklänge auch gar nicht :-)

Diese Dinger gab es vor und nach Haydn, sie sind aus der gesamten Musikgeschichte nicht wegzudenken und lediglich in der Unterhaltungsmusik des 20. Jahrhunderts unter den Tisch gefallen, man hat schlichtweg unterlassen, ihnen ein Symbol zu geben.

Es gibt deren 2: den verkürzten Dominantseptakkord und den Subdominantsextakkord, wobei letzterer unterschieden werden muß von der Subdominante als Sextakkord (d.h. mit Terz im Bass, ergo nur eine Umkehrung eines reinen Terzenaufbaus!) und dem Subdominantquintsextakkord (der die Sexte nicht statt der Quinte, sondern dazugefügt enthält, somit ein Vierklang).

Wäre der Subdominantsextakkord zumindest in Dur noch als Umkehrung der Subdominantparallele mit Basstonverdopplung zu erklären, so ist dies bereits in moll oder auch bei dem verkürzten Dominantseptakkord nicht möglich, dieweil die Rückführung auf den Terzenaufbau einen verminderten Dreiklang ergibt, der in "alter Musik" ohne umständliche Alibikonstruktionen "nicht existieren durfte".

Formen wir jedoch den in in Dur auf der siebten, in moll auf der zweiten Stufe gebildeten "unbrauchbaren" Dreiklang so um, daß wir seine Terz zum Grundton erklären (und logischerweise auch verdoppeln, Resultat in C-Dur/a-moll: D-d-f-h oder ebensogut in abweichender Stimmführung D-f-h-d, D-h-d-f sollte lieber vermieden werden und wurde im 19. Jahrhundert durch D-f-h-f ersetzt), so erhalten wir in Dur (ebensogut in moll mit erhöhter 7 konstruierbar) den verkürzten Dominantseptakkord (funktional D7 mit durchgestrichenem D, stufentheoretisch II6 beziffert), in moll den Subdominantsextakkord (S6 bzw. IV6).

Der Tritonusgehalt dieser Akkorde ist durch die jeweiligen konsonanten Intervlle zum
Basston abgedeckt, womit sogar die Dominantsept des Verkürzten als Terz konsonant betrachtet wird, somit nicht abwärts aufgelöst werden muß, im Gegenteil wegen Ggenbewegung aller Oberstimmen zum Bass bei Sekundverbindungen eher aufwärts geht.

In klassischer Gitarrenmusik kommt diese Sonderform der Dominante durchaus vor, als Beispiel nachfolgend eine Kadenz C-D-G, in der die Dominante verkürzt (also ohne Dominantgrundton, dafür aber mit der Dominantsept!) erscheint:

X3X010 -> X0X212 -> 3XX433

Man beachte den Aufwärtsgang aller Oberstimmen in Gegenrichtung zum Sekundschritt des Basses.

Da der verkürzte Dominatseptakkord identisch mit dem S6 der parallelen Molltonart ist, wirkt er sehr "vermittelnd" in Trugschlußwendungen:

X3X010 -> X0X212 -> XX2003

(e-moll statt G-Dur, Leitton fis wird aufgelöst, die anderen Oberstimmen gehen abwärts, daher Terzverdopplung wie im Trugschluß üblich!)

>Nein, ich bleibe dabei: die Terz ist der wichtigste Ton im (Gitarristen-)Akkord und darf prinzipiell nicht weggelassen werden. Auch C11 wird mit Terz gespielt; die Reibung zwischen der 3 und der 4 ist ja gerade das interessant klingende.

Ich will diese Möglichkeit keinesfalls ausschließen, aber IMHO sollte das nicht pauschal betrachtet werden, wie überhaupt die Frage, was denn noch so rein muß und was besser draußen bleibt, abhängig vom Kontext ist. Viele Bezifferungen sind historisch gewachsen bzw. haben andere vorausgehende ersetzt. C11 wird oftmals nicht in dem Sinne gebraucht, daß die 4 (im Gegensatz zu C4, was bitte soll das unnötige "sus"?) additiv zur 3 vorhanden sein soll, sondern zur Vermeidung der "Bruchstrichschreibweise" Bb/C, kennzeichnet also in diesem Fall eine Doppelfunktion Bb-Akkord mit Basston C.

Im Gegensatz dazu ist allerdings Cm11 ein echter sechsstimmiger Akkord, zur Mollterz ist die (üblicherweise hochzulegende) Quart auch deutlich weniger dissonant (hier wäre eher die None in Verdacht, die offensichtlich in ihrem Reibungsgehalt "gewohnkeitsrechtlich" toleriert wird). Die (immerhin mögliche) sechsstimmige Ausführung auf der Gitarre 8-8-8-8-8-10 ist nicht sonderlich befriedigend, wenn nicht ein tieferer Baß vorhanden ist.

C11: X3333X, kann als Doppelfunktion (Subdominante + Dominantbasston nach F aufgelöst werden, "Gospeltypisch") -> 1X321X

>Es gibt z.B. auch etliche modale Groove-Stücke, die die längste Zeit auf einem X7#9 beruhen (root+gr.Terz+Quinte+Septime+übermäßige None), d.h. mit der Reibung der kleinen Sekunde zwischen Terz und #9. Klingt schön sperrig schräg, einfach geil.
Am ehesten kann die QUinte weggelassen werden (außer natürlich sie ist vermindert oder überhöht), dann der Grundton (den spielt eh der Baß).

Gerade bei diesem (wie auch bei anderen 9ern) wird üblicherweise die Quint weggelassen, und richtig gut klingt das Ding nur, wenn die Durterz unten, die Mollterz oben ist, wie es dem Obertonaufbau entspricht (demzufolge die Quint, wenn vorhanden, noch tiefer sein müßte!).

>Und bei C13 wird die 11 NICHT mitgespielt.

Richtig, dies ist aber ein Sonderfall, diese Schreibweise hat die alte (in präkambrischen Grifftabellen noch zu findende!) 6/7 sinnvollerweise ersetzt, dieweil sie besser verdeutlicht, daß die Sext nach oben gehört.

>Alle Zahlenangaben jenseits der 8 (9,11,13) sind sog. Farben, die nur einzeln im Akkord gespielt werden, außer es stehen mehrere da (z.B. C9/13)

Auch das würde ich nicht so pauschalisieren, denn dann hätte die Schreibweise mit "add" (falls nur ein Zusatz erfolgen soll) keinen Sinn. Ein Gegenbeispiel:

C11#13 enthält üblicherweise 1, 3, 7, 9, 11#, 13 (Die Quint dürfte zwar vorhanden sein, ist aber entbehrlich, und würde mit einer erhöhten 11 eher kollidieren als die Terz!). Würde man hier 7 oder 9 weglassen, wäre die (nicht zwingende, aber je nach Kontext mögliche und oft intendierte) Doppelfunktionalität dieses Akkordes (übereinanderliegend C7 und D) nicht mehr gegeben. Logischerweise bekommt man auf der Gitarre Probleme, ein solches Gebilde vollständig und mit brauchbaren Voicings darzustellen, aber das ändert nichts daran, daß diese Töne eigentlich hineingehören.

Abschließend möchte ich noch sagen, daß die Notationsweise, über die hier diskutiert wird, von manchen Zöpfen wimmelt. Ebenso wie "4" anstelle von "sus" voll ausreichend ist, kann für "maj7" ein einfaches "j" genügen, und wenn ich mir die offensichtlich unterschiedlichen Auslegungen einer "11" betrachte, frage ich mich, ob nicht in manchen Dingen die Bruchstrichschreibweise (die im Profibereich wohl nur mehr im Falle von Orgelpunkten - liegenbleibender Baß unter darüber wechselnden Akkorden - gepflegt wird) nicht manchmal eindeutiger wäre.

alterierte Grüße,

Olkmar

Re: (Gitarrenbuch) Kennt einer ne gute Jazz-Schule???

