Re: (Gitarre) Frage zu ebay und Gitarren aus China
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Beitrag von groby vom Juli 17. 2007 um 17:42:07:
Als Antwort zu: (Gitarre) Frage zu ebay und Gitarren aus China geschrieben von smgmucke am Juli 16. 2007 um 14:05:44:
Hi.
Ich muss mal etwas wütend werden. Es geht gar nicht gegen irgendjemanden persönlich - dazu habe ich den Threat auch nicht aufmerksam genug gelesen - sondern ich möchte einmal meine gärende Meinung kräftig ventilieren:
Gitarren sind nicht teuer.
Im Gegenteil: Sie sind sogar im Vergleich zu fast allen anderen Instrumenten entsetzlich billig. Ich sage auch, wieso.
Ein Kleiderschrank von Ikea kostet problemlos 300 Euro. Einmal Auftanken kostet mich ca. 60 Euro. Behalten wir das mal so im Kpof und gehen weiter...
Eine Gitarre ist ja nicht bloss ein netter Gegenstand sondern hoffentlich ein Instrument mit dem man künstlerisch sprechen kann, mit dem man seinen Inneren Ausdruck verleiht, ein Instrument was einem dabei unterstützt, etwas so unfassbar großartiges wie Musik hervorzubringen. Mit dem man sich trösten und freuen kann. Ein Instrument, das mit einem alle Gefühle teilt und das einen befreien und beflügeln kann in Trauer, Spass, Geselligkeit, Ausgelassenheit, Melancholie. In Allem.
Wenn jemand jetzt der Ansicht ist, sowas darf aber nicht mehr kosten, als ein Ikea-Wandschrank oder als 4-5mal Auftanken, dann habt ihr doch echt einen Schaden! Dann macht Origami als Hobby und hört CD nebenbei. Ist billiger und klingt besser.
Gerne hört man auch die Story von der China/Sperrholz/IrgendwasBilliges-Gitarre die ein so toller Glücksgriff/Geheimtipp war dass sie der ebenfalls vorhanden Fender/Gibson/PRS ebenbürtig ist.
Wer sowas verklappt, hat entweder den Teufelsglücksgriff alle Zeiten getan und sollte sich hüten, sowas zu verallgemeinern. Oder er hat Holzohren und findet fast alles dufte. Oder - mein häufiger Verdacht - er hat sich offenbar damals beim Kauf der Fender/Gibson/PRS schön bescheißen lassen und geglaubt, hoher Preis macht schon Qualität.
Ich meine aber nicht hohen Preis per se. Sondern Qualität. Die hat meistens eben einen Preis.
Eine echt gute Gitarre HÖRT man an ihrer Güte heraus. Das sind keine Kinkerlitzchen. Das ist ganz klar wahrnehmbar. Es äußert sich in der Tonentfaltung, in der Lebendigkeit der Noten: überall.
Jaja, blahblah, im Bandzusammenspiel hört das keiner, im Publikum ohnehin nicht.... lalalala ...
Erstens: Doch! In der Summe hört man es! Den Unterschied zwischen einer echt guten und eine passablen Gitarre hört man raus in einer Band. Wer das nicht hört, sollte mal Delay, Reverb und Chorus ausschalten. Oder den Amp wechseln. Oder die Band.
Zweitens: Das ist als ob ein Maler sagt "Für Blau nehm ich immer ganz billige Pfusch-Tinte. Auf dem Bild sind ja immer so viele andere Farben, da sieht das nachher keine Sau! Das dumme Käufer-Pack sowieso nicht."
Drittens: Mir egal ob andere das hören. ICH will es hören, denn ich mach ja nicht nur Musik "unter Inbetriebnahme einer Gitarre" sondern MIT ihr. Zusammen. In Interaktion. Was soll ich denn da mit so einem totem, lieblos zusammengefrästem Brett?
Okay, was kosten denn Gitarren?
Eine gute Strat kann man schon für 700-1000 Euro kaufen. Muss nicht aber die ordentlichen Strats die ich kenne tun das. Eine Spitzenstrat gibt's so um 2000 vom Gitarrenbauer. Besser als jede Stangenware. Ehrlich. Deutlich. Und wer ans Maximum gehen will, kann auch 3000 ausgeben aber mehr als das lässt sich musikalisch nicht mehr rechtfertigen, nur noch über Voodoo, Marketing, Image oder Schnickschnack-Inlays.
