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Re: Rechtschreibreform

Hallo :)

Ist ja interessant, wie sehr in einem Musikerforum über die Rechtschreibung diskutiert wird. ;)

Zuerst mein Statement ... da Rechtschreibung anders als zu Goethes Zeiten heute von Schülern per Regeln gelernt wird, sollte tunlichst schnell für EINE Rechtschreibung entschieden werden. Weder ist die alte total unlogisch, noch die neue total kontraintuitiv. Eine Regelung, in der jetzt die ach so revoutionären Zeitungsverlage ihren Journalisten freistellen, nach Gusto die Regelung zu verwenden, die ihnen am meisten behagt, ist - meines Erachtens - total Banane.

Die Übergangszeit hat ganz sicher kaum erträgliche Mischformen in der deutschen Schriftsprache zustande gebracht, aber Schuld daran hat kaum die Neuregelung, sondern die Faulheit der Schreibenden, sich IRGENDEINE Regelung konsequent anzueignen. (Maße und Masse sind übrigens nach alter wie neuer Regelung voneinander getrennt.)

Das geilste Argument ist immer, die Sprache würde eingeschränkt und in ihrer weltbildenden Freiheit erstickt. Eine Parallele zur Musik: Mal angenommen, man würde sich dazu entschließen, in der deutschen Notation statt dem "H" das "international" übliche "B" zu verwenden, weil es logischer ist, die Noten nach dem Alphabet zu bezeichnen: CDEFGABC. Kontroverse Diskussion natürlich vorprogrammiert ... würde es IRGENDEINER verdammte Note in irgendeinem Stück die Freiheit musikalischen Ausdrucks nehmen oder irgendwo auch nur die geringste Veränderung am tradierten Liedgut bewirken?

Wenn die Antwort nein lautet, gibt es genau so viele gute Gründe für wie gegen diese Änderung. Wir Normalsterblichen, die die Notation oder die Sprache lernen, wünschen uns nur eine EINDEUTIGE Regelung ... und die wirklichen Freien, die virtuosen Künstler, lachen sich sowieso darüber schlapp.

Es werden leider so viele argumentative Ebenen vermischt ... ich sehe überhaupt keinen Grund, warum sich die Verlage auf einmal gerade jetzt so aufspielen, nachdem sie jahrelang die Neuregelung nicht nur befürwortet sondern sogar voran getrieben haben ... naja, aber ich muss ja auch nicht immer alles verstehen...

Gruß

knorke

Re: Rechtschreibreform

Mal angenommen, man würde sich dazu entschließen, in der deutschen Notation statt dem "H" das "international" übliche "B" zu verwenden, weil es logischer ist, die Noten nach dem Alphabet zu bezeichnen: CDEFGABC. Kontroverse Diskussion natürlich vorprogrammiert ... würde es IRGENDEINER verdammte Note in irgendeinem Stück die Freiheit musikalischen Ausdrucks nehmen oder irgendwo auch nur die geringste Veränderung am tradierten Liedgut bewirken?

Naja, das hinkt. Weil Deinem "B" oder "H" keine Bedeutung beigemessen wird. Es ist ein Code, der beliebig austauschbar ist, weil ihm keine semantische (inhaltliche) Bedeutung beigemessen wird. Wir könnten genauso gut auch Zahlen anstelle von Buchstaben oder andere abstrakte Zeichen (C=Kreis, D=Quadrat, E=Dreieck,...) zur Darstellung der Notation nehmen. Oder auch Fliegendreck auf Papier mit fünf Linien...
In der Sprache aber kommt es zu Bedeutungsverschiebungen, wenn man sie willkürlich nach starren Regeln ändert. Nehmen wir z.B. die neue Getrenntschreibung. Da wird "ein mundvoll Asche" zu einem "Mund voll Asche". Wenn das nicht die Bedeutung verändert, dann weiß ich wirklich nicht...und in diesem Sinne wird die Sprache tatsächlich eingeschränkt. Und auch das Sprachverständnis. Stell Dir vor, Menschen, die nur die neue Schreibweise kennen, lesen bei Goethe später von einem "Mund voll Asche". Was müssen die denken, wie krank Goethe gewesen sein muss...

