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(Technik) Werkstattbericht: Elektrifizierung einer Archtop

Hallo Kollegen,

ich wurde vor ca. einem halben Jahr durch wunderbare Fügung glücklicher Besitzer
einer alten Framus-Jazzgitarre. Schon seinerzeit faßte ich den Entschluß, diese mit einem
Pickup auszurüsten, zumal sich darauf schon mal einer befunden hatte. Die Gitarre
war daher mit Löchern am Hals für Montage in Floating-Position und Löchern in
der Decke für Kabeldurchführung und ein Vol-Poti schon vom Vorbesitzer präpariert und prädestiniert
für die Re-Elektrifizierung.

Was noch fehlte war die Möglichkeit, ein Tone-Poti zu montieren. Bei dem Gedanken,
ein 8,5-mm-Loch durch eine Gitarrendecke zu bohren, stellt es mir zwar die
Zehennägel auf, aber diese Framus ist (zwar ein Schätzchen aber) nicht extrem wertvoll -
und außerdem waren eh schon Löcher drin ...

Wichtig war mir nur, das Loch für das Tone-Poti so anzuordnen, daß das Herstellerlogo
noch passend liegt und das Poti durch das F-Loch in der Decke mit dem Finger für die
Montage erreichbar ist.

Die Pickup-Auswahl zog sich etwas länger hin (auch um das damalige GAS nicht überzustrapazieren).
In die engere Auswahl kamen (durch Infos auf www.archtop-germany.de und persönliche Tips)
folgende floating (eine andere Montageart kam nicht in Frage) Pickups:

- Shadow Attila Zoller AZ48
- Kent Armstrong D-2
- Häussel Flatjazz

Der Kent Armstrong soll wohl so ähnlich wie ein Gibson Jimmy Smith klingen, der wiederum möglichst
so wie ein P.A.F. Er wird von etlichen Archtop-Gitarrenbauern standardmäßig eingesetzt, z.B.
auch von Stefan Sonntag, der mir diesen PU zwar verkäuft hätte, aber mir davon abgeraten hat, nachdem ich
ihm geschildert hatte, wie die Gitarre rein akustisch klingt: sehr sehr hell, spritzig, fast
blechern-schepprig, kaum Bässe. Ein warm-trocken-samtiger Archtop-Sound wäre mit dem
Kent Armstrong auf dieser Gitarre nicht hinzukriegen. Sehr fair von Herrn Sonntag, diese Auskunft.
Außerdem ist er hierzulande teuer (130 EUR), man müßte schon direkt in USA bestellen. In der
Bucht tummeln sich m.E. viele billige Plagiate aus Fernost.

Der Häussel (120 Tacken bei ACY) soll sehr gut sein, Woody berichtete aus eigener Erfahrung und Vergleich mit dem
Shadow nur Positives. Aber sein Tip war auch ausschlaggebend: wenn die Gitarre nicht für sich genommen schon
einen sehr guten Klang hat und obendrein noch Vol- und Tone-Poti sowie ein Kondensator
das reine Signal "verfälschen" dann lohnt die Mehrausgabe für den edlen Schwaben nicht. Zumal der
AZ48 auch ein guter PU sei.

Also: es wurde der Shadow, bei Thomann für schlappe 75 Oyroh bestellt und 2 Tage später
(heute) war er da.

Ich habe den PU praktisch bündig mit dem Griffbrett montiert, die Luft zwischen PU und
Saiten beträgt nur 3 mm.

Die sonstigen Zutaten hab ich in Dirk's "Röhrenstadt" besorgt:
- 2 x Alpha 500 kOhm logarithmisch, 24 mm
- Klinkenbuchse
- Drehknöpfe
- 22 nF Mallory

Kleines Beschaffungsproblem: ein abgeschirmtes Kabel für die Innenverdrahtung. Sowas gibts
weder bei Tube-Town noch bei Thomann (auch auf Anfrage) nicht. Nur bei Rockinger fände man sowas (oder bei Conrad?). Doof, wenn Kleinteile
bei lauter verschiedenen Läden bestellt werden müssen.
Abhilfe schaffte eine halbierte Stereo-Kopfhörer-Litze aus meiner Restekiste. Die Abschirmung dieses Kabels
ist, so denke ich, ausreichend. Ich habe nach getaner Arbeit einen groben Test mit einer Neon-Handleuchte
als Störquelle unternommen. Brummen fängt sich bei Annäherung der Leuchte als erstes
der Pickup selbst ein, dann in deutlich geringerem Maße die Klinkenbuchse (oder der
Stecker). Potis, Lötstellen und Kabel blieben ruhig.

