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(Meinung) Wo geht es hin in Sachen E-Gitarre?

Hi Forum,

hab das in einem anderen Forum auch schon gepostet, aber mich interessieren die Meinungen und Ideen dazu, deshalb auch hier:

Mal wieder ein paar Gedankenspiele um drei Uhr morgens vom Diet.

Thema E-Gitarre:
Wo geht es hin? Hendrix war vor über 40 Jahren, EVH vor auch schon über 30 Jahren, Ingwie hat das Klassik-Thema ausgereizt, Satriani und Friends den Rest der Technifizierung des Spiels, Lautstärke ist seit Man-O-War (würg) oder Lemmy auch nicht mehr der Bringer, der Blues ist mehr als staubig, der Punk auch, das "Zwei-Gitarrending" haben die Smashing Pumpkins schon vor 20 Jahren noch mal aufgefrischt, das Tempolimit ist im Speedmetal mehr als ausgereizt schon vor Jahren, ebenso die tiefsten Tiefen der Stimmungen, sowas wie "Art-Rock" gabs auch schon vor gefühlt 100 Jahren mit Pink Floyd/Yes und ..., "Grunge" ist auch schon vergessen, Britpop war eh nur ein Aufkochen alter Tees, das Gitarrensolo ist allgemein eigentlich recht out, Jazz ist alles was nicht in andere Schubladen passt und hat auch nicht wirklich innovative Gitarrensachen parat momentan. Ich seh und höre jedenfalls keine (würde mich aber freuen über Tipps!), was gabs eigentlich wirklich wichtiges Neues in Sachen Gitarre im ersten Jahrzehnt dieses Jahrhunderts?

Gibts noch Hoffnung für die E-Klampfe oder sind wir Guitarreros bald nur noch so was wie Volksmusikanten? Neutral

Gruß Diet


Re: (Meinung) Wo geht es hin in Sachen E-Gitarre?

Hallo Diet,

Du hast das alles schon sehr zutreffend beschrieben.

Musik, die recht aktuell ist und die ich reizvoll finde, finde ich gut wegen der Stimmung, dem Arrangement, dem interessanten Kombinieren diverser mich ansprechender Aspekte (Groove zB).

D.h.: alle Zutaten sind schon vorhanden. Die Kombination / Rezeptur muss variieren.

Reduziere ich diese Gedanken auf die Frage: Innovationen beim Gitarrespiel ..ist das Ergebnis: NULL

LG Uli


Re: (Meinung) Wo geht es hin in Sachen E-Gitarre?

Hi Diet

All den Stilistiken die Du aufgezählt hast ist doch zumindest eigen, dass Diejenigen die sie, sagen wir, geprägt haben, sich diese Gedanke eben  nicht gemacht haben.

Ich glaube weder R. Johnson noch Hendrix noch Vai wollten eine neue Spieltechnik entwicklen, die wollten spielen, Musik machen und zwar die Musik, die sie als zwingend und richtig empfunden haben. Es hat sicher nichts geschadet dass oft auch ein Technologischer Fortschritt (E-Gitarre, Verstärker) mitgeholfen hat, aber der Antrieb war doch eher die musikalische Aussage.

Ist übrigens in der Literatur oder Malerei auch nicht viel anders.

Soviel zu meiner persönlichen Ansicht.

Gedanken um 07:40 :-)

Gruss Manuel


Re: (Meinung) Wo geht es hin in Sachen E-Gitarre?

Hallo Diet,

ich finde ja spannend, was Gitarristen wie Eivind Aarset oder Stian Westerhus so veranstalten, da geht es oft mehr um Klangtexturen als um klassische Rhythmus- oder Leadgitarre. 

Ob das wirklich innovativ ist, da habe ich keine Ahnung. Wahrscheinlich hat Pete Cosey (R.I.P.) das vor vierzig Jahren schon ähnlich bei Miles Davis gespielt. Es gibt nichts neues unter der Sonne.

Viele Grüsse!
Johannes 


Re: (Meinung) Wo geht es hin in Sachen E-Gitarre?

