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Kleiner Versuch, die Sprache wiederzugewinnen...


... gegenüber einer Realität, die nach den Bildern aus N.Y. und Washington nicht mehr dieselbe ist. Die Überlegungen sind fragmentarisch und unsystematisch, ein Versuch, den Schock zu verdauen und die Konsequenzen zu ventilieren.

1. Das Motiv dieses Terrorismus ist: "wie beweise ich der Welt wie toll ich bin, indem ich Leute umbringe". Ein anderes gibt es nicht! - egal was an Rationalisierungen vorgeschoben wird. Er bekommt jedoch durch die mediale Live-Präsentation einen gewaltigen Resonanzboden und eine neue Qualität. Timothy McVeigh, der Oklahoma-Attentäter, genoss es, in der Todeszelle interviewt zu werden, zum ersten mal in seinem banalen Dasein jemand zu sein. Sein Wunsch auf öffentliche Hinrichtung wurde ihm auch fast erfüllt. Bei den Worldtradebombern fällt die öffentliche Hinrichtung mit dem Auftrag zusammen. aber sie haben sich für eine Eintragung ins Guiness Buch qualifiziert. Die alte RAF (=Baader-Meinhof-Bande) nimmt sich da fast romantisch als Teil der Postkutschenzeit aus. Das eigentlich beängstigende sind diese neuen Ziele des "höher schneller weiter", die der Terrorismus sich setzt und die er auch zu erreichen in der Lage ist. Er hat damit für alle, die diesem Beispiel nacheifern, neue Maßstäbe gesetzt. Wir können uns möglicherweise auf einiges gefasst machen.

2. So ist Schröders Charakterisierung des Sachverhalts als "Kriegserklärung an die zivilisierte Welt", durchaus treffend. Denn das eigentlich neue und auch die Botschaft von diesem Attentat ist, dass potentiell wir alle in unserer gemütlichen Zivilisation gemeint sind; man ist in der Lage überall und zu jeder Zeit zuzuschlagen. Ich fühle mich zum ersten Mal von einer solchen Entwicklung direkt persönlich bedroht und werde mich am Sonntag mit sehr gemischten Gefühlen ins Flugzeug setzen. Meine Vorfreude auf den lange erwarteten Urlaub hat sich erstmal in Nicht-Wohlgefallen aufgelöst.

3. Schröders Formulierung scheint mir aber komplexer zu sein als es ihm wohl bewusst ist. Denn die Attentäter haben genau dies gewollt und erreicht: sie werden als Kriegspartei ernst genommen, die Welt kümmert sich um sie. Für mich besteht die große Gefahr darin, dass eine ‘Kriegserklärung an die nichtzivilisierte Welt' folgt. Automatisch als Teil der ‘nichtzivilisierten Welt' ins Visier gebracht haben sich die auffällig oft gezeigten fähnchenschwingenden Palästinenser. Ob unter den Opfern jemand war, der möglicherweise mit ihrer Sache sympathisiert, scheint keine Überlegung wert. Dass ihnen das noch leid tun wird, zeigt die (m.E. ernstgemeinte) Reaktion ihrer politischen Führung. Wenn man sie jetzt endgültig aus der zivilierten Welt (=Friedensprozess) ausgrenzt und nur noch auf sie einprügelt, schafft man jedoch nur neue Selbstmordattentäter. Die Versuchung angesichts dieser Bilder ist jedoch groß.

Schöne Grüße, Mathias

NP: Tom Waits, Hold on

Re: Kleiner Versuch, die Sprache wiederzugewinnen...

Hallo Stooge,

weil ich immer noch völlig fassungslos versuche, diese grauenhaften Taten durch ständige spiegel.de-Lektüre irgendwie zu rationalisieren und zu "begreifen" (was sicherlich nicht geht) danke ich Dir, Tom(2), Friedlieb und JoNec für die Mühe, angesichts dieses grauenhaften Terrors die Sprache wieder zu finden.

Erschüttert,
Juergen

Re: Kleiner Versuch, die Sprache wiederzugewinnen...

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: ... gegenüber einer Realität, die nach den Bildern aus N.Y. und Washington nicht mehr dieselbe ist. Die Überlegungen sind fragmentarisch und unsystematisch, ein Versuch, den Schock zu verdauen und die Konsequenzen zu ventilieren.
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: 1. Das Motiv dieses Terrorismus ist: "wie beweise ich der Welt wie toll ich bin, indem ich Leute umbringe". Ein anderes gibt es nicht! - egal was an Rationalisierungen vorgeschoben wird. Er bekommt jedoch durch die mediale Live-Präsentation einen gewaltigen Resonanzboden und eine neue Qualität. Timothy McVeigh, der Oklahoma-Attentäter, genoss es, in der Todeszelle interviewt zu werden, zum ersten mal in seinem banalen Dasein jemand zu sein. Sein Wunsch auf öffentliche Hinrichtung wurde ihm auch fast erfüllt. Bei den Worldtradebombern fällt die öffentliche Hinrichtung mit dem Auftrag zusammen. aber sie haben sich für eine Eintragung ins Guiness Buch qualifiziert. Die alte RAF (=Baader-Meinhof-Bande) nimmt sich da fast romantisch als Teil der Postkutschenzeit aus. Das eigentlich beängstigende sind diese neuen Ziele des "höher schneller weiter", die der Terrorismus sich setzt und die er auch zu erreichen in der Lage ist. Er hat damit für alle, die diesem Beispiel nacheifern, neue Maßstäbe gesetzt. Wir können uns möglicherweise auf einiges gefasst machen.
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: 2. So ist Schröders Charakterisierung des Sachverhalts als "Kriegserklärung an die zivilisierte Welt", durchaus treffend. Denn das eigentlich neue und auch die Botschaft von diesem Attentat ist, dass potentiell wir alle in unserer gemütlichen Zivilisation gemeint sind; man ist in der Lage überall und zu jeder Zeit zuzuschlagen. Ich fühle mich zum ersten Mal von einer solchen Entwicklung direkt persönlich bedroht und werde mich am Sonntag mit sehr gemischten Gefühlen ins Flugzeug setzen. Meine Vorfreude auf den lange erwarteten Urlaub hat sich erstmal in Nicht-Wohlgefallen aufgelöst.
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: 3. Schröders Formulierung scheint mir aber komplexer zu sein als es ihm wohl bewusst ist. Denn die Attentäter haben genau dies gewollt und erreicht: sie werden als Kriegspartei ernst genommen, die Welt kümmert sich um sie. Für mich besteht die große Gefahr darin, dass eine ‘Kriegserklärung an die nichtzivilisierte Welt' folgt. Automatisch als Teil der ‘nichtzivilisierten Welt' ins Visier gebracht haben sich die auffällig oft gezeigten fähnchenschwingenden Palästinenser. Ob unter den Opfern jemand war, der möglicherweise mit ihrer Sache sympathisiert, scheint keine Überlegung wert. Dass ihnen das noch leid tun wird, zeigt die (m.E. ernstgemeinte) Reaktion ihrer politischen Führung. Wenn man sie jetzt endgültig aus der zivilierten Welt (=Friedensprozess) ausgrenzt und nur noch auf sie einprügelt, schafft man jedoch nur neue Selbstmordattentäter. Die Versuchung angesichts dieser Bilder ist jedoch groß.
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: Schöne Grüße, Mathias
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: NP: Tom Waits, Hold on

stooge schrieb:
" Das Motiv dieses Terrorismus ist: "wie beweise ich der Welt wie toll ich bin, indem ich Leute umbringe". Ein anderes gibt es nicht!"

stooge, leider liegst du damit komplett falsch. Ich wuenschte, du haettest recht. Leute, die von Geltungsbewusstsein und Eitelkeit motiviert sind, lassen sich abschrecken.
Du vergisst, das die Attentaeter tot sind, aus freier Entscheidung. Solche religioesen Motivationen haben eine ganz andere Dimension.
Es wird voellig unmoeglich sein, durch Diplomatie und Besonnenheit weiteren Katastrophen dieser Art vorzubeugen. Die Planung und Ausfuehrung von Operationen dieser Dimension ist zwingend auf zwei Hauptkomponenten angewiesen: einen charismatischen und intelligenten Fuehrer und eine detailierte Infrastruktur aus Logistik und Finanzen. Terrorismus im "kleinen" Stil wird es immer geben, aber Grossangriffe wie sie gestern passiert sind, lassen sich verhindern, indem man aufkommende Terroristenfuehrerer systematisch eliminiert, und fuer Staaten, die sie unterstuetzen, die Folgen unertraeglich macht.
howard

Re: Kleiner Versuch, die Sprache wiederzugewinnen...

