Experiment...


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Beitrag von Silvio vom Dezember 02. 1999 um 19:19:54:

Als Antwort zu: Re: (Meinung) Plattenhändlers Schweineboykott geschrieben von Bernd am Dezember 02. 1999 um 16:27:22:

Hallo Bernd

nun - in Zeiten, in denen zum Beispiel im Computerbusiness Linux und freie Software in aller Munde ist, möchte ich auch einmal ein paar provokative Gedanken in die Runde werfen (so als kleines Gedankenexperiment...)

Weiter unten wurde von Clem glaub' ich der Spruch "copy kills music" erwähnt.
Frage: Stimmt das denn tatsächlich?
Musik ist glaube ich sehr widerstandsfähig. Schliesslich gibt es schon Musik, seit irgend ein Höhlenmensch, nachdem er das Feuer entdeckt hatte, sich auf einen Stein setzte und mit zwei Ästen auf den Boden trommelte und dabei ein nie gekanntes Gefühl der Kreativität in ihm aufstieg. Das funktionierte auch ohne ein Label.

Die grundsätzliche Frage ist doch, welche Musik durch Kopieren ihrer Existenzgrundlage beraubt wird!

Meiner Meinung nach wäre es sicher nicht die Musik, die wir alle hier in unseren Garagenbands machen, die individuelle, kreative, unverbrauchte, emotionale. Es ist nicht der Song, der an einem Gig die Leute mitreisst, nicht das originelle Repertoire einer lokalen Band.

Sondern es ist genau die Musik, mit der Geld gemacht wird, diejenige, die für drei Monate an jeder Ecke gespielt wird, fünfmal am Tag am Radio kommt und die nachher, wenn der Trend abgeflaut ist, kein Mensch vermisst.

Es würde verhindern, dass eine Industrie mittels Marketingmethoden Leute manipuliert. Es wäre sogar eine Demokratisierung von Musik, die unter anderem auch durch neue Vertriebswege wie Internet erst richtig möglich wäre (analog das Beispiel free software). Auch hat nicht mehr irgendein Plattenfirma-Bürohengst das sagen, was geht und was nicht, und vielleicht käme auch einmal ein Song in die Hitparade, der nicht vom immer gleichen Hit-Produzenten-Beamten produziert wurde.

Oder haben etwa die Musikkonsumenten die Kampagne "copy kills music" ins Leben gerufen???

Was wäre die Kehrseite copyright-freien Musik?
Ich glaube nicht, dass weniger Musik gehört würde...etwas müssen die im Radio ja bringen. Und auch CD's gäbe es weiterhin...qualitativ sicher nicht schlechter, aber vielleicht unter 8 Franken, mit dem ausdrücklichem Recht, die Musik weiter zu vertreiben und sich davon inspirieren zu lassen!
Arbeitslosigkeit unter Musikern? Denke ich nicht. Musikschulen braucht es weiterhin, Studios ebenfalls. Schliesslich werden weiterhin Bands ihre CD in guter Qualität aufnehmen können. Und proiektorientierte Musik (Film, Werbung) würde es weiterhin geben, für die Leute bezahlen wollen. Ein gewisser Strukturwandel würde natürlich stattfinden, und da gibt es immer Gewinner und Verlierer, das ist natürlich klar.

Auch Konzerte würde es sicher nicht weniger geben. Vielleicht ohne Monsterbühne und eigenem Automodell...aber wenn würde das ernsthaft stören???

Irgendwo wurde etwas von den kleinen Plattenläden geschrieben. Denkt ihr nicht, der Bestand würde wachsen, weil grosse Ketten ihr Interesse am Musikmarkt verlieren würden? Was machen (zB. Zürich) CityDisc's an bester Lage mit Riesenpreisen noch für einen Sinn, wenn es sich nicht mehr lohnt, Werbung für Instant-Bands zu machen???
Und wen würde es stören, wenn endlich einmal neue Klassiker entstehen würden, die die alten, nichts-geiles-mehr-produzierenden-aber-immer-noch-einen-Namen-habenden-Dinosaurier-Bands vom Sockel stossen? Wer kann nicht auf 100x geliftete Altstars wie Cher verzichten??? Die würde doch ohne Marketing kein Mensch mehr interessieren!

Musik soll Spass machen, und das Leben bereichern! Und deshalb auch nicht hauen!!! (auch wenn ihr alles anonyme Plattenbosse seid!)

Gruäss

Silvio



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