Moin.
: Gibts noch Hoffnung für die E-Klampfe oder sind wir Guitarreros bald nur noch so was wie Volksmusikanten? Neutral
:
Sind wir das nicht schon? Nur will man das nicht zugeben. Aber mit Bewegung, Innovation oder Flexibilität assoziiere ich die "E-Gitarre" nicht mehr. Die meisten Gitarristen sind doch erzkonservativ. Das sieht man oft auch am Equipment. Sogar bei "Punkbands" müssen es Gibson oder Fenderklampfen sein usw. Und so gerne ich das würde, ich kann mich nichtmal als Ausnahme sehen. Gucke tatsächlich gerade nach einer "Jazzgitarre". Und ich halte TheEdge für einen ziemlich innovativen Gitarristen, zumindest entwickelt der sich weiter und ändert seine Sounds passend zu den Platten. Die Solosachen von John Frusciante und Zeug von Tom Morello(was auch nicht wirklich aktuell ist) schiebe ich auch mal in die "neue Egitarrenmucke".


Wenn ich hier in der Ecke mal gucke was "angesagt" ist und live gut aufgenommen wird: Der Trend geht zur Akusiktikgitarre und SingerSongwriter/Folk Mucke. Ala Mumford&Sons oder Martin Harley. Finde ich persönlich gut, denn hoffentlich entstehen so mal wieder ein paar Songs mit Aussage und nicht weichgespühlter Einheitsbrei.
aber für ein bißchen frisches Ohrfutter ein paar Bandnamen zum reinhören:
Reign of Kindo
Nu Spirit Helsinki
die aktuelle Scheibe von Silje Neergard

Wibutee

Wolf Parade

Eagles of Deathmal

Earl Greyhound

The Dear Hunter

Beim Rockpalast gibt es ganz viele Videos legal und für lau im Netz: Hör mal bei den Festivals(Reeperbahnfestival und Crossroads zB) rein. Es sind noch ein paar Perlen zu finden.

Gruß

Ugorr


Re: (Meinung) Wo geht es hin in Sachen E-Gitarre?

Wohin geht es denn hin in Sachen Piano? :-)

Moin Diet!

Deiner Frage liegt ein Anspruch auf oder zumindest die Erwartung von Innovation zu Grunde, freilich ohne diese zu präzisieren. Geht ja auch nicht. Schließlich kannst Du ja nicht etwas erwarten, das zum jetzigen Zeitpunkt noch gar nicht existiert. Oder ist es vielleicht doch vorhanden? Vielleicht ja sogar in Deinen eigenen vier Wänden? Oder in Deinem Kopf?

Rebellion ist doch Veränderung, oder? E-Gitarre wird immer mit einer Rebellion gegen irgendetwas assoziiert. Gegen das Establishment, gegen Zensur, für Freiheit. Was ist aber, wenn die Rebellion sich verläuft, weil sie die Veränderung, die sie forderte, herbeigeführt hat? Wenn die Freiheit existiert. Soll es dann in die andere Richtung gehen? In welche denn genau?

Ich habe vor einigen Wochen im Spiegel oder im Stern von einer Death Metal Band im Iran gelesen. Die Leute spielten mit ihrem Leben, im wahrsten Sinn des Wortes. Das geht über das musikalische Maß weit hinaus und ist wohl diejenige Veränderung, die gemeint ist, wenn man Rock'n'Roll ins rebellische Licht stellt.

Ich finde es interessant, dass Du ol' Eddie als Innovator siehst. Ich erinnere mich genau, dass ich -von ihm total elektrisiert- im Fachblatt einen Artikel über ihn las, in im keine Innovation zugestanden wurde. Tapping gab es schon vorher, seine Licks sind Hendrix-like, Flageolets waren schon lange ausgereizt, Legato war von Holdsworth schon ausgereizt usw. usf. Einzig musikalisch/rhythmischen "Drive" wurde ihm zugestanden. Ich fragte mich schon damals, wie man bloß zu diesem Urteil kommen konnte, denn überall gab es Nachahmer, er hat eine riesige Welle losgetreten, viele Hairmetal-Musiker bezogen sich auf vH. Das mit dem Drive, nun, das war wohl seine persönliche Sache. Im FB stand dazu sinngemäß der Satz: Heerscharen von Nachahmern, kein einziger erreicht seinen Drive.

