Re: Lieber Clemens !Beitrag von Harvey vom Oktober 20. 2000 um 16:20:50: Als Antwort zu: Re: Lieber Clemens ! geschrieben von Clem am Oktober 20. 2000 um 12:11:50: Auch Hi. Wir sind schon ziemlich verschieden, und wenn ich auf alle Deine Statements einzeln antworte, geht das möglicherweise tagelang hin und her - your point, my point, wie Du Dich ausdrückst - als wäre das ein Boxkampf oder Schlagabtausch. Irgendwie fühlt sich die Art, wie Du schreibst, für mich wie ein Kampf an, und das mag ich nicht. Da gibt es etliche Stellen, wo Du mich miß- oder anders verstehst, da gibt es einige linkshirnlastigen Haarspaltereien (z.B. die Sache mit der Außensaiter-Schreibweise), die in ihrer oberflächlichen Plausibiltät die dahinterstehende Bedeutung, das Bildhafte, neutralisieren sollen - da könnte man alles mögliche klären und zurechtrücken, bis zum St. Nimmerleins-Tag. Du nimmst, was ja eine übliche Praxis ist, meinen Text Satz für Satz auseinander, das fühlt sich an wie auf einem Seziertisch, das zerreißt Zusammenhänge und inhaltliche Flüsse und Gestalten, wie auf einer abzuhakenden Trefferliste. Nicht, daß ich Angst hätte, beim Wort genommen zu werden oder mich um jede Kleinigkeit zu kabbeln - als Antwort schreibe ich aber lieber ohne diese Seziertechnik, um das Wesentliche nicht aus dem Auge zu verlieren. Den Therapeuten können wir übrigens auch ganz schnell wieder vergessen, ich brauche das Etikett nicht, um mir Autorität für meine Aussagen zu verschaffen - mir ist auch egal, ob jemand irgendeinen Herdenschein hat oder über andere Zugänge verfügt, solange er was Wertvolles zu sagen hat. Du schriebst, daß dies hier ein Diskussionsforum ist und keine Selbsterfahrungsgruppe, daß subjektive Betroffenheiten hier nur stören. Deine Reaktion auf meine Zeilen sind aber alles andere als sachlich und emotionslos, dazu sind sie zu aggressiv - ein paar Beschimpfungen (Schwachsinn) und Gehässigkeiten inclusive (z.B. die Sache, daß sich Pharma-Konzerne so jemanden wie mich "halten" könnten). Nehme ich Dir übrigens nicht übel. Tatsächlich gibt es aber hier nicht nur irgendwelche technisch-neutralen Fachgespräche - wenn Leute stolz wie kleine Jungs ihre neuen Gitarren vorstellen, mit Bild, andere Glückwünsche übermitteln oder was Nettes dazu sagen, dann ist das viel mehr als eine bloße Übermittlung von Fakten, das ist Mitteilen von Gefühlen pur. Ist auch gut so - angeblich sind wir Männer ja so furchtbar verkopft. Andere Beispiele gibt es ohne Zahl. Was den Begriff Selbsterfahrung angeht - da wäre dann zu klären, was man unter "selbst" versteht. Kommt darauf an, womit man sich identifiziert - mit Gedanken, Gefühlen, seinem Körper ... der bloße Austausch von Gedanken ist dann auch "Selbsterfahrung"- was soll man anderes erfahren als sich selbst oder die Welt über sich selbst? Bei Selbsterfahrungsgruppe muß man nicht gleich an eine Horde Therapiesüchtiger denken, die auf Matratzen in einen Eimer kübeln, um den Haß auf Mami loszuwerden. An der Trennung von Denken und Emotion, Links- und Rechtshirn, krankt ja unsere Welt, deshalb nervt mich z.B. jede Art von gefühlloser, sachlicher Schwätzerei, wo man sich im Kopf völlig isoliert und nicht mehr fühlt, was man sagt. Cogito- ergo sum - das war das große falsche Leitmotto einer ganzen Epoche. Bzw. es kommt drauf an, wo es hingehört - wenn ich einen Bug in einem Programm suche oder einen Vergaser repariere, sind Emotionen eher hinderlich. Meine Reaktion auf diesen kleinen Zeitungsartikel war AUCH emotional - und das kann man nicht auf einen kleinen subjektiven Tagesfrust reduzieren., als ginge es mir nur ums Rumpöbeln. Unsere Welt ist - Du magst das anders empfinden - so voll von Reglementierungen, geistigen Fremdbesetzungen, ungesunden bzw. krankmachenden Entwicklungen, daß sich bei mir oft nur eine Wut regt, wenn ich schon wieder sehe, daß irgendwo Übergriffe begangen werden - und die Wut im Empfinden kommt oft noch vor der verbalen Artikulation, ist deshalb aber nicht weniger wahr. Das heißt , das, was Dich so nervt - das Subjektive - finde ich umgekehrt gerade entscheidend wichtig. So, um das Ganze abzuschließen: Es ging irgendwie um die Frage, inwieweit ein Staat eingreifen soll oder nicht, um Krankmachendes zu verhindern - Du meinst, er muß - mich dagegen nervt es, was mich persönlich angeht, und was die anderen betrifft, finde ich es sinnlos, aus besagten Gründen. Können wir´s dabei belassen? Ins Detail gehen wir besser persönlich - wenn es dazu überhaupt mal kommen sollte, dafür finde ich so ein Forum nicht geeignet. Jeder hat seine Vorgeschichte, seine Denk- und Empfindungsgewohnheiten, bis da mal die gröbsten Mißverständnisse zwischen zwei Personen geklärt sind, das dauert und dauert ... Ciao Harvey
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