(Philosophie) Mit wem redet ihr eigentlich?
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Beitrag von Michael (Jacuzzi) vom Mai 20. 2003 um 15:19:15:
Eine Frage (ich habe gestern schon mal mit unserem Keyboarder drüber geredet; wir sind aber nicht recht weitergekommen).
Also: Wer Musik macht, live, im Übungsraum oder daheim: Redet der mit sich oder mit Anderen? Und wenn er (nur) mit sich redet, ist das dann so in Ordnung?
Dahinter steckt folgende Erfahrung: Ich habe Musik bis zuletzt, ohne jemals näher darüber nachgedacht zu haben, immer als Kommunikationsform verstanden. Außer Zweifel, dass Konzerte und Proben gleichzeitig Gespräche mit dem Publikum ebenso wie mit den Mitmusikern darstellen, und darum war auch beim Spielen zu Hause zumeist auch ein - gedachter - Zuhörer präsent. Daraus resultierte übrigens auch die Bedeutung von Blickkontakt mit den Kollegen, eingeschränkt auch mit dem Publikum. Ist ja auch gut so.
Jetzt aber - Es gibt da so ein Phänomen, das manche von euch möglicherweise kennen: Dass man nämlich manchmal, wenn man allein und bei sich ist, irgendetwas erreicht, was sich in dieser Form nicht einstellt, wenn Andere dabei sind. Das hat mal was mit rein technischen Möglichkeiten zu tun, mal mit dem Mut zum Ausdruck, mal damit, dass man sich einfach mehr traut (weil eh keiner zuhört), nicht zuletzt damit, dass man leiser (und deshalb auch schöner) spielt, weil niemand mit der Musik erreicht werden muss.
Das hat dann zu der Frage geführt, ob man in sozialen Situationen (Proberaum, Bühne, Session, Musikgeschäft) auch zu sozial spielen kann, was immer das heißen mag. Ob es also vielleicht besser wäre, die Umwelt mal ein Stück weit zu vergessen.
Diese Frage habe ich dann gleich an den Hüter meines Grals, Frank Zappa, gerichtet. Nach nur sechsstündigem Videostudium bin ich zu dem Schluss gekommen, dass er (zumindest wenn er soliert hat), so nahe bei sich war, wie ein Mensch das überhaupt nur sein kann. Und da beneide ich ihn (posthum) drum. Hendrix meinem Eindruck nach ähnlich. Ed Van Halen ist da vielleicht anders, George Benson möglicherweise auch. Andere Beispiele könnte man suchen.
Von da zur Klassik: Ohne es näher beurteilen zu können, wirken mir z. B. klassische Pianisten ebenfalls nicht so, als bestünde außerhalb des Tons ein irgendwie geartetes Kommunikationsband zum Publikum die schauen ja nicht mal zum Dirigenten; wenn ich das richtig wahrnehme, geht es in diesem Bereichen also ebenfalls eher darum, so nah wie möglich bei sich zu sein. Und so reden sie oft ja auch.
Von Charly Parker, einem anderen Gralshüter, kenne ich keine Videos und habe nur vor etlichen Jahren mal eine Dokumentation gesehen: Der macht aber nicht den Eindruck, als würde er sich sehr weit aus seiner Welt herausbewegen. Drogen mögen da eine Rolle spielen. Dizzy Gillespie wäre allerdings ein mögliches Gegenbeispiel.
Zum Blues: Ganz anders. Reine Kommunikation, totales gemeinsames Baumwollfeld, oder täusche ich mich?
So, das ist jetzt aber wirklich ein überdimensioniertes Posting geworden, hat aber einen Grund: Kann irgendjemand von euch sagen, mit wem er beim Spielen redet? Hat wer schon mal versucht, mehr mit sich/mit Anderen zu kommunizieren? Eine Meinung, eine Erfahrung, ein Tipp? Kennt wer einen Musiker, der gerade deswegen so gut ist, weil er bei sich/bei Anderen ist? Ich bin da nämlich zur Zeit nicht so recht glücklich mit, und vielleicht gibt's ja eine Entwicklungsmöglichkeit. Freue mich sehr über Anregungen.
Gruß,
Michael (Jacuzzi)
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