Ähnliches mit Yngwie: Im Fachblatt geb es Intervies mit ihm, das im Kern aussagte, dass Malmsteen ein egomanischer Kotzbrocken mit flinken Fingern und eingeschränktem intellektuellem Horizont sei. Ich war von Yngwie total geflasht, als ich ihn zum ersten Mal hörte (Das war 1984 oder 1984 in einer BFBS Radioshow, sie spielten Evil Eye und ich hatte das Glück, das Tapedeck eingeschaltet zu haben). Schon wieder: Drive und Heerscharen von Nachahmern, die den Drive, die musikalische Aussage nie kopieren konnten, bis heute nicht, sich aber von Heerscharen an Lehrer seine Mittel aneignen konnten.

Ich war auch von SRV geflasht, aber nie wirklich von Paul Gilbert. Berührt mich nicht. Tommy Emmanuel hat mich geflasht, Andy McGee hingegen nicht. Guthrie Govan hat mich nur halb geflasht. Scott Henderson finde ich ulkig, kann mir aber nicht vorstellen, ihm stundenlang zuzuhören. Mike Stern hat mich nicht geflasht, Joe Pass schon. Django Reinhardt ebenfalls, Stephane Grapelli übrigens auch. Steve Vai ebenfalls. Robben Ford nicht wirklich. Bonamassa nicht. Petrucci würde ich ein Fleißkärtchen geben, aber seine Divebombs und Jammerhaken-Spielereien bei Metropolis Pt.2 fand ich immer so eierlos, dass sie mein Bild von ihm bestimmten. Lieben kann ich das, was er spielt einfach nicht.

Wo es hingehen wird, ist für mich klar. Irgendwer wird kommen oder schon da sein, sich altbekannter Mittel bedienen und es schaffen, ohne Angst sein Innerstes nach außen zu kehren, musikalisch Sinnvolles und allgemein Nachvollziehbares hörbar machen, dabei keine musikalischen Gesetzmäßigkeiten verletzen, so dass man auch nach dem 100sten Mal Hörens keine kleinen Abweichungen wahrnimmt, sondern jede innerhalb des aus inneren Erwartungen bestehenden Regelwerks liegende Kante und Ecke in all ihrer menschlichen Unzulänglichkeit emotional bewertet zulässt und genießt.

Meiner Meinung nach ist das zwar ein Innovator, aber es interessiert mich nicht, was er spielt. Es ist mir zu perfekt und unmenschlich. 

Hingegen der hier ist ganz großes Kino, hat mich sofort geflasht, als ich ihn vor zwei Jahren oder so das erste Mal auf YT hörte. Man muss sich anhören, was er an Gastauftritten so abliefern. Ich denke, er wird ebenfalls Heerscharen von Nachahmern finden, die ihn nicht kopieren werden können, sich aber seiner Ausdrucksmittel bedienen werden, in der untersten Dimension sein Gear, auf den höheren Ebenen seiner musikalischen Stilmittel. Aber die Art, wie er die Rhythmik mit Emotion verknüpft wird wohl unkopiert bleiben. Ganz einfach, weil jeder ein Individuum ist.. in-divido, nicht teilbar. Aber die Heerscharen werden schon kommen, wenn die Industrie ihn erstmal entdeckt haben wird ;-) Bei im Kreis der Djentlemen jedenfalls ist er bereits eine Größe.

Dass Gilmour geil spielt, das wissen wir ja. Das können wir auch alle nachvollziehen. Wie es aber war, als er Comfortably Numb einspielte, ob er überhaupt das fühlte, was wir hinein interpretieren, das kann nur er allein wissen. Alle anderen müssen sich damit abfinden, maximal einen extrinsisch wirkenden Bericht dessen vor sich zu haben.

Nun gut. Die Dinge verändern sich laufend, also bleibt alles wie es ist :-)

Es wird immer ein Prozent geben, denen achtzig Prozent folgt, weil die achtzig Prozent ein unbestimmtes, diffuses Defizit fühlen, das bei dem einen Prozent bestimmbar und nachvollziehbar vorhanden ist. Freilich ohne dass man es transportieren könnte, denn es ist ja an das Individuum gebunden. Also wird auch weiterhin das Gros, nämlich die achtzig Prozent über die Mittel zum Erreichen eines Zweckes diskutieren, der vielen wohl als individuell und reale gemachte Erfahrung verschlossen bleiben wird, zumindest als Protagonist des aktiven Parts dieser Form der Kommunikation/Musik.