Hallo!

: Abschließend möchte ich noch sagen, daß die Notationsweise, über die hier diskutiert wird, von manchen Zöpfen wimmelt.

Könnte es vielleicht sogar sein, dass für komplexe Harmonien diese Buchstaben-Zahlen-Kombinationen der Notation erbärmlich unterlegen sind? Oder unsere "Krücke" wie z.B. X32030 (am Rande: ist das ein C9 oder ein C9 ohne 7?) erheblich weniger Mißverständnisse aufwirft?

Gruß

Matthias



Re: (Gitarrenbuch) Kennt einer ne gute Jazz-Schule???

Hi Matthias!

: Könnte es vielleicht sogar sein, dass für komplexe Harmonien diese Buchstaben-Zahlen-Kombinationen der Notation erbärmlich unterlegen sind?

Ohne jeden Zweifel. Sie haben lediglich den Vorteil, daß sie relativ kompakt einer Melodiezeile oder einem Text hinzugefügt werden können und unabhängig vom jeweiligen Instrument zu verstehen sind.

Btw.: selbst die "klassische" Gitarrennotation entbehrt mitunter der Übersichtlichkeit, ich kann daher durchaus nachvollziehen, daß z.B. Stravinsky auch für die Gitarre ein Doppelsystem in Art der Harfen-/Klaviernotation benutzt hat.

>Oder unsere "Krücke" wie z.B. X32030 (am Rande: ist das ein C9 oder ein C9 ohne 7?) erheblich weniger Mißverständnisse aufwirft?

(Vorab: in Bezifferung wäre das ein Cadd9, allerdings wäre diese Spielweise mit hochgelegter Terzverdopplung eher ein "untypisches" Voicing *g*)

Nicht nur das, man kann sogar wesentlich mehr Details wie genaue Voicings, Lagenwechsel bei bleibender Harmonie, Verdopplungstöne, Stimmenzahl, Wechselnoten etc. mit einbringen, auch eine Anpassung an abweichende Tunings ist möglich, insofern kommt man recht nah an eine Tabulatur ran und braucht deutlich weniger Platz als für eine normale Griffbilddarstellung. Aber es ist halt absolut Gitarrenspezifisch und für Nur-Pianisten oder Bläser nicht lesbar.

Inwieweit die Lesegeschwindigkeit für den praktischen Einsatz in Leadsheets trainierbar ist, müsste man mal ausprobieren, bei so manchen Nümmerchentürmen im Realbook muß man ja auch dreimal hinsehen...

Grüße,

Olkmar

Prost Mahlzeit (war: Re: (Gitarrenbuch) Kennt einer guten Jazz???)

Moinsens Friedlieb -

: .... und ich dann den klugen Worten der großen Onkels lauschen durfte, die über Dinge redeten, von denen ich noch nicht einmal den Schatten erahnen konnte. Hach, war das schön...

schöner kann man's nicht formulieren. Darauf noch'n Schafskäsekeks und ein Malzbier, geschüttelt und nicht alteriert...

gnagna on ...
bO²gie

NP: Elvis Costello | What's so funny about peace, love and understanding

Re: (Gitarrenbuch) Kennt einer ne gute Jazz-Schule???

Hallo Olkmar,

erstmal ziehe ich meinen Hut vor Dir nach diesem fundiertem Beitrag. Daß Du einen Schlaganfall hattest, glaubt Dir nach so einem Beitrag keiner mehr ;-) Auf jeden Fall ist der Text qualitativ hochwertiger als ihn ein Schlagzeuger in der Blüte seiner Jahre je schreiben könnte :-))) (Spässla gmacht, nix böse sein!).

Ich bin total baff, was für eine Lawine von Musiktheorie ich mit meinem Posting lostgetreten habe. Dabei war es doch nur aufgewärmt. Als ich denselben ursprünglichen Text zum Akkordaufbau vor Monaten hier reingestellt hatte, war die Reaktion darauf quasi Null, ich dachte damals schon, ich hätte sie alle mit Theorie erschlagen oder wenigstens mundtot gemacht.

Aber jetzt: RESET!
Ich wollte und möchte die Diskussion nicht in Theorien über generellen Akkordaufbau, Harmonielehre und nach Teutscher Gründlichkeit korrekte Symbolschreibweise und jeweils deren historische Wurzeln ausufern lassen. Es ging und geht mir nur um die praxistaugliche Antwort auf die Frage: Wie bastelt man/frau sich einen Akkord AUF DER GITARRE, wie sind die komplizierten Akkordsymbole v.a. bei Jazz-Stücken zu verstehen und auf der Gitarre zu spielen?

Und da orientiere ich mich bei der Akkordgrundstruktur am common sense des Jazz und Schreibweise an der Bibel des Jazz-Repertoires: dem (illegalen) Real Book (Band I), obwohl auch dort die Schreibweisen nicht einheitlich sind, aber sie können meistens eindeutig interpretiert werden, wenn man mit den verschiedenen Schreibweisen vertraut ist.

Ein paar inhaltliche Anmerkungen muß ich noch machen, da mir da und dort einige Nachlässigkeiten unterlaufen sind:

Akkorde wie C9, C7(#9), C7(b9), C11, C7(#11), C13, C7(b13)
sind Dominant-Sept-Akkorde (in dem Sinne, daß sie eine Dur-Terz haben, eine reine Quinte sofern sie mitgespielt wird, und eine kleine Septime - nicht im funktionsharmonischen Sinne Dominantakkorde die nach harm. Auflösung verlangen) mit FARBEN, die durch die Ziffern > 8 definiert werden. Diese Farben sind als höchste Töne im Akkord zu spielen! (Im Ggs. z.B. zu C6, hier liegen über der Sexte noch höhere Töne im Akkord, z.B. Terz oder Quinte, nicht aber die 7! Ein C13 beinhaltet die 7, aber die 6 wird als oberster Ton gespielt und deswegen 13 genannt). Soll die 7 nicht im Akkord enthalten sein, so findet sich ein "add" vor der Farbe, z.B. Cadd9, Cadd13 usw., wie mein Vorredner schon richtig sagte.

Tonverdoppelungen in einem Akkord (Baß-/Grundton, Terz oder gar die Quinte) sind vielleicht im Folk bei Dur-Strahle-Klängen auf der Westerngitarre oder bei Powerchords im Rock schön und passend, aber im (modernen) Jazz weniger gefragt, da sie nichts wesentlich Neues bringen und das Klanggeflecht nur verdichten, sprich: zuwummern. Die Tonverdopplungen sind ohnehin unvermeidlich wenn man mit einem Bassisten oder gar einem Pianisten (!) zusammen spielt. Wenn Gitarrist aber z.B. alleine eine SÄngerin begleitet à la Tuck&Patti, dann sind natürlich alle Töne, evtl. auch gedoppelt, gefragt und passend.