Verdrahtung: Hier half ein Schema mit den Varianten "heutiger Verdrahtungsstandard" und
"50er-Jahre-Verdrahtung", das ich im Aussensaiter-Archiv (Jochen sei Dank!) gefunden habe.

Ich habe zuerst die 50er-Jahre-Variante ausprobiert (Tone-Kondensator wird mit dem
Ausgangssignal, das vom Vol-Poti zur Klinkenbuchse geht, verbunden). Es fällt sofort
auf: Drehungen am Tone-Poti verändern die Lautstärke.
Dann auf heutigen Standard umgelötet: Kondensator aufs Eingangssignal gelegt, das vom PU auf
das Vol-Poti geht. Ergebnis: Das Tone-Poti hat viel weniger Wirkung, auf
die Lautstärke nämlich gar keine mehr, aber auch auf den Klang, der läßt sich nun
weit weniger verändern. Allerdings klingt es ingesamt auch anders: im 50er-Mode war der
Ton höhenreicher und saftiger, jetzt ist der Ton boxiger,
perkussiver und hört sich mehr nach trockener Jazz-Archtop an (Hat Jochen im AS-Archiv
schon genau so beschrieben). Da ich so einen trockenen Ton
gesucht habe, lasse ich es erstmal so. Tone leicht zurückgenommen auf ca. 8/10 ist
eine gute Einstellung.

Die Saiten könnten über den Saitenhalter auf Masse gelegt werden - ich habe es nicht
getan. Warum nicht? Nun: zunächst nicht dran gedacht und übersehen, und nun funktioniert
es auch so.
Kann mir einer einen Grund nennen, warum ich die Saiten auf Masse legen sollte?


Zur Beurteilung des Pickups - wenn ich auch keinen Vergleich mit einem anderen
auf diesem Instrument habe:
Der AZ48 ist außerordentlich ausgewogen: keine dead spots, alle Saiten reagieren in allen
Tonlagen gleich kräftig. Der Sound ist klar, absolut Null Matsch. Dafür hört man aber
auch jeden noch so minimal unsauber gegriffenen Ton im Akkord raus. Die im reinen
Akustik-Betrieb fehlenden Bässe der Gitarre bringt der PU spielend.
Aus der (trotz 11er Thomastik Nickel-flatwound-Saiten) klimprig-hellen Jazzgitarre
bringt der AZ48 einen runden, schlanken Ton, wie ich
es von einem Jazz-PU erwarte. Aber er nimmt der Gitarre ihren spritzigen Charakter
nicht (kann das ein PU überhaupt?). Es ist beileibe keine L5 geworden, Wunder kann ein PU
nicht vollbringen. Aber der Sound ist sehr gut brauchbar, ich finde den PU richtig gut.
An meinem Blues Deluxe im kleinen Kellerzimmer ist die "Schwester"
etwas feedback-anfällig, aber auch bei kleinerer Lautstärke
macht es richtig Spaß.
Mal sehen wie wir uns auf der Bühne verstehen, bei der Jam-Session
nächsten Mittwoch im Bamberger Jazzkeller.

Und hier noch ein Foto nach getaner "Arbeit".



Groovigen Gruß
Kurt

P.S. Bedanken für außerordentliche Hilfe bei diesem meinem ersten Elektrifizierungsprojekt
möchte ich mich bei:
- Woody für die vielen guten Tips
- Markus (serraris)
- Stefan Sonntag
- 2T
- und Jochen, der mir unbewußt mit seinen Verdrahtungsdiagrammen große Hilfe leistete

Re: (Technik) Werkstattbericht: Elektrifizierung einer Archtop

Hi,

>>Kann mir einer einen Grund nennen, warum ich die Saiten auf Masse legen sollte?<<

Wenn du die Gitarre in deinem stillen Kämmerlein spielst ist das nicht unbedingt notwendig, da die Lautstärke nicht sehr groß ist.

Aber wenn du in Kneipen oder ähnlichen Orten spielst an denen die Lautstärke doch etwas höher ist und der Wirt ca, 20 Dimmer der billigsten Sorte aus dem Baumarkt für die Beleuchtung installiert hat und alle auf 50% stehen, dann wirst du sofort merken warum es besser ist die Saiten auf Masse zu legen.

