Re: (Frust) Stell' Dir vor es ist Gig, und keiner kommt hin...


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Beitrag von Der Felix vom Oktober 03. 2003 um 12:47:28:

Als Antwort zu: (Frust) Stell' Dir vor es ist Gig, und keiner kommt hin... geschrieben von Tom(2) am September 27. 2003 um 13:04:48:

Moinsen,

einen als Nachtrag hätte ich da...

Gestern abend traten "meine Jungs" auf, Open Air, 25jähriges Fußgängerzonen-Jubiläum (Meppen hat derer eineinhalb, und die Halbe war die Betroffene, sie ist der eigentliche Dreh-und Angelpunkt des Meppener "Nachtlebens", da ist die Hölle los, auch wenn man sich der Optik wegen des öfteren auf dem Kinderstrich wähnt).

Große Bühne, wie auf einem Stadtfest üblich, großer Platz davor, wie wohl mittlerweile auch üblich. Großer Platz. Sechseinhalb Freunde und Verwandte hinten links sitzend, in direkter Reichweite des Tresens, ein bis zwei Zuschauer an zwei Stehtischen. "Eintritt" gratis, also daran soll's nun wirklich nicht gelegen haben. Show astrein, optisch sehr ansprechend, musikalisch zwischen den Südstaaten und Deep Purple, also durchaus allgemein rockend, Feirtag voraus. Woran liegt's?

Gerade als ich den Eindruck von den vorbeiziehenden Kiddies bekam "böäh, wie ätzend, Gitarrenmusik, schnell weg" und den Zuschauermangel darin begründet sah erzählte mir jemand, daß Nachmittags schon zwei Auftritte stattfanden. Einmal Musik für Kinder. 5-6 Zuschauer, Auftritt abgebrochen. Und ein Rapper. 8-10 Zuschauer, Auftritt abgebrochen mit dem Kommentar: "bringt ja eh' nix". Finde ich eine Scheiss-Arbeitsmoral, es hat nicht geregnet, und kühl wurde es auch erst gegen 21.00, dem Auftrittsbeginn o.g. Band. Als sie gegen 1:00 Uhr fertig waren fühlte es sich nach -2°C an, waren aber "nur 10°". Isses das? Kaum, in Euren oben beschrieben Clubs wird's wohl wärmer gewesen sein.

Am Geld liegt's nicht, es ist schlicht und ergreifend gigantisches Desintresse an Musik. Kein Wunder, wenn im Fernsehen gezeigt wird, wie scheisse Musik (aka No Bro'Küblböck) ist und wie bekloppt der Durchschnittsmusiker (aka No Bro'Küblböck) ist, dann kann sich wirklich nur ein extremer Musikliebhaber für Liveauftritte interessieren, und solche Leute wachsen nicht auf Bäumen.

Wenn ich meine Schüler frage "Was hört Ihr denn so für Musik?" dann bekomme ich Zögern und Achselzucken als Antwort. Die Kinners wollen, daß ich ihnen "Gitarrespielen beibringe" - und wissen gar nicht, wozu. Nicht potentiell Elternbestimmte 6-10 Jährige, sondern auch bis hoch zu den 16-19 Jährigen, unabhängig vom Können: "Ich hör' alles mögliche, was halt so im Radio kommt. Radio an und..." - Wow, da haut's mich jedesmal fast um. Wozu dann Gitarre lernen? "Das was im Radio kommt" hat keine Identität und beweist, daß derjenige, der's hört nicht für Musik interessiert sondern sie vermutlich nur konsumiert weil man das eben so macht (bitte nicht hauen, das ist nur meine Meinung und ich will's auch nur auf 95% der Durchschnittsradiohörer beschränken, ohne Ausnahme keine Regel).

Wenn nicht mal die jungen Gitarrenschüler heiss drauf sind, einen Liveauftritt (nicht zu verwechseln mit Playbackauftritt) zu sehen (und nur bei etwa 20-30% ist wirkliches Interesse an Musik, wenn auch teilweise nur in Umrissen, zu erkennen), wer dann?

Ich werd' jedenfalls zu den nächsten Gitarrenstunden 'n Player mitnehmen und denen gnadenlos meinen Musikgeschmack aufzwingen. Motto: Besser einen schlechten Geschmack, als gar keinen ;-))

Grüße
Felix

PS: Oder isses nur die allgemeine deutsche Depression, weil's uns allen soooo dreckig geht, und die Wirtschaft und die Aktien und Talsohle und so?


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