Hi Stooge,

: 1. Das Motiv dieses Terrorismus ist: "wie beweise ich der Welt wie toll ich bin, indem ich Leute umbringe". Ein anderes gibt es nicht! - egal was an Rationalisierungen vorgeschoben wird.

Ich fürchte, das Motiv ist wohl eher: "Wie mache ich die Weltöffentlichleit auf meine Ziele aufmerksam". Wobei die Welt bisher ja noch gar nicht weiß, auf was sie eigentlich aufmerksam gemacht werden sollte.


: Das eigentlich beängstigende sind diese neuen Ziele des "höher schneller weiter", die der Terrorismus sich setzt und die er auch zu erreichen in der Lage ist. Er hat damit für alle, die diesem Beispiel nacheifern, neue Maßstäbe gesetzt. Wir können uns möglicherweise auf einiges gefasst machen.

Da könntest Du Recht haben. Mit einer simplen Autobombe mit 2 oder 3 Toten kommt man heutzutage ja kaum noch in die Kurznachrichten. Sorry, klingt etwas sarkastisch, ist aber leider eine Tatsache.

Was mich verwundert, ist, daß bisher keinerlei Bekennerschreiben aufgetaucht ist. Aus Sicht der Terroristen war die Aktion immerhin ein voller Erfolg. Möglicherweise ist ihnen erst hinterher so richtig klar geworden, welche Konsequenzen aus den Attentaten entstehen könnten.

Neu - und nicht erst seit New York - ist die Tatsache, das der Terror sich nicht mehr gegen "Repräsentanten des Systems" richtet, wie wir das von RAF, ETA oder der Mafia gewohnt waren. Die Attentate richten sich gegen beliebige Privatmenschen, oder zumindest nimmt man deren Tod billigend in Kauf. Es gibt auch keine Drohung mehr, die mit einer Forderung verbunden ist. Es wird einfach zugeschlagen.

Man könnte jetzt lange darüber philosophieren, wen die USA wann mit einem Vergeltungsschlag beglücken wird. Das möchte ich allerdings nicht tun, solange nicht klar ist, wer dieses Attentat überhaupt verübt hat.

Im Augenblick hoffe ich einfach nur, daß die Rettungsmannschaften noch möglichst viele Überlebende aus den Trümmern retten können und die Zahl der Opfer hinter den "Erwartungen" zurückbleibt.

Gruß

Achim

Re: Kleiner Versuch, die Sprache wiederzugewinnen...

Terrorismus im "kleinen" Stil wird es immer geben, aber Grossangriffe wie sie gestern passiert sind, lassen sich verhindern, indem man aufkommende Terroristenfuehrerer systematisch eliminiert, und fuer Staaten, die sie unterstuetzen, die Folgen unertraeglich macht.

Hallo howard -

was generell den sogenannten "Tyrannenmord" angeht gehe ich völlig konform mit dir. Was deine einfache These aber so kompliziert macht ist die einfache Tatsache: Wir haben die terroristischen Hydra jahrelang an unserer Brust genährt. Solange uns z.B. die radikal-fundamentalistischen Muslime (das Beispiel steht nur für ungezählte andere Beispiele in der Weltpolitik) in Afganistan als Erfüllungsgehilfen "nützlich" waren, wurden Millionen von Dollar in diese Hydra gepumpt. Nun schlagen wir der ehemals nützlichen Schlange den Kopf ab, um an anderen Orten der Welt derselben Schlange reichlich Futter zu liefern. Das kann nicht (in dieser Einfachheit) funktionieren.

Trotzdem ratlos (oder gerade auch deswegen)...
bO²gie


Re: Kleiner Versuch, die Sprache wiederzugewinnen...


: stooge schrieb:
: " Das Motiv dieses Terrorismus ist: "wie beweise ich der Welt wie toll ich bin, indem ich Leute umbringe". Ein anderes gibt es nicht!"
:
: stooge, leider liegst du damit komplett falsch. Ich wuenschte, du haettest recht. Leute, die von Geltungsbewusstsein und Eitelkeit motiviert sind, lassen sich abschrecken.
: Du vergisst, das die Attentaeter tot sind, aus freier Entscheidung. Solche religioesen Motivationen haben eine ganz andere Dimension.

Hallo Howard,

Man kann das von mir unterstellte Motiv auch mit metaphysischem Weihrauch formulieren: "Seinem Dasein durch den eigenen Tod und den Tod anderer einen höheren Sinn geben" - aber das hätte sich so angehört, als hielte ich es für ehrenwert. Ist es aber nicht, sondern verbindet exakt religiöse Selbstmordattentäter mit Timothy McVeigh, der im Grunde ja auch einer ist. Und in dem Punkt hast Du recht: Mit Diplomatie und 'politischen Maßnahmen' kommt man da nicht ran. Zu den von Dir vorgeschlagenen Maßnahmen verweise ich allerdings auf das von bO²gie gesagte.

Schöne Grüße, Mathias

Re: Kleiner Versuch, die Sprache wiederzugewinnen...

: Terrorismus im "kleinen" Stil wird es immer geben, aber Grossangriffe wie sie gestern passiert sind, lassen sich verhindern, indem man aufkommende Terroristenfuehrerer systematisch eliminiert, und fuer Staaten, die sie unterstuetzen, die Folgen unertraeglich macht.
:
: Hallo howard -
:
: was generell den sogenannten "Tyrannenmord" angeht gehe ich völlig konform mit dir. Was deine einfache These aber so kompliziert macht ist die einfache Tatsache: Wir haben die terroristischen Hydra jahrelang an unserer Brust genährt. Solange uns z.B. die radikal-fundamentalistischen Muslime (das Beispiel steht nur für ungezählte andere Beispiele in der Weltpolitik) in Afganistan als Erfüllungsgehilfen "nützlich" waren, wurden Millionen von Dollar in diese Hydra gepumpt. Nun schlagen wir der ehemals nützlichen Schlange den Kopf ab, um an anderen Orten der Welt derselben Schlange reichlich Futter zu liefern. Das kann nicht (in dieser Einfachheit) funktionieren.
:
: Trotzdem ratlos (oder gerade auch deswegen)...
: bO²gie

boogie, deiner Logik laesst sich aus philosophischer Sicht zustimmen. Die Tausenden von Leute, die gestern starben und noch sterben werden, wurden aber nicht von einer philosophischen Keule erschlagen, sondern moeglicherweise (was nicht erwiesen ist, aber auch keinen Unterschied macht) von jemandem, der schon '93 dasselbe WTC bombardiert und seither immer wieder proklamiert hat, dass er dieses Symbol Amerikas in Schutt und Asche sehen will. Waehrend all dieser Jahre hatten Journalisten kein Problem ihn zu Interviews ausfindig zu machen, er war im Fernsehen zu sehen, man wusste ueber seinen Aufenthaltsort Bescheid. Das erkaer' mal den Familien, fuer die die Welt heute anders aussieht. howard

