Re: (Band) Feintuning in der Praxis
[ verfasste Antworten ] [ Thread-Anfang ] [ Aussensaiter-Forum ]
Beitrag von Friedlieb vom Mai 17. 2007 um 15:31:07:
Als Antwort zu: Re: (Band) Feintuning in der Praxis geschrieben von ferdi am Mai 17. 2007 um 12:01:51:
Hi Ferdi,
vielen Dank für Dein Posting, welches so viele schöne Steilvorlagen für mich enthält, daß ich einfach nochmal auf diese alte Tube-Snob vs. Digital-Apostel-Diskussion einsteigen muß.
: Also erstmal muss alles, was programmiert werden muss, rausfliegen, und zwar in hohem Bogen, Richtung Tonne.
Es ist halt nicht leicht, bei digitalem Teufelszeuch in der Vielfalt der Möglichkeiten den Überblick zu behalten.
Kleiner Exkurs: mein Mitgitarrist hat sich in der vergangenen Woche einen Engl Blackmore Amp gekauft und läuft seitdem mit einem fetten Dauergrinsen durch die Gegend, welches sich jedesmal, wenn er ein Solo spielt, in anatomisch schon kaum mehr nachvollziebare Breiten erweitert. Klingt aber auch geil. Und ich hab ihm auch noch dazu geraten, obwohl was Digitales sicher fast genauso gut gewesen wäre und auch noch billiger dazu. Aber der Kollege ist nicht so direkt der Techniker und froh, wenn er an der Gitarre das Loch für den Klinkenstecker findet. Er hätte mit Digitalkram niemals glücklich werden können. Exkurs Ende.
Und - da kann mir keiner was erzählen - es ist schon geil, wenn man vier Fantastilliarden verschiedene Sounds bauen, speichern und abrufen kann kann. Bloß ist das eben nicht jedermanns Sache. Zumal bei vielen der billigen Digitaldinger auch unter den Sounds jede Menge Nieten dabei sind. Während es bei einem guten Röhrenamp sichtlich schwer ist, einen richtig schlechten Sound einzustellen.
: Ich habe nur hochwertig(st)e analoge Effekte und fummele nie herum. Die klingen, weil sie Sounds kreiren statt sie nachzuahmen.
Netter Versuch, aber damit liegst Du daneben.
- Die elektrische Gitarre wurde eigentlich erfunden, um den Klang der akustischen Gitarre lauter zu bekommen. Die ursprüngliche Idee war also, den Klang der akustischen Gitarre "nachzuahmen" - um mal Deine Wortwahl zu übernehmen. Mit der gleichen Argumentation könnte man demnach die elektrische Gitarre verdammen und die akustische Gitarre in den Himmel heben, weil erstere nur das versucht nachzumachen, was letztere schon von Hause aus macht. Wir beide wissen aber, daß die elektrische Gitarre dabei etwas völlig Neues geschaffen hat, was zwar nicht zu 100% der ursprünglichen Intention des Erfinders entspricht, aber nun mal auch geil klingt.
- Ein analoger Flanger sollte ursprünglich auch was nachahmen, nämlich den Effekt, wenn man zwei Tonbänder mit demselben Material parallel laufen läßt und dann bei einem auf die Bandspule (Flange) drückt, um eine geringe Verzögerung und damit einen seltsamen klanglichen Effekt zu erreichen. Dieser ach so hochgelobte analoge Effekt ahmt also nur eine ganz andere Sache nach, und der von Dir postulierte Purist müßte sich eigentlich mit zwei Tonbandgeräten mitsamt Flange-Operator auf die Bühne stellen, um den wahren, echten Effekt zu erreichen. Niemand wird bestreiten wollen, daß der Nachbau hier den Reiz hat, viele Parameter variieren zu können, auf die das ursprüngliche Verfahren mit den Tonbandgeräten keinen Zugriff bietet. Die Digitaltechnik verfeinert dieses Konzept. Bei jeder weiteren Entwicklungsstufe leidet der Purismus, aber es entstehen zusätzliche Möglichkeiten.
- Alle Wurbeleffekte, Vibrato, Tremolo, Uni-Vibe, auch Phaser etc. sind im Grunde nichts anderes als mehr oder weniger gescheiterte Versuche, den Klang eines rotierenden Lautsprechers nachzuahmen. Es klang dann völlig anders, aber trotzdem geil. Wieso hast Du kein Leslie auf der Bühne? Das klingt doch viel mehr nach Leslie als ein Uni-Vibe, welches erfunden wurde, um das Leslie zu simulieren? Du gehst ja sogar noch weiter und setzt ein Deja-Vibe ein, also strenggenommen einen Nachbau eines Simulators. Klar, das ist ein sehr guter Nachbau, und der klingt einfach.
Du solltest Dir bitte eingestehen, daß der Grund, weshalb Du diese Geräte einsetzt, schlicht darin liegt, daß sie gut klingen, und nicht darin, daß es sich um "ursprüngliche" oder "originale" oder eben halt analoge Dinge handelt.
Meine These: gut ist, was gut klingt.
: Und zu laut bin ich auch nicht.
:-)))
Ich bin auch nicht zu laut.
Keep rockin' Friedlieb
verfasste Antworten:
Dieser Beitrag ist älter als 3 Monate und kann nicht mehr beantwortet werden.
|