Grüße Thomas


Re: (Meinung) Wo geht es hin in Sachen E-Gitarre?

Tach Diet,
:...und hat auch nicht wirklich innovative Gitarrensachen parat [...] was gabs eigentlich wirklich wichtiges Neues in Sachen Gitarre im ersten Jahrzehnt dieses Jahrhunderts?
:
: Gibts noch Hoffnung für die E-Klampfe oder sind wir Guitarreros bald nur noch so was wie Volksmusikanten? Neutral

Innovation ist ja kein Qualitätskriterium. Ich jedenfalls kann dem Neu-sein nur um des Neu-sein-Willens nicht viel abgewinnen. Gute Musik ist auch nach Jahrhunderten gut. Insofern hab ich keine Sorge, wenn's der E-Gitarre geht, wie z.B. den Streichinstrumenten. Denn auch dort gibt es noch wahnsinnig viel zu entdecken.

Beste Grüße

Falk


Re: (Meinung) Wo geht es hin in Sachen E-Gitarre?

FUNK FUNK FUNK!!

Schau dir mal Eddie Roberts von den New  Mastersounds an. Den find ich super =) Sehr schöner ES-330 Sound.

http://www.youtube.com/watch?v=zNHO-HAw-AQ

: Hi Forum,
: hab das in einem anderen Forum auch schon gepostet, aber mich interessieren die Meinungen und Ideen dazu, deshalb auch hier:
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: Mal wieder ein paar Gedankenspiele um drei Uhr morgens vom Diet.
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: Thema E-Gitarre:
: Wo geht es hin? Hendrix war vor über 40 Jahren, EVH vor auch schon über 30 Jahren, Ingwie hat das Klassik-Thema ausgereizt, Satriani und Friends den Rest der Technifizierung des Spiels, Lautstärke ist seit Man-O-War (würg) oder Lemmy auch nicht mehr der Bringer, der Blues ist mehr als staubig, der Punk auch, das "Zwei-Gitarrending" haben die Smashing Pumpkins schon vor 20 Jahren noch mal aufgefrischt, das Tempolimit ist im Speedmetal mehr als ausgereizt schon vor Jahren, ebenso die tiefsten Tiefen der Stimmungen, sowas wie "Art-Rock" gabs auch schon vor gefühlt 100 Jahren mit Pink Floyd/Yes und ..., "Grunge" ist auch schon vergessen, Britpop war eh nur ein Aufkochen alter Tees, das Gitarrensolo ist allgemein eigentlich recht out, Jazz ist alles was nicht in andere Schubladen passt und hat auch nicht wirklich innovative Gitarrensachen parat momentan. Ich seh und höre jedenfalls keine (würde mich aber freuen über Tipps!), was gabs eigentlich wirklich wichtiges Neues in Sachen Gitarre im ersten Jahrzehnt dieses Jahrhunderts?
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: Gibts noch Hoffnung für die E-Klampfe oder sind wir Guitarreros bald nur noch so was wie Volksmusikanten? Neutral
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: Gruß Diet


Re: (Meinung) Wo geht es hin in Sachen E-Gitarre?

Hallo Diet,

das ist ja fast ein melancholisches Posting.

Wenn ich so versuche die Entwicklung der Gitarre zu überblicken, so denke ich mir, war das doch alles immer eher evolutionär als revolutionär. Natürlich war das Wilde und Laute der elektrischen Verstärkung auch Revolution, aber weniger im musikalischen Sinne, oder?

Wenn man dann über den Tellerrand schaut, erst auf andere Instrumente, dann überhaupt zu anderen Formen des künstlerischen Ausdrucks, also Malerei, Dichtung usw., dann erkennt man auch da Parallelen. Auch dort gibt es viele sehr gute Vertreter Ihrer Kunst, aber nur wenige wirklich radikale Innovatoren - falls überhaupt.

