(Abrißbirnen-Reviews) Baß!


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Beitrag von Falk vom Mai 18. 2011 um 13:00:14:

Hubraum ist durch nichts zu ersetzen.

Liebes Volk,

der JTM-45 ist zwar – so las ich einst – ursprünglich als Baß-Amp entwickelt worden. Aber das muß wohl vor langer, langer Zeit gewesen sein. Selbst bei Verwendung von 4 12“-Lautsprechern exorbitanten Wirkungsgrades sowie Ersatz der Gleichrichterröhre durch einen Diodengleichrichter: Die Reserven solch einer Anlage sind doch recht überschaubar, sofern man einen cleanen Baß-Sound erzielen möchte. Es galt also, sich nach einem kräftigeren Druckerzeuger umzusehen.

Ich weiß nicht, warum das so ist, aber gefühlt 95 Prozent aller Baß-Anlagen sind einfach nur grottenhäßlich - zielsicher am guten Geschmack vorbei designt. Tops in 19-Zoll-Optik, kombiniert mit Boxen mit häßlichen Lautsprechergittern, Filzbezug und klobigen Kunststoffecken – und das in den verschiedensten Variationen. Und was ich überhaupt nicht verstehe: das Zeug wird sogar gekauft. Dabei sind doch die 80er Jahre längst vorbei.

Was ich also suchte, war ein Amp mit der Kraft eines modernen Kühlschranks und dem Charme eines Amps aus längst vergangenen Zeiten. Obendrein sollte das ganze nicht allzu viel kosten. Bei solch einem Pflichtenheft wird die Luft schon verdammt dünn.

An diesem Punkt kam dann ein gewisser George McKale ins Spiel. Das Ampeg-Urgestein McKale entwickelte 24 Jahre lang Amps der SVT-Serie sowie unzählige andere Amps der Fabrikate Ampeg und Crate bevor – ja bevor er zu Kustom ging und dort die Deep-End-Serie aus der Taufe hob. Diese Tatsache und die (neben den Testberichten) zahlreichen positiven Kundenkritiken, war für mich Grund genug, es mal mit einem 300-Watt-Fullstack, einschließlich 4x10er und 1x15er Box zu versuchen.

Kustom Deep End 300 Head

Deep End Cabinets

DE300 HD Testbericht

Nach zwei Bandproben kann ich resümieren: Dieser Turm sieht nicht nur verdammt gut aus, er macht sogar noch das, was er soll: nämlichen einen Mordsschub. Mächtiger, drückender Rocksound und Reserven satt. Mit dafür verantwortlich ist offensichtlich die sogenannte Organic-Clipping-Schaltung, die statt der harschen Transistorzerre eine später einsetzende und weiche, röhrenähnliche Verzerrung produziert. Das Teil ist also ein gutes Stück weit lauter als andere 300-Watt-Transistoramps.

Etwas eingeschränkt sind die Regelmöglichkeiten des EQs. Ich als ausgesprochener Fan extremer Tiefmitten bin da etwas verwöhnt von meinem Ashdown und habe deshalb einen zusätzlichen EQ in den Effektweg gehängt. (Das Teil auf der Box hinterm Top platziert – stört so nicht mal die Optik.) Aber es wird vermutlich genug Bassisten geben, die mit den Regelmöglichkeiten zufrieden sind.

Ein wenig albern mutet die beleuchtete ECC83 hinter dem Schauglas an. Aber es gibt Schlimmeres. Das Schauglas hat zumindest den Vorteil, daß man für den Röhrentausch nicht umständlich den ganzen Amp auseinanderschrauben muß. Die serienmäßige EH war natürlich wieder viel zu bollerig. Ich habe sie durch eine mittenbetonte JJ ersetzt.

Die Verarbeitung der Anlage an sich ist solide, da gibt’s nichts zu mäkeln. Die Boxenaussteifung z.B. ist deutlich aufwendiger und effektiver als die meiner 1960 AX. Die Speaker sind mit jeweils 8 Schrauben befestigt, den Buchsenblechen hat man auch jede Menge Schrauben verpaßt - das hält sicher und luftdicht. Die Boxengehäuse sind aus MDF, die Schallwände aus Sperrholz. Als Lautsprecher wurden (ggf. leicht modifizierte) Eminence Alpha verbaut – nichts Aufregendes, aber akzeptabler Industriestandard.

Eine Besonderheit gibt’s noch in der Boxenabstimmung: Die DE4 10H sorgt für den tiefen, satten Schub – macht quasi die „Wupp“-Frequenzen. Mehr Mitten hingegen liefert die DE115H. Zusammen ergänzen sich die beiden Boxen bestens. Wer den Deep End als Halfstack betreiben will, sollte dies nicht mit der 4x10er tun, es sei denn, er gleicht die unterbelichteten Mitten mit einem zusätzlichen EQ oder Mittenbooster aus. Die 1x15er hingegen taugt deutlich besser für den Solobetrieb. Allerdings sollte man sich darüber klar sein, daß sie mit nur 250 Watt angegeben ist. Der Standard–Alpha verträgt eigentlich nur 200 W. Etwas Vorsicht im Umgang mit dem Baß- und Masterregler kann also sicher nicht schaden.

Mein Fazit: Antesten!

Gruß Falk

 

P.S.: Ich las jüngst in einer Kundenbewertung bei „T“, daß inzwischen auch Ampeg z.B. klassische 8x10-Boxen in China produzieren läßt. Sieh an, sieh an.




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