Falsch verstanden


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Beitrag von Silvio vom Dezember 03. 1999 um 16:29:53:

Als Antwort zu: Re: Hmmm...jaaa...aber... geschrieben von Pepe am Dezember 03. 1999 um 03:59:34:

Hallo Pepe

Tja, mein Text hat vielleicht ein paar Aspekte durcheinandergebracht...aber ich habe absolut nichts gegen Marktwirtschaft und Marketing, es geht mir um die Rahmenbedingungen, in denen der Mechanismus Angebot/Nachfrage wirkt. Und ich gehe mit dir einer Meinung, dass ein Radiomacher heutzutage sehr dämlich wäre, wenn er seine Playlists nicht mit gesponserten Tophiz füllen würde. Marketing und alle anderen Formen wirtschaftlichen Profitstrebens sind absolut legitim, ich bin auch ein Verfechter des freien Marktes.

Was ich in meinem Text versucht habe, ist, Perspektiven aufzuzeigen, um diese ganze Musikmaschinerie zu demokratisieren und die Musik nicht als reines Industrieprodukt zu sehen, sondern mehr als Kunst.
Die Aufhebung von Kopierverbot und all dem blablabla, was auf jeder CD draufsteht, würde diese Entwicklung ziemlich sicher fördern. Das hat nichts mit Ignorieren des Marktes zu tun, sondern ist im Gegenteil eine Erweiterung der Freiheit.

"Die Möglichkeit, das hinzukriegen, haben hauptsächlich die Majors." Wieso denn??? Gerade heute ist doch die Tendenz immer grösser, dass sich der Kunde selbst sein Zeug aussucht - Stichworte Digitales Fernsehen, Spartenkanäle, digitales Radio, Internet, mp3 etc - Zeug, das uns in den nächsten Jahren immer mehr zur Verfügung steht.
Doch ist die Musikindustrie auf solche Marktöffnungen vorbereitet??? Hat sie ein Konzept gegen mp3 ausser mit dem Ausräuchern illegaler Sites ein paar Exempel zu statuieren?
Wieso denn nicht gleich Schluss machen mit dem Copyright-Kram? Dasselbe gilt für Software (Linux vs Windows), für DVD (wer von denen die's haben, hat kein Code-Free Gerät???), für Playstation (copycopycopy).
CD's wirds sicher noch einige Zeit geben, und Plattformen, um deine Musik zu präsentieren.

"Und wenn du dann noch Musik machst, die nicht schon wegen ihrer besonderen Originalität (Hammer-Bühnenshow, gute (!!!)Volksmusik, was auch immer) auf sich aufmerksam macht, ist diese Plattform halt das übliche Marketing."

Ich nehme an, Du meinst die Majors mit Plattform. Nun...Marketing ist immer erlaubt, es fragt sich halt, ob deine Musik den Bedürfnissen von Konsumenten entspricht oder nicht. Aber wer hinter seinem Zeugs steht sollte keine Angst vor einem freieren Business haben müssen - und Marketing-Überdosen wird sich ganz einfach keine Plattenfirma mehr leisten können. Ich seh den Nachteil nicht.

Ein gutes Gegenbeispiel zu deiner These von der einzigen Plattform ist der Film "The Blair Witch Project" - einzige Werbung: eine Website und Mund-zu-Mund-Propagande, avancierte dennoch in den USA zum Kassenschlager. Marketing ist nicht nur eine Preisfrage, es ist eine Kunst.
Majors haben die Tendenz, einen Trend so lange auszuschlachten, bis der letzte Musikhörer genug hat und *peng* plötzlich ein neuer Trend durch Zufall von einer Firma entdeckt wird, auf den sich dann alle stürzen. So à la "Du kommst von Seattle und spielst in einer Garage? Du bist engagiert!" - geschehen zu tausenden.

Eine andere Branche mit denselben Problemen ist die Computerbranche. Raubkopien zuhauf und teure Software (~Tonträger). Bis sich eines Tages ein paar verwegene Leute sagten: Hey, jeder kann unsere Programme kopieren und weiterentwickeln. Innert weniger Jahre entstand Software, die nicht nur die kommerziellen Systeme preislich an die Wand hauen (dito), sondern auch in Sachen Leistungsfähigkeit (~Vielfalt, Qualität, Originalität) die Konkurrenz vernichtend schlägt. Eine Linux-Distribution mit allen denkbaren Anwendungen kostet 50.- Fr., Windows allein ohne Zusätze mindestens 150.- Fr. ...und das ist ein Unterschied.

Noch mal zusammenfassend: Meine These ist, dass sich die Aufhebung von Copyrights absolut nicht negativ auf die Musikwelt auswirken würde. DAS ist Freiheit des Marktes.

Gruäss und Hoffnung, sich besser verständlich gemacht zu haben

Silvio

PS: "Es geht nicht um Musik, es geht um Geld. Und wenn da jetzt ein paar Musiker keine CDs mehr kaufen, weil's zu teuer ist, interessiert die das nicht, weil's genug andere gibt, die jeden Scheiß zu jedem Preis (Reim!) kaufen. Ich gucke nicht auf den Preis, sondern darauf, was ich haben will. Wenn ich's wirklich will, kaufe ich es. Wenn es mich interessiert, gucke ich auf den Preis und kaufe es oder nicht."

...wenn Du dir das leisten kannst. Die meisten Leute werden es sich ausleihen und kopieren, Urheberrechte hin oder her. Denkst Du, die Absatzzahlen von CD-Brennern vervielfachen sich, weil plötzlich jeder seine Harddisk sichern will?
Das ist Verkennung der Realität.



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