Was aber durchgehend eine Gemeinsamkeit darstellt, jedenfalls aus meiner Sicht, ist, dass es immer darum geht, Gefühle auszudrücken. In dem Sinne kann man die Revolution der elektrischen Gitarre wohl viel mehr auf die revolutionären Gefühle dieser Zeit zurückführen als auf revolutionäre musikalische Neuerungen. Also kann man durchaus behaupten, Jimi Hendrix wäre ja nur die logische Evolution des elektrischen Blues gewesen. Stimmt ja auch irgendwie. Aber dann sind da eben die Gefühle, die er mit diesen musikalischen Mitteln zum Ausdruck brachte, und die waren stark und revolutionär, allemal.

Nun gibt es wohl heute, aktuell, keine revolutionären Strömungen und daher keine entsprechenden Künstler, die derart revolutionäre Gefühle auszudrücken hätten. Ohne jetzt auch noch darüber zu philosophieren, ob das nun gut ist so, oder nicht, denke ich mir, dass dieser Zustand wohl sehr stark mit ein Grund für die von Dir beschriebene Situation ist.

Ich bin trotzdem dem Klang und den Möglichkeiten der elektrischen Gitarre verfallen und ich glaube, dass die Gitarre in dem Sinne nach wie vor auch ganz oben stünde, gäbe es was wirklich Neues auszudrücken. Dass da wenig bis nichts passiert, liegt da nicht am Instrument, glaube ich.

Zuletzt muss ich aber auch gestehen, mir fehlt da eigentlich auch nichts. Es gibt so viel gute Musik, die ich gerne höre oder (wenn die Fähigkeiten ausreichen) spiele - wozu noch was Neues?

LG,

Wolfgang


Re: (Meinung) Wo geht es hin in Sachen E-Gitarre?

Moin Diet!

Au weia, die E-Gitarre....jeder Mensch weiß doch, dass die wichtigere Erfindung der E-Bass war, das war nämlich eine Neuentwicklung, ein neues Instrument, ohne das unsere heutige Musik sehr viel anders aussähe. Bass-Abteilungs-Arbeit zeigt offensichtlich Wirkung bei mir :-)

Die Sache mit der Innovation ist ja nun heute auch nicht mehr so einfach. Zum einen haben die großen Innovatoren der letzten Jahrzehnte ja nun auch brach liegendes Land beackert, da könnte man durchaus nachdenken, ob es nur daran lag, dass die Innovatoren eben so innovativ waren oder einfach nur deswegen, weil es auf der Hand lag und sie zufällig die ersten waren die sich das geile Zeug leisten konnten und eben auch spielen konnten.

Es wurde ja schon geschrieben, gute Musik bleibt gut, auch über Jahrhunderte. Unsere Definition von guter Musik und deren Variantenreichtum ist in den letzten Jahren sehr viel verfeinerter geworden.Zudem ist Musik auch massenzugänglicher und somit auch in ihrer Wahrnehmung vielschichtiger geworden, denke ich.

Und ein "Problem" von heute: gutes Equipment kann sich jeder leisten, Zugang zu Lernliteratur ist kostenlos online möglich, man muß sich nichts mehr erarbeiten. Hat Vor und Nachteile. Zum einen gibt es definitiv eine größerer Anzahl an Leuten, die ihr Instrument auf einem hohen Level spielen können als noch vor 30 Jahren (freche Behauptung meinerseits :-)). Zum anderen haben wir heute die Möglichkeit all unser musikalisches Tun mit ein paar Mausclicks dem Volk unterzujubeln, dass es kracht. Und aufnehmen, das kann auch jeder zu Hause mittlerweile in anständigen  bis zu sehr professionellen Ergebnissen.

Und trotz der Masse an Qualität und der Möglichkeit sich selbst zu vertrieben udn zu promoten und zu vervielfältigen was die eigene Musik angeht hat man den Eindruck, dass da nichts großes mehr kommt.

Aber das ist vielleicht nicht trotzdem so, sondern deswegen. Ich habe so unendlich viel Musik sofort greifbar, anseh- und hörbar, dass ich mich gar nicht konzentrieren kann auf irgendwen oder irgendwas. Es plätschert. Mal bleibt was hängen, aber es ist mir meist zu mühselig dem hinterherzuforschen, die Masse erschlägt einen.

