(Konzert gewesen ist) Rage inner Zeche Bochum


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Beitrag von Der Felix vom Januar 26. 2004 um 11:28:18:

Moin.

Nachdem ich mich gestern bei meiner Abfahrt immer noch wunderte, daß ich bei gut zwei Dutzend Meddl-Konzerten zwischen Köln und Bremen noch immer nicht die Bochumer Zeche gesehen hatte, kam ich aus jenem Wundern nicht heraus, als ich gegen 18:00Uhr ankam und schon eine ordentliche Schlange vorfand.

Kein Wunder, 18:00Uhr Einlass, 19:00Uhr Beginn, Zeche ausverkauft. Und DVD-Aufzeichnung. Glücklicherweise konnte ich mich zu zwei Freundinnen weit vorne durchschlängeln, sodaß ich letztlich in der dritten bis vierten Reihe landete. Gut, Einlass war dann doch erst 18:30Uhr, aber losgehen tat das tatsächlich im 19:00Uhr.

Vorgruppe war Rage. Ja, Rage eröffneten sich selbst mit einem Akustik-Set, wobei "akustik" sehr weit zu verstehen ist, also cleaner E-Bass und cleane E-Gitarre und Hilfsgitarrist mit Ovation. Erstmal Kitsch: Ich finde es vorbidlich, daß da ein Deutscher, ein Amerikaner und ein Russe gemeinsam so tolle Sachen auf der gleichen Bühne mit der gleichen Intention tun.

Bei diesem Akustik-Set merkte ich dann auch direkt nochmal wieder, was für ein geiler Drummer Mike Terrana ist. Macht er gut, besonders klasse beim Akustik-Set. Was in dem Kopf vorgehen mag, der solche Fills ersinnt? Gut, teilweise vielleicht etwaszu Viel des Guten, aber sowas ist ja auch Ermessens- und Geschmacksache. Die Mätzchen die er machte waren jedenfalls sehr erheiternd.
Die Mätzchen hörten aber auf, als es (später, im "richtigen" Set) beim äusserst beeindruckenden wie kurzweiligen Schlazeugsolo zu "technischen Problemen" kam. Ein (mMn ohnehin saublöd konstruierter) Beckenständer knickte um, weil er nicht richtig festgeschraubt war. Nachdem Mike das Solo zu Ende gebracht hatte, wählte sein Hals einen eigenen Präsidenten. Was für eine Halsschlagader. Kann ich verstehen, ich wäre vermutlich ähnlich sauer gewesen, auch wenn man ja eigentlich cool bleiben _sollte_. Aber der Fehler wäre absolut vermeidbar gewesen, und Techniker sind schon wegen wesentlich weniger gefeuert worden. Mann, war der sauer. Das legte sich erst nach so 5-6 weiteren Songs, während derer ich keine Trommel hätte sein wollen.

Seit Victor Smolski bei Rage die Stromgitarre bedient isses wesentlich Solo-lastiger geworden, nicht ganz mein Geschmack, aber entschädigen tut wenigstens, daß Victors Techniken recht unkonventionell sind, erfrischend wenn alle Welt sich an einer Handvoll weltberühnter Saitenwichser orientiert. Er fährt sowieso einen sehr eigenen Sound, der sich allerdings sehr gut in's Gesamtgefüge einbettet. Eigentlich isser (oder warer?) ja Endorser für Behringer, aber deren Top lässt ja offensichtlich noch länger auf sich warten, also kam ein Yamaha und zwei Peavey-Tops zum Einsatz (zumindest stand der Kram gut sichtbar auffer Bühne) und er spielt diese wirklich hübschen Siggi-Gitarren. Gegen Gitarrensoli bin ich mittlerweile aber scheinbar völlig resistent, mögen sie noch so flink oder filigran gespielt sein. Da war's erfreulich, daß Victor es nicht ausarten liess, waren maximal 5 Minuten. Ach', und zwischendurch hat er auch mal auf 'ner mit MIDI-Pickup ausgestatteten Klampfe rumgenudelt, einmal mit Flötensound und einmal mit etwas, das doch sehr nach E-Gitarre klang. Naja, der Sound kommt nunmal aus den Fingern (5€ in's Phransenschwein) und er klingt wahrscheinlich auch am Dudelsakc wie Victor Smolski.

Und Peavy ist irgendwie immer Peavy. Sehr große Aura (ohne die er wohl kaum die letzten zwanzig Jahre dermaßen erfolgreich hätte sein können) und sehr solide Bassarbeit. Leider hatte er aufgrund einer Erkältung mal wieder mit stimmlichen Problemen zu kämpfen (habe ich merkwürdigerweise genau so schonmal erlebt, Dezember '99 in Köln oder so), aber so viel habe ich davon eh nicht gehört, Boxen standen nur links und recht aussen, da isses vorne in der Mitte immer ein wenig problematisch.

Als das "reguläre" Set anfing wurde mir wieder sehr praktisch erläutert, was "ein gerüttelt Maß" ist. Als ich mich in null-komma-nix in der eineinhalbten Reihe wiederfand wurde es etwas ruhiger, und ich muss sagen: Mit ohne lange Haare isses bei so Konzerten zwar nicht so "cool", dafür aber wesentlich praktischer. Da klemmt nix ein, bleibt nix im Gesicht hängen und hängt nix in die falsche Richtung. Und endlich zeigte sich mal ein wirklicher Vorteil am "groß sein": Man sieht einfach mehr. Da sich die gesamte Zeit über Fotoaffen im ca. 40cm breiten Graben aufhielten war das definitiv von Vorteil, zumal man ab und zu einfach nur mal tief einatmen muss um sich Platz zu verschaffen. Und wenn man ordentlich knochige Schultern hat, dann unterlassen es die Leute auch irgendwann, da irgendwelche Körperteile draufzuhaun. Bin ich womöglich doch noch nicht zu alt für sowas? Andererseits: Es war "nur" Rage und "nur" die Zeche. Manowar in Bremen vor etwas über einem Jahr war definitv was anderes.

Genau, was anderes, und zwar ganz extrem. Rage spielten dreieinhalb (!!) Stunden ohne Pause (abgesehen vom kurzen Wegräumen des Akustik-Geraffels) und die Karte kostete läppische 18 Euro. Verdammt günstig, finde ich. OK, ich bin bei der Hinfahrt geblitzt worden (an einer Stelle, die mir Depp wohlbekannt ist), das erhöht die endgültige Summe, aber ich bin ja auch selbst Schuld. Auf der Rückfahrt hatte ich dann noch das Vergnügen, auf der A31 einen Nebel vorzufinden, wie ich ihn so dicht und großflächig noch nicht erlebt habe. Eine gute Überleitung in's Emsland...

Grüße
Felix


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