Re: Kleiner Versuch, die Sprache wiederzugewinnen...

hi boogie,

: Solange uns z.B. die ... als Erfüllungsgehilfen "nützlich" waren, wurden Millionen von Dollar in diese Hydra gepumpt.

genau das ist der punkt der mich zum kotzen bringt - nämlich daß letzendlich hinter jeder militärischen auseinandersetzung handfeste wirtschaftliche interessen stehen. wir jedoch werden tagtäglich verarscht und es wird uns vorgegaukelt, es gehe um freiheit, sicherheit, menschenwürde und weiß der geier, was alles dafür herhalten muß.
ich habe keine gelder auf konten irgendwelcher krimineller "erfüllungsgehilfen" überwiesen. und ich profitiere auch nicht von diesen machenschaften. ich werde mit sicherheit auch keine waffe in die hand nehmen und mich an diesem krieg, der nicht mein krieg ist, beteiligen (selbst wenn sich diese frage für mich nur theoretisch stellt).
man kann mord nicht mit mord vergelten. und wenn sich dann jemand vor die kamera stellt und meint, man müsse bei vergeltungsschlägen eben auch "kollateralschäden" (heißt das übersetzt "nebenbeischäden"? welch zynisches wort!) in kauf nehmen, dann kommt in mir die wut hoch.

kann man den mord an unschuldigen mit mord an anderen unschuldigen vergelten?

warum gab es in der vergangenheit denn nie konsequente, sondern immer nur halbherzige wirtschaftliche sanktionen, wenn es darauf ankam? ganz einfach: weil die wirtschaft gar nicht willens ist, auch nur einen dollar profiteinbuße in kauf zu nehmen. nein, man hält es für angemessen, panzer und bomben in krisenregionen zu verkaufen.

gruß falk

Re: Kleiner Versuch, die Sprache wiederzugewinnen...

Hi!

Wirklich mulmig wird mir beim Gedanken an eine mögliche Zukunft. "Demolition Man", "Die Klapperschlange", "Judge Dread" - Alles scheinbar fantastische Filme (mehr fallen mir augenblicklich nicht ein, aber es sind bekanntlich viel mehr) mit Sicherheitswahn. Alles ist steril, man wird aus Sicherheitsgründen im 5-sekunden-Takt durchleuchtet, jede in irgendeiner Weise als Aggression auslegbare Handlung wird geahndet. Das scheint mir alles nicht mehr so ungreifbar weit entfernt zu sein. Mag Schwarzmalerei sein, vielleicht auch etwas zu hoch gegriffen, aber Flughäfen hielt ich ehrlichgesagt immer schon für sehr sicher. Wenn es ein Kinderspiel war, VIER Flugzeuge nahezu GLEICHZEITIG zu entführen (und es wurde nicht von gescheiterten Entführungen berichtet!!) wird sich verdammt viel ändern. Sicherlich, zumindest in USA, auf kosten der Privatsphäre.

Gruß
Felix

Re: Kleiner Versuch, die Sprache wiederzugewinnen...

Hi Felix.
So was ähnliches habe ich ja gestern angedeutet(http://www.aussensaiter.de/forum/messages/31349.html). Ich habe überlegt, ob ich auf Benjamins mE. etwas unreife Reaktion darauf antworten sollte. Die Beiträge von dir, Stooge, Howard geben, finde ich, eher mir recht. Was mich beunruhigt, ist - konkreter ausgedrückt - , ob wir nicht bald damit einverstanden sind, einen Teil der Privatspäre aufzugeben für mehr Sicherheit, ob wir dann massiv repressive Massnahmen wie gegen Plästinenser und Tschetschenen wenn nicht im Mittel, so in der Absicht gutheissen -eines Tages?
Gruß, Rainer(F), auch mulmig und ratlos

Re: Kleiner Versuch, die Sprache wiederzugewinnen...

Hi zusammen,

Eins vorneweg: Ich will hier diese Anschlaege in keiner Weise irgendwie gutheissen noch irgendjemandem Schuld zuweisen. Nur meine Gedanken zum Thema Motiv die mir so durch den Kopf geistern loswerden. Man sollte sich abseits von wer hat wem Millionen Dollar zum Waffenkauf gegeben auch mal folgendes duch den Kopf gehen lassen: Seit Jahrzehnten ist Jerusalem (der zweitheiligste Ort des Islam) von den Israelis mehr oder weniger besetzt, seit dem Kuwaitkrieg sitzen die Amerikaner in Saudi-Arabien, wo sie die heiligsten Staetten des Islam (Mekka, Medina) sind. Muslime empfinden das als Entweihung heiligen Bodens. Sowas laesst sich von Fundamentalisten gut zur Argumentation oder besser Aufhetzung verwenden. Oder liege ich da komplett falsch ?

Paul S.

Re: Kleiner Versuch, die Sprache wiederzugewinnen...

Tach Paul!

: Seit Jahrzehnten ist Jerusalem (der zweitheiligste Ort des Islam) von den Israelis mehr oder weniger besetzt, seit dem Kuwaitkrieg sitzen die Amerikaner in Saudi-Arabien, wo sie die heiligsten Staetten des Islam (Mekka, Medina) sind. Muslime empfinden das als Entweihung heiligen Bodens. Sowas laesst sich von Fundamentalisten gut zur Argumentation oder besser Aufhetzung verwenden. Oder liege ich da komplett falsch ?

Nö, liegst du nicht. Zur Aufhetzung läßt sich aber viel verwenden, wenn die Leute aufgehetzt werden wollen. Trotzdem frage ich mich, wie wahnsinnig man sein muß, um alleine deshalb zehntausende von Menschen umbringen zu wollen, die mit Jerusalem und Mekka/Medina nix am Hut haben - wenn man deinem Erklärungsversuch folgen würde, dann müßten die Jungs doch eigentlich Israel bzw. die US-Truppen in Saudi-Arabien angegriffen haben.

Und was Israel angeht - kann man nicht auch sagen, daß die heiligen Stätten des Judentums vor 1948 jahrhundertelang von Arabern besetzt waren? Gerade auf diesem Gebiet besteht imho eine große Gefahr der einseitigen Betrachtung - daß Israel sich verteidigen muß (und manchmal Angriff die beste Verteidigung ist), ist für mich klar; über das Ausmaß kann man ruhig diskutieren ...

Bis demnäxt, Pepe

Re: Kleiner Versuch, die Sprache wiederzugewinnen...

Hallo nochmal zu diesem Thema!

