Hürden für Neueinsteiger (war: (Session) vorwärts und rückwärts)
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Beitrag von Friedlieb vom April 11. 2006 um 11:43:09:
Als Antwort zu: Re: (Session) vorwärts und rückwärts geschrieben von manuel am April 11. 2006 um 08:01:18:
Hi Manuel,
: Also mir hat, bis auf das Wetter, die Session prima gefallen.
mir auch. Wobei das Wetter ja für die Jahreszeit und die Gegend geradezu ideal war. Es hätte auch hageln können, oder aus Kübeln gießen, und noch mehr Wind wäre auch drin gewesen. Insofern bin ich sehr froh, daß es wenigstens die meiste Zeit trocken war.
Was die Hürden für Neueinsteiger betrifft, stimme ich Dir voll zu. Nüchtern auch. Ich denke, daß wir es hier mit zwei Hürden zu tun haben: der technischen und der spielerischen.
Erst mal zu der spielerischen: da ist es natürlich eine Frage der Mentalität. Ich bin ja vom Grunde meiner Seele her auch eher ein scheues Rehlein, aber da ich mich öfters mal überwinden muß und solche Situationen auch im Beruf öfter erlebe, habe ich mir inzwischen so ein gewisses "Augen zu und durch" antrainiert, und das funktioniert.
Michaels Bild vom "Affenfelsen" ist interessant, aber ich sehe das noch nicht so extrem. Michael schreibt ja auch, daß er da nur den möglichen Anfang einer Entwicklung sieht; insofern ist es nun wahrlich früh genug, um gegenzusteuern. Bei meiner ersten Session gabs jedenfalls noch keinen solchen Felsen, aber sehr wohl gab es spielerische Unterschiede. Und wie man damit umgeht - kommen wir jetzt endlich zum Kern meiner Aussage - ist eben eine Mentalitätsfrage. Ich hab damals meinen "Showtime"-Modus aktiviert, meine Scheu überwunden, bin auf den nicht vorhandenen Felsen geklettert und hab einfach mitgespielt.
Bei Leuten, die sich da schwerer tun, so daß sie nicht aus sich selbst heraus die nötige Initiative ergreifen, bedarf es da vielleicht eines kleinen Anstoßes von außen. Das kann so ein "Stage Estate Dispatcher" sein, wie Oly ihn gelegentlich gegeben hat. Das kann aber auch vielleicht jeder Einzelne selbst, indem man sein Instrument oder/und seinen Platz auf der "Bühne" mal jemand anderem anbietet. Manchmal funktioniert es.
Die technische Hürde ist mir in einer Situation ganz deutlich bewußt geworden: der Zivi vor Ort hieß Patrick (coole Zivi-Stelle, übrigens) und spielte rein zufüllig auch Gitarre, und hatte die sogar dabei. Also hab ich ihm mein Kabel angeboten, und er hat sich angestöpselt. Dann wurde uns beiden bewußt, daß mein Stressbrett viel zu viele Knöpfe hat, deren sinnfällige Bedienung vermutlich wie bei nahezu allen Stressbrettern dem Erbauer vorbehalten bleibt. Und der Spider als Einkanaler ist ja auch nicht jedermanns Sache. Ging aber dann trotzdem irgendwie. Ich habe daraus aber die Lehre gazogen, daß beim nächsten Mal wieder die Effekte zuhause bleiben - wurden eh kaum benutzt - und ein pures Gitarre-Kabel-Amp-Setup kann man auch leichter mal jemandem anbieten.
Dazu kommt auch folgendes Verhalten: wenn man keine Lust mehr hat zu spielen, verläßt man den Raum. Das haben viele so gemacht und es ist nicht vorwerfbar, aber es führt zu einem kleinen Problem bei denjenigen, die uns fragen wollen, ob sie mal den Amp/die Gitarre testen/spielen dürfen: während der Typ da spielt, will ich ihn nicht unterbrechen. Wenn die Gitarre und der Amp da verlassen stehen, will ich nicht einfach ohne zu fragen drangehen. Es gibt also nur ein ganz kleines Zeitfenster (zwischen den Stücken), welches man abpassen muß, um zu fragen, "hey, kann ich mal über den Amp/die Gitarre spielen?".
Wir können ja mal einen Zettel entwerfen und kopieren, mit der Möglichkeit anzukreuzen: [ ] Hier darf jeder drangehen, auch ohne zu fragen. [ ] Wer hier spielen will, bitte vorher _____ fragen. [ ] Finger weg, sonst Finger weg! ...oder sowas in der Art, und das hängt dann jeder an sein Zeugs dran. ;-)
Eine dritte Sache möchte ich noch ansprechen, die auch was mit dem Spielerischen zu tun hat, aber wichtig genug ist, um separat behandelt zu werden: das Repertoire. Ich bin ja der persönlichen Überzeugung, daß die Kenntnis eines Stücks und der Akkorde sehr hilfreich ist, wenn man mitspielen möchte. Mir ist ja sogar die Anwesenheit einer Rhytmusgitarre in einem Stück so wichtig, daß ich mich (meistens) gern opfere, sie zu spielen, bevor sie gar keiner spielt.
Wie aber erlange ich Kenntnis von den Stücken und den Akkorden? Da kommen wir zum Thema Leadsheets, Tabs etc. Oder besser - eben genau nicht dorthin. Bei Rockstücken hilft imho Hören mehr als Sehen. Uli hatte nach den Tabs von Tie your Mother down gefragt. Ich hab die Tabs nicht, sorry, und ich hab sie auch nie gesehen. Aber ich habe das Stück bestimmt 1000mal gehört und 500mal gespielt. Im vollen Bewußtsein der Tatsache, daß ich mich hier wiederhole: Das "selbst Rausfinden" einer Akkordfolge und eines Laufs ist ein elementar wichtiger Baustein des gesamten Lernprozesses dieses Stücks. Wer sich dieser Arbeit nicht selbst unterzieht und stattdessen nur auf irgendwelche Zettel starrt, nimmt sich selbst die Möglichkeit, ein Stück wirklich "tief" zu erlernen.
Dennoch sind Tabs natürlich hilfreich, das gestehe ich ja gern ein. Das Veröffentlichen von Musiknoten etc. ist allerdings eine Sache, die dem Urheber bzw. dem Inhaber der Rechte vorbehalten ist, und deshalb wäre das Veröffentlichen von Tabs hier bei uns illegal. Auch der Verweis auf entsprechende illegale Download-Seiten hilft bei der Rechtsverletzung und macht uns zum "Mitstörer". Die Rechteverwerter sind gerade in Deutschland da in den letzten Jahren sehr rigoros geworden, ich hab ja auch schon ein paarmal was dazu geschrieben (sucht einfach mal nach "abmahn* tab*"). Wer also Tabs will, der soll halt danach suchen im Web, da findet sich dann schon was. Ob der Download legal ist, möge dann jeder im Einzelfall bitte selbst prüfen.
Und welche Stücke soll man dann lernen? Logisch, was man mag. Ein paar Standards gibt es allerdings schon, dazu sucht man hier im Archiv dann einfach mal nach "best of aussensaiter stooge".
Ist wieder länger geworden, das Posting, sorry. Man merkt, daß ich Urlaub habe...
Keep rockin' Freidlieb
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