Sorry, aber: Das ist nicht teuer! Das ist überschaubar. Das ist nur teuer in Relation zu Dingen die sich auch "Gitarre" nennen und auch so aussehen und irgendwie auch denselben Zweck erfüllen.
Aber in Relation zu anderen Dingen in der echten Welt ist das nicht teuer. Ein größerer Fernseher kostet dasselbe. Und eine Gitarre ist schliesslich ein Musikinstrument, kein Mikrowellengulasch zum schnell Satt-Werden.
Zugestanden: ein hoher Preis schützt vor Schrott nicht. Und es gibt Marken oder Gelegenheiten und Glücksfunde bei denen man erheblich günstiger an ernstzunehmende Instrumente kommt. Auch der Name einer ansonsten prestige-trächtigen Marke auf der Kopfplatte sagt zunächst einmal GAR NICHTS.
Aber nur weil man irgendwelche in Lack getauchte Holzklumpen von Slave Labor zusammengeklebt hier für ein paar Kröten kaufen kann, ist das kein Grund, diese Produkte als ernstzunehmende Musikinstrumente in Erwägung zu ziehen oder heimlich zu vermuten - bei diesem Verdacht muss ich immer kotzen! Laut kotzen! - nur weil "Gitarre" genannte Dinger jetzt auch schon 60 Euro kosten, ändere das den Maßstab für Gitarrenpreise.
Klar, nicht jeder hat das Geld. Ehrlich gesagt: ich habe es auch nicht. Oder selten. Aber Gitarren sind mir wichtig. Ich liebe sie. Ich spare lange drauf. Es sind tolle Instrumente. Jeder, dem Musik auf der Seele brennt, kann diese Sichtweise hoffentlich nachvollziehen, wie einen gute Instrumente belohnen können.
Und ich finde eben, jedem der Musik ernst nimmt sollte es wichtig sein, dafür zunächst einmal ein unter den gegebenen Umständen möglichst gutes nicht ein möglichst billiges Instrument zu kaufen.
Wer nur auf billigst-mögliche Gitarren geiert, egal und unter welchen Gegebenheiten sie zusammengearbeitet wurden, bei dem stehen die Chancen gut, dass ich dessen Musik nicht mögen würde. Wer will schon hören was dabei heraus kommt wenn solche nickeligen Kleingeister Musik machen?
Und noch was - falls jetzt jemand sagt "Das reicht mir aber doch. Ich brauche ja nicht mehr als irgendein polyesterüberzogenes "Massiv"-Holz.":
Bescheidenheit ist Scheiße!
Bescheidenheit sorgt dafür, dass es nur noch im Biomarkt Tomaten gibt die Geschmack haben, weil die tumbe Masse bei Real einkauft. Da ist die Holland-Gen-Scheiße schön billig und geschmacklich reicht's ja auch, nicht wahr?
Bescheidenheit ist Dreck.
Bescheidenheit mag das Banale, Öde. Bescheidenheit ist eine innere Fäulein Rottenmeier. Spass-feindlich, lust-feindlich, mahnend, puritanisch, langweilig, zeternd, kleinbürgerlich und grau. Sie zieht alles herab in ihren Sumpf der dumpfen, nickeligen Mittelmässigkeit.
Man kann ja bescheiden leben und sparsam sein. Einverstanden.
Aber wer alles haben möchte und deswegen an der SUBSTANZ der Dinge spart, hat verdient, nur wässrige Matsche zu essen und drahtbespannte Leimbrocken zu spielen und dann auch noch zu glauben, es seien Salat und Gitarre.
Mit Gruß, robert
p.s.: Dass dieses Postings hier vielleicht falsch aufgehoben ist und ein falsches Publikum hat, ist mir egal. Es musste aus mir mal eben raus wegen einiger Erfahrungen im Umgang mit anderen "Gitarristen" in letzter Zeit. Warum dann nicht hier hin?
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