Ich fange rgendwie gerade erst an empört zu sein. Diese Nacht hatte ich viele verschiedene Gedanken. Die ersten waren: Das ist doch jetzt menschenverachtend! Genauso menschenverachtend wie das "Theater" um den Tod von Lady Di. Wonach gehen die Medien, wenn Sie einem sowas aufdiktieren? Mal ein paar andere Katastrophen: Die Estonia sinkt und reisst mehrere hundert Tote mit in den Tod. Ein ICE entleist, auch hier afair über hundert Tote. Die explosion der Feuerwerkskörperfabrik in Enschede: Ein kompletter Straßenzug, beinahe Stadtteil, wird zerstört, viele Tote*. Richtig, hier wurde auch getrauert, aber doch längst nicht mit solcher inbrunst wie jetzt ober beim Tod Lady Di's. Geht es um die Zahl? Ist Trauer kumulativ? Sind 300 Tote wichtiger als 200 Tote? Und wie passt das dann zu dem Tod einer einzigen Person? Um die Art und Weise des Todes, ob durch Anschlag oder durch Unfall darf es nicht gehen, die Menschen hatten alle eines gemeinsam: Sie waren unschuldig!
Ist es also die Bestürzung über den Anschlag? Kann ja nicht sein, es gab schon andere Anschläge, darunter sogar einen sehr Ähnlichen, nämlich den von 1993 auf das WTC. Hatte der nicht exakt den gleichen Symbolcharakter? Der Giftgasanschlag auf die U-Bahn Tokyos (auch zur Rush-Hour)! Damals war ich tierisch beängstigt. Es ist noch "glimpflich" ausgegangen, aber ist das denn nicht völlig egal? Anschlag bleibt Anschlag!! Ein Vergleich: Angenommen, Deutschland schießt eine Atomrakete auf die USA ab. Letztere können diese erfolgreich schon über dem Atlantik abwehren ohne, daß irgendwas schlimmes passiert. Angenommen, Dtl. schießt weiterhin munter diverse Raketen auf die USA ab, und die wehren immer erfolgreich ab. Die Amis werden doch nicht sagen "Ach, halb so wild, ist ja nix passiert!" Nein, sie würden direkt und sofort schon nach der ersten Rakete zurückschießen, den Krieg erklären etc.
Um den Anschlag kann es also irgendwie auch nicht gehen. Ist es dann also der verletzte Stolz? Das World Trade Center, the land of the free, home of the brave..., ihr Symbol ist zerstört, daran heftet sich also alles? Afair galten ie ersten Worte Bush's nach diesem Anschlag nicht der Trauer um die Opfer, sondern der Rache, Vergeltung (ich mag mich da allerdings irren). Ist es dann wirklich nur die Bestürzung um den Fall der beiden Türme, den Fall von viel Stahl und Beton? Das Haus, das früher symbolisierte "Wir haben den längsten"?
Sorry, um soetwas kann ich nicht truaern.

Die Terroristen haben genau das geschafft, was sie vorhatten (wenn sie nicht sogar über ihr Ziel hinausgeschossen sind). Die Welt hält wegen ihnen den Atem an, ist verletzt und wacht auf! Wer denkt, die Terroristen seien naiv genug zu glauben, die USA würden heulend einen Schritt zurückmachen und sich aus der Welt, dem nahen Osten etc. zurückziehen ist slebst naiv.

Gruß
Felix

*Von den vielen Tausend Toten täglich in der dritten Welt mal ganz zu schweigen...

Re: Kleiner Versuch, die Sprache wiederzugewinnen...

Hi Pepe,

:Trotzdem frage ich mich, wie wahnsinnig man sein muss, um alleine deshalb zehntausende von Menschen umbringen zu wollen, die mit Jerusalem und Mekka/Medina nix am Hut haben

Man muss voellig wahnsinnig sein ...

:Und was Israel angeht - kann man nicht auch sagen, daß die heiligen Stätten des Judentums vor 1948 jahrhundertelang von Arabern besetzt waren?

Ja

Ich wollte gar nicht irgendwas erklaeren (wuerde ich mir nie anmassen, kann glaub ich eh keiner erklaeren), ich hab nur versucht mir irgendeinen in der muslimischen Religion begruendeten Grund zu ueberlegen.

Re: Kleiner Versuch, die Sprache wiederzugewinnen...

Tach Paul!

: Ich wollte gar nicht irgendwas erklaeren (wuerde ich mir nie anmassen, kann glaub ich eh keiner erklaeren), ich hab nur versucht mir irgendeinen in der muslimischen Religion begruendeten Grund zu ueberlegen.

Das Problem ist sogar, daß die Gründe überhaupt nicht im Islam begründet sein können - ich meine, es steht sogar im Koran, daß Selbstmord verboten ist. Irgendwelche Prediger schaffen es aber, das den Leuten auszureden, was nicht so schwer ist, weil die meisten Fanatiker aus Schichten kommen, in denen Lesen und Schreiben nicht wirklich verbreitet ist. Entwicklungshilfe als Gegenmittel gegen Terror? Ich denke schon, aber das kostet ja leider Geld und bringt keins. Die nationale Raketenabwehr zwar auch, aber da sieht man wenigstens, was man hat ... naja, hoffen wir das beste.

Bis demnäxt, Pepe

Re: Kleiner Versuch, die Sprache wiederzugewinnen...

Ich würde da einige Dinge nicht gleich stellen. Enschede, der entgleiste ICE, das waren Fahrlässigkeiten, Faulheiten, Mangelfälle. Aber es waren keine direkt und im Wissen um die Folgen herbei geführten Katastrophen.

Nein, Felix, ich denke es ist nicht das Gebäude. Es ist auch nicht die USA und ihre Kränkungen. Auch die schiere Zahl von Toten und Verletzten, die wäre auch anders möglich gewesen. Was uns wohl so kollektiv betroffen macht ist das Wissen, dass unser Glaube an Sicherheit und Beschütztheit Makulatur war. Bisher konnten wir uns auf Wahrscheinlichkeiten und Statistiken zurück ziehen. Aber nun sehen wir, und da ist der Knackpunkt, dass die scheinbar fest stehenden Sicherheiten, und das WTC ist ein Symbol, nicht mehr, durch eine Truppe durchgeknallter Terroristen in ein Inferno verwandelt wird. Oder ist auch diese Geschichte ein Aufwecker, dass wir mit unserer so hoch gelobten Lebensweise und Zivilisation unsere Gräber selbst schaufeln, findet sich nur ein bereitwilliger Totengräber?

Am Dienstag um 15:30 sass ich beim Friseur, als die Nachrichten und Bilder durch kamen. Der Tag war gelaufen. Ich war im WTC, und in New York, mehrmals. Ist schon länger her. Und was ich in mir fest stellte, war schiere Angst. Wir haben durch diesen Anschlag einen Teil unserer Sicherheit verloren, wir wissen nun, dass auch das Unvorstellbare möglich ist. Was ist der nächste Schritt? Wer wäre auf die Idee gekommen, es könnte jemand mit einem Jet in's WTC fliegen? Der Wahnsinn hat ein reales Gesicht bekommen. Was bringt der nächste Schritt? Eine Atom-Bombe über L.A.? 10 Tonnen Giftgas in Tel Aviv? Zwei Pfund Cyankali in die Nordsee? Ich denke, dass der Punkt ist, dass das Unvorstellbare real geworden ist.

Re: Kleiner Versuch, die Sprache wiederzugewinnen...

Gestern Abend lief in WDR2 eine Sendung, wo Zuhörer anrufen und mit einem 'Experten' diskutieren konnten. Der Experte war jemand vom Friedenforschungs-Institut, und er hat versucht zu erklären, wie Menschen dazu fähig sind, diesen Fanatismus zu leben, mit ein paar Stangen Dynamit in ein Restaurant zu marschieren. Das Fazit war: man kann das nicht verstehen, weil diese Menschen auf einer mentalen Ebene leben, die gerade nicht nachvollziehbar ist. Wer nun meint, die 'da unten' wären alle bescheuert:

Kann jemand von uns nachvollziehen, dass jemand in Springerstiefeln auf die Strasse geht und den Nächsten, der ausländisch aussieht, zu Tode prügelt? Es mache es noch simpler, und eigentlich noch erschreckender: kann man verstehen, wie Eltern ihre eigenen Kinder misshandeln, quälen, töten, missbrauchen?

Wie ich oben sagte: der Wahnsinn hat ein Gesicht bekommen.

Re: Kleiner Versuch, die Sprache wiederzugewinnen...

Hi Rainer!