Das ist wie mit Information: will ich was wissen, google ich. Und dann kann ich 3 Jahre verbingen zu einem Thema zig Meinungen zu lesen und werde meine Meinung dadurch mehr al 1x ändern. Man ist sich nicht sicher.

Ich wünschte mir manchmal, dass es wieder so wäre wie früher, das Aufnahmen teuer sind, CD Pressungen unbezahlbar, man nur nen Vertrag bekommt mit Connections, oder wegen Können, was ein A&R beurteilt. Da wird dann immer noch dieselbe Ausschußquote wie früher bei rumkommen, aber in der Gesamtzahl der Künstler unter Vertrag oder solchen, die man medial wahrnimmt würde rapide was verändert: es würden weniger. Denke ich. Und so kann ich meine Wahl besser treffen, mehr auf das hören,w as ein Künstler macht, es besser beurteilen, Größe entdecken.

Da draußen laufen tausende Leute rum, die mich "flashen" (Danke Thomas :-)) würden, manche treffe ich auf der Straße, manche im Laden, manche bei Youtube, you name it. Nur die werden eben nicht alle lecker mit Medienmacht präsentiert, bzw. haben Medienorgane auch imo nicht mehr diese meinungsbildende Macht, wie früher, wenn im Rolling Stone vielleicht stand "größter Gitarrist nach Bud Spencer".

Zudem ist Musikzu leicht verfügbar und oft genug störend, weil man überall beschallt wird. Jeder hat einen mp3 Player etc.etc., das ist einfach nix besonderes mehr Musik mit sich tragen und hören zu können. Man trifft sich auch nicht mehr zum Platten hören, weil der Kumpel ne Scheibe hat, die man selber nicht kaufen konnte oder nicht mehr bekommen hat, das passiert nicht mehr, Musik hat irgendwie diesen Zauber, diese kleine Exklusivität verloren, die mich früher dazu gebracht hat, dass mal selber machen zu wollen, oder die mir den Soundtrack für einen Sommer gegeben hat an den ich mich bis heute gerne erinnern kann. Man hat einfach nicht mehr das Gefühl etwas entdecken zu können,w as man nur selber entdeckt hat in einem Künstler, weil Millionen Leute ihren Senf bei YT oder sonstwo dazu schreiben und/oder twittern. Da wird dann versucht sachlich zu argumentieren warum dies oder jenes geil ist, anstatt sich ein paar zu schnappen, Kumpels einzuladen, eine Scheibe oder 2 zu genießen und dann angeitert darüber zu philosophieren, warum einem die Mucke gerade so wahnsinnig ins Hirn/Bein/Herz gegangen ist.

Man analysiert das lieber zu Tode, bei Gitarristen (ja, auch bei andern, aber nicht so arg, oder?) am liebsten noch mit 20km Equipmentergüssen. Mir muß keiner sagen, warum dies oder jenes geil ist, ist mir Hupe. Ich höre mir gerne an, warum mein Kumpel dies oder jenes geil findet, aber nicht, warum ich das geil finden muß.

Aber zumindest mir ist der Spaß an Musik vergangen, das Suchen macht mir keinen echten Spaß, das lesen darüber macht mich müde, also mache ich es lieber selber, mit der Musik im Kopf und im Herzen, die ich von klein auf verinnerlicht habe. Und das ist dann oft genug die eigene. Auch cool.

Ahso, ich gebe natürlich auch mal nen Tip ab von wegen, wo es hingeht und so. Nein, eigentlich nicht, ich schreibe mal 2 Sachen, die ich geil fand:

Barkmarket - Invisible Cow

Two Gallants - Waves of Grain

Alles Gute!


Re: (Meinung) Wo geht es hin in Sachen E-Gitarre?

Moin,

Der Vergleich mit Malerei kam ja schon.

Was ist da denn 'neu'.

Letztlich hast Du eine Leinwand, Farben, Pinsel.

Was aber nichts über das daraus entstehende Bild aussagt.

Das kann atemberaubend werden, belanglos, eine gute Kopie von irgendwas, aber auch eine schlechte.

Ich will auch nicht krampfhaft Neues.

Aber auch keinen ewig gestrigen Aufguss von alten Sachen.

Ich will Musik, Bilder oder Literatur die mit Herzblut gemacht werden und nicht weil es krampfhaft DIE Innovation sein soll.