Und noch was zum Thema "eindeutige Notation", Griffbilder etc.:
Erstens: Die Akkordsymbolangaben im Real Book sind nicht nur für Gitarristen gedacht, sondern auch (und in erster Linie) für Pianisten, die die Akkorde viel umfassender spielen können als unsereiner. Ein Gitarrist ist oft schon vom Instrument her gezwungen, was wegzulassen. Und was er wegläßt, obliegt ihm selbst und führt daher schon zu Mehrdeutigkeiten.
Zweitens: es gibt für jeden Akkord na, sach ich mal, ein rundes Dutzend Griffmöglichkeiten auf der Gitarre. Welches Voicing der Komponist sich genau vorgestellt hat, steht leider nicht da.
Drittens: Die typischen Jazz-Notenblätter nennt man "lead sheet", d.h. sie führen, geben nur eine Anleitung, einen Rahmen, innerhalb dessen die Interpretation frei ist: Zusätzliche Farben, Zwischenakkorde die gar nicht da stehen, Uminterpretationen von Akkorden, aufeinander passende voicings mit stimmführung etc. sind nebst rhythmischen Gestaltungsmöglichkeiten möglich, erlaubt und erwünscht (natürlich ist die Bandbesetzung zu berücksichtigen!!!! Eine harmonisch zu freie Interpretation wird fast immer mit dem Pianisten kollidieren und umgekehrt!). Das ist ja eins der besonderen und interessanten Merkmale des Jazz: daß die Musik eben nicht bis ins kleinste ausnotiert ist (es gibt natürlich auch Ausnahmen, z.B. Big-Band-Arrangements) sondern von jedem und jedesmal neu interpretiert wird.
Viertens: selbst die Notenschrift auf den 5 Linien ist ohne Zusatzangaben (Fingersatz) für die Gitarre nicht eindeutig, da alle Töne auf verschiedenen Saiten in entsprechender Lage gespielt werden können und ansonsten identische Akkorde in einer anderen Lage auch anders klingen.
Fünftens: Bruchstrich-Schreibweisen (Bb/C) sind sicher auch gut und hilfreich, finden sich übrigens auch im Real Book (noch mehr in den legalen Ausgaben), aber der weniger bemittelte Gitarrist wird den Baßton oft ignorieren und dem Bassisten überlassen (das entspricht auch meinen Empfehlungen, weniger zu spielen). Im Englischen heißen diese Akkorde übrigens "Slash-Chords", bennant nach dem berühmten Kollegen aus Guns&Roses ... ;-)


Freedom in the groove (J. Redman)
Kurt

Re: Prost Mahlzeit (war: Re: (Gitarrenbuch) Kennt einer guten Jazz???)

Hi Sven,

: schöner kann man's nicht formulieren. Darauf noch'n Schafskäsekeks und ein Malzbier, geschüttelt und nicht alteriert...

:-) also daß ich einer der dreistesten Plagiatoren schlechthin bin, ist ja vermutlich bereits bekannt. Im Falle der Formulierung mit dem Schatten gebührt die Ehre nicht mir, sondern Platon. Der meinte nämlich damals schon, daß unser Bild, welches wir von der wirklichen Wirklichkeit haben, eher dem Schatten entspricht, den man auf der Höhlenwand sieht, wenn sich draußen Dinge ereignen.

Und ich meinte das übrigens auch nicht abfällig, ich kann zwar mit der fünfdimensionalen Musiktheorie nicht so viel anfangen, finde es aber nichtsdestotrotz äußerst faszinierend und bewundere die Leute, die sich in diesen Gefilden auskennen. Und lege mir dann gleich nochmal die Donots auf.

Keep rockin'
Friedlieb (Den-niederen-Instinkten-ausgeliefert-und-Spaß-dabei-Wochen)

Re: Prost Mahlzeit (war: Re: (Gitarrenbuch) Kennt einer guten Jazz???)

Aloha Friedlieb -

...finde es aber nichtsdestotrotz äußerst faszinierend und bewundere die Leute, die sich in diesen Gefilden auskennen. Und lege mir dann gleich nochmal die Donots auf....

Donots auf den Schafskäsekeks zum Malzbier? Lecker, lecker *g* Und ohne jede Häme, ich find's klasse das man solche Beiträge wie die vom Kurt und Ullrich hier im Archiv finden kann. Ich muß sie ja nicht selbst lesen, geschweige den verstehen (ok, lesen tu ich sie trotzdem und ich les' ja schon eine Weile hier mit. Darauf noch ein Schafskäsedonot).


:(Den-niederen-Instinkten-ausgeliefert-und-Spaß-dabei-Wochen)

... dazu noch mehr oder weniger passend etwas shameless selfpromotion.

alteriert mampfend on ...
bO²gie

NP: Donots | Up Song


Re: (Gitarrenbuch) Kennt einer ne gute Jazz-Schule???

Ich bin total baff, was für eine Lawine von Musiktheorie ich mit meinem Posting lostgetreten habe. Dabei war es doch nur aufgewärmt. Als ich denselben ursprünglichen Text zum Akkordaufbau vor Monaten hier reingestellt hatte, war die Reaktion darauf quasi Null, ich dachte damals schon, ich hätte sie alle mit Theorie erschlagen oder wenigstens mundtot gemacht

Ein klein bisschen fühle ich mich mitschuldig weil ich quasi diesen Beitrag wieder in den Vordergrund bugsiert habe. Würde ich wieder tun weil er mir damals wie heute eine verständliche Übersicht über die PRAXISGERECHTE Bildung von Akorden gab und gibt.

In der Regel geht es doch drum zu schauen was macht die Terz, sprich ist es moll oder dur, und anschliessend welchen Zweck verfolgen der/die zusätzliche/n Note/n. Hier vielleicht noch im speziellen ob dieser Zusatz "nur" eine harmonische Klangfarbe darstellt oder vielleicht sogar Bestandteil der Melodielinie ist und daher eine besondere Betonung wünscht.

Zwischendurch taucht dann vielleicht ein spezieller Akkord auf, den man dann aber lustigerweise und lustigerweise getrost weglassen kann oder vielleicht nach Gehör was passendes ersatzweise einbaut, was auch ok klingt und nicht gleich das Handgelenk bricht.

Mit diesem Rüstzeug an Wissen kann ich mich ans Realbook machen, immer vorrausgesetzt ich kenne die Stücke auch vom hören, weil ja sonst diese Leadsheets doch ein bisschen rudimentär sind (sollen ja auch gar nicht mehr sein).

So erlebe ich das übrigens bei anderen Gitarristen auch. Für die gängige Praxis reicht das zu 99%. Ein Master diplom in Berkley ist erst für nächste Leben geplant und als Reinkarnation von Axel Jungblut (DER Axel Jungblut) seh ich mich auch nicht.

Gruss Manuel


Re: (Gitarrenbuch) Kennt einer ne gute Jazz-Schule???

Hallo Kurt!

>ich dachte damals schon, ich hätte sie alle mit Theorie erschlagen oder wenigstens mundtot gemacht.

Ich halte es keineswegs für eine Besonderheit dieses Forums, daß ein Großteil der Musiker gegenüber theoretischen Themen (gleichermaßen auch Musiksoziologie, Musikpsychologie, Musikethnologie und Musikgeschichte betreffend) eher zurückhaltend ist. Reine Praktiker tendieren dazu, sich auf die Praxis zu beschränken, solange diese zu annehmbaren klanglichen Resultaten führt und das "Wie und Warum" allenfalls dann zu betrachten, wenn dies nicht der Fall ist. Man muß zugeben, daß dies für viele Bereiche auch reicht.

>Ich wollte und möchte die Diskussion nicht in Theorien über generellen Akkordaufbau, Harmonielehre und nach Teutscher Gründlichkeit korrekte Symbolschreibweise und jeweils deren historische Wurzeln ausufern lassen.