Ich sehe es ähnlich wie Du, meine Angst gilt eben auch der veränderten Sicherheitslage, der höhergelegten Messlatte. Aber warum musste erst ein Anschlag gelingen? Ja, es ist ausserwegöhnlich, mit Flugzeugen ein Hochhaus zu rammen, das hätten sich nichtmal die kranksten Gehirne ausdenken können, die ich kenne. Aber Giftgas in der U-Bahn verbreitet zumindest für mich persönlich in etwa die gleiche Endzeit-Stimmung. Nun liegen Japan und die USA nicht nur räumlich weit voneinander entfernt, aber aufhorchen hätte man damals schon müssen.

Btw: Hat Japan sich eigentlich schon zu dem Anschlag geäussert?

Gruß
Felix

Re: Kleiner Versuch, die Sprache wiederzugewinnen...

Ja, Japan hat sich schon geäussert.

Wir haben da alle viel gemeinsam, USA, Japan, Deutschland, Norwegen, auch in gewisser Weise Russland und Israel: wir sind alle 'hoch zivilisierte' und auch hoch technisierte Länder. Wir kennen keinen wirklichen Notstand, und selbst ein armer Russe lebt im Vergleich zu jemandem im Sudan paradiesisch. Na ja, so ungefähr.

Wie haben Versicherungen, Arbeitsämter, Ampeln und Krankenhäuser, Internet-Zugang und Polizei. Keine Pest mehr, keine Cholera als Massen-Tod. Wirkliche Hungersnöte oder Wasser-Knappheit sind für uns unbekannt, auch für Japan. Und tritt das ein, treten wir auf der Stelle ...

Re: Kleiner Versuch, die Sprache wiederzugewinnen...

Felix, Felix,

also erstmal: Wir wollen doch Hitlers 6,5-millionenfachen Judenmord doch auch nicht damit relativieren, dass der erste Genozid des 20. Jahrhunderts von den Türken an den Armeniern verübt wurde, oder? Da kann doch unser Döner-Lieferant nix für – genausowenig wie die Bürotuss in NY, die ihre letzen Minuten in einer Angst verbringen musste, von der Du und ich noch nicht einmal den Hauch einer Ahnung haben. Eventuell war sie Lady Di-Fan, hat geweint, als diese Frau beerdigt wurde...

Und wir dürfen auch nicht die 100 000tausende von verbrannten Opfern der Hexenprozesse der Renaissance nicht den irischen katholischen Müttern in die Schuhe schieben, die ihre Erstklässler nur unter Polizeischutz in die Schule bringen konnten.
Lieber Felix , erklären und verstehen kann man irgendwie alles. Aber muss man nicht!

Wir haben irgendwo in dieser Zeit – in der wir uns samstagabends übrigens an weit grässlicheren und unvorstellbaren Assaults im Kino delektieren – einfach vergessen, was gut und böse ist. Nur ein Detail: Wenn ich einen Typen in die Finger bekäme, der, um ein Flugzeug zu kapern, erst mal zwei Frauen absticht, dass deren Schreie die Piloten aus dem Cockpit locken – weißt Du, was ich mit dem machen würde: seine Eier mit seinem Teppichmesser abschneiden. Scheibchenweise. Ob er das im Namen von Allah, Christus oder des Südwestdeutschen Imkerverbandes getan hat.

Soviel zu Rache. Zum theorethischen Überbau: Der Vorsitzende Mao sagte: "Für alles Böse gilt, dass es nicht fällt, bevor es nicht zu Boden geschlagen wird!"

Nicht Dich betreffend: Was mich besonders anseiert, ist dieses "Angst-vor dem dritten-Weltkrieg"-Geheule. Dass der nächste große Konflikt zwischen Arm und Reich ablaufen wird, ist ja schon seit mindestens 25 Jahren klar. Das Perverse ist aber: die Warlords der Dritten Welt sind weder arm, noch haben sie niemals die Früchte der Dekadenz genossen. Sultane, Scheichs und die ganzen Potentate der orientalischen Welt waren/sind keinesfalls dafür berühmt, ihre Untertanen am persönlichen Reichtum oder den Schätzen des Landes zu beteiligen. Da konnte Prophet Mohammed auch wenig dran ändern. Herr bin Laden hätte ja mit seiner (wohl weitaus überschätzten) Kohle auch was anderes anfangen können, als Menschen zu schlachten wie Hühner...

Gruß, Nec






Re: Kleiner Versuch, die Sprache wiederzugewinnen...

Und ist diese Angst vor dem Krieg nicht vielleicht auch ein Ventil mit unserer Angst umzugehen, sie begreifbar zu machen indem wir ihr ein Ziel geben? Ich denke nicht, dass es Krieg geben wird, jedenfalls nicht hier in Europa.

Und noch ein Witz: ist nicht gerade Deutschland historisch dafür verantwortlich, dass Israel heute existiert? Könnte uns das icht auch noch zum Problem werden? Ist eventuell noch keiner von den Mullahs drauf gekommen ...

Re: Kleiner Versuch, die Sprache wiederzugewinnen...

: erklären und verstehen kann man irgendwie alles. Aber muss man nicht! [!!]

Hallo JoNec!
Genau mein Denken. Da ist kaum etwas zuzufügen. Hat auch mit Geduld und Ehlichkeit sich selbst gegenüber zu tun. Wenn ich (mir) etwas nicht erklären kann, bleibt mir ja erstmal nichts weiter übrig, als es im Auge zu behalten, bis ich in der Lage bin, davon etwas stückweise zu erfassen. (Und es aussprechen, damit kann man dann noch ein Weilchen warten,... wer weiss...).

Gruss
Michael

Re: Kleiner Versuch, die Sprache wiederzugewinnen...

Jo Nec,

: also erstmal: Wir wollen doch Hitlers 6,5-millionenfachen Judenmord doch auch nicht damit relativieren, dass der erste Genozid des 20. Jahrhunderts von den Türken an den Armeniern verübt wurde, oder? Da kann doch unser Döner-Lieferant nix für – genausowenig wie die Bürotuss in NY, die ihre letzen Minuten in einer Angst verbringen musste, von der Du und ich noch nicht einmal den Hauch einer Ahnung haben. Eventuell war sie Lady Di-Fan, hat geweint, als diese Frau beerdigt wurde...
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: Und wir dürfen auch nicht die 100 000tausende von verbrannten Opfern der Hexenprozesse der Renaissance nicht den irischen katholischen Müttern in die Schuhe schieben, die ihre Erstklässler nur unter Polizeischutz in die Schule bringen konnten.
: Lieber Felix , erklären und verstehen kann man irgendwie alles. Aber muss man nicht!


Ich verstehe jetzt nicht, warum Du mit Schuldzuweisungen anfängst. Darum ging es mir nicht und ich habe auch bei mehrfachem Lesen meines Postings nichts derartiges hineininterprestieren können.

Ich habe auch nie behauptet, eine Ahnung davon zu haben, in welcher Angst, Panik und Verzweifelung die Menschen dort oben gesteckt haben. Oder in welher Angst, Verzweifelung und Panik die Menschen auf der Estonia/Titanik/Hiroshima/etc gesteckt haben. Vor dem Tod, so sagt man glaube ich, sind wir alle gleich.

Nö, ich gebe meinem Dönerschuppen nicht die Schuld an irgendwelchen Morden, den Deutschen allerdings auch nicht. Ich wehre mich allerdings dagegen, eine "Highscore der Greueltaten" einzurichten, diese Rechnerei finde ich widerlich.

Siehmal: Es wird immer wieder vergessen, die Tat auch im Zusammenhang mit der Zeit zu sehen. WWII war schlimm? Nun, HÄTTE man den Kreuzzüglern damals Giftgas und selbstladende Maschinengewehre, Panzer und Flugzeuge in die Hand gedrückt, meinst Du, es sähe heute hier so aus? Sicherlich, "Geschichte ist ein Strahlenbündel von Ereignissen", ich bin normalerweise der erste, der ein "wenn gewesen wäre, dann hätte ganz bestimmt" skeptisch unterbricht, aber grob umreissen kann man solche Szenarien doch schon.