Ich schau mir einen Freischlader an und sag mir 'geil, der will genau das tun was er tut'

Ein Thomas Blug hat einige Titel geschrieben wo ich nur Gaensehaut krieg

Ich schau Layla Zoe und könnte bei Ihrer Intensität den ganzen Tag 'geil' schreien... Ok, sie singt und spielt nicht Gitarre.

Grad im Moment lern ich ein Stück von Chris Cane, feinster Blues Funk mit viel Jazz gewürzt.

Blues gibts, Jazz....Funk - alles alte Zoepfe, aber der Mix geht mir direkt in's musikalische Nervenzentrum. 

Gutes ist zeitlos und die Welt ist voll von tollen neien Sachen, die man auch in zehn Jahren noch gern hoeren mag, wenn es heute ueberall voll von akustischer Umweltverschmutzung ist.


Re: (Meinung) Wo geht es hin in Sachen E-Gitarre?

Mein Senf:

Ich weiß nicht ob Du hier ein paar Dinge vermischt. Die E-Gitarre als Instrument, die Musiker die dieses Instrument spielen und die Musik in der dieses Instrument eingesetzt wird. Ich sehe das so:

Die Entwicklung der E-Gitarre als Instrument war in meinen Augen schon Ende der 60er Jahre abgeschlossen, bis auf Kleinigkeiten (stimmstabiles Vibrato usw.). So wie die Entwicklung bei anderen Instrumenten Geige, Klavier etc. eigentlich abgeschlossen ist. Da kann nichts Innovatives mehr kommen, oder es entwickelt sich daraus ein neues Instrument. Die E-Git. ist ja auch aus einem anderen Instrument hervorgegangen.

Dann gibt es die Musiker die als erste dieses neue Instrument bis an seine Grenzen sowohl spieltechnisch wie auch klanglich ausgelotet haben, ich sach mal die ersten Virtuosen an diesem Instrument (Jimi H. und Konsorten) die falle natürlich besonders auf. Wenn ich mich so umschaue gab es und gibt es die zu jeder Zeit. Und wem es Spaß macht zu sehen wie die E-Gitarre spieltechnisch virtuos ausgereizt wird der braucht nicht auf altes zurückzugreifen.

Und dann gibt es die Musik die mit diesem Instrument und anderen gemacht wird, wo sie mal mehr, mal weniger im Vordergrund steht. Ab hier hat vieles natürlich damit zu tuen was man persönlich als gut oder innovativ empfindet. Für mich z. B. sehe ich weder ein Stillstand noch ein Grund zur Resignation. In jedem Jahrzehnt seit ich Musik konsumiere gab und gibt es für mich gute neue Musik. Gute Musik, oder besser gesagt Musik die ich gerne höre ist Musik die mich berührt, die mich an den Eiern packt, bei der ich abrocken kann, bei der ich heule und an der ich einfach Spaß habe, gute Musik hat für mich nichts mit NEU im Sinne von noch nie dagewesen oder auch nichts mit Virtuosität zu tuen (das eine schließt das andere natürlich nicht aus). Wenn Du z.B. sagst Britpop war nur aufkochen von altem Tee, ok kann man so sehen, dann sag ich seit 500 Jahren ist alles nur ein Aufkochen des alten westlichen Tonsystem-Tees.

Lange Rede kurzer Sinn:

E-Gitarre gibt es keine Innovation mehr, Strat, Paula + ein paar Mischungen daraus, das wars. Ist aber nicht schlimm.

Spieltechniken/Virtuosität da wird denke ich auch nicht mehr viel kommen. Siehe andere Instrumente (Geige etc...) aber es wir immer tolle Virtuosen geben. Ist aber auch nicht schlimm.

Musik: Ein grenzloser Horizont für neue schöne tolle sachen, kann man alle hören und mitbekommen wenn nur mit offenen Ohren und besseren Filter (die den zugegebenermaßen signifikant höheren Anteil schlechter Musik DSDSS usw. im digitalen Wust herausfiltern) durch die Welt läuft.

In diesem Sinne Daumen hoch für die E-Gitarre und für neue Musik!!!!