Dies wollte ich ebensowenig, der Hauptinhalt meines Postings galt dem Zweck, ein wenig Licht ins Dunkel dieser "sagenumwobenen" Akkorde zu bringen, meine restlichen Anmerkungen sind eher als periphere Ergänzungen von bereits Gesagtem zu verstehen.

>Es ging und geht mir nur um die praxistaugliche Antwort auf die Frage: Wie bastelt man/frau sich einen Akkord AUF DER GITARRE, wie sind die komplizierten Akkordsymbole v.a. bei Jazz-Stücken zu verstehen und auf der Gitarre zu spielen?

Dies ist natürlich der für die Leser dieses Forums interessante Aspekt, aber genau in diesem Sinne halte ich auch für wichtig, divergierende Auslegungen bestimmter Schreibweisen zu diskutieren. Wer eine "11" nur als zugefügte Option eines terzhaltigen Akkords kennt, gerät ins Schwimmen, wenn er z.B. beim Begleiten eines Gospelchors mit demselben Symbol als Kennzeichnung einer terzlosen Doppelfunktion konfrontiert wird.

>Akkorde wie C9, C7(#9), C7(b9), C11, C7(#11), C13, C7(b13)
sind Dominant-Sept-Akkorde (in dem Sinne, daß sie eine Dur-Terz haben, eine reine Quinte sofern sie mitgespielt wird, und eine kleine Septime - nicht im funktionsharmonischen Sinne Dominantakkorde die nach harm. Auflösung verlangen)

Auf die Gefahr, daß ein weiterer Verweis auf die Historie nervt: Die Einbürgerung der Bezeichnung "Dominantseptakkord" unabhängig von einer wirklich gegebenen funktionalen dominantischen Verwendung rührt natürlich daher, daß bis ins 19. Jahrhundert für solche Akkorde überhaupt keine andere Verwendung denkbar war!

(Ausnahmen: 7 -> 6 Vorhalte, wobei logischerweise beide beteiligten Akkorde, dieweil Umkehrungen, quintlos waren, und sog. "Nebenseptakkorde" in Septakkordsequenzen, die allerdings meist die große Sept enthielten, wenn keine Dominantauflösung folgte!)

In Deiner Auflistung sind mir einige Spezialfälle aufgefallen, die je nach Kontext evtl. abweichend betrachtet/behandelt werden sollten (man kann nicht genug betonen, wie wichtig die Kenntnisnahme sowohl der gesamten Harmoniefolge als auch ggf. vorhandener sonstiger Stimmen ist!):

>C7(#9)

Wird gelegentlich (Beispiele finden sich u.A. bei Wayne Shorter) als vor Allem für Gitarristen praktikablere Tritonussubstitution eines 11#13 angegeben und sollte in diesem Fall quintlos gespielt werden, um nicht mit der Baßstimme zu kollidieren (was sich aus grifftechnischen Gründen ohnehin meistens anbietet!).

>C11

Wird, wie ich schon im Vorposting erwähnte, auch zur Kennzeichnung einer Doppelfunktion benutzt, die dann terzlos sein sollte. In diesem Fall gilt zusätzlich:
Die Quint kann ebensogut, wie auf den Dominantbasston bezogen, auch als Sexte der akkordischen Subdominantstruktur aufgefasst werden und darf demzufolge ausnahmsweise über 7-9-11, die ja in der Subdominantfunktion nichts anderes darstellen, als 1-3-5, liegen!

(Witzigerweise gilt bei einer eher seltenen 11-Anwendung als Orgelpunktfunktion das gleiche, eine zuvor vorhandene hochliegende Quint darf als gemeinsamer Ton in der selben Stimme liegenbleiben!)

>C7(#11)

Hier würde ich ebenfalls die genaue Verwendung betrachten. Naheliegend sind sowohl eine gitarrenfreundliche Reduktion eines 11#13, als eine leicht schlampige (aber tatsächlich vorkommende!) Schreibweise einer erniedrigten Quint, von daher empfiehlt sich, im Zweifelsfall die reine Quint nicht mitzuspielen. Die 11# kann dann ggf. tiefer liegen.

>C7(b13)

Die kleine Sexte scheint mir nur bei Anwendung in einer Mollskala als solche eindeutig, ansonsten auch hier der Verdacht auf eine falschnotierte erhöhte Quinte, wodurch die reine Quint zweifelhaft wird.

>Farben sind als höchste Töne im Akkord zu spielen!

Im Prinzip ja, grundsätzlich empfiehlt sich eine Anordnung entsprechend der Obertonstruktur, aber auch hier gibt es sinnvolle Ausnahmen: Innerhalb dieser Teiltöne bei Akkordfortschreitung mögliche chromatische Linien sollten tunlichst (speziell, wenn hierfür keine Bläser oder Streicher vorhanden sind) verwirklicht werden (Beispiele bei A. C. Jobim).

>Und noch was zum Thema "eindeutige Notation", Griffbilder etc.:

Dies deckt sich großenteils mit dem, was ich in meiner Antwort an Matthias bereits in kurzer Form gesagt hatte.

> "Slash-Chords"

Dies bestätigt eigentlich um so mehr die Praxisbezogenheit der Notation, denn in der Theorie ist es natürlich ein Unterschied, ob es sich um

a.) eine Vereinfachung der Schreibweise,
b.) eine Doppelfunktion
c.) einen Orgelpunkt
d.) einen melodisierten Bass

handelt. Besonders in den letzten beiden Fällen sollte ein Gitarrist die Basstöne nur dann mitspielen, wenn kein Bassist vorhanden ist. Ein Bassist, sofern er nicht nur Grundtöne spielt, sondern auch figuriert, sollte aber unbedingt den vollständigen Akkord im Bewusstsein haben, um nicht gegen "5b" oder "sus" anzuspielen...

Grüße,

Olkmar

Re: (Gitarrenbuch) Kennt einer ne gute Jazz-Schule???

Hallo Olkmar,

ich verstehe unsere Postings bestimmt nicht als Schlagabtausch zweier Musiktheoretiker mit dem Motto "Wer weiß mehr" - und ich bin sicher Du auch nicht - , aber erlaube mir lachend die Bemerkung: "ok, Du hast gewonnen, ich kapituliere!".
Vor allem bei Deinen Ausführungen zum C11 Akkord ("... Sexte der akkordischen Subdominantstruktur ...") steige ich aus, siehe unten.

Zu Deinen Zweifeln, ob bei X7(#11) oder X7(b13) die Quinte mitzuspielen sei, kann ich nur fragen: Welcher normal-sterbliche Gitarrist greift einen Halbtonschritt innerhalb eines Akkords? Die Sache mit der Quinte erübrigt sich also in der Praxis (des Akkordgriffs!!), denn die Farbe ist im Akkord wichtiger.

Allerdings: die Akkorde geben ja auch eminent wichtige Hinweise für's Solospiel und die dazu "amtlich erlaubten" Skalen (womit wir wieder beim Thema "Schafscheiße" wären, die alten Forumshasen werden das kennen und aufstöhnen). Das war aber nicht Thema meines ursprünglichen Postings.

Und hier muß ich teilweise zustimmen aber auch widersprechen:
C7(#11) wird oft fälschlich als C7(b5) angegeben, da hast Du recht.
C7(b13) ist ein fast todsicherer Hinweis für die alterierte Skala (b9, #9, b13), wird also im Jazz auch für Soli-Skalen mit Dur-Terz und reiner Quinte zugrundegelegt.

Wer eine "11" nur als zugefügte Option eines terzhaltigen Akkords kennt, gerät ins Schwimmen, wenn er z.B. beim Begleiten eines Gospelchors mit demselben Symbol als Kennzeichnung einer terzlosen Doppelfunktion konfrontiert wird.