Wenn ich einen Typen in die Finger bekäme, der, um ein Flugzeug zu kapern, erst mal zwei Frauen absticht, dass deren Schreie die Piloten aus dem Cockpit locken – weißt Du, was ich mit dem machen würde: seine Eier mit seinem Teppichmesser abschneiden. Scheibchenweise. Ob er das im Namen von Allah, Christus oder des Südwestdeutschen Imkerverbandes getan hat.

Vorher würde ich ihm allerdings jeden Finger einzeln brechen, und zwar in Fünf-Minuten-Abständen, damit der Schmerz erstmal wieder abklingt. Toll, ja und? Dieses Rumgetöne bringt doch nix, vor allem wo wir alle es vermutlich für selbstverständlich halten. "Wenn da ein paar Nazis kommen und einen Ausländer verprügeln, dann schlag ich die zu brei!" - Abgesehen davon, daß das viel zu selten tatsächlich auch gemacht wird ist's doch dann auch schon zu spät!

Gruß
Felix

Re: Kleiner Versuch, die Sprache wiederzugewinnen...

Hallo Rainer,

gut beobachtet.

Wir Deutschen sind die Schlächter der Juden. Und die Geburtshelfer Israels. Nicht politisch, das waren die Engländer. Aber historisch. Denn wir Deutschen – wohlgemerkt, nicht Du und ich, sondern unserer ältere Verwandten – haben mit grausamer Kreativität und gnadenloser Präzision versucht, unsere Mitbürger, ein Volk, eine Glaubensgemeinschaft auszulöschen. Die Welt hat zugesehen, lies sich täuschen. An der Schweizer Grenze haben sie jüdische Frauen und Kinder wieder zurückgeschickt. Ins Gas? Nein, haben sie gesagt, das wird ja alles nicht so schlimm sein!

Jene da oben haben es allerdings gewusst. Und als der Druck zu groß wurde, haben alle gesagt: Tut diese Leute irgendwo hin, aber nicht zu uns!

Und die Palästinenser hatten plötzlich die Arschkarte gezogen, ohne jemals am Spiel beteiligt gewesen zu sein.

Trotzdem: Gut ist gut, böse ist böse!

Lotsaluv, JoNec


P.S.: Grausame Kreativität, gnadenlose Präzision - am 11. 9. haben wir's erlebt.





Re: Kleiner Versuch, die Sprache wiederzugewinnen...

Hallo Felix,

"Don' t Let Me Be Missunderstood". Es ist nicht so, dass ich an Deiner Aufrichtigkeit zweifle. Oder gar an Deiner Nachdenklichkeit.

Der Mensch an sich wird immer darum bemüht sein, sein Gegenüber mit einem Höchstmaß an Liebe und Sympathie zu überschütten. Oder auf die grausamst mögliche Art umzubringen. So sind wir halt...

Übrigens – von wegen rumgetöne: Wenn Ausländer zusammengeschlagen werden, lesen wir davon in der seriösen Lokalpresse. Aber wenn mal mal ein paar Leute aufstehen und sagen: "Lass den Typ, diese Frau in Ruhe!" erfahren wir davon nur aus der sogenannten Sensationspresse.

Wenn das dann passiert, ist es natürlich zu spät – im gesellschaftlichen Kontex gesehen. Aber es erspart dem/der Betroffenen beispielsweise: Nierenquetschungen. Rippen, die sich in die Lunge gebohrt haben. Verlust von Schneidezähnen. Ein geplatztes Trommelfell. Die Steigerungsformen sind dann Darmaustritt infolge von Stichverletzungen, Austritt von Hirnmasse bei offenen Schädelbrüchen, Verbluten innerhalb von ca. 10 Minuten aufgrund einer Schlagaderverletzung...

Deshalb gilt im Kampf gegen menschliche Grausamkeit: Es ist nie zu früh und selten zu spät!

Lotsaluv, JoNec





Re: Kleiner Versuch, die Sprache wiederzugewinnen...

Yo Jo!

: Der Mensch an sich wird immer darum bemüht sein, sein Gegenüber mit einem Höchstmaß an Liebe und Sympathie zu überschütten. Oder auf die grausamst mögliche Art umzubringen. So sind wir halt...

Jepp, mir fiel auch wieder der Spruch ein "Sex und Krieg liegen in der Natur des Menschen"

: Wenn das dann passiert, ist es natürlich zu spät – im gesellschaftlichen Kontex gesehen.

Da fällt mir ein: Einer "unserer" Schlagzeuger (Zimmermann) und einer "unserer" Bassisten (Hände wie Waschbecken) machen sich bei größeren öffentlichen Feierlichkeiten einen Spaß daraus erstmal in Ruhe ein, zwei Bier zu trinken und dann so lange Nazi-Gruppen anzupöbeln bis diese ihnen einen handfesten Grund geben, zuzuschlagen. Dann wird es immer sehr schnell dunkel...für die Glatzen. Die zwei sind mir (nicht nur dadurch) irgendwie sehr sympathisch...

Deshalb gilt im Kampf gegen menschliche Grausamkeit: Es ist nie zu früh und selten zu spät!

In diesem Sinne eben auch: Besser zu spät als nie!

Gruß
Felix

Re: Kleiner Versuch, die Sprache wiederzugewinnen...

: Hi Paul,

Ich werde versuchen, das mal en bloc zu beantworten.
1. Die amerikanischen Militärs sitzen mit Zustimmung der saudische Regierung im Land. Und mir wäre neu, dass das keine gläubigen Moslems wären - sie haben nicht nur die Aufsicht über die Heiligen Stätten Mekka und Medina, Saudi Arabien ist auch ein Land mit allen fundamantalistischen Schikanen: Alkverbot, Frauenunterdrückung, Scharia etc.
2. Die ersten Selbsmordattentate der Hamas in Israel fanden zu einer Zeit statt, als der Friedensprozess noch auf gutem Weg war (übrigens gleichzeitg mit den Attentaten von Bin Laden auf die amerikanischen Botschaften in Daressalam und Nairobi), also auch der Status von Jerusalem zur Disposition stand. Im Verbund mit den zionistischen Extremisten haben sie ihn wohl inzwischen endgültig erfolgreich topediert - und das ist das Motiv: die Konrontation zu verschärfen (erinnere Dich mal an Baader-Meinhof seligen Angedenkens), selbst wenn man sie nicht gewinnen kann.
Islam Motiv für Selbstmordattentat? entscheiden Nein. Der erste Selbstmordattentäter der Nachkriegsgeschichte war AFAIR der deutsche Neonazi Gundolf Köhler, der 1980 auf dem Oktoberfest sich selbst und acht weitere in die Luft gesprengt hat. Selbstmordattentate sind auch das Mittel der hinduistischen Tamil Tigers, in deren Religion ja die Gewaltlosigkeit eine Rolle spielen soll...

Es mag Rationalisierungen für solche Taten geben, es ist aber sicher, dass sich die Täter auf dies Weise in die Geschichte einschreiben, in dem sie möglichst viele andere direkt und indirekt mit in den Tod reißen. Und das ist das Motiv, kein anderes. Es gibt sicher Milieus, die so etwas in erhöhtem Maße hervorbringen wie z.B. Palästina, und die kann man austrocken, in dem man auf konsensuelle Lösungen anstatt auf Gewalt setzt. Aber davon sind wir jetzt ein gutes Stück weiter weg als vorher, d.h. die WTC-Bomber haben ihr Ziel erreicht. Dazu brauchts keinen Bekennerbrief.

Schöne Grüße, Mathias

Re: Kleiner Versuch, die Sprache wiederzugewinnen...

