Re: (Archiv) Lampenfieber revisited


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Beitrag von bO²gie vom September 06. 2003 um 16:56:34:

Als Antwort zu: (Archiv) Lampenfieber geschrieben von bO²gie am September 05. 2003 um 13:47:03:

Moinsens -

ersteinmal vielen Dank für die lieben Worte und für's Kaffeetassen halten. Hat geholfen ;-)

Eigentlich gibt's zum Gig an sich wenig zu erzählen, ausser das wir scheinbar einiges richtig gemacht haben. Es gingen nämlich 25 CDs an dem Abend weg und die Reaktion des Publikums war generel freundlich. Bei einer mit fast 900 Leuten besetzten kleinen Halle ist sowas als Vorsuppe schon sehr klasse. Und in diesem Fall auch noch besonders klasse, da im Gegensatz zu unserem Rose Tattoo Support im letzten Jahr, das Publikum deutlich "schwieriger" war. Bei Rose Tattoo war es vorher schon klar: "Hau die Ziege" und das besoffene Volk wird's fressen, wenn man sich nicht allzu blöde anstellt. Da war Party auf die Zwölf gefragt und das ist schon nah an der Baustelle die wir beackern. Das Chubby Publikum ist da schon etwas anders. Ok, die erwarten auch harten Bluesrock, aber du siehst die Gesichter selten auf reinen Rockkonzerten. Und bei Popa erwartet man auch einfach keine Vorband. Er ist eh kein Freund von Vorsuppen. Sein Credo ist: "It's Chubby Time" wenn er spielt und die Leute kommen wegen ihm und nicht um eine Vorsuppe ertragen zu müssen. Find ich auch einen durchaus legitimen Ansatz. Der Mann ist eben auch Vollwertentertainer und braucht keine Aufwärmphase.

Ein paar Worte zu dem Gig möcht ich aber doch loswerden, weils vielleicht für den einen oder anderen interessant sein könnte, der mal in die Situation kommt für einen relativ bekannten Act die Vorsuppe zu kredänzen (spell?):

Fast wichtiger als der Gig an sich ist die Vorbereitung für den Gig und das Bandverhalten vor, wärend und nach dem Gig.

Vor dem Gig:
Macht euch für den Veranstalter "überschaubar". Für den gibt's eigentlich nur einen wichtigen Punkt: Könnten die Jungs zum Stressfaktor für den Ablauf des Abends werden oder nicht? Wir haben da im Vorfeld für klare Verhältnisse gesorgt und als Kerninfo dem Veranstalter zugesagt: Schneller Changeover von Vorsuppen Backline zum Hauptact (10 Minuten), kein Soundcheck von Nöten (wir kennen unsere Backline und die Verhältnise vor Ort), 40 Minuten Setlist (zugestanden wurden uns 45 Minuten), auch musikalisch an den Hauptact angepasst (also die richtigen Kracher raus und das bluesigere Material im Mittelpunkt).

Wichtig: verkneift euch Fragen nach Catering, Gästeliste oder Verkaufstisch für eure CD's. Auch fragen nach Backline teilen würd ich mir verkneifen. Das sind Stressachen auf die der Veranstalter keinen Bock hat. Und vieles klärt sich vor Ort ohne Stress.

Soundcheck:
Klar, interessant ist der Hauptact und nicht die Vorsuppe. Also von vornherein nicht unruhig werden wenn der Hauptact spät zum Soundcheck erscheint und alles unendlich lange zu dauern scheint. Stellt euer Geraffel nicht auf die Bühne, bevor der Hauptact nicht durch ist, sondern platziert euer Zeug so das es nicht im Weg steht. Kabel bereitlegen, Amps und Gitarren aus den Gigbags raus, schon mal stimmen und abwarten ob jemand von den Bühnenjungs und Mädels Zeit für euch hat. Und nicht den Backstageraum überfallen und dem Hauptact die Brötchen wegfressen und das Bier zocken. Erstmal schön draussenbleiben und nicht im Weg rumstehen. Stimmt der erste Eindruck, kommt der Veranstalter oder die Hauscrew schon von selbst auf euch zu. In unserem Fall bekamen wir gestern ausreichend Wasser, ein paar Biere, sogar ein paar belegte Brötchen und Schokoriegelzeug. Obwohl wir einen eigenen Backstage Bereich bekamen, bei dem man durch Popas Backstage mußte, haben wir gesagt: wir machen uns da erst breit wenn Popa und Kapelle Soundcheck haben und sind dann wieder raus, wenn der Soundcheck zu Ende ist. Backline war diesmal easy. Wir hatten unser komplettes Equipment mit, obwohl ich wußte das Popa nur mit geliehen Equipment on Tour ist. Die Chance das wir Drums und Bassanlage mitbenutzen könnten war relativ groß. Und siehe da (welche Crew hat schon viel Lust auf einen kompletten Changeover und doppelter Microphonierung der Drums): Es kam ziemlich gleich die Frage ob wir uns mit dem Drummer und Bassisten von Popa nicht abklären wollten wegen gemeinsamer Benutzung von Drums & Bass. Das ganze ging dann stressfrei, vor allem weil Chubbys Drummer etwas unglücklich war, mit der Fußmaschine der Bassdrum und Heiko ihm sofort seine Maschine anbot. Und so war das Thema entspannt geklärt. Unsere eigenen Anlage konnte zurück in die Autos und so hatten wir zum Changeover nur meine Gitarrenanlage.