Wir Normalsterblichen, die die Notation oder die Sprache lernen, wünschen uns nur eine EINDEUTIGE Regelung ... und die wirklichen Freien, die virtuosen Künstler, lachen sich sowieso darüber schlapp.

Ich denke, sie muss nicht eindeutig sein, aber logisch. Das obige "mundvoll"-Beispiel ist nach einer eindeutigen Regel getroffen, die leider in vielen Fällen unlogisch ist. Als Normalsterblicher wünsche ich mir eigentlich nur, dass eine Expertenkommission in der Lage ist, nach fünf Jahren ihre Fehler einzugestehen und diese zu revidieren. Ist ja schließlich nicht alles schlecht, an der neuen Rechtschreibung - in vielen Belangen finde ich sie sehr gelungen und wirklich einfacher. Aber wenn daraus grobe Missverständnisse in der Bedeutung von Worten entstehen, taugt sie nicht, weil Sprache ja schließlich genau dem Zweck dient, eindeutige Inhalte zu vermitteln.

Re: Rechtschreibreform

Sehr schön geschrieben, Hokey.

Ein Problem der neuen Rechtschreibung ist, daß da sehr viel formalisiert wurde (z.B. Schreibregeln stur nach Wortarten). Sprache ist aber nicht nur formalistisch zu erfassen. Es geht um Bedeutung und um Bedeutungsunterschiede. Das hat man bei der sogenannten Reform völlig übersehen.

Für deren Einführung gibt es (auch) diese (wirklichen) Gründe:
  • Wenn wir schon solange daran gearbeitet haben, dann wollen wir auch Ergebnisse sehen.
  • Wir, die Kultusbürokratie, können das durchsetzen, und das tun wir auch.
  • Oh, das ist ja gar nicht so toll, da haben wir einiges übersehen. Macht nix, Augen zu und durch!
  • Prima, da können wir eine neue Kommision gründen.
  • Super, da gibt es garantierten, zusätzlichen Umsatz.
  • Klasse, die Kinder machen weniger Fehler (,die angestrichen werden müssen).
  • Macht nix, was (sprachlich) nicht in unser Schema paßt, stellen wir eben anheim.
  • Eigentlich wollte ich ja etwas ganz anderes haben, aber so machen wir jetzt wenigstens das.

redi

Re: Rechtschreibreform

Grüß Dich Redi ,


>: Für deren Einführung gibt es (auch) diese (wirklichen) Gründe:
  • Wenn wir schon solange daran gearbeitet haben, dann wollen wir auch Ergebnisse sehen.
    :
  • Wir, die Kultusbürokratie, können das durchsetzen, und das tun wir auch.
    :
  • Oh, das ist ja gar nicht so toll, da haben wir einiges übersehen. Macht nix, Augen zu und durch!
    :
  • Prima, da können wir eine neue Kommision gründen.
    :
  • Super, da gibt es garantierten, zusätzlichen Umsatz.
    :
  • Klasse, die Kinder machen weniger Fehler (,die angestrichen werden müssen).
    :
  • Macht nix, was (sprachlich) nicht in unser Schema paßt, stellen wir eben anheim.
    :
  • Eigentlich wollte ich ja etwas ganz anderes haben, aber so machen wir jetzt wenigstens das.
<



...Redi ,ich glaube besser kann man es nicht auf den
Punkt bringen .

Deinen Beitrag vom ehemaligen Kommissionsmitglied habe
ich auch verschlungen,tja was sagt man dazu :

Wie immer keinerlei Kritikfähigkeit seitens der meisten
"Reform"macher erkennbar ,so habe ich mir ungefähr das
Zustandekommen der unsinnigen Reform auch vorgestellt .

Viele Grüße,tschüß Uwe .