Re: (Philosoph4erei) Wo hat die "4" ihr Monopol her?
[ verfasste Antworten ] [ Aussensaiter-Forum ]
Beitrag von Clem vom Januar 03. 2002 um 18:20:43:
Als Antwort zu: (Philosoph4erei) Wo hat die "4" ihr Monopol her? geschrieben von groby am Januar 03. 2002 um 16:19:10:
Hi und ein frohes Neues!
Bist du der Jetzt-bin-ich-hinten-und-nun-wieder-vorn-Groby aus der Sesamstraße?! Das würde die Warum-Kind Identität erklären. (Warum heißt eigentlich die Sesamstraße Sesamstraße?!)
Nun zum Thema: Die Viererunterteilung:
Ich muss gestehen: Habe ach Musikologie, Musikologie und auch Musikologie studiert und bin so klug, als wie zuvor! ;-)
Ich sehe mich nicht in der Lage, das halbwegs wissenschaftlich zu erklären, deshalb hier einige Überlegungen:
Der 4/4-Takt ist ein Überbleibsel der Musiktheorie des Mittelalters. Genauer gesagt der Mensuralnotation. Auch heute noch trifft man auf die schlichte Bezeichnung "C" am Beginn eines Stückes. Dieses "C" steht für die Mensuralbezeichnung "tempus imperfectum cum prolatione imperfecta" und bedeutet, dass das Verhältnis der beiden Hauptnoten-Arten "B" (Brevis) und "S" (Semibrevis) - der Name der zweiten Note sagt es bereits - im Verhältnis 1:2 stehen.
Hierbei wäre auch eine Unterteilung 1:3 (ähnlich der ternären "Swing-Unterteilung") denkbar. Diese art der Unterteilung wurde als "perfekt" angesehen, die 2-er-Unterteilung als "imperfekt". Grund: Das Weltbild des Mittelalters - man nahm Bezug auf "Anfang, Mitte und Ende" und natürlich auf die Dreieinigkeit der Kirche.
Auch heute noch wird das senkrecht durchgestrichene "C" für die Fokussierung auf die halbven Schläge (alla breve) verwendet.
Um das ganze mal ein wenig abzukürzen: Das Mittelalter hat so Einiges an merkwürdigen Musizierpraktiken hervorgebracht - leider wissen wir darüber natürlich nur aus überlieferten Schriften und die stammten größtenteils von Theoretikern. So gab es teilweise Theoretiker, deren Traktate von äußerst komplizierten metrischen Verhältnissen handelten - die jedoch absolut nicht praxisrelevant waren. Eben eher Mathematik!
Warum sich das Vierer-Verhältnis (ich würde eher von einem Zweier-Verhältnis sprechen) nun "durchgesetzt" hat ist mir schleierhaft. Allerdings gäbe es hierfür vielerlei Gründe - und jetzt wird's relativ unwissenschaftlich, insofern man Vermutungen als unwissenschaftlich bezeichnen möchte:
Nimm ein Seil und überlege wie man es am Einfachsten und genauesten in gleiche Teile teilen könnte: Sicherlich wirst du es zunächst halbieren, dann noch einmal und so weiter - lässt sich auch analog mit einer Torte nachvollziehen. Was ich damit sagen will?! Nun - ich denke das Verhältnis 1:2 ist die einfachste Art der metrischen Unterteilung. 1: 35,86 wäre zumindest nicht ganz so locker aus der Hüfte zu realisieren. Wobei: Apple und Steinberg machen's sicherlich möglich! ;-)
Auch die sonstige 4er-Unterteilung, also z.B 32 Takte Chorus, etc. kann ich nicht so ohne weiteres erklären. Zum einen steht das Phänomen natürlich in Verbindung mit der allg. Liedform AABA, wobei ich auch darüber sicherlich ein ausführliches Referat halten könnte... zum anderen fließt da natürlich auch das 12-Taktige Bluesschema mit ein.
Ich werde mich noch mal melden, wenn ich Genaueres darüber erfahren habe.
keep on fraging!
Grüße, Clem
verfasste Antworten:
Dieser Beitrag ist älter als 3 Monate und kann nicht mehr beantwortet werden.
|