Re: (Schafscheiße) Wer Schafscheiße in die Hand nimmt ...


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Beitrag von Kurt vom Mai 19. 2003 um 11:51:13:

Als Antwort zu: Re: (Schafscheiße) Wer Schafscheiße in die Hand nimmt ... geschrieben von Matthias am Mai 16. 2003 um 15:47:57:

Hallo Matthias,


: es ist nicht nur die Herangehensweise, die mich normalerweise beim Thema Modes stört, sondern auch die Bezeichnungen.


Klar sind die Bezeichnungen erstmal fremd und hören sich wahnsinnig wichtig, kompliziert und theoretisch an. Aber kennst Du bessere, einfachere oder einfach nur "deutsche" Wörter? Anstatt "äolisch" kannst Du auch "natürliches Moll" sagen - da sind keine neuen unbekannten Wörter dabei (der Begriff "Moll" sei erlaubt! oder ist das auch schon zu theoretisch?), aber für einen, der die Modes/Tonleitern nicht kennt, ist "natürliches Moll" genausowenig griffig wie "äolisch".



: Beispiel: Eine Schülerband covert Get Back von den Beatles und spielt es "in G". Der Solist legt los, gniedelt irgendwann ein f# und bekommt zu hören, dass er hier gefälligt myxolphrügisch hätte spielen sollen. Der Hinweis, dass er das f# durch ein f ersetzen müsste, wäre einfacher und besser gewesen.


Klaro, das hilft ihm schneller. Vorausgesetzt, er weiß, was und wo auf der Gitarre das f# und das f ist, das erfordert nämlich auch schon einen Grundstock an theoretischem Wissen. Und sei versichert: es gibt Massen an Gitarrespielern, die damit schon überfordert sind. Sie kennen den G-Griff, vielleicht noch in Barré-Form, dann ist Schluß. Was aber, wenn das Stück transponiert wird, oder ein anderes Stück, z.B. in Bb (mixo) zu spielen ist? Für jede
Tonart mußt Du ihm die speziellen Töne dann extra bezeichnen.
Du kannst ihm auch zurufen (wenn er z.B. Get Back in G-mixo in der II./III. Lage spielen soll): greif nicht den Ton auf der hohen e-Saite am 2. Bund sondern nimm den auf der h-Saite am 6. Bund, dann hat er auch gleich den "Fingersatz" vermittelt bekommen und noch weniger Theorie-Probleme. Aber es fehlt im dann immer noch die Kenntnis über f# und f auf der d-Saite, von den anderen Lagen auf dem Griffbrett ganz zu schweigen.
Worauf ich hinaus will ist: je einfacher und unmittelbarer verwertbar die Information ist, desto weniger allgemeingültig ist sie brauchbar - der Typ lernt nix dazu, außer für das eine Stück "Get back" in der II. Lage auf der hohen e-Saite.


: Ähnlich ist der C6(-7)/A-Akkord, vor dem ich einen Heidenrespekt hatte, bis ich rausfand, dass das im täglichen Leben ein schlichter am7 ist...

Falsch! Klar kannst Du statt C6/A einen Am7 greifen, aber die Tonart ist C-Dur. Der Bassist hat das tiefe A zu spielen, der Gitarrist nicht unbedingt.
C6 ist quasi die erste "upper structure" von Am7 (äolisch),
C7 von Am7 (dorisch). So gesehen ist auch Hm7b5/A nichts anderes als Am7 (äolisch). Modes und das theoretische Wissen darüber, können also helfen, manche Dinge auch einfacher zu machen!

Und statt C7/A einfach einen Am7 zu nehmen ist auf jeden Fall zu billig! Wenn schon, dann einen Am7(b9) - die Farbe des Akkords ist dann eine ganz andere - und der Mode ebenfalls!! Über C7/A ist nämlich nicht in C-mixo zu spielen, auch wenn's auf den ersten Blick so aussieht.


: Eine einfache Sache teuer zu verkaufen und kompliziert zu benennen, macht sie nicht besser. Ein Job-Center bleibt eine Arbeitsvermittlung, eine Raumpflegerin eine Putzfrau, eine Ich-AG ein Kleinunternehmer und warum Bauer heute ein Schimpfwort sein soll und man statt dessen Landwirt sagt, habe ich auch nicht begriffen.

Halt, scher nicht alles über einen Kamm! Ich stimme Dir voll zu, daß dieses "Neudeutsch", teilweise auch "Denglisch" (Job-Center) vieles nur in neue schöne wohlklingende Worthüllen packt, um wichtiger, moderner oder sonstwas als der alte, gleichwertige Begriff "Arbeitsvermittlung" zu erscheinen.
Wenn aber die Modes-Bezeichnungen wie z.B. "phrygisch, lokrisch" nur wichtigtuerische Worthüllen sind, dann nenne mir bitte die althergebrachten Benennungen, die wirklich gleichwertig (!) sind.
Es gibt keine.
Die "Modes", die Du "ablehnst", sind nur Namen, vor denen man/frau keine Angst haben sollte. Denn sie sind die einzige
allgemeine (für alle Tonarten, für alle Instrumente) und prägnante Möglichkeit, Tonmaterial zu benennen.

Geanusowenig gibt es keine eindeutigen Alternativen zu den Begriffen wie "True-Bypass-...". Du MUßT diese Begriffe verwenden, wenn Du was präzise beschreiben willst. Und Du mußt auch da erstmal lernen, was dahinter steckt, wenn Du diese Begriffe verwenden willst.

Blasiertes Geschwätz ist mit jedem Wortschatz möglich. Es kommt immer darauf an, mit wem, auf welche Weise und mit welcher Absicht man über was redet.

Modes sollten genausowenig überbewertet werden wie die vielen hausgemachten G.A.S.-Problemchen.

Stay tuned.
Kurt



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