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(Konzert gewesen ist...) Rage in Osnabrück

Ahoi.

Nun komme ich gerade wieder, aus Osnabrück. Sagenhafte 60 Minuten, bei Nebel in der Stadt und diversen Baustellen (die seit über 6 Jahren bei Osnabrück existieren - irgendwo muss ja der Verkehrsfluss gebremst werden...)

Wie geil Rage war brauche ich fast nicht zu beschreiben. Rage ist Peavy und Peavy ist Gott. Kann man nix machen, der Kerl strahlt wie ein Atomkraftwerk.

Weil auch bei uns im Emsland die Sichtweiten unter 50m lagen, hatte ich ehrlichgesagt schon gar keinen Bock mehr, zumal sich bei 0°C ja auch Frost ankündigt - aber irgendwie konnte ich mich doch aufraffen um in den schon zwei Wochen nicht mehr erlebten Stau beim NÄCHSTE WOCHE FERTIGGESTELLTEN KREUZ SCHÜTTORF (A30/A31!!!) zu kommen. Nach 20 Minuten war der auch erledigt. Zustande kommt der immer, weil der große Houdini vor vielen Jahren das Reißverschlussverfahren erfunden hat - anders ist nicht zu erklären, daß bis heute 99% der Autofahrer es für große Zauberei halten und schlicht nicht dran glauben.

Egal, um 18:00Uhr kam ich beim N8 in Osnabrück an - panisch sehend, daß da keine Schlange und kein Pulk vor der Tür steht. Tja, Veranstaltungsort verlegt oder erst den Hintereingang suchen? Nein, ein alter Kauz, der dann direkt vorbeikam sah mich ganz verwundert an und fragte, warum ich schon da sei. Daß ich bei 19Uhr Einlass damit rechne, daß um 18Uhr 100 Leute vor der Tür stehen ließ ihn an meinem Verstand zweifeln - ja, es ist schlimm geworden, in Osnabrück; da läuft gaaar nix mehr. Und Rage sei ja die Pleitenband schlechthin. Konnt ich nicht ganz glauben, bisher habe ich sie immer gut besucht erlebt und die äusserst gut produzierte DVD, die sie kürzlich veröffentlichten, spricht nur für sie - sicher sind sie kein "Weltact", aus der europäischen Metalszene sind sie aber kaum noch wegzudenken.

Nunja, irgendwann kam dann ein Pulk Jungmetaller, so um 16/17, und beinahe aussensaitig versteht der Metaller als solcher sich auf wundersame Weise mit jedem anderen. Immer wieder faszinierend, da finden sich völlig wahllos hunderte Leute ein und alle haben sich lieb. Diese Jungs allerdings hatten gewaltige Wissenslücken, was Standards angeht - merkwürdig, dabei hat man doch heute das Internet, wo wir uns früher die Infos von Presseagenturen zusammensaugen mussten. Und traurig irgendwie, dieses allgemeine Desinteresse. Vielleicht ist es auch das, woran die Metalszene krankt, diese fehlende Leidenschaft, der ausbelibende Wissensdurst, weil eben doch zuviel dahingehend im TV läuft.
Naja, trotz alledem sorgten die Leute dafür, daß ich bei den herrschenden unter 0°C nicht an mein sich immer weiter zurückziehendes Fortpflanzungsorgan denken musste (am Ende war er nur noch 20cm lang HÖHÖHÖ) - note to self: nie, nie, nie wieder im Zeitraum November bis Februar auf ein Konzert gehen (es sei denn, AC/DC spielen - meine Eier haben dann auch noch am Bühnenrand gelitten. Ja, die Welt ist für Pygmäen gebaut.

Richtig, Bühnenrand, Zeitsprung. Das N8 ist ein Witz und eigentlich eine Disco. Kleiner Sprung zurück: Bei Einlass waren lächerliche 40-45 Leute eingetroffen - viel mehr passten aber sowieso nicht in den Laden. Vor der Bühne stehend packte mich plötzlich ein merkwürdiges Etwas an der Schulter, stellte sich vor, frug nach meinem Namen und bat mich dann, ihm die Nietenarmbänder anzulegen. Verrückte Welt - können die das nicht selbst? Unweigerlich strebten meine Gedanken gen Spinal Tap. Ich tat das dann jedenfalls. Es wurde aber noch besser, denn jedes der insgesamt SECHS Nietenarmbänder, das er aus der Jacke zog, schaute er sich ganz genau an und gab mir dann Anweisungen, an welche Position es gehört. Verr... sagte ich schon, oder?

