Re: (Philosophie) Vor zehn Jahren habe ich ...
Beitrag von ibanizer vom Juli 23. 2009 um 00:32:20:
Als Antwort zu: Re: (Philosophie) Vor zehn Jahren habe ich ... geschrieben von Friedlieb am Juli 22. 2009 um 23:00:56:
: Hi Rainer, : : Da hast Du völlig Recht, ich wollte es auch gar nicht schlecht reden, sondern könnte nur schon viel weiter sein als ich heute bin. Und es ist so auf die Mitte 50 zugehend manchmal schon ganz schön mühsam. : wenn es um die in der Vergangenheit gemachten Fehler geht, weiß ich durchaus, wovon ich rede, denn ich habe zahlreiche gemacht. Aber inzwischen habe ich gelernt, mich nicht mehr deshalb zu grämen. Die Vergangenheit ist nur dazu da, aus ihr zu lernen, und nicht dazu, sich mit ihr zu belasten. : Und hey, ich sag mir immer: heute ist der erste Tag vom Rest meines Lebens. Es kommt eigentlich nur drauf an, was ich heute daraus mache. Nicht so sehr darauf, was ich gestern alles nicht oder falsch gemacht habe. :-) : Keep rockin' : Friedlieb
Moin Friedlieb.. da muss ich doch glatt mal etwas abtippen:
"Betrachte die Herde, die an dir vorüberweidet: sie weiß nicht, was Gestern, was Heute ist, springt umher, frißt, verdaut, springt wieder, und so vom Morgen bis zur Nacht und von Tage zu Tage, kurz angebunden mit ihrer Lust und Unlust, nämlich an den Pflock des Augenblicks, und deshalb weder schwermütig noch überdrüssig. Dies zu sehen geht dem Menschen hart ein, weil er sich seines Menschentums vor dem Tiere sich brüstet und doch nach seinem Glücke eifersüchtig hinblickt - denn das will er allein, gleich dem Tiere weder überdrüssig noch unter Schmwerzen leben und will es doch vergebens, weil er es nicht will wie das Tier. [...] Deshalb ergreift es ihn, als ob er eines verlorenen Paradieses gedächte, die weidende Herde, oder, in vertrauterer Nähe, das Kind zu sehen, das noch nichst Vergangenes zu verleugnen hat und zwischen den Zäunen der Vergangenheit und der Zukunft in überseliger Blindheit spielt.. Dann lernt es das Wort 'es war' zu verstehen, jenes Losungswort, mit dem Kampf, Leiden und Überdruss an den Menschen herankommen, ihn zu erinnern, was sein Dasein im Grunde ist - ein nie zu vollendendes Imperfektum. Bringt endlich der Tod das ersehnte Vergessen, so unterschlägt er doch zugleich die Gegenwart und das Dasein und drückt damit das Siegel auf jene Erkenntnis - dass Dasein nur ein ununterbrochenes Gewesensein ist, ein Ding, das davon lebt, sich selbst zu verneinen und zu verzehren, sich selbst zu widersprechen. [...] Wer sich nicht auf der Schwelle des Augenblicks, alle Vergangenheiten vergessend, niederlassen kann, wer nicht auf einem Punkte wie eine Siegesgöttin ohne Schwindel und Furcht zu stehen vermag, der wird nie wissen, was Glück ist, und noch schlimmer: er wird nie etwas tun, was andere glücklich macht."
Wenn Du es selbst lesen willst: das war der olle Nietzsche in "Vom Nutzen und Nachteil der Historie für das Leben" (ist so ein kleiner gelber Reclam, nicht dick, aber lesenswert) ...man könnte wohl auch sagen, dass sowohl Saufen und artverwandte Tätigkeiten, als auch das Streben nach Status und Anerkennung von diesen von ihm beschriebenen Motiven angetrieben ist. Beides funktioniert nur leider nicht wie erhofft, das Saufen hat Nebenwirkungen und dem Streben nach Macht, Geld, Anerkennung wohnt stets ein Streben inne, also ein Hoffen auf einen zukünftigen, weil jetzt nicht erreichten Zustand, der selbstverständlich besser zu sein hat als der gegenwärtige.
Das ist etwas, was ich vor 10 Jahren anders sah als heute. (Bei mir ist übrigens viel passiert seitdem, was ich aber wirklich nicht breit treten will.. nur soviel: damals Ehe und Famileinvater, heute bin ich geschieden und 'glücklicher Single') Heute zählt für das Hier und Jetzt sowie die Umgebung, in der ich mich gerade befinde. Ferdi nannte das 'authentisch sein'.
Hierzu mal eine kleine Story, die mir vor zwei Wochen im Musicstore Köln passiert ist: Ich bin ja auf der Suche nach einer 24-bündigen mit etwas dickerem Hals als meine Ibenatzen, und habe mir einige ESP und Jackson angesehen und ausprobiert. Und als ich mit so einer wirklich hässlichen Jackson in einem Testraum saß und so herumfuddelte, kam plötzlich ein Bengel herein, hatte auch eine Klampfe in der Hand, steckte den Stecker rein, alle Knöpfe auf 10 und stieg einfach so mit ein. Wie so eine Art Frage-Antwort-Spiel. Er sprach nur englisch, war vielleicht Spanier oder Franzose, vielleicht aber auch Südamerikaner, 17 Jahre alt und wirklich gut für sein Alter. Dann fing er an, mich auszufragen, welche Helden ich habe, wie ich dieses oder jenes Lick spiele usw. vollkommen neidlos und mit offensichtlicher Freude an der Sache an sich. Ich fühlte mich auch in keinster Weise gebauchpinselt oder so etwas, dafür habe ich ohnehin zuviel Spaß am Spielen an sich. Es gab keine Konkurrenz, sondern war ein offenes und aufrichtiges zufälliges Aufeinandertreffen. Wir haben dann weder Namen ausgetauscht, noch sonst irgendetwas, irgendwann gingen wir auseinander, und ich werde dem Bengel wohl nie wieder über den Weg laufen. Das ist aber vollkommen ok.
Aber diese Jackson war echt hässlich.. ich würde sie auf einem Autobahnparkplatz an einen Laternenmast binden, wenn sie in meinem Auto wäre.
So.. genug philosophiert. Ich gehe ins Bett. Und zwar hier und jetzt.
Grüße Thomas
P.S.: Ich kann mit Theatralik und Flaggenpathos (einer lieben Person ein großes Danke für dieses Wort :-) ) nix anfangen, weil es nicht vom authentischen Gefühl gedeckt, sondern -im wahrsten Wortsinn- prätentiös ist
P.P.S.: Mir fällt gerade auf, ich schreibe zuviel
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