Ja, da hast Du wohl recht. Diese Interpretation eines C11 beim goschpln ist mir neu, ich glaube, ich käme da auch ins Schwimmen.



: (Ausnahmen: 7 -> 6 Vorhalte, wobei logischerweise beide beteiligten Akkorde, dieweil Umkehrungen, quintlos waren, und sog. "Nebenseptakkorde" in Septakkordsequenzen, die allerdings meist die große Sept enthielten, wenn keine Dominantauflösung folgte!)
...
: >C11
: Wird, wie ich schon im Vorposting erwähnte, auch zur Kennzeichnung einer Doppelfunktion benutzt, die dann terzlos sein sollte. In diesem Fall gilt zusätzlich:
: Die Quint kann ebensogut, wie auf den Dominantbasston bezogen, auch als Sexte der akkordischen Subdominantstruktur aufgefasst werden und darf demzufolge ausnahmsweise über 7-9-11, die ja in der Subdominantfunktion nichts anderes darstellen, als 1-3-5, liegen!
:
: (Witzigerweise gilt bei einer eher seltenen 11-Anwendung als Orgelpunktfunktion das gleiche, eine zuvor vorhandene hochliegende Quint darf als gemeinsamer Ton in der selben Stimme liegenbleiben!)


Ja, genau, Bahnhof! (sorry this is much too much Matsch for me).


Besonders in den letzten beiden Fällen sollte ein Gitarrist die Basstöne nur dann mitspielen, wenn kein Bassist vorhanden ist. Ein Bassist, sofern er nicht nur Grundtöne spielt, sondern auch figuriert, sollte aber unbedingt den vollständigen Akkord im Bewusstsein haben, um nicht gegen "5b" oder "sus" anzuspielen...

Da stimme ich Dir voll und ganz zu: überlaß den Baßton dem Bassisten falls vorhanden.
Aber: einen Bassisten, der nicht den vollständigen Akkord im Bewusstsein hat, würde ich "quintisieren" oder "sus-sen", also ganz weglassen oder gleich aufhängen ;-)


Grooß
Kurt

Re: (Gitarrenbuch) Kennt einer ne gute Jazz-Schule???

Hallo Kurt!

>Vor allem bei Deinen Ausführungen zum C11 Akkord ("... Sexte der akkordischen Subdominantstruktur ...") steige ich aus, siehe unten.

Dieweil es mir darum wirklich nicht geht und meine Anmerkungen zumindest für diejenigen, die an solcher Materie interessiert sind, verständlich sein sollten, hier dieses Beispiel genauer:

Wenn ich den Akkord incl. Quinte als C-G-Bb-D-F anordne, kann ich wahlweise das G als Quinte dem Basston zuordnen oder als separat gelegten Grundton der Akkordstimmen auffassen, denn auch der Septakkord der 2. Stufe (Bezugstonart F-Dur) ist als Subdominantparallele ein hinreichen deutlicher Vertreter der Subdominante. Da aber eine Umkehrung nur der Oberstimmen bei bleibendem Basston sowohl funktional als auch stufentheoretisch unerheblich ist und nur ein Änderung des Voicings, ist auch die Anordnung C-Bb-D-F-G möglich, die vier die Subdominante repräsentieren Stimmen (über dem nach wie vor dominantischen Basston) bildet dann einen Subdominantquintsextakkord.

Btw.: Eine weitere mögliche, wenngleich umständlichere Schreibweise wäre C479, wobei klar sein sollte, daß der Zusatz "sus" hier unterbleiben sollte, weil die 4 sich bei Auflösung nach F-Dur ja nicht verändert (bleibt normal als Verdopplungston liegen, wenngleich sie zu einem Fj tatsächlich abwärts geführt werden könnte!)

>Zu Deinen Zweifeln, ob bei X7(#11) oder X7(b13) die Quinte mitzuspielen sei, kann ich nur fragen: Welcher normal-sterbliche Gitarrist greift einen Halbtonschritt innerhalb eines Akkords?

In diesem Zusammenhang sicher niemand, sie wäre allerdings selbst bei größerem Abstand fragwürdig. Halbtonschritte in Gitarrenakkorden sind eher als open Chords bei Fusion oder Canterbury typisch, Beispiele:

024000, 0X4030, X54030 (letzteres als völlig atypisches Beispiel von Durterz und Quart in direktem Nebeneinander, die anderen Fälle sind Sekunde als "tiefgelegte None" plus Mollterz)

>Die Sache mit der Quinte erübrigt sich also in der Praxis (des Akkordgriffs!!), denn die Farbe ist im Akkord wichtiger.

Das ist wiederum eine andere Baustelle, denn z.B. beim Bossa-Nova-Fingerstyle ohne Bassisten ist ja die Quint durchaus als "Wechselbass" relevant (wenn sie denn passt!).

>Allerdings: die Akkorde geben ja auch eminent wichtige Hinweise für's Solospiel und die dazu "amtlich erlaubten" Skalen (womit wir wieder beim Thema "Schafscheiße" wären, die alten Forumshasen werden das kennen und aufstöhnen). Das war aber nicht Thema meines ursprünglichen Postings.

Ich kann die Kritik mancher genervten Musiker zu diesem Thema durchaus verstehen, denn oft indiziert ein durch Akkordwechsel bedingter Skalenwechsel ja nichts anderes als schlichtweg eine geänderte Gewichtung bei ansonsten unverändertem Tonvorrat, was im Falle von Skalen ohne Avoid-Notes noch nichtmal besonderz zu berücksichtigen ist. Bei wirklich substantiellen Skalenänderungen innerhalb eines Solos fällt es mir persönlich leichter, mich gedanklich nur auf die jeweils eintretenden Veränderungen zu konzentrieren, anstatt in entlegenen Skalen zu denken, was übrigens oft sehr gut mit der funktionalen Bedeutung eines Akkords in der gegebenen Tonart korrespondiert, aber als "Funktionalist" bin ich gegenüber der in der Jazzlehre allgemein vertretenen Stufentheorie wahrscheinlich mit dieser Denkweise (auch Hörweise!) "far out"...

>C7(b13) ist ein fast todsicherer Hinweis für die alterierte Skala (b9, #9, b13),

Aber eben nur fast! Denkbar ist ebensogut eine dominantische Verwendung in einer F-Dur-Bluestonalität (Ab als Melodienote!), somit die 9b eher zweifelhaft, mitunter wird auch die "glatte" None zusätzlich zur erhöhten (die ja eigentlich Mollterz ist) verwendet.

>wird also im Jazz auch für Soli-Skalen mit Dur-Terz und reiner Quinte zugrundegelegt.

Sorry, aber mit REINER Quinte ist es nicht die alterierte Skala!

Calt = C, Db, Eb, Fb (=E!), Gb (!), Ab, Bb

Ich würde in wirklichen Fällen der alterierten Skala auch für den Akkord die Schreibweise Calt dem ansonsten fälligen Nümmerchenwirrwar vorziehen.

(Ich denke gerade über die korrekte Bezeichnung im Falle einer reinen Quint nach, es müßte eigentlich "phrygian 11b" sein. Haben wir doch alle gestern erst noch gespielt *g*.)

>Ja, da hast Du wohl recht. Diese Interpretation eines C11 beim goschpln ist mir neu, ich glaube, ich käme da auch ins Schwimmen.

Genau diese Doppelfunktion ist aber absolut stiltypisch, sie wurde aus dem Neoklassizismus übernommen. Der Grund ist sicherlich die (verglichen mit anderen "Schrägheiten") leichte chorische Singbarkeit.