Guido


Re: (Meinung) Wo geht es hin in Sachen E-Gitarre?

was gabs eigentlich wirklich wichtiges Neues in Sachen Gitarre im ersten Jahrzehnt dieses Jahrhunderts?

Hi Diet,

mir fällt da nur Jack White ein.

Die White Stripes, setzten dem ganzen Höhe-Schneller-Weiter-Wahn etwas sehr einfaches entgegen. Durch die Art und den gewählten Kontext der Gitarrenarbeit IMO ausgesprochen innovativ.

Ob man jetzt darauf steht, ist natürlich eine andere Frage. Wie wichtig Innovationen sind steht ebenfalls auf einem anderen Blatt.

Sind Typen wie z. B. Mike Stern, Robben Ford, Jimmy Rosenberg innovativ? Wäre mir jetzt relativ egal. In der jeweiligen Form hab ich Musik noch nie gehört und ich finde sie toll.

Beispiele dafür, das sich aus der Unendlichkeit an Möglichkeiten Töne und Rhythmik zu kombinieren halt Kombinationen gibt, die mich emotional treffen.

LG
Uwe 


Re: (Meinung) Wo geht es hin in Sachen E-Gitarre?

Hallo Dieter,

da werden sich immer welche finden, die in der Auseinandersetzung mit dem Instrument dessen Grenzen wieder etwas verschieben. Am Ende aber ist die Gitarre ein Handwerkszeug, um Aussagen zu machen. Wohin es geht - die musikalischen Statements, die mir zuletzt gefallen haben, waren das unfaßbar kitschige Fields of Athenry der 20.000 Iren in den letzten sechs Minuten gegen Spanien und der Versuch einer späten Wiedergutmachung des deutschen Feuilletons an Rammstein im SZ-Magazin. Da war eigentlich gar keine Gitarre mehr dabei. Wenn das, was hier in zahlreichen Beiträgen beschrieben wird, der Trend ist, nämlich Richtung Songwriting, wäre mir das lieber als noch ein paar Tonnen mehr Virtuosität auf das bereits vorhandene Gebirge.

LG Michael


Re: (Meinung) Wo geht es hin in Sachen E-Gitarre?

Hi Thomas,

ich finde deinen "von wem war ich geflasht?"-Ansatz sehr brauchbar, weil das "die Leute [hier: Gitarristen] flashen" mMn das ist, was das "wohin geht es mit der E-Gitarre?" ausmacht.

Diesen ganzen rein technischen Kram (Jennifer Batten, Yngwie Malmsteen) finde ich höchstens sportlich interessant.

MICH haben geflasht: Hendrix natürlich weiiit mehr als alle anderen, dann SRV, unbedingt Robin Trower. Zu Beginn meiner Zeit als Gitarrist auch Tony Iommi, Mick Bolton (UFO), Clapton, BFG, Mick Taylor - dann kommt schon länger nichts.

Später bis heute auf jedem Fall der junge (nicht dcer aktuelle) Lance Lopez, Eric Gales, Scott Henderson nach Tribal Tech, Michael Landau außer mit Karizma.

Sonst keiner. Echt nicht. Vieles ist gitarristisch gut, technisch interessant und wertvoll, keine Frage, aber "geflasht" hat mich sonst keiner, auch Jeff Beck wirklich überhaupt kein bisschen.

Mal gucken, was da in Zukunft noch so kommt. Ich lasse mich gerne flashen, passiert leider echt sehr selten. 

Gruß, ferdi


Re: (Meinung) Wo geht es hin in Sachen E-Gitarre?

Moin Ferdi,

mich wundert, dass in der langen Liste von Namen Steve Morse nicht auftaucht. Mich hat damals Eric Vandenberg damit angesteckt. Weil Morse wohl der einige Gitarrist ist, der so von der Klassik bis zum Metal alles drauf hat. Es mag nicht innovativ (gewesen) sein, aber Morse hat die Möglichkeiten der elektrischen und akustischen Gitarre sehr weit ausgenutzt. Seit seinem Eintritt bei DP ist es um ihn stiller geworden, aber gerade mit Dave LaRue und Morgenstein fand ich ihn streckenweise brilliant.

Ansonsten haben Bassisten wohl eher ein zurückhaltendes Verhältnis zu Gitarristen. :-)

Grüße,

Rainer