Re: Wissen was man spielt?
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Beitrag von jonas vom Februar 07. 2007 um 17:04:23:
Als Antwort zu: Wissen was man spielt? geschrieben von UliS am Februar 06. 2007 um 16:17:10:
Grüßdich UliS!
Ich denke, dass das immer eine Sache des eigenen Anspruchs zum Einen und den erdachten Anwendungsbereich zum Anderen ist. Wenn man mit seinen Fähigkeiten zufrieden ist, warum sollte man dann nicht im "Unwissen" bleiben, solange es Spaß macht? Meine Fähigkeiten sind sehr beschränkt und gehen nicht über erweiterte Pentatonik hinaus,-)), aber es hat mir immer gereicht und Spaß gemacht. Und wenn ich was unbedingt spielen wollte, habe ich es mir rausgehört und gut. Gedanken darüber, was ich da mache ,habe ich mir nie gemacht und hatte bisher auch keinen Grund dazu. Das sähe anders aus, würde ich in einer Band spielen und man wollte eigene Stücke erarbeiten, da kann solches "Unwissen" schnell zum problem werden, da man i.d.R. für vieles sehr viel mehr Zeit braucht (try and error) und das wirkt sich meist nicht positiv auf die Moral der Truppe aus, besonders dann, wenn man der einzige ist mit diesem Unwissen, oder eben alle unwissend sind bis auf einen (Schlagzeuger).
In unseren Laden kommen jeden Tag Leute, die mit Fragen kommen wie: "Wie kann ich denn einfach so drauflos spielen?" , "Gibt es Tabellen in denen man sieht, was man wo spielen muß?" , "Ich möchte improvisieren lernen" Ich erkläre den Leuten dann, dass das so einfach nicht geht, wie sie sich das vorstellen (Malen nach Zahlen am Besten) und empfehle Ihnen, sich zumindest ein wenig mit Harmonielehre zu beschäftigen und vor allem, viel Musik hören und dabei ZUhören, oder sich die Lieblingsplatte aufzulegen und einfach mal ganz braun dazu mitklimpern, bis es passt,-)). Dann gibt es aber eine Gruppe von Musikern, die sich jahrelang durch Theorie gepaukt haben, klassischen Unterricht genossen haben (hierbei vor allem Pianisten) und eigentlich die besten Voraussetzungen haben und auch wissen, wie es theoretisch zu funzen hat - aber die bekommen einfach nix Anständiges hin. Das geht auch vielen Lehrenden so, da sie eben gewohnt sind, nachzuspielen, hier und da einen Fingersatz oder eine Phrasierung einzubauen (vereinfacht dargestellt) und gut ist. Bei Gitarristen bzw. Gitarrenschülern ist der Ansatz lustigerweise i.d.R. ein anderer: die wollen so schnell wie möglich drauflosklimpern und improvisieren und gehen ganz anders an das Instrument ran. Hinzu kommt, dass der Gitarrenunterricht einem mehr Freiräume läßt-nach meiner Erfahrung- für so etwas, als beispielsweise im Klavier- oder Violinunterricht. Das beste wäre latürnich, beides, einmal den "klassischen" und den "freien" Teil zu verbinden. Das ist eine Sache die auch an den Musikschulen immer mehr kommt. Es gibt auch immer mehr Schüler (habe ich mir sagen lassen), die sagen von vorneherein; "Noten? Nicht mit mir! Ich spiele nach Gehör!" Tscha, und das machen die Lehrer dann mit , mit erstaunlichen Ergebnissen: die Schüler gewinnen Wettbewerbe und spielen freier. Der Nachteil: würde ein Studium angestrebt müßte man sich alles wieder draufschaffen, mal abgesehen davon, dass man ja immer jemanden bräuchte, der einem die Stücke zumindest mal vorgespielt hat,-))
Und nu mal als Sänger: Abgesehen von klassischem Gesang, da habe ich keinen Schimmer von (aber ich höre es gerne,-)), kann ich ausgebildete Sänger nicht wirklich leiden. Nicht als Persönlichkeit jetzt, sondern da fehlt mir immer ein wenig Vibe (Wein und Gesang,-)) und Seele im Gesang, keine Ahnung warum. Und die meisten Sänger die ich klasse finde, hatten nie eine richtige Ausbildung (klar Atemtechnik sollte man sich schon mit beschäftigt haben, sonst ist schnell der Ofen aus) und machen alles nach Gefühl. Die fragen maximal nach der Tonart, oder lassen sich einen Ton vorgeben und fertig. Soweit ich das sehe sind wohl auch die meisten der bekannten Größen der U-Musik wenig bis gar nicht vorgebildet was den Gesang angeht, erstaunlich!
Ist schon interessant die verschieden Ansätze zu betrachten zwischen den unterschiedlichsten Instrumentalisten und wie sie an Improvisation herangehen, dabei lernt man auch, sein eigenes Spiel mal ganz anders zu sehen. Nicht verkehrt imho.
Ich muß Andi auch recht geben was das "Gehör" angeht: es ist häufig (nicht falsch verstehen bitte) eine schlichte Ausrede zu sagen "Ja gut, der Wes kann ja auch keine Noten und ist geil", das sind wirklich mehr Mythen als Wahrheit(en). Leider tun die "Götter" da aber auch nix gegen, sondern nähren solche Behauptungen immer durch solche Geschichten, wie Ihnen Gitarrist XY in einer dunklen Gasse alles gezeigt hätte, oder das er die Klampfe sogar auf dem Lokus noch im Arm hatte, oder sich gar Monatelang im haus einsperrt, um den Blues zu kapieren. Nee, das glaube ich nicht (mehr).
Einen Vorteil hatten jedoch die meisten der besagten Götter: die haben einfach viel mehr Spielen können früher, da sie ja noch keinen Handy, Internet und Playstation Stress hatten, und es einfach mehr Lokale, Kneipen und Clubs gab, in denen jeden Tag aufgespielt wurde, mal abgesehen davon, das ja früher auch mehr gesungen wurde, auch zu Hause. DAS finde ich ist ein Riesenvorteil, ganz ehrlich.
Meine Meinung als "Unwissender",-))
Mach's gut!
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