>: (Ausnahmen: 7 -> 6 Vorhalte, wobei logischerweise beide beteiligten Akkorde, dieweil Umkehrungen, quintlos waren, und sog. "Nebenseptakkorde" in Septakkordsequenzen, die allerdings meist die große Sept enthielten, wenn keine Dominantauflösung folgte!)

Ich will ja nicht kneifen, aber hier wäre eine weiterführende Erklärung sehr umständlich, weil es sich kaum symbolisch ausdrücken lässt, diese Sachen entstammen dem Continuozeitalter und werden kontemporär nur noch in Kirchen- und Filmmusik eingesetzt. Daher nur ein paar einfache Beispiele, wer will, mag sie als Hörprobe spielen:

Vorhalte 7 -> 6 (der Einfachheit halber dreistimmig):

X3X0X0 -> XX32X0 -> XX323X -> XX203X -> XX201X -> X535XX -> X534XX -> X324XX -> X322XX -> X202XX -> X201XX (oder X200XX, je nachdem, ob ich nach a-moll modulieren oder in C-Dur bleiben möchte!)

Sequenz mit Nebenseptakkord:

XX5433 -> XX0212 (= das Modell mit Dominantseptakkord)
XX2000 -> X2423X (= die tonale abwärtsgerückte Entsprechung mit Nebenseptakkord)
X3201X wäre der logisch nachfolgende Akkord, mit dem üblicherweise das Sequenzmodell verlassen wird.

>: >C11
: Wird, wie ich schon im Vorposting erwähnte, auch zur Kennzeichnung einer Doppelfunktion benutzt, die dann terzlos sein sollte. In diesem Fall gilt zusätzlich:
: Die Quint kann ebensogut, wie auf den Dominantbasston bezogen, auch als Sexte der akkordischen Subdominantstruktur aufgefasst werden und darf demzufolge ausnahmsweise über 7-9-11, die ja in der Subdominantfunktion nichts anderes darstellen, als 1-3-5, liegen!

Ich hoffe doch, das weiter oben halbwegs nachvollziehbar erklärt zu haben.

>: (Witzigerweise gilt bei einer eher seltenen 11-Anwendung als Orgelpunktfunktion das gleiche, eine zuvor vorhandene hochliegende Quint darf als gemeinsamer Ton in der selben Stimme liegenbleiben!)

>Ja, genau, Bahnhof! (sorry this is much too much Matsch for me).

Dies wiederum ist eine relativ simle Sache, nämlich nichts anderes als das, was im Jazzvoicing als "smooth" bezeichnet wird und basiert auf der alten Stimmführungsregel, daß gede Stimme den kürzesten möglichen Weg geht, mit der logischen Folge, daß über den Akkordwechsel hinweg gemeinsame Töne in der selben Stimme liegenbleiben (Wenn sich Gitarristen und auch teilweise Pianisten recht wenig daran halten, hängt dies damit zusammen, daß dies für Bläser- und Chorsätze wesentlich wichtiger ist! Speziell die Gitarre ist mitunter eher geeignet, traditionelle Stimmführungsregeln zu brechen, als sie zu beachten *g*.)

>Aber: einen Bassisten, der nicht den vollständigen Akkord im Bewusstsein hat, würde ich "quintisieren" oder "sus-sen", also ganz weglassen oder gleich aufhängen ;-)

Im hochschulischen Bereich wird es üblicherweise so gehandhabt, daß man solche Leute (nebst deren Pendants an Piano/Drums) als Begleiter für die Aufnahmeprüfungen von Studienbewerbern rekrutiert... *wegduck*

Grüße,

Olkmar

Re: (Gitarrenbuch) Kennt einer ne gute Jazz-Schule???

Hallo Matthias,

ich fand die Reaktion des werten Musikerkollegen Kurt auch angemessen, zumal er zwischen konstruktiver Kritik (die ja zum "überdenkenden Weiterdenken" anregen soll) und fachlich inkompetentem "Anpinkeln" sehr wohl zu unterscheiden vermag.

Unterschiedliche Blickwinkel dürfen unter Leuten, die ihr Handwerk verstehen, durchaus kontrovers diskutiert werden.
Der dabei verwendete Umgangston mag für Außenstehende befremdlich sein, aber er ist im Prinzip sachlich, bisweilen vielleicht auch süffisant.

Man bewegt sich schließlich auf gleicher Augenhöhe und da gelten die Regeln des Schachspiels:
ein gutes Argument ist wie ein guter Schachzug.
Einziger Unterschied in der konkreten Diskussion: es geht nicht um strategische Positionen, sondern um Erkenntnisse über die Regeln (sprich: die Spiel-Theorie).

Substanzlose Kommentare von imkompetenten Zuschauern stören da nur.

"Rabulistik" ist übrigends gleichbedeutend mit Haarspalterei.
Also redundante Hühnerkacke.
Thema beendet.

mfG
Ulrich Peperle






Re: (Gitarrenbuch) Kennt einer ne gute Jazz-Schule???

Hallo!

: Thema beendet.

Sicherlich entscheidest du, wann für dich das Thema erledigt ist. Wann es für mich erledigt ist, bleibt aber meine Entscheidung.

Ich empfand und empfinde Kurts Beitrag als sehr konstruktiv und zielführend. Deiner ist in meinen Augen weiterhin Haarspalterei und im Ton für mich unerträglich oberlehrerhaft (dies ist keine Beleidigung gegenüber Lehrern, ferdi!). Wobei ich mir gerne ankreiden lasse, dass ich diesen Oberlehrerton auch viel zu oft anschlage.

Selbstverständlich lässt sich Rabulistik mit Haarspalterei gleichsetzen. Aber von der Sprachmelodie her wollte ich gerne einen weiteren Begriff setzen.

So. Jetzt ist auch für mich das Thema erledigt.

Gruß

Matthias

Re: (Gitarrenbuch) Kennt einer ne gute Jazz-Schule???

Hallo Olkmar,
Stimmführung ist ein Thema, was mich im Moment ziemlicj interessiert.
Gibt es da Literatur, die ich mir antun sollte?
Ich hatte schon mal daran gedacht, mich mit Generalbaßspiel auseinanderzusetzen, ansonsten wollte ich mich wohl noch mal mehr mit komplexeren Voicings beschäftigen.
Hast Du Tips?
Ich bin für gute Ratschläge dankbar,
Gruß,
Woody

Re: (Gitarrenbuch) Kennt einer ne gute Jazz-Schule???


Hallo Matthias,

das nenne ich mal 'ne schnelle Replik ;) ...

Laß mal stecken - die Diskussion hat ja längst eine Eigendynamik entwickelt, der ich kaum noch folgen kann, weil sie sich in Details verliert, die ich z.T. anders sehe, die aber nicht über einen Schnellschuss kommentiert werden können.

Was mich an Deinem Posting gestört hat: wenn Du mit meiner Ansicht nicht konform bist (mußt Du ja wirklich nicht sein - es geht ja schließlich nur um Ansichten, von denen nicht das Heil der Menschheit abhängt!), warum begründest Du das dann nicht sachlich mit eigenen Argumenten (auch wenn das geistige Eigenarbeit bedeutet), sondern hängst Dich nur parasitär an die Statements anderer Leute mit unsachlichen Kommentaren dran?

Ich habe den Artikel von Kurt schließlich auch nicht im Schnellverfahren nach dem Motto "Alles Sch.... - Deine Elli" abgefackelt.

