(Technik) Achtspurrekorder - Erfahrungsbericht
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Beitrag von Johannes vom April 07. 2000 um 14:53:56:
OK, nachdem ich's versprochen habe, will ich jetzt endlich mal was über meinen Harddiskrecorder erzählen... Modell: Roland VS-880 EX Ein Bild und ein paar Infos gibts unter http://www.rolandmusik.de/ --> Katalog --> Harddisk-Recording --> virtuelles Studio --> Vs-880 EX Als ich mir das Ding zulegte, stand ich vor der Entscheidung: Lege ich mir einen neuen Computer mit guter Soundkarte zu und mache mit dem meine Aufnahmen, oder entscheide ich mich für einen Standalone-Recorder. Aus verschiedenen Gründen habe ich mich für letzteres entschieden: Das Ding sollte leicht transportabel sein (ich habe kein Auto) und ich wollte mich nicht mit Abstürzen von irgendwelchen amerikanischen Betriebssystemen herumschlagen, womöglich, wenn ich gerade einen Konzertmitschnitt mache. Außerdem hatten wir mit unserer alten Band ein Demo mit dem Vorgängermodell aufgenommen, und die Qualität hatte mich damals schon überzeugt. Dann bekam ich also das Gerät, und war erstmal ein bißchen überfordert. :-) Wegen der kompakten Größe sind fast alle Knöpfe doppelt oder dreifach belegt, dementsprechend unübersichtlich ist das Gerät erstmal. Aber trotz der Bedienungsanleitung hatte ich bald mein erstes Stück eingespielt, mit sieben Spuren Stick und einer Spur Gesang (zu hören unter http://www.bigfoot.com/~nashorn/mp3/Song001.mp3. Geil! Das ist schon viel besser als die Sachen, die ich vorher mit dem Vierspurrekorder meines WG-Mitbewohnmers aufgenommen hatte, und das war ein edleres Fostex-Gerät... Nochmal zur Bedienungsanleitung: Die ist wirklich nicht besonders gut, vor allem das Register kann man fast vergessen. Wenn man also nicht schon weiß, wo zu finden ist, was man sucht, hat man fast verloren... Zum Glück gibt es im Internet einige gute Informationsquellen. Inzwischen habe ich das Gerät etwas mehr als ein Jahr, und so langsam glaube ich, daß ich alle Funktionen so einigermaßen durchschaut habe. Vielleicht (oder wahrscheinlich) ginge das bei Leuten schneller, die schon Erfahrung im Recording-Bereich haben. Bei mir beschränkte sich die halt auf Vierspurkassettenrekorder, so daß ich mich in Konzepte wie Busse, Routing, etc. erst einmal einarbeiten mußte. Aber durch die Komplexitär des Geräts hat man auch sehr vielfältige Möglichkeiten und kann Dinge tun, die mit einem einfacheren Gerät einfach nicht möglich wären. Jetzt aber mal Butter bei die Fische: Was kann also das Gerät? erstmal hat es natürlich alle Vorteile des Harddiskrecordings gegenüber Bandmaschinen: - Ich verbrauche nur soviel Speicherplatz, wie ich auch tatsächlich aufnehme. Es gibt keine leeren "Tonbandstücke", wenn gerade mal nur auf zwei von acht Spuren aufgenommen wird. - Ich kann dieselbe Stelle so oft ich will hintereinanderkopieren, ohne daß ich mehr Speicherplatz verbrauche, die Maschine legt dann einfach einen nueuen Zeiger auf dieselbe Stelle (das ist beim VS-840 z.B. anders. Das Ziplaufwerk, mit dem der arbeitet, ist für so was nicht schnell genug, deshalb muß er die Daten in so einem Fall physikalisch kopieren). - Undo-Funktion: Wenn mir ein Fehler passiert, kann ich ihn die letzten Schritte rückgängig machen - Pro Spur stehen mir 16 virtuelle Spuren zur Verfügung. Ich kann also, wenn ich eine Spur mit einem Effekt bearbeite, immer die Originalspur im Hintergrund behalten. Ebenso, wenn ich mehrere Spuren zusammenmische. - Der Mix läßt sich ziemlich komplett automatisieren. Das Gerät hat zwei Effektboards eingebaut, mit allem was man so braucht. Von Dynamikeffekten (Compressor, Limiter, etc.) über Modulationseffekte, Delay/Hall und Verstärkersimulationen etc. bis hin zu abgefahreneren Sachen wie Lo-fi-Effekten und Vocodern. Die Presets sind sogar recht brauchbar. Relativ neu ist das sogenannte Mastering-Toolkit mit Dingen wie Multibandkompressoren etc. Recht brauchbar fürs Mastering zu Hause - natürlich kein Vergleich zu professionellem Mastering, aber ich war erstaunt, wie viel besser (d.h. transparenter) meine Mixe nachher klangen. Neu sind auch Lautsprechersimulationen. Die sollen bei Benutzung von bestimmten Roland-Monitorboxen gängige Abhören simulieren (bis hin zu Ghettoblastern und Miniradios), um zu vergleichen, wie der Mix sich auf verschiedenen Systemen klingen würde. Selber habe ich damit allerdings keine Erfahrung. Digitale Ein- und Ausgänge gibt's je zwei, optisch und koaxial. Nützlich ist bei dem Gerät auch der SCSI-Anschluß. Hier kann ich nämlich zur Datensicherung wahlweise eine externe Festplatte, ein ZIP-Laufwerk oder einen CD-Brenner anschließen (hier funktionieren allerdings nur bestimmte Modelle). Mit letzterem hat man zusätzlich die Möglichkeit, Audio-CDs zu brennen. Nicht schlecht. So bleibt man von der Aufnahme bis zur CD im digitalen Bereich. Ein bißchen mühsam ist, daß das Gerät vor dem Brennen jeder CD erst einmal ein Imagefile errechnen muß, was dann auf die CD gebrannt wird. Dieses File läßt sich dummerweise nicht speichern. Das bedeutet, daß das Brennen manchmal nervig lange dauern kann. Erst das allerneuste Harddiskrecording-Gerät von Roland (VS-1880) hat erstmals die Möglichkeit, das Image-File auch zu speichern. Was würde ich mir an meinem Gerät noch wünschen? Mehr Spuren, natürlich, davon kann man nie genug haben :-) Abgesehen davon: - ein größeres Display. das ist beim VS-1680, dem entsprechenden 16-Spur-Gerät und sogar dem VS-840, dem billigeren Achtspurgerät, besser gelöst. - dasselbe gilt für einen Hi-Z-Eingang, in den ich meine Gitarre direkt einstöpseln könnte. - es gibt keine Möglichkeit, rückwärts aufzunehmen. Also keine 60er-Jahre-Rückwärts-Gitarren, keine satanischen Botschaften. - Phantomspeisung für Mikrophone (gibt's beim VS-1680) - eine vernünftige Bedienungsanleitung... Zur Praxis: Inzwischen habe ich, neben einigen Songs, die ich Alleingang zu Hause aufgenommen habe, zwei größere Projekte damit gemacht. Das eine war eine CD mit Schlafliedern für meine Patentochter, das andere vier Demo-Stücke mit einer Band. Die Bedienung ist zwar nicht einfach und nicht immer intuitiv, mit etwas Übung bekommt man aber auch hier genügend Routine, so daß das Arbeiten recht entspannt für mich war. Inzwischen benutze ich das Gerät auch zum Üben mit Kopfhörer, dann kann ich Ideen, die mir beim Spielen kommen, auch gleich festhalten. Die Klangqualität (auch die der Effekte) ist für meine Zwecke mehr als ausreichend. (wenn ich ich nicht irre, wurde Victor Wootens eine Solo-CD auf einem VS-1680 aufgenommen, die Geräte reichen also schon in professionelle Bereiche) Das schöne ist eben, daß der Recorder alles drin hat, was man so braucht. Insgesamt bereue ich es kein bißchen, mir das Ding angeschafft zu haben. Natürlich wünsche ich mir öfter ein größeres Gerät, und wenn ich mal groß bin, kaufe ich mir bestimmt ein VS-1880 :-) Puh, ist ganz schön lang geworden, und im Laufe des Schreibens habe ich bestimmt die eine oder andere Sache vergessen, die ich eigentlich schreiben wollte... Fragt mich einfach, wenn ihr mehr wissen wollt. Johannes
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