Das N8 hat den Charm einer total versifften Kneipe und eine ebensolche Bühne, total doof geformt, mit merkwürdigen Abstufungen davor. Der Bühnenrand ist in genau der Höhe, in der bei normal großen Menschen wie mir den größten Schaden anrichtet, fatal in diesem Fall, daß keine Absperrung o.ä. vorhanden waren, man also wirklich direkt auf die Kante gedrückt wurde. Andererseits wirklich ausnehmend schön, so nah an der Band zu sein.

Schade nur, daß dieses Vergnügen noch zwei Vorbands entfernt war, "The Ordeal" machten den Eindruck einer kleinen Hartrock-Kapelle, wie man sie aus jeder Kleinstadt kennt. Das meine ich nicht böse, aber der Rede Wert waren sie nicht. Nicht schlecht, aber auch nicht gut.

"Deadsoul Tribe" was ganz anderes, die reguläre Vorsuppe der Tour. Kann ich nicht viel zu sagen, denn es hörte sich wie der 50minütige Teppich für ein Schlagzeugsolo an - die hatten wohl IEM oder sowas, jedenfalls hörte ich wirklich nur das Schlagzeug und bereute schon, nur ER9 als Gehörschutz mitzuhaben, denn der Typ, der da auf die Felle zimmerte, war unglaublich. Mordsausstrahlung, sieht richtig cool aus und haut die Felle, als wäre es tatsächlich das Ziel, sie kaputt zu kriegen. Sicher kein Naturfreund, denn wenn er einen Stick kaputthaut, muss ein Baum gefällt werden. Fürch-ter-lich. Leise spielen konnte er nicht und ich vermute, daß er auch keinen geraden Beta spielen kann, aber spaßig war's trotzdem. Hat sehr viel Gebrauch von den Toms gemacht, was ich allgemein sehr mag. Aber geprügelt hat der... die Becken auch. Wohl einer der wenigen Drummer, bei denen die Snare nicht einen Schlag mehr abbekommt als die anderen Trommeln...

Danach war ich drauf und dran, nach Hause zu fahren, so wenig Bock hatte ich nur noch. Oder nach dem halben Set, oder so, dachte ich mir. Aber dann kam Peavy auf die Bühne, mit seinen zwei Kumpanen, und ich konnte nicht mehr weg. Als sich dann noch eine Tonne Fleisch an meinen Rücken presste, war ich in meinem Element - was mich sehr wundert, aber ja: genau dieses Drängeln in der Menge, das ich sonst so verabscheue (der Weihnachtsmarkt ist mein Feind), das brauche ich auf Konzerten, um mich wohlzufühlen. Wohl, weil dann der Überlebenstrieb durchkommt und es nur noch zählt, auf den Beinen zu bleiben.

Sound war mittlerweile auch klasse, denn die sechs Monitorboxen reichten vollends aus, um den typischen toten Winkel in der ersten Reihe (gerade bei fehlendem "Graben") zu überbrücken.

Und man könnte meinen, ich hätte nur auf "From the Cradle to the Grave" gewartet und sei nur für diesen Song nach Osnabrück gefahren - aber während genau dieses Songs habe ich mir meinen morgen _hoffentlich_ eintretenden Nackenmuskelkater redlich verdient.

War eine schöne Sache, dieses Rage-Geburtstagskonzert. Zwanzich Jahre macht der Peter das jetzt schon. Und hat mit Victor und Mike wohl endlich die Partner gefunden, die er braucht. Freut mich für ihn. Besagte DVD "From the Cradle to the Stage" ist übrigens klasse, definitiv im oberen Drittel der MetalDVDs, wenn nicht gar unter den oberen 10%. Schwer zu sagen, ich entdecke jeden Tag so viel neuen Schrott, daß diese DVD immer und immer höher rutscht. Nicht so geil wie Blind Guardians "Imaginations through the looking glass" (wie auch...), aber doch klasse. Empfehle ich.