Ganz einfach für den Rest des Lebens formuliert:
Wenn Du es nicht gerade mit offensichtlichen Idioten zu tun hast, dann respektiere auch Meinungen, die Dir quergehen - oder mache Dir wenigstens die Mühe, diesen für Dich konträren Meinungen gute Argumente entgegenzusetzen.

mfG
Ulrich Peperle







Re: (Gitarrenbuch) Kennt einer ne gute Jazz-Schule???


Hallo Matthias,

das nenne ich mal 'ne schnelle Replik ;) ...

Laß mal stecken - die Diskussion hat ja längst eine Eigendynamik entwickelt, der ich kaum noch folgen kann, weil sie sich in Details verliert, die ich z.T. anders sehe, die aber nicht über einen Schnellschuss kommentiert werden können.

Was mich an Deinem Posting gestört hat: wenn Du mit meiner Ansicht nicht konform bist (mußt Du ja wirklich nicht sein - es geht ja schließlich nur um Ansichten, von denen nicht das Heil der Menschheit abhängt!), warum begründest Du das dann nicht sachlich mit eigenen Argumenten (auch wenn das geistige Eigenarbeit bedeutet), sondern hängst Dich nur parasitär an die Statements anderer Leute mit unsachlichen Kommentaren dran?

Ich habe den Artikel von Kurt schließlich auch nicht im Schnellverfahren nach dem Motto "Alles Sch.... - Deine Elli" abgefackelt.

Ganz einfach für den Rest des Lebens formuliert:
Wenn Du es nicht gerade mit offensichtlichen Idioten zu tun hast, dann respektiere auch Meinungen, die Dir quergehen - oder mache Dir wenigstens die Mühe, diesen für Dich konträren Meinungen gute Argumente entgegenzusetzen.

mfG
Ulrich Peperle







Re: (Gitarrenbuch) Kennt einer ne gute Jazz-Schule???

Hallo woody!

: Gibt es da Literatur, die ich mir antun sollte?

Sorry wenn ich hierauf keine einfache und eindeutige Antwort geben kann, aber die Zeit meines klassischen Kompositionsstudiums (woraus ich fast alles ableiten kann, so daß ich eigentlich wenig neuere musiktheoretische Literatur lese) ist nunmehr auch länger als zwei Jahrzehnte her und ich weiß definitiv, daß das meiste Material, nach dem ich damals gelernt habe, nicht mehr im Handel ist. Zudem habe ich den Eindruck, daß auch hierin etliche Bücher eher zweifelhaft und mit Vorsicht zu genießen sind, dieweil sie z.T. drastisch dogmatisieren bzw. einseitige Sichtweisen vermitteln (meine Freundin hat vor einigen Jahren etliche davon gekauft und die sind inzwischen voll mit Anmerkungen darüber, was ich auf ihre Nachfragen alles erstmal gehörig relativieren musste!).

Grundsätzlich würde ich daher empfehlen, nicht unbedingt teures Material anzuschaffen (was eh nicht unbedingt besser sein muß!), sondern lieber einen ganzen Stapel preisgünstiger Bücher, so daß man die Möglichkeit hat, divergierende Darstellungsweisen miteinander zu vergleichen.

Die beste (wenngleich wahrscheinlich teuerste) Lösung wäre sicherlich Einzel(!)unterricht bei einem guten Lehrer.

: Ich hatte schon mal daran gedacht, mich mit Generalbaßspiel auseinanderzusetzen,

Dies ist sicherlich sinnvoll und in jedem Fall für alles Andere in diesem Bereich ebenso nützlich, einzig fehlt darin die Übung des Umgangs mit der für Chor/Bläser/Streicher wichtigen "weiten Lage", da die Akkordstimmen des Generalbasses durchweg eng (mit gelegentlichem Auftauchen der "gemischten" Lage) geführt werden, sowie die melodiebezogene Satztechnik (wiewohl diese unter Jazzgitarristen/-pianisten wesentlich verbreiteter ist). Es gibt aber insgesamt mengig Gemeinsamkeiten.

: ansonsten wollte ich mich wohl noch mal mehr mit komplexeren Voicings beschäftigen.

Die generellen Regeln der Stimmführung sind eigentlich überall gleich, die wesentlichen Unterschiede verschiedener Stilrichtungen betreffen vorrangig die Dissonanzbehandlung. Es mag Dich vielleicht wundern, aber ist doch letztlich logisch, daß ein "weniger strenges" Material in der Handhabung tatsächlich leichter ist. Somit ist eine solide historische Grundlage für alles Weitere mindestens die halbe Miete.

: Hast Du Tips?
: Ich bin für gute Ratschläge dankbar

Leider wie gesagt nicht so konkret, aber insgesamt: fang irgendwo an, vergleiche mehrere Lehrbücher und versuche den wesentlichen Inhalt herauszukristallisieren, laß es insgesamt langsam angehen und immer die Ohren mitarbeiten!

Noch ein Tip: Fast alle Lehrbücher verwenden bisweilen den Begriff "verboten", der zwar eine für den Anfänger eine geeignete Krücke darstellt, aber irgendwann durch "stilistisch unpassend" oder "klanglich unvorteilhaft" ersetzt werden sollte (bereits in barocker Kontrapunktik hat das klangliche Resultat Vorrang vor den traditionellen Regeln!).

Sollten irgendwelche Fragen auftauchen, solltest Du keine Bedenken haben, diese auch zu stellen.

Grüße,

Olkmar

Re: (Gitarrenbuch) Kennt einer ne gute Jazz-Schule???

Hallo Olkmar,
vielen Dnak schon mal für die Antwort.



: aber die Zeit meines klassischen Kompositionsstudiums

Aha!
Das erklärt einiges, aber Komposition studieren wollte ich nicht gerade. :-)
Ja, auf dem Büchermarkt gibt es viel Mist. Deswegen hatte ich ja gefragt :-)

:
: Grundsätzlich würde ich daher empfehlen, nicht unbedingt teures Material anzuschaffen (was eh nicht unbedingt besser sein muß!), sondern lieber einen ganzen Stapel preisgünstiger Bücher, so daß man die Möglichkeit hat, divergierende Darstellungsweisen miteinander zu vergleichen.

Klassische Harmonielehren habe ich einige hier herumstehen, an Jazzharmonielehren nur die Haunschilds.
Aber Literatur über Jazzkomposition, daran habe ich bisher noch nicht gedacht, da werde ich mich mal umschauen.
:
: Die beste (wenngleich wahrscheinlich teuerste) Lösung wäre sicherlich Einzel(!)unterricht bei einem guten Lehrer.

Hab ich. Allerdings ist im Unterricht auch nicht die Zeit (und ich will es auch gar nicht) Voicings zu bauen und vierstimmige Voiceleadings zu entwerfen.

:
: fehlt […]"weiten Lage", [Im Generalbaß]
Ja gut, aber die Regeln lassen sich doch im Prinzip direkt übertragen, oder?

:
: Sollten irgendwelche Fragen auftauchen, solltest Du keine Bedenken haben, diese auch zu stellen.

verbindlichsten Dank,
Gruß,
Woody

Re: (Gitarrenbuch) Kennt einer ne gute Jazz-Schule???

Hallo woody!

: Klassische Harmonielehren habe ich einige hier herumstehen, an Jazzharmonielehren nur die Haunschilds.

Auch an denen hätte ich eine Menge zu bemeckern, angefangen damit, daß der elfte Teilton IMHO besser der erhöhten Quart als der reinen zuzuordnen wäre (dieweil er dort wirklich mathematisch näher dran liegt!), bis dahin, daß der Anhäufung von Detailwissen über Skalen und Akkorde zuwenig kombinierende Anwendung entgegensteht. Für die Einbindung ins Langzeitgedächtnis ist undedingte praktische Umsetzung erforderlich, Alles, was nicht sofort "gebraucht" wird, wandert schnell ins Vergessen...

