vor ein paar Tagen bestellte ich bei Tonetoys (bekannt aus Funk, Film und Fernsehen u.a. als Online-Dealer für Matthias's unheilbare Plektrensucht und G.A.S. Auslöser für alles was man sich sonst nie zu bestellen trauen würde) einen JetSlide. Was's das? Ein propellergetriebener Bottleneck? Fast ;-) Der JetSlide verleiht nämlich Flügel ... ähhh ... hat einen "Flügel". Aber dazu gleich mehr. Erstmal sehen wie das Teil ausschaut:

Obskur, gelle? Jedenfalls mußte ich so ein Teil unbedingt antesten. Also, flink'ne Mail an Tonetoys getippt und am Donnerstag war das Teil schon da. Porto und Versandkostenfrei und mit dem Rechnungstext: "Überweisen Sie irgendwann mal Euro 24,90". Geht noch mehr Service? Nope.
Oki, also ausgepackt und erstmal in Ruhe betrachtet. Als Werkzeugmachersohn fällt sofort die schlichte, robuste Eleganz auf. Coole Verarbeitung. Fett verlötet glänzt der gebogene Messingstab an dem Ring/Flügel Stahl. Klasse Disäng. Ich Schlankhändchen hab' Ringgröße 8 bestellt. Passt auch schmatzend auf den Ringfinger. Da der Ring offen ist ließe er sich aber auch noch etwas aufbiegen oder enger stellen. Aufmerksame Leser werden latürnich jetzt aufschrecken. Ringfinger??? Hat bO²gie seine Röhrchen nicht immer auf dem kleinen Finger? Richtig, durchaus auch ein Grund anfänglicher Skepsis bei mir. Als Drei-Finger Gitarrist, der den kleinen Finger immer sträflich vernachlässigt hat, erschien mir der kleine Finger immer als idealer Röhrchenparkplatz. Der JetSlide funktioniert allerdings nur für den Ringfinger, da der kleine Finger dazu benutzt wird um mittels Druck auf den "Flügel" (Haken?) den JetSlide in Spielposition zu bringen. Als Vulkanier kann man sich den JetSlide natürlich auch auf den Mittelfinger stecken ;-))
Soweit so gut, also erster zaghafter Spielversuch. Kleiner Finger über den Haken und schon gehts los. Zuerst etwas holperig, mit zuviel Druck auf den "Flügel" tut's auch anfänglich etwas weh am Ringfinger. Also locker drücken, Krampf ist beim Sliden eh Müll. Nach 10 Minuten sliden hab' ich dann den Druckpunkt gefunden. Supernebeneffekt: der Ringfinger liegt parallel zur Messingstange. Dadurch wird das Dämpfen hinterm Slide zum Kinderspiel. Ausserdem bleibt der Slide immer in Spielposition und erlaubt zielgenaues Ansteuern der gewünschten Tonhöhe. Cool. Dann fiel mir auf: "Wow, du hast noch garnicht probiert wie sich das nun anfühlt wenn man alle vier Finger freihat und dann wieder mit dem kleinen Finger nach dem JetSlide hakelt?". Also, gesagt getan: kleinen Finger in Teetrinkerhaltung abspreitzen und schwupps hat man alle vier Finger frei. Für Solos für mich sinnlos aber bei Akkorden ist der kleine Finger latürnich oft gefragter Gast. Supereasy, und nun noch versuchen den JetSlide mittels kleinen Finger wieder am Haken zu packen. Vulkanier greifen dabei zum ortsüblichen Gruß, ansonsten wird einfach der kleine Finger wieder zum Teetrinken animiert und schwupps hat man den Haken wieder unter dem kleinen Finger. Ok, nicht ganz schwupp, aber nach wenigen Minuten klappte das schon recht lässig.
Am nächsten Tag hab' ich das Teil schon nicht mehr aus der Hand legen wollen. Erstmal Tonetoys die Kohle überwiesen (einen Test unter Live/Proberaumbedingung konnte ich mir sparen) und weiter ging das lustige JetSliden. Um den "Schwupps" Effekt zu erhöhen hab' ich den Flügel etwas heruntergebogen (genaue Anleitung dazu gibt's auf dem Beipackzettel oder unter www.jetslide.com). Der Wechsel zwischen Slide und freier Hand gestaltet sich so noch eleganter. Nach einem halben Tag ist die Bewegung dann intus. Schnelle Wechsel zwischen Vierfinger Riffs und kurzen Slideeinwürfen wird so zum Kinderspiel.
Zwei erstaunliche Entdeckungen:
a) die Spielposition am Ringfinger unterscheidet sich kaum von der gewohnten Spielposition am kleinen Finger. Der Messingstab liegt ja zwischen Ring- und Kleinenfinger. Umstellungsschwierigkeiten fast gleich null. Vorallem extrem kompfortabel beim Spiel im ersten Bund. Deutlich schmaler als ein Bottleneck erlaubt der JetSlide auch coole Vibratos vor dem ersten Bund.
b) der Sound. Ich war mehr als erstaunt wie fett der JetSlide klingt. Klar, ein richtig dicker Glas- oder Brassslide tönt noch 'ne Ecke mehr nach Mississippi Delta, aber der direkte Vergleich zum Standard Dunlop Glasslide oder dem Allman-Pillenfläschchen lässt den JetSlide locker als Sieger hervortreten. Und nach wenigen Minuten freundete ich mich mit der Dämpfungsmöglichkeit mit dem Ringfinger an. Satt satt satt. Extremst lässig: sowohl auf der vollresonierenden Akustikblechwanne als auch auf dem E-Brett weiß der JetSlide tontechnisch zu gefallen. Anders als zB das Pillenfläschchen was cool auf der E-Ketarre kommt, aber whimpy auf der Akustischen oder anders herum der fette Brassslide der auf der Dobro zu überzeugen weiß aber auf der zartbesaiteten E-Gitarre nur nervt.
Also, alles in allem: coolest Slidespielzeug seit langem. Jetzt harre ich noch dem drehbaren Axys Bottleneck, den Tonetoys auch bald im Programm haben wird, und dann gibt's noch mal einen ausführlichen Vergleichstest. Bis dahin wird der JetSlide aber erstmal No.1 an meinem Finger sein. Heute hab' ich nämlich mal wieder einen echten Bottleneck ausgepackt und prompf flog das Ding nach den ersten zwei Licks quer durch den Raum. Ohne Flügel natürlich desaströs ;-))
jetslide on ...
bO²gie