Re: (Gitarre) Frage zu ebay und Gitarren aus China


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Beitrag von Jochen vom Juli 17. 2007 um 12:17:37:

Als Antwort zu: (Gitarre) Frage zu ebay und Gitarren aus China geschrieben von smgmucke am Juli 16. 2007 um 14:05:44:

Tachchen,

die von Andi angesprochenen Fakes sind ja nun hoffentlich abgehakt, das ist eine bodenlose Frechheit und ich würde mich nicht wundern, wenn man hier von Betrug sprechen würde.

Selber besitze ich mindestens zwei, vielleicht aber auch drei Gitarren aus China, das sind zum einen meine Ibanez AC90-NT, hier sind ein paar Bilder und dann noch eine Kirkland Django Kopie (die ist auf dem Foto oben rechts zu sehen). Bei meiner Johnson Tricone (oben links) meine ich auch, daß sie aus China sei, da müßte ich aber nochmal einen Blick durchs Gitter werden.

Ich bin in der Hauptsache E-Gitarrist, mag aber auch ab und an mal akustische Gitarren, mein Schwerpunkt liegt aber mehr als eindeutig bei den verstärkten Schwestern, daher wollte ich nicht allzu viel Geld für meine akustischen Gitarren ausgeben, sie sollten natürlich schon recht gut klingen und richtig einzustellen und komfortabel zu spielen sein.

Die Tricone war meine erste Gitarre aus China - so sie denn aus China kommt. :-) Ich habe mir damals viel Zeit genommen, bin in verschiedene Läden gefahren und habe versucht so intensiv wie möglich zu vergleichen. Bei der Tricone hatte ich Glück, denn in dem Laden, in dem ich sie schließlich gekauft habe, stand eine grosse Auswahl verschiedener Blecheimer zur Verfügung. Natürlich klingt eine Continental noch besser und eine gute National läßt einem noch mehr das Wasser im Mund zusammenlaufen, aber im Preis Leistungs Verhältnis machte die Johnson einen mehr als schlanken Fuß und für mich als Gelegenheitsspieler war schnell klar, daß die Johnson mit nach Hause kommen musste. Sie war auch nicht billig, aber preiswert fand ich sie schon.

Ich sage auch immer gerne, daß ich das Gefühl habe, daß die chinesischen Hersteller zur Zeit versuchen besonders gute Qualität zu liefern, um eben auch zu zeigen, daß sie es können und irgendwie muß man ja auch mal einen Fuß in die Türe bekommen.

Nochmal kurz zur Johnson: meiner Meinung nach ist bei Resonatorgitarren mit Metallbody der mit Abstand wichtigste Teil zum Ton der Resonator. Da gibt (oder gab es wohl vielmehr) es wohl verschiedene Versionen bei Johnson, vielleicht habe ich da auch einfach Glück gehabt. Ich würde nie sagen: "Geh hin und kaufe eine Johnson Tricone, die ist sehr gut.", sondern: "Teste sie mal." Meine Tricone ist sehr gut verarbeitet, läßt sich gut oktavrein (so das bei einer Akustik halt eben geht) einstellen und spielen.

Bei meiner Kirkland Django habe ich mangels Auswahl in den Läden, die erreichbar waren, bei Martins Musikkiste online bestellt, ich hätte bei Nichtgefallen von meinem Rücktrittsrecht Gebrauch gemacht. Das war aber nicht nötig. Sie hat eine massive Decke, ist recht gut verarbeitet - natürlich geht das noch schöner, aber es war eigentlich wirklich ordentlich - und sie klingt auch so, wie ich es erwartet hatte, für mich als Gelegenheitsspieler jedenfalls gut genug. Würde ich in einer Swingband spielen, würde ich allerdings wesentlich mehr Geld anlegen, aber es ist ja nun mal nicht mein Hauptinstrument.

Was bei der Kirkland nicht so gut war war: das Griffbrett war trocken wie die Sahara, die Bundstäbchen waren nicht auf Hochglanz poliert, es waren normale "Westerngitarren"-Saiten aufgezogen - immerhin D'Addario aber halt die falschen Saiten, denn die richtigen Saiten sind entscheidend für den Ton, den man mit solchen Gitarren verbindet und zuletzt war der Steg an der falschen Stelle. Für mich also keine Probleme, ein Griffbrett richtig einzuölen ist für mich eine der leichtesten Aufgaben, Bünde kann ich auch gut polieren, den Steg kann man ja Gott sei Dank einfach verschieben und die Verlängerungen des Steges, die auf die Decke geklebt sind, kann man vorsichtig ablösen und dann an der richtigen Stelle wieder neu festkleben. Fast vergessen: da das Griffbrett so trocken war, war ein Bund etwas lose, das war aber mit einem Tropfen Kleber und etwas vorsichtigem Druck auf den Bund auch schnell erledigt und hat nie wieder für Probleme gesorgt. Auf der Decke habe ich mittlerweile ein Piezo-System und bei Gigs mit dem Unplugged Programm macht sie sich mehr als ordentlich. So eine Selmerkopie ist ja geradezu einladend zum Solieren, die spielt sich einfach herrlich.

Bei diesen beiden Gitarren kann man ja übrigens wunderbar die Oktavreinheit einstellen, da die Systeme laut Konstruktion nur durch den Saitendruck an ihrer Position gehalten werden, da kann also auch der Hersteller nicht viel versaubeuteln.

Meine Ibanez Akustik war geradezu spitzenmässig verarbeitet - anders kenne ich es aber auch nicht von Ibanez. Auch sie hat eine massive Decke, Boden und Zargen sind aus gesperrtem Walnuss. Matthias hat mir ein B-Band System vermacht, das habe ich eingebaut und damit klingt sie in meinen Ohren sehr gut, das ist übrigens meine Hauptgitarre bei der Unplugged-Geschichte. Die Ibanez war aber auch von Anfang an tadellos, da gab es überhaupt nichts dran auszusetzen. Und klanglich kann ich auch nicht meckern, natürlich klingt die Lakewood M32 von Matthias besser, aber die kostet leider auch ein Vielfaches. Mittlerweile ist mir die akustische Gitarre wichtiger geworden und ich überlege, ob ich nicht einen Schritt machen sollte und werde mich nun mal auf die Suche nach z.B. einer Stanford OM5 machen.

Also, langer Rede kurzer Sinn: nicht alles was aus China kommt ist schlecht, manchmal kann man was draus machen, wenn man selber Hand anlegen kann und bestellen würde ich nur, wenn ich sicher bin, daß ich bei Nichtgefallen die Gitarre zurückgeben kann.

Daß in China vieles im Argen liegt ist mir klar, aber mir ist nicht klar, ob ein Boykott die Lage verbessern würde.

Viele Grüße

Jochen


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