Es kam natürlich wie es kommen mußte: Als wir zum Soundcheck auf der Bühne standen war es nur noch 5 Minuten bis Einlass. Und weil wir gleich sagten: nur kurzer konzentrierter Backline/Monitor Check, kam der Veranstalter an und sagte uns das er den Einlass gern um 5 Minuten verschieben kann. Bums, hatten wir 10 Minuten Soundcheck ;-) Wir waren trotzdem nach 5 Minuten von der Bühne.

Da alles Stressfrei lief kam der Veranstalter selbst auf uns zu und fragte nach Gästeliste. Sowas darf dann gern schon vorbereitet sein und so klein wie möglich ausfallen. In unserem Fall war es eine Freundin, die CDs verkauft hat und 2 Leute unsere Plattenfirma und Chris's Freundin. 4-5 Gäste darf ruhig reichen. Ausserdem wurde uns ein Merchandise Platz angeboten (in diesem Fall kostenlos, meist kost sowas ein paar CD's oder Shirts, einige Clubs wollen dafür massiv Zaster sehen. Das rechnet sich im Normalfall nicht und bei solchen Gelegenheiten verkauft man eben nur wenn man direkt angesprochen wird).

Der Gig:
Wenn's heißt: ihr steht um 21:00 auf der Bühne, dann steht ihr um 21:00 auf der Bühne und nicht um 21:10 weil noch drei Freunde im Publikum nicht gesichtet wurden. Und 45 Minuten Set heißt 45 Minuten, gern knapp drunter, auf keinen Fall drüber. So haben wir es dann auch eingeprobt. Inklusive eingedachter kurzer Pannen, zB Saitenriss, Gitarre wechseln. Ist natürlich auch glatt passiert. Bei einer Gitarre lösste sich die Klinkbuchse und nix ging mehr mit dem Brett. Schön im Intro eines Songs. "Diese Gitarre ist vollär AAAAllle, ich spiele sie nicht weil sie ist zäääääääärrkratzt" Ansage und schwupps gewechselt. Apropos Ansagen: kurz halten. Schlimm genug für's Publikum das sie erstmal die Vorband überstehen müssen bevor der Hauptgang kommt. Die wollen jetzt nicht zu jedem Song eure Lebensgeschichte hören. Und ruhig mal sagen das man sich auf den Hauptact freut. Wenn man in einem 40 Minuten Set zweimal deutlich sagt wie die Band heißt, und das es auch eine CD zu erstehen gibt, dann reicht das. Knappe bis keine Ansagen vor den Songs und schon rollt der Ball. Seid freundlich zum Publikum und es ist freundlich zu euch. Und wenn's dann vorbei ist, und trotzdem 4-5 Freunde nach Zugabe rufen (und ein zwei mehr waren es schon) dann ist das kein Grund zurück auf die Bühne zu gehen. Der Bühnenjob ist mit dem letzten Ton des Sets getan.

Kurz abwarten bis Pausenmucke aus der PA träufelt und dann schnell das Geraffel von der Bühne und stolperfrei wegstellen. Und nicht gleich ab in den Backstagebereich. Da sitzt nämlich der Hauptact und will nicht genervt werden.

Nach dem Gig:
Es schadet nicht sich bei allen Beteiligten zu bedanken. Also auch mal der Hauscrew sagen das ihr euch wohlgefühlt habt, dem Veranstalter sagen das man gern wieder für solche Geschichten zur Verfügung steht, und zu guter letzt freut sich auch der Künstler wenn man ihm mal sagt das es Spaß gebracht hat vor seinem Publikum spielen zu dürfen.

Klar, nicht immer läuft alles so glatt wie es gestern für uns lief. Aber vieles liegt halt auch in der eigenen Hand, wie gut man auf solche Situationen eingestellt ist. Wenn's dann schief laufen sollte, dann weiß man wenigstens das man das nicht selbst verbockt hat. Und das mit dem Lampenfieber vergeht auch nach dem ersten Einzähler ;-)

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bO²gie




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