Re: Nachtrag - Von Urheber zu Urheber


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Beitrag von Michael (Jacuzzi) vom Mai 21. 2003 um 15:03:36:

Als Antwort zu: Re: Nachtrag - Von Urheber zu Urheber geschrieben von Guido am Mai 20. 2003 um 20:37:30:

Lieber Guido,

ich verteidige gerne das Urheberrecht, und sei es, bis zu (meinem) letzten Blutstropfen. Also los gehts, du schreibst:

Von den Vorteilen bekommt man allerdings, wenn man in der untersten Liga Musik zum Spaß an der Freud macht, nicht viel mit.

Tja, so ist das, wenn man was aus Spaß an der Freud macht. Dann kriegt man von den wirtschaftlichen Vorteilen, die ein (wirtschaftsrechtliches) System vorsieht, nichts mit. Ob du es aus Spaß an der Freude machst oder ein wirtschafltiches Interesse verfolgst, entscheidet aber nicht das Urheberrecht.

Nebenbei: Es mag dir im Augenblick nicht viel bedeuten, aber auch als nicht-wirtschafltich Tätiger hast du schon ein ziemlich tolles Urheberpersönlichkeitsrecht. Das ist ein Menschenrecht, und das ist was wert (kulturell wie politisch), auch wenn man davon nicht immer etwas mitbekommt. Ich hab z.B. auch ein Menschenrecht auf die Unschuldsvermutung vor dem Richter, und nur weil ich sie bis jetzt (noch) nicht in Anspruch nehmen musste, würde ich nicht auf die Idee kommen, zu sagen: "Wir hier unten kriegen nichts davon mit". Wart doch mal ab: Vielleicht wirds ja wirklich mal für dich interessant, als Künstler genannt zu werden, vielleicht möchtest du dich sogar mal gegen eine Enststellung von irgendwas, was du gemacht hast, wehren. Ist vielleicht statistisch unwahrschinlich & du hast vielleicht auch gar keine Lust drauf, aber Statistik trägt nicht weit, und Lust erst recht nicht.

Und weiter:


Wenn Heinzchen Müller im Informatikunterricht lernt wie er HTML Seiten erstellt und dann mit viel Liebe eine Fanpage über seinen Lieblingsstar bastelt und aus Unwissenheit ein Foto seines Stars, was er nicht selbst gemacht hat, auf die Seite setzt und dafür dann einem stinkreichen Anwalt, der 3 min gegoogelt hat und in 2 min die Abmahnvorlage in Word geändert hat, 2000 EURO Abmahngebühren bezahlen muß, finde ich das pervers, asozial und zum kotzen.

Wohlgemerkt er hat eine Urheberrechtsverletzung begangen! Aber irgendwie sagt mir mein gesunder Menschenverstand und mein durch unsere Gesellschaft geprägtes Rechtsempfinden das hier was gewaltig stinkt.

Stimmt das Urhebergesetz nicht oder was stimmt nicht?


Also, das mit Herrn Müller tut mir natürlich leid. Sag ihm das bitte bei Gelegenheit. Dass er arm ist, ist schade & mag sein, aber dass Anwälte grundsätzlich stinkreich sind, bestreite ich einfach mal aus eigener Kenntnis und verweise es in das Reich der Polemik unterer Preisklasse. (Ich würde für eine nicht unerhebliche Zahl von Anwälten sogar bezweifeln, ob sie die Wörter "Google" und "Formatvorlage" verstehen, aber das tut jetzt mal gerade nichts zur Sache.)

Die Sache mit den Abmahnungen hat sich zum Geschäft entwickelt, das stimmt. Das ist nicht gut so, stimmt auch. Da gibts ein paar üble Figuren, einige sind ja auch durch die Presse gegangen, alles zugestanden. Bin gerne der erste, der in diesen Fällen auch mal was dagegen unternimmt, was allerdings überhaupt nicht bedeutet, mit dem Urheberrecht würde grundsätzlich was im Argen liegen.

Zu deinem Fall: Photographen leben davon, urheberrechtlichen Schutz zu genießen. Wenn ich Photograph bin, muss eine Rechtsordnung mir garantieren, dass mit meinen Photos für eine Zeit niemand ohne meine Einwilligung Kohle macht. Dafür brauche ich ein Exklusivrecht, das sich auf alle öffentlichen Darstellungen meiner Photos erstreckt, weil ich im Einzelfall nämlich gar nicht abschätzen kann, wer wann womit wieviel Kohle macht. Wenn ich diese Exklusivität nicht kriege, dann lasse ich es mit den Photos und baue lieber Autos. Und Müller? Hat kein Photo für seine Site.

Dass ich dafür einen Anwalt brauche und der damit Geld verdient und sich dann ein dickes Auto kauft, na ja: "pervers, asozial und zum Kotzen" hast du es genannt. Ich aber bin so mit Photographieren beschäftigt, da nehm ich auch mal ne Dienstleistung in Anspruch.

Übrigens: Anwälte wären dann auch genau die Leute, die Herrn Müller sagen könnten, dass 2.000 € für eine Abmahnung vielleicht 1 bisschen viel sind. Die würden vielleicht sogar auch mal was dagegen machen. Da leben die nämlich von und helfen echt gerne. Aber Herr Müller ist inzwischen ja nicht nur gegen das Urheberrecht, sondern auch gegen alle Anwälte, und darum kann ihm, leider, keiner helfen. Wie war das: "selbstverschuldete Unmündigkeit"?

Von Urheber zu Urheber

Michael (Jacuzzi)


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