: Da fällt mir ein: Einer "unserer" Schlagzeuger (Zimmermann) und einer "unserer" Bassisten (Hände wie Waschbecken) machen sich bei größeren öffentlichen Feierlichkeiten einen Spaß daraus erstmal in Ruhe ein, zwei Bier zu trinken und dann so lange Nazi-Gruppen anzupöbeln bis diese ihnen einen handfesten Grund geben, zuzuschlagen. Dann wird es immer sehr schnell dunkel...für die Glatzen. Die zwei sind mir (nicht nur dadurch) irgendwie sehr sympathisch...

Aha.
Echt tolle Leistung. Und die vertrimmten Nazis werden dann bestimmt darueber nachdenken, warum man sie jetzt vertrimmt hat, einsehen, dass sie bislang auf dem falschen Dampfer waren und bessere Menschen werden.
[ "gewalt erzeugt gegengewalt - hast Du das nicht kapiert oder hast Du damals in der Schule wiedermal nicht zugehoert" - Die Aerzte ]

Nur, weil Nazi-Glatzen meinem Feindbild entsprechen, ist sie zu verpruegeln genauso wenig legitim wie wenn sie ihrerseits auslaender verpruegeln, weil sie ihrem feindbild entsprechen.
oder?
gruss
Tom

Re: Kleiner Versuch, die Sprache wiederzugewinnen...

Lieber Tom,

wenn ich auf dem Stadtfest ob langer Haare und nicht ganz Mainstreamgemäßer Kleidung Angst haben muss, in eine dunkle Gasse gezerrt zu werden finde ich das nicht gerade schön. Daß das Emsland eine braune Hochburg ist, in der immer mehr Rechtsradikale Undergroundkonzerte stattfinden ist nicht schön. Nazis wandern in ländliche Gegenden ab, aus den Städten heraus, da sie "hier" unbehelligt tun und lassen können was sie wollen. Wenn wir ein komplettes Festival gegen Rechts absagen müssen, weil vermutlich 60% der gesamten regionalen Wirtschaft auf braun gebaut wurde, die Lehrer, die hier noch heute unterrichten Hitlers linke und rechte zugleich Hände hätten sein können, dann ist man froh, wenn jemand mal ganz spontan was unternimmt bevor es zu spät ist.

Was sind denn all diese Aktionen "Gegen Rechts", die zur Zeit vornehmlich unter dem Banner "Gesicht zeigen" laufen? Es sind versuche, Rechte Gewalt "zu beseitigen". Die Nazis werden in die Ecke gedrängt, öffentlich lächerlich gemacht, gedemütigt. Als Gruppe. Pauschal. Das bewerte ich nicht, aber ob ich nun zwischen Glatze und nicht-Glatze oder Vorhaut und nicht-Vorhaut unterscheide ist kein Unterschied. Wenn ich Ausländer auch nur beleidige gelte ich als Nazi. Wenn ich Nazis beschimpfe bin ich ein Held. Komisch irgendwie. Beides ist Mist, denn beleidigen ist Mist, und in-Gruppen-einteilen ist auch Mist. Ich kann mich davon keinesfalls freimachen, wo käme ich hin, wenn ich nicht gruppieren würde, ein schier unmöglich zu bewältigender "Verwaltungsaufwand" entstünde in meinem Kopf. Wenn ich denn also von einem Glatzköpfigen in Springerstiefeln und Tarnhose angepöbelt werde frage ich nicht erst "Bist Du ein Nazi?" sondern ich schätze ab, ob ich ihm Körperlich so weit überlegen bin, daß ich ihm trotz Gelenkschwierigkeiten ein weiteres Nasenloch verpassen kann. Wenn nicht, nun, der Fall ist noch nicht eingetreten, ich gehe kaum raus und laufe solchem Pack wenn überhaupt nur noch mit Kumpels zusammen über'n Weg. Ein Glück!

Natürlich hast Du vollkommen recht, wirklich fein ist das nicht, und shcon garnicht optimal, aber wann läuft's in der Welt schon so, wie wir uns das wünschen? Wenn wir keine Waffen bauen würden... Wenn alle mal toleranter wären...

Es sind halt auch irgendwie Fanatiker, und denen kann man nix aus'm Kopp schlagen, ob es nun Religion, Rassismus, Musik, Essen, Trinken oder sonstwas ist. Therapieren? Glaube ich kaum, höchstens durch Gehirnwäsche und das fänd' ich unmenschlich.

Am Ende sei noch gesagt, daß die Jungs, wie schon erwähnt, erst warten, bis jemand anderes schlägt und DANN zuschlagen. Das ist eigentlich das Hauptprobelm, die Vergangenheit hat gezeigt, daß "die" immer ZUERST zuschlagen (siehe Dienstag). Wenn Bush, aber das muss ich hier sicherlich niemandem sagen, "zurückschlägt" ist er keinen Deut besser als die Terroristen, die er versucht zu "beseitigen". Eine Andere Möglichkeit fällt allerdings offensichtlich niemandem ein, verständlich.

Gruß
Felix

Re: Kleiner Versuch, die Sprache wiederzugewinnen...

: Tach Paul!
:
: : Ich wollte gar nicht irgendwas erklaeren (wuerde ich mir nie anmassen, kann glaub ich eh keiner erklaeren), ich hab nur versucht mir irgendeinen in der muslimischen Religion begruendeten Grund zu ueberlegen.
:
: Das Problem ist sogar, daß die Gründe überhaupt nicht im Islam begründet sein können - ich meine, es steht sogar im Koran, daß Selbstmord verboten ist. Irgendwelche Prediger schaffen es aber, das den Leuten auszureden, was nicht so schwer ist, weil die meisten Fanatiker aus Schichten kommen, in denen Lesen und Schreiben nicht wirklich verbreitet ist. Entwicklungshilfe als Gegenmittel gegen Terror? Ich denke schon, aber das kostet ja leider Geld und bringt keins. Die nationale Raketenabwehr zwar auch, aber da sieht man wenigstens, was man hat ... naja, hoffen wir das beste.
:
: Bis demnäxt, Pepe

Pepe schrieb:
"Irgendwelche Prediger schaffen es aber, das den Leuten auszureden, was nicht so schwer ist, weil die meisten Fanatiker aus Schichten kommen, in denen Lesen und Schreiben nicht wirklich verbreitet ist."

Pepe, die Attentaeter waren mehrsprachig begabte Leute, die in fremden Laendern Pilotenschulen absolviert und im Alleingang eine durchaus komplizierte Logistik durchzogen haben.
Die Theorie von den analphbethischen Dorftrotteln ist falsch.
Ich weisse da nur drauf hin, weil fuer mich auch schon die Spur eines Entschuldigungsansatzes unertraeglich ist. Diese Leute wussten genau, was sie taten. Einige von ihnen lebten fuer mehr als ein Jahr in den USA, sie hatten genug Zeit ins wahre, nachbarschaftliche Gesicht dieser Nation zu schauen und zu begreifen, wen sie morden. howard

Re: Kleiner Versuch, die Sprache wiederzugewinnen...

hi howard,

: Einige von ihnen lebten fuer mehr als ein Jahr in den USA, sie hatten genug Zeit ins wahre, nachbarschaftliche Gesicht dieser Nation zu schauen und zu begreifen, wen sie morden.

die gedanken gingen mir auch schon durch den kopf. die typen kannten doch ihre nachbarn - ganz normale menschen von nebenan - haben sie vielleicht jeden tag freundlich gegrüßt - müssen doch jede menge kontakt zur einheimischen bevölkerung gehabt haben...

gruß falk

Re: Kleiner Versuch, die Sprache wiederzugewinnen...

Tach Howard!

