Re: (Philosophie) Mit wem redet ihr eigentlich?
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Beitrag von woody vom Mai 21. 2003 um 18:02:00:
Als Antwort zu: (Philosophie) Mit wem redet ihr eigentlich? geschrieben von Michael (Jacuzzi) am Mai 20. 2003 um 15:19:15:
Hallo Michael, spannende Frage, das. Ich für meinen Teil komme ja nun von der Klassik weg, und von daher steht für mich im Vordergrund die Interpretation.
Ein Stück hat zwei Dimensionen, zum einen den Notentext, das "Technische" und dann halt die emotionale Botschaft. Ein Stück technisch zu beherrschen und es interpretieren zu könne sind zwei grundverschiedene Dinge. Es ist ein bißchen wie beim Vorlesen, finde ich. Zum "objektiven", technischen Inhalt, kommt die im Text "codierte" Botschaft hinzu. Stell Dir einen Fremdsprachler vor, der einen deutschen Text vorträgt. Er kann ihn vielleicht korrekt aussprechen, aber ob er eine Bedienungsanleitung für einen Toaster vorträgt, oder ein Liebesgedicht, bleibt für ihn gleich und somit die Interpretation. Stell Dir vor dieser Fremdsprachler liest ein Liebesgedicht in seiner Sprache vor. Du magst die Sprache nicht kennen, aber aus der Art und Weise des Vortrages, kannst Du auf den Inhalt schließen.
So. Jetzt wieder zur Musik. Die technische Beherrschung des Stückes, ob nun im Notentext oder zur Improvisation, ist Voraussetzung für einen bewegenden Vortrag. Wenn ich auf der Bühne stehe, versuche ich, den Leuten den emotionalen Inhalt des Stückes klar zu machen. Ich versuche, mich in die Stimmung des Stückes zu versetzen, und den Zuhörern diese zu vermitteln. In der Rolle des Solisten heißt das also, ich höre zunächst auf mich. Höre in mich hinein, und versuche meinen Empfindungen und Erfahrungen nachzuspüren. Ich rede und trage vor und versuche den Inhalt wiederzugeben. Was ich dabei denke und spüre ist von Mal zu Mal unterschiedlich und führt vom einen aufs andere Mal zu völlig unterschiedlichen Interpretationen. Bei Improvisierter Musik gibt es meist Begleiter, die Rhythmusgruppe. Die können auf das, was ich sage eingehen, zustimmen, Vorschläge und Einwürfe machen. wenn ich frei sprechen soll zu einem Thema, habe ich wahrscheinlich schnell alles gesagt, ein interessanter einwurf kann mir neue Ideen und Perspektiven öffnen. Daher habe ich immer ein Ohr bei den Mitmusikern, wenn ich Ideen brauche. Die Zuhörer beziehe ich in erster Linie über ihr Ohr ein, wobei es natürlich gut ist, ins Publikum zu schauen und Leute anzusprechen, wenn ich nicht zu sehr von der Musik eingenommen bin.
Ein wenig länglich und konfus geraten, jetzt, fürchte ich, aber darüber nachzudenken finde ich spannend und fruchtbar. Gruß, woody
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