Gruß
Der Nominator

Re: (Technik) Werkstattbericht: Elektrifizierung einer Archtop

Hallo Kurt,
hübsch isse, die Kleine.
Und ich bin auch ein bißchen froh, daß Du mit dem Tonabnehmer zufrieden bist, ich hatte Dir ja nur meine höchst subjektive Sicht der Dinge dargelegt.
Wie auch immer, zu einer Semiakustischen oder zu einer Jazzgitarre mit Doppelspulern in der Decke finde ich weitgehend akustische Jazzgitarren mit einem Floating PU eine sehr schöne klangliche Ergänzung.
In Sachen Rückkopplung solltest Du mal versuchen, Deinen Verstärker hinter Dir zu platzieren, so daß er schräg von hinten Deine linke Schulter beschallt.
Dann ist die Gitarre bestmöglich von Dir abgeschirmt.
Viel Spaß weiterhin mit der Gitarre,
nach der Session kannst Du ja vielleicht noch mal eine kurze Liveberichterstattung machen, das tät mich interessieren.
Gruß,
Woody

Re: (Technik) Werkstattbericht: Elektrifizierung einer Archtop

Hi Nominator,

das ist in der Tat ein guter Grund. Danke für den Hinweis.

Gruß
Kurt


: Hi,
:
: >>Kann mir einer einen Grund nennen, warum ich die Saiten auf Masse legen sollte?<<
:
: Wenn du die Gitarre in deinem stillen Kämmerlein spielst ist das nicht unbedingt notwendig, da die Lautstärke nicht sehr groß ist.
:
: Aber wenn du in Kneipen oder ähnlichen Orten spielst an denen die Lautstärke doch etwas höher ist und der Wirt ca, 20 Dimmer der billigsten Sorte aus dem Baumarkt für die Beleuchtung installiert hat und alle auf 50% stehen, dann wirst du sofort merken warum es besser ist die Saiten auf Masse zu legen.
:
: Gruß
: Der Nominator


Re: (Technik) Werkstattbericht: Elektrifizierung einer Archtop

Hi ernie,

ja, ich hatte das Kabel auch schon entdeckt beim Spähen durch die
F-Löcher. Muß es mal rauspopeln.

Am Donnerstag gibt's dann den ersten Stage-Report!

Gruß
Kurt


: Hallo Kurt,
:
: ein Kabel für die Masse liegt da von der letzten Elektrifizierung sicher noch irgendwo im Korpus rum und müsste "nur noch" an die Klinkenbuchse gelötet werden - das sollte jetzt doch keine Hürde mehr für dich sein!
:
: Dann viel Spaß und berichte mal vom ersten richtigen Einsatz!
:
: Gruß
:
: 2T


Re: (Technik) Werkstattbericht: Elektrifizierung einer Archtop

Mahlzeit nochmal,

zwei klitzekleine Anmerkungen noch, schließlich kenne ich die Gitarre mit diesem Pickup ganz gut.

Gegen Rückkopplungen hilft es, die Töne von Ab bis Bb auf den Bass-Saiten vorsichtig zu spielen, die koppeln schnell. Außerdem hat jede Form von Anzerren wenig Sinn, das tönt nicht so wie bei einem PAF-verwandten Pickup. Klingelclean ist hier angesagt.

Sehr gut funktionierte übrigens die PARA-D.I. von L.R. Baggs mit dieser Kombination, der Notchfilter konnte die Koppelfrequenz wunderbar ausblenden.

Gruß

erniecaster

Re: (Technik) Werkstattbericht: Elektrifizierung einer Archtop

n'abend,


: Gegen Rückkopplungen hilft es, die Töne von Ab bis Bb auf den Bass-Saiten vorsichtig zu spielen, die koppeln schnell. Außerdem hat jede Form von Anzerren wenig Sinn, das tönt nicht so wie bei einem PAF-verwandten Pickup. Klingelclean ist hier angesagt.


Logo, Zerre mit einer Vollresonanz-Jazzbox geht nicht, das gibt immer nur Gedröhns. Was anderes als cleanen Jazz hatte ich damit auch nicht vor.


: Sehr gut funktionierte übrigens die PARA-D.I. von L.R. Baggs mit dieser Kombination, der Notchfilter konnte die Koppelfrequenz wunderbar ausblenden.


Ah ja. Muß ich mal kucken, nach dem ersten Stage-Test. Eigentlich bin ich ja kein
Freund von "plugged", will sagen: elektronischen Tricksereien, sondern mehr von
"Just a man and his guitar". Aber in der Not frißt/kauft der Teufel auch DI-Boxen.

Die Saiten sind übrigens seit heute nachmittag geerdet, sprich: auf Masse gelegt.
Aber der Blues klingt deswegen auch nicht erdiger. :-( Vielleicht probier ichs nochmal mit Erdinger, da versprech ich mir mehr davon ;-)

Gruß
Kurt


Re: (Technik) Werkstattbericht: Elektrifizierung einer Archtop

Tach Kurt

Der Zoller ist in der Tat ganz ok, was mich allerdings immer gestört hat ist dieser grottenhässliche Aufdruck



lässt sich aber glücklicherweise mit ein bisschen Stahlwolle/watte leicht beheben. Da das Ding ja komplet verkapselt und vergossen ist muss man sich auch keine grossen Sorgen wegen allfälliger Metallspäne machen.