: Pepe schrieb:
: "Irgendwelche Prediger schaffen es aber, das den Leuten auszureden, was nicht so schwer ist, weil die meisten Fanatiker aus Schichten kommen, in denen Lesen und Schreiben nicht wirklich verbreitet ist."
:
: Pepe, die Attentaeter waren mehrsprachig begabte Leute, die in fremden Laendern Pilotenschulen absolviert und im Alleingang eine durchaus komplizierte Logistik durchzogen haben.
: Die Theorie von den analphbethischen Dorftrotteln ist falsch.
: Ich weisse da nur drauf hin, weil fuer mich auch schon die Spur eines Entschuldigungsansatzes unertraeglich ist. Diese Leute wussten genau, was sie taten. Einige von ihnen lebten fuer mehr als ein Jahr in den USA, sie hatten genug Zeit ins wahre, nachbarschaftliche Gesicht dieser Nation zu schauen und zu begreifen, wen sie morden. howard

Ja, du hast recht. Auch die Geldgeber sind sicherlich hochintelligente Menschen, was das ganze noch unverständlicher und verstörender macht.
Der verbreitete Analphabetismus in den arabischen Ländern kann höchstens als Erklärung für ein gesellschaftliches Klima herhalten, das solche Attentäter in offensichtlich größerer Zahl hervorbringen kann, die dann trotz aller Intelligenz denken, daß nicht sein kann, was nicht sein darf - "Amerikaner sind eben Verbündete des Teufels, die tun nur nett" oder so.

Bis demnäxt, Pepe

Re: Kleiner Versuch, die Sprache wiederzugewinnen...

Hallo!

: Der verbreitete Analphabetismus in den arabischen Ländern kann höchstens als Erklärung für ein gesellschaftliches Klima herhalten, das solche Attentäter in offensichtlich größerer Zahl hervorbringen kann, die dann trotz aller Intelligenz denken, daß nicht sein kann, was nicht sein darf - "Amerikaner sind eben Verbündete des Teufels, die tun nur nett" oder so.

Auch wenn ich "die Amerikaner" als solche auch schon als "Analphabeten" beschimpft habe... eine solche generelle Verteufelung scheint doch nun auch in genau der umgekehrten Richtung wunderbar zu funktionieren... Medien berichten, nicht nur aus den USA, wie Volkes Stimme (und sogar Faeuste) gegen jedweden Muslim und jeden Araber fliegen - besonders wenn er dann noch wagt, Respekt und Nachdenken einzufordern... Und das ist doch auch nicht neu!! Leider hat Intelligenz oder Schriftverstaendnis noch nie hinreichenden Schutz vor Verteufelungen und genereller Verachtung und daraus erwachsender Provokation geboten. Solange es, als Selbstbestimmung, -rechtfertigung oder Schockbekaempfung hilfreich ist, ist das leider allgegenwaertig.

Da die coolen Jungs hinter mir im Internetcafe wie sonst halt auch immer zum Ballern und Bomben eintrudeln, mache ich mich mal lieber aus dem Staub - bis bald!

gut Ton!
ullli

Lektüre zum Thema

Hi,

hier mal Lektüre zum Thema, die ich mal vor einigen Jahren gelesen hab und die mir recht angebracht scheint:

Wüstensturm
US-Kriegsverbrechen am Golf
Clark, Ramsey;
3-88977-407-5, Lamuv, 1995


Ich möchte hier nicht "klugscheißen", doch denke ich, daß trotz des etwas einschlägigen Titels, dieses Buch sehr eindeutig und nüchtern aufzeigt, daß die Aussagen, die tlw. heute getroffen werden, nicht ganz so einfach sind, wie sie scheinen. Wenn Stooge also schreibt: Die amerikanischen Militärs sitzen mit Zustimmung der saudische Regierung im Land., muß dies trotzdem mal sehr relativ betrachtet werden - ganz so einfach ist dies nicht.

-gruß,
Sebastian

Re: Kleiner Versuch, die Sprache wiederzugewinnen...

Hi,

Pepe, die Attentaeter waren mehrsprachig begabte Leute, die in fremden Laendern Pilotenschulen absolviert und im Alleingang eine durchaus komplizierte Logistik durchzogen haben.

Und nicht nur das... Wenn man sogenannten Orientexperten glauben darf, scheinen diese Personen auch aus "wohlhabenderen Kreisen" zu stammen (Scheichs und Emire ???), die tlw. den amerikanischen Kurs offiziell mitfahren (will heißen: die Amerikaner offiziell unterstützen) ... :-/

-gruß,
Sebastian

Re: Kleiner Versuch, die Sprache wiederzugewinnen...

Tach ullli!

: Auch wenn ich "die Amerikaner" als solche auch schon als "Analphabeten" beschimpft habe... eine solche generelle Verteufelung scheint doch nun auch in genau der umgekehrten Richtung wunderbar zu funktionieren... Medien berichten, nicht nur aus den USA, wie Volkes Stimme (und sogar Faeuste) gegen jedweden Muslim und jeden Araber fliegen - besonders wenn er dann noch wagt, Respekt und Nachdenken einzufordern... Und das ist doch auch nicht neu!! Leider hat Intelligenz oder Schriftverstaendnis noch nie hinreichenden Schutz vor Verteufelungen und genereller Verachtung und daraus erwachsender Provokation geboten. Solange es, als Selbstbestimmung, -rechtfertigung oder Schockbekaempfung hilfreich ist, ist das leider allgegenwaertig.

Ich fürchte, da hast du mich falsch verstanden - ich habe mitnichten alle Araber über einen Kamm geschoren, erst recht nicht alle Muslime. Fakt ist aber doch wohl, daß die Analphabetenrate in der arabischen Welt deutlich höher ist als in der westlichen Welt (Ausnahme wohl nur Jordanien mit 6% bei Männern und 17% bei Frauen, ansonsten sind laut Fischer Weltalmanach 2001 Raten von 17/35%, zB in Saudi-Arabien oder über 60% in Afghanistan zu erwarten). Das macht die Menschen in Entwicklungsländern jetzt natürlich nicht per se zu Bestien, aber anfälliger für charismatische Verführer.

Und daß Haßreaktionen gegen sämtliche Muslime nicht gerade von ausgeprägter Intelligenz sprechen, darüber sind wir uns ja einig.

Bis demnäxt, Pepe

Re: Kleiner Versuch, die Sprache wiederzugewinnen...

:
: ... gegenüber einer Realität, die nach den Bildern aus N.Y. und Washington nicht mehr dieselbe ist. Die Überlegungen sind fragmentarisch und unsystematisch, ein Versuch, den Schock zu verdauen und die Konsequenzen zu ventilieren.
:
: 1. Das Motiv dieses Terrorismus ist: "wie beweise ich der Welt wie toll ich bin, indem ich Leute umbringe". Ein anderes gibt es nicht! - egal was an Rationalisierungen vorgeschoben wird. Er bekommt jedoch durch die mediale Live-Präsentation einen gewaltigen Resonanzboden und eine neue Qualität. Timothy McVeigh, der Oklahoma-Attentäter, genoss es, in der Todeszelle interviewt zu werden, zum ersten mal in seinem banalen Dasein jemand zu sein. Sein Wunsch auf öffentliche Hinrichtung wurde ihm auch fast erfüllt. Bei den Worldtradebombern fällt die öffentliche Hinrichtung mit dem Auftrag zusammen. aber sie haben sich für eine Eintragung ins Guiness Buch qualifiziert. Die alte RAF (=Baader-Meinhof-Bande) nimmt sich da fast romantisch als Teil der Postkutschenzeit aus. Das eigentlich beängstigende sind diese neuen Ziele des "höher schneller weiter", die der Terrorismus sich setzt und die er auch zu erreichen in der Lage ist. Er hat damit