Genau wie einmal Peter "Peavy" Wagner live erleben. Echtjetzt. Wird auch beim vierten Mal nicht langweilig. Selbst wenn man sein letztes Album doof findet.

Gute Nacht,
Felix

PS: Ich klicke jetzt auf "absenden", ohne mir das nochmal durchzulesen, denn ich will endlich in's Bett. Nehmt mir ggfs aufgetretene Dummheiten nicht übel. Danke.

Re: (Konzert gewesen ist...) Rage in Osnabrück

Servus Felix!

Jaja, die guten alten Rage... bei mir stapeln sich immerhin auch 8 Longplayer von denen im CD bzw. LP Regal. Und, aber ich glaube das hatten wir schon, die "Unitiy" war die letzte, die ich mir gekauft habe, und hab' sie kaum mehr als 3-4 mal angehört. Überproduziert. Gefrickel (Kann dem Smolsky nicht mal jemand sagen, das ein Gitarrensolo auch eine Melodininie haben soll, einen Aufbau, und nicht nur Technik & Schnelligkeit?). Naja, ich hab' sie dann danach nochmals live gesehen, und es war auf jeden Fall ein Toller Auftritt. Was richtig toll war, das sie die guten alten Sachen alle gespielt haben (Black in Mind, Send by the Devil, Don't fear the Winter, Cradle to the Grave, Higher than the Sky...). Allerdings meistens viel schneller als im Orginal. Und durch Mike's Drumspiel auch härter. Wobei wir beim Punkt wären: Mike und Victor sind herausragende Techniker - gerade deshalb sind die Solovorstellungen, die sie in dem Konzert eingelegt hatten, wohl in meinen Ohren so mies ausgefallen. Victor hat kaum einen Ton länger als eine 100stel Sekunde liegengelassen, sein Vibrato war in Dauerarbeit, und er fand das auch noch ganz toll. Leider auch ein paar andere im Publikum. Und Mike Teranna - so gut er songdienlich begleitet (was Victor natürlich auch tut, keine Frage, nur die Soli stören mich) - bei seiner Soloeinlage dachte ich mir, der sollte sich mal ein richtig gutes Jazz oder Funkschlagzeugsolo anhören. Was er gemacht hat war nämlich nur: Geschwindigkeit. Und das klingt in meinen Ohren nicht toll.
Aber trotzdem: Diese Band würde ich schon noch mal gerne Live sehen. Ich war (und bin) zu lange Fan gewesen, als das ich das nicht noch mal wollte.

Servus,
Markus

Re: (Konzert gewesen ist...) Rage in Osnabrück

Hallo Felix,

ich muß das jetzt

xcvc <- das war Konrad, scöne Grü c ße an alle

also nochmal, ich lese Deine Konzertbesuchberichte immer total gerne, meistens kenne ich die Bands nicht so gut, aber das ist egal, denn das was Du schreibst ist jedesmal total interessant. Meinen Dank für die mittlerweile vielen tollen Berichte.

Jochen
PS: noch nichts gehört

Re: (Konzert gewesen ist...) Rage in Osnabrück

Aloha Felix -

na, Nackenstarre? *g* Mir geht's ja so wie Jochen, ich les deine Konzertkritiken so gern wie Roberts Nachrufe. Da würd man am liebsten gleich auch mal auf ein Rage Konzert (wenn ich nicht wüsste das die so garnicht meine Baustelle sind, auch wenn Mike ja inzwischen Wahlhamburger ist und ein netter Mensch... aber nach dem lesen bekommt man einfach Lust). Viel gedankt.

slide on ...
bO²gie

... der jetzt Frostschutz in die Mandoline packt und nachher Lüneburg rockt...


Re: (Konzert gewesen ist...) Rage in Osnabrück

@Sven&Jochen: Freut mich, danke.

@Jochen: Er wollte es Dienstag rausgeschickt haben...

@Markus:

Victor hat kaum einen Ton länger als eine 100stel Sekunde liegengelassen, sein Vibrato war in Dauerarbeit, und er fand das auch noch ganz toll.

Macht er nicht mehr. Schon lange. Langweilig finde ich seine Soli aber immer noch. Auch seine erste SoloCD "The Heretic", auf der Töne auch mal länger als 10 Sekunden stehen, gibt mir nix. Da kann er aber nix für, denn ich finde mittlerweile fast jedes Solo, das länger als 5 Sekunden dauert, langweilig. Und: Siehe gleich.