Gruss Manuel

(Gitarre) Bühnenbericht (war: Werkstattbericht): Elektrifizierung einer Archtop

Hallo Kollegen,

gestern nun fand der erste "Sister act" mit der frisch-verzollert-elektrifizierten Framus-Schwester
auf der Jam-Session-Bühne des Bamberger Jazzclubs statt.

Es macht Laune! Der Sound ist einfach wunderbar jazzig! Auch bei mehr Volume und der sich einstellenden
leichten Blues-Anzerrung durch den Amp stimmt der Sound.

Ich habe allerdings einige Dead Spots festgestellt, die ich zuhause nicht hatte, vielleicht lags am Raum.

Probleme gibt es freilich mit dem Feedback. Es ging zwar überhaupt nicht laut zu auf der Bühne:
Schlagzeug, Kontrabaß (verstärkt), Klavier (über PA verstärkt), Trompete + Sax (unverstärkt) und
ein Gesangsmikro - und natürlich die Gitarre, ohne Effekte pur in den Fender Blues Deluxe eingestöpselt.
Der Amp stand leider nur einen guten Meter hinter mir, erst auf dem Boden schräg gekippt, dann auf einem Stuhl - wegen der
Enge auf der Bühne wars nicht anders zu machen.

Feedback ist unvermeidbar, die Resonanz beim Ton Eb (wird ja unter Jazzern sehr häufig benötigt)
stört natürlich gewaltig, ich spielte immer mit dem Handballen der rechten Hand in "Lauerstellung".
Generelles, resonanzfrequenzunabhängiges Feedback gibts erst bei höheren Lautstärkeeinstellungen - mit
dem Schlagzeuger meiner eignen Band hätte ich sicher Probleme. Auf der Session genügte es, bei wenige Vol mit mehr
Attack zu spielen. Für einen regelmäßigen Bühneneinsatz wäre ein Notch-Filter schon von Nöten.
Hat da einer einen Tip für mich (außer Matthias' DI-Box)? Danke.

Für spontane Sessions mit wenig Materialeinsatz ist die Framus eine wunderbare Ergänzung. Auch muß
ich mir bei dem Trubel auf der vollgepfropften Bühne
dann nicht so viel Sorgen um Dings und Dongs im Lack machen, die sind eh schon drin. Ich möchte die
Schwester nicht mehr missen, aber mein Hauptinstrument wird sie nicht, dazu ist sie nicht vielseitig
genug.

Groovigen Gruß

Kurt

Re: (Gitarre) Bühnenbericht (war: Werkstattbericht): Elektrifizierung einer Archtop

Mojn Kurt,

Probleme gibt es freilich mit dem Feedback.
(...)
Hat da einer einen Tip für mich (außer Matthias' DI-Box)? Danke.


Eine minimale Verbesserung bringt das Abdämpfen der mitschwingenden Saiten jenseits des Steges mit Filz, Gummi o.ä.

Eine deutliche Verbesserung bringt das Ausstopfen des Bodys mit Schaumstoff (oder Klopapier, wie von O² empfohlen, der dabei auch gleich an Verlegenheiten bei Lagerfeuersessions im tiefen tiefen Wald dachte;-)).

ne schöne Jrooß, Mathias

Re: (Gitarre) Bühnenbericht (war: Werkstattbericht): Elektrifizierung einer Archtop

Lieber Michael,

: : Eine deutliche Verbesserung bringt das Ausstopfen des Bodys mit Schaumstoff (oder Klopapier, wie von O² empfohlen ...)
Aber ist das nicht irgendwie ein blöder Vorschlag? - Dann kann er das Ding doch gleich zu Ebay hauen und sich was solides kaufen!


Mitnichten. Ich will zwar nicht behaupten, dass eine Schaumstofffarce die Resonanz völlig unverändert lässt, aber sie schwingt nicht mit und unterdrückt Feedback (auch nicht alles). Gibson machte das bei manchen Gitarren mit Balsaholz ("chromyte"), und das Lee Ritenour-Modell von Idefix war ab Werk ausgestopft mit zugeklebten F-Löchern. Den Versuch wäre es jedenfalls wert, ist ja leicht wieder rückgängig zu machen.

ne unjedämpfte schöne Jrooß, Mathias