Des weiteren scheint mir auch sein Exkurs in Sachen Blues ein wenig einseitig, man hat den Eindruck, daß er in diesem Bereich nur Beispiele aus dem Jazzbereich kennt und sich mit Sicherheit nie mit einer Harp auseinandergesetzt hat. Seine Ableitung der Skalen wirkt an dieser Stelle ein wenig oberflächlich, von daher ist nicht verwunderlich, daß ihm zur Begründung der 5b nicht so recht was einfällt...

(Um Eins klarzustellen: Ich habe nix gegen Haunschild, ich halte ihn für einen bemerkenswerten Gitarristen und muß zugeben, daß ein Konzert mit Gottschalk/Haunschild für mich der Anlass war, mir die Plektren abzugewöhnen...)

: Aber Literatur über Jazzkomposition, daran habe ich bisher noch nicht gedacht, da werde ich mich mal umschauen.

Kann auf keinen Fall schaden, sollte aber IMHO nicht unbedingt am Anfang und vor Allem nicht alleine stehen.

: Allerdings ist im Unterricht auch nicht die Zeit (und ich will es auch gar nicht) Voicings zu bauen und vierstimmige Voiceleadings zu entwerfen.

Grundsätzlich gilt im Theorieunterricht dasselbe wie für das Instrumentalspiel: Der Unterricht kann das Üben nicht ersätzen, er soll eine Anleitung bieten, es sinnvoll zu gestallten!

Ergo bekommt man Aufgaben und schreibt eigenständig Sätze (wenn auch am Anfang fehlerhaft), die an im Unterricht auf nötige Korrekturen besprochen werden. Für den Anfang eignen sich Kantionalsätze (mit einfachen Dreiklängen, ohne jeden harmonischen Schnickschnack!), die zunächst stilsicher beherrscht werden sollten, danach kann man Bachsätze, Romantik etc. dranhängen, Jazzvoicings ergeben sich dann als weiterführendes Resultat fast von selbst...

: : fehlt […]"weiten Lage", [Im Generalbaß]
: Ja gut, aber die Regeln lassen sich doch im Prinzip direkt übertragen, oder?

Im Großen und Ganzen ja, aber dennoch ist es ein Wechsel "auf ein anderes Instrument", z.B. dadurch, daß eine Änderung der Stimmenanordnung auch Quarten und Quinten vertauscht, somit das, was "geht" bzw. "nicht geht" sich jeweils unterschiedlich darstellt, des weiteren bedürfen natürlich (die Lage bleibt ja nicht konstant weit!) Lagenwechsel der Übung, damit sie überzeugend ("geschmeidig") sind, der Übung.

(Es ist mir durchaus klar, daß die Einhaltung "alter" Regeln in heutiger Satztechnik nicht zwingend erforderlich ist, dennoch kann man sie immer noch vorteilhaft nutzen und sollte lieber wissen, was man tut, bevor man achtlos "unschöne" Parallelen oder Sprünge schreibt!)

Grüße,

Olkmar

Re: (Gitarrenbuch) Kennt einer ne gute Jazz-Schule???

Hallo Olkmar,

: (Um Eins klarzustellen: Ich habe nix gegen Haunschild, ich halte ihn für einen bemerkenswerten Gitarristen und muß zugeben, daß ein Konzert mit Gottschalk/Haunschild für mich der Anlass war, mir die Plektren abzugewöhnen...)

Ich habe mal ein Konzert der beiden im Bonner Arithmeum angehört. Ich fand es etwas steril, genauso wie die Platten, die ich habe. Aber ich habe trotzdem viele Impulse bekommen. Lohnt sich, für Jazz- oder Duointeressierte Gitarristen.
Die Harmonielehren sind als Nachschlagewerk für leicht Fortgeschrittene gut geeignet, finde ich.

Danke für Deine Antworten,
Gruß,
Woody

Re: (Gitarrenbuch) Kennt einer ne gute Jazz-Schule???

Hi woody!

: Ich habe mal ein Konzert der beiden im Bonner Arithmeum angehört. Ich fand es etwas steril

Da ist was dran, sicherlich täte ihnen (wie etlichen anderen Vertretern der "hochschulischen" Jazz-Szene) ein wenig mehr Lockerheit und Homor gut, speziell bei Gottschalk scheint mir der "Draht zum Publikum" vergleichsweise dürftig, er zelebriert halt seine Technik und das ist mitunter zwar beeindruckend, aber wenig unterhaltsam. Einzige Ausnahme war "All Blues" von Miles Davis, welches tatsächlich Spielfreude vermittelte (deutlich mehr als auf der CD!).

: genauso wie die Platten, die ich habe.

Jep, für mich sind die "Highlights" darin genau dort, wo in leider seltenen Ausnahmen von dogmatisierten Schemata abgewichen wird, z.B. die z.T. auf Fusion-Chords in Abwärtsarpeggien gespielte tiefer gestimmte Westerngitarre in "You don't Know what Love is".

Hinsichtlich solcher Gestaltungsfreiheiten bieten Götz/Siechmann sicherlich die interessanteren Konzertprogramme.

: Aber ich habe trotzdem viele Impulse bekommen. Lohnt sich, für Jazz- oder Duointeressierte Gitarristen.

Auch das kann ich bestätigen, wobei sich das bei mir neben stéigerung der Übungs-Motivation gelegentlich auch auf GAS-Anfälle erstreckt (Nach Gottschalk/Haunschild war's die AER-Anlage, nach Götz/Siechmann war ein Boss RC-20 unvermeidbar...).

: Die Harmonielehren sind als Nachschlagewerk für leicht Fortgeschrittene gut geeignet, finde ich.

Sicherlich, aber für das von-Grund-auf-Lernen bedürfen sie gewisser Ergänzungen.

: Danke für Deine Antworten,

Gern geschehen, bin jederzeit für weitere Fragen offen.

Grüße,

Olkmar

Re: (Gitarrenbuch) Kennt einer ne gute Jazz-Schule???

Tach,

Metal in Ehren, aber Deine Aussage is schwachsinn.

Das geb ich mal direkt so zurück. Gut, du kennst Testament, aber ich vermute die wirklich technischen Metalbands wirst du nicht kennen, ebenso wie mein Jazzwissen nicht weit über Wes Montgomery hinaus reicht. Hier mal ein paar richtig technische Metalbands, hör dir vielleicht mal was von denen an dann reden wir weiter:

cryptopsy
jack slater
theory in practice
watchtower
dream theater (nicht wirklich metal aber gehört da auch rein)
atheist (jazz-deathmetal)
cynic
megadeth
symphony x
morbid angel

Und jetzt erzähl mir keiner, dass das nur Geknüppel ist, bevor er mal was nachgespielt hat.

Mfg,
Lukas



Re: Prost Mahlzeit (war: Re: (Gitarrenbuch) Kennt einer guten Jazz???)

: Moinsens Friedlieb -
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: : .... und ich dann den klugen Worten der großen Onkels lauschen durfte, die über Dinge redeten, von denen ich noch nicht einmal den Schatten erahnen konnte. Hach, war das schön...
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: schöner kann man's nicht formulieren. Darauf noch'n Schafskäsekeks und ein Malzbier, geschüttelt und nicht alteriert...
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: gnagna on ...
: bO²gie
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: NP: Elvis Costello | What's so funny about peace, love and understanding

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