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Hmmm... erschliesst sich mir überhaupt nicht. Was macht den Deiner Meinung nach so gut, ausser, dass er schnell spielen kann?Abend, Martin,
ich bin ja ein richtig schlechter Tänzer, insbesondere wenn es um Fragen der
Architektur geht, aber vielleicht doch ein paar, Bemerkungen, weil's der arme Shawn ja möglicherweise verdient hat.
Abgesehen davon, dass schnell spielen
per se schon mal eine ziemlich coole Sache ist (worüber wir uns ja hoffentlich
einig sind): Die Leute, die ich kenne, die in dieser Geschwindigkeit und mit diesem Sound spielen, spielen (fast) alle blöde harmonisch-Moll-Etüden-Licks, die sie in ihren Lehrvideos einmal langsam und einmal schnell vorführen, und wenn man sie dann live sieht, klingt's eben auch nur nach Lehrvideo. Wie sagt Malmsteen so schön: "Gitarrensoli gehen bei mir immer
first take". Klar, kein Wunder: Der Junge hat seine drei Etüden geübt. (Oder vier. Und das sage ich, obwohl bei mir neulich bei diesem Test
Mr. arrogant prick Malmsteen rausgekommen ist und ich mich ihm schon aus diesem Grunde verbunden fühlen müsste.)
Nicht so hingegen Herr Lane: Der improvisiert, wie in dieser Speed-Liga keiner improvisiert, kein Vai, kein Petrucci, und das merkt man ihm an. Und er tut es, wie ich finde, nicht nur auf eine unlangweilige, sondern auch extrem
erkennbare Art und Weise: Nicht nur, weil er so unglaublich schnell ist, sondern weil mir keiner einfällt, der in stilistischer Hinsicht auch nur annähernd so weit ausgreift wie er. Der hätte ohne Schwierigkeiten auf eine Steely Dan-Platte gepasst wie in dieses Earth-Day-Trio im verlinkten Film, wie ohnehin in jede Hardrock- oder Metalband. Das kann ich in seinem Spiel alles finden. Dieser Junge ist, Verzeihung: war gelebtes Crossover.
Und: Ist dieses Gitarrespiel nicht so dynamisch, dass es schon weh tut? Also, ich weiß nicht: Wenn der anfängt und sich in seine Soli so nach und nach reinatmet, ist da so viel vorwärts-rückwärts, so viel Kontakt zwischen Mensch und Maschine dabei, dass es zumindest mich wirklich reißt. Und immer noch eine Schippe drauf. Da denk ich wieder an jemanden wie Satriani, der, wenn er Dynamik braucht, einen anderen Gesichtsausdruck aufsetzt. Ich habe mir in letzter Zeit so viele langweilige Gitarristen anhören müssen, die entweder nur geübt hatten oder einfach schlecht waren, dass mir dieser hier wie eine Erlösung vorkommt. (Außerdem hält er ziemlich lange durch mit seiner Improvisiererei. Allein schon dafür hat er meinen Respekt.) Ich habe ja leider nie eine Stunde Gitarrenunterricht gehabt und immer nur meinen eigenen Stiefel gespielt, aber das hier ist einer, bei dem ich mir nicht nur denke, ich will spielen
wie er, sondern vor allem,
was er spielt. Das kommt mir sonst fast nie vor.
Und wo ich gerade dabei bin: Unter den Gitarristen gibt es so viele ryhthmische Wildsäue, wo du, wenn sie einmal aus ihren angeübten Licks rauskommen, nur noch das Schütteln kriegst. Satriani auf der ersten G3 ist da ein gutes Beispiel. Shawn Lane hingegen: In absoluter Hochgeschwindigkeit zwischen binären/ternären Läufen hin und her: Ich kenn wirklich keinen, der das so macht.
Das wichtigste zu guter Letzt: Shawn Lane sieht einfach
schweinecool aus, und gerade bei Gitarristen isst das Auge ja auch mit.
So, das war jetzt einmal subjektiv über Architektur getanzt, und es muss ja niemand mitgehen, aber diese Pflicht-Statements gegen schnelles Spiel stehen ja auch schon zur Genüge im Archiv; da brauchen wir vielleicht gar nicht mehr so viele von. Es gibt nur einen Gitarristen, der konsequent langsam spielt und nicht langweilt, und das ist Johnny Guitar Watson.
Und um der Subjektivität noch ihren Rest zu geben: Dieses ganze Posting beruht im Grunde auf reiner
Enttäuschung meinerseits: Es ist ja nicht so, dass Shawn Lane so liebens- und verehrenswert wäre; er ist nur endlich mal jemand, den man für das was er tut, nicht
hassen muss, so wie all diese Claptons, DiMeolas, Santanas, Slashs, Moores und wie sie nicht noch heißen ....
Gruß aus dem Jetzt-ist-mir-wohler-Land
Michael
NP: Exchased, Plasma