Und Mike Teranna - so gut er songdienlich begleitet (was Victor natürlich auch tut, keine Frage, nur die Soli stören mich) - bei seiner Soloeinlage dachte ich mir, der sollte sich mal ein richtig gutes Jazz oder Funkschlagzeugsolo anhören. Was er gemacht hat war nämlich nur: Geschwindigkeit.

Er hat kürzlich eine Solo-CD rausgebracht, auf der er seine Flexibilität in diversen Stilrichtungen zeigt. Er _kann_ auch anders. Bei Rage tut er das, was zu Rage passt. Und das, was der Fan sehen will. Mehr: Siehe gleich.

A propos Soloeinlage: Ich vergaß das heute nacht völlig zu erwähnen: Mike hat in sein Schlagzeugsolo mal eben eine Swingeinlage mit astreinem Frank Sinatra-Gesang eingelegt. DAS hatte was (auch wenn traurigerweise kaum jemand den Song erkannt hat...).

Und das klingt in meinen Ohren nicht toll.

Das meinte ich mit "gleich". Bedenke: Du bist Musiker und somit überhaupt nicht "relevant". :-) Der gemeine Musikfan ist idR kein Musiker. Eine Band für Musiker wäre Dream Theater. Rage ist eine Band für Fans dieser Art Musik. Punkt.
Ich habe mir die Sicht-/Hörweise eines Musikers auf Konzerten und auch sonst weitgehend wieder abgewöhnt, worüber ich sehr froh bin. Ich kann Musik endlich wieder hören, ohne zu denken, wie ich das denn anders oder besser spielen könnte und ich kann mir Konzerte ansehen, ohne mit den Augen auf den Fingern des Gitarristen zu kleben. Meine gitarristischen und vielleicht auch musikalischen Fähigkeiten haben darunter gelitten, aber meiner Freude an der Musik hat es sehr weitergeholfen.

der sollte sich mal ein richtig gutes Jazz oder Funkschlagzeugsolo anhören.

Markus: Du erwartest doch wohl nicht wirklich auf einem Metalkonzert ein Jazz- oder Funkschlagzeugsolo, oder? :-)

Gruß,
Felix

Re: (Konzert gewesen ist...) Rage in Osnabrück

hey, toller thread , die wuerde ich auch gern mal live erleben, da wird man beim lesen wirklich ganz spitz drauf!!
um zu den soli von victor noch etwas zu sagen: ich liebe sie, sicher spielt er viel technisches zeug, aber es geht mir unter die haut, als 'welcome to the other side' aktuell war, hab ich sie rauf und runter gehoert (auch das einzige album, das ich wirklich kenne, black in mind liegt hier zwar auch rum, hab mich aber noch nicht beschaeftigt) und die soli teils zehn mal hintereinander, ist halt wie alles: nur eine frage der auffassung,
gruesse,
lw.


Re: (Konzert gewesen ist...) Rage in Osnabrück

Moin,

hier noch ein Kommentar von Peavy selbst - find' ich auch immer interessant, was von der anderen Seite des Bühnenrandes zu hören:

"10.12.04 - 22. TOURTAG - OSNABRÜCK - D

Osnabrück/N8.... In diesem Laden waren wir schon mal, 1999, da hieß er noch Works und war schon genauso beschissen. Wie kann man Bands in einem Laden ohne Umkleide spielen lassen? Wer so was macht ignoriert völlig, dass wir in so einem Schuppen den ganzen Tag leben müssen, wir können ja nicht zwischendurch nach Hause. Also, allgemeines Abkotzen ist angesagt. Zum Glück kommen unsere Fans zahlreich, und feiern mit uns eine tolle Show ab, die für das genervte Tagsüber voll entschädigt, besten Dank an alle. Ich freu mich, weil mein Bruder samt Sohn, also meinem Neffen, uns besucht. Mathias ist nun auch schon eine Weile dabei, den Pfad des Musikers zu beschreiten, und sieht uns heute zum ersten mal live. Ich glaub, es hat ihm gefallen…"

Fertich.

Gruß,
Felix