(Philosophie) Innovation


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Beitrag von Johannes vom März 17. 2000 um 16:51:03:

Ist so still hier & heute... Seid ihr alle beim Üben für die Session? He, wer übt, verrät die Kollegen!
Naja, dann will ich mal versuchen, das Schweigen ein bißchen zu brechen.
Ich habe mir in letzter Zeit beim Musikhören ein paar Gedanken gemacht (kommt selten vor, aber es passiert), und zwar über Musik und Innovation.
Ich persönlich schätze Musik am meisten, die in irgendeiner Weise innovativ ist (oder zu ihrer Zeit war). Deshalb gehört zum Beispiel King Crimson zu meinen Liebligsbands, die haben es bis jetzt noch auf fast jeder Platte geschafft, Neuland zu betreten. Ich habe überhaupt nichts gegen Leute, die Traditionen pflegen und z.B. fünfziger-Jahre Rock'n'Roll spielen, von Zeit zu Zeit höre ich das auch gerne (am liebsten live), aber mein Herz schlägt eher für andere Bands. (Nur bei Dixieland, da wird's für mich kritisch ;-)
Man könnte jetzt die Innovatoren in zwei Kategorien einteilen, die einen, die die Grenzen der Musik erweitern, und die anderen, die die Musik sozusagen von innen heraus erneuern. Zu den ersteren würde ich zum Beispiel King Crimson zählen, die auf verschiedene Weise Neues ausprobiert haben: In den 70ern das Einbinden von Elementen der klassischen Musik, später die freie Improvisation, dann Polyrhythmen, etc. Ein anderes Beispiel: das Mahavishnu Orchestra mit der Mischung aus Jazz und Rock, z.T. auch mit klassischer Musik (siehe das Album "Apocalypse").
Zur zweiten Kategorie könnte man Mr. Bungle zählen, die durch Kombination verschiedenster Stile aus dem Bereich der Pop- und Rockmusik neue Wege beschreiten. Da findet man in ein und demselben Stück Brachialgitarren, Easy Listening, tibetanische Mönchschöre, Surfgitarren, etc.
Ein anderes Beispiel wären King's X - nicht ganz so extrem. Hier sind es eher z.B. die ausgefallenen Harmonien (z.T. recht beatlesk) in Kombination mit Hardrock.
Interessant finde ich auch, mit wie unterschiedlichen Mitteln die unterschiedlichen Bands ihre Innovation angehen. Da gibt es einmal die hochvirtuosen Musiker, wie z.B. Mr. McLaughlin oder Mr. Fripp, aber andere Bands haben es geschafft, auch ohne Virtuosen auf ihren Instrumenten zu sein - Pink Floyd z.B. mit ihrer Mixtur aus Blues und Psychedelik. Andere haben die Virtuosität so gut wie aufgegeben, so wie Fred Frith, der jetzt eher an geräuschhafter, mehr oder weniger frei improvisierter Musik interessiert zu sein scheint.
Mir ist klar, daß eine Kategorisierung wie diese schnell ziemlich eng werden kann. Ich wüßte jetzt z.B. nicht, wie ich Frank Zappa hier einordnen sollte, hat der doch auch verschiedene Stilrichtungen bearbeitet: einmal sein Popproduktionen, die man z.T. als Musik über Musik bezeichnen könnte, mit den Stilmitteln der parodie u.ä., andererseits gibts von ihm auch Platten wie "Yellow Shark", wo er sich plötzlich im Bereich der sogenannten Neuen Musik bewegt, also unter anderen Komponisten wie Stockhausen, Nono, Ligeti etc.

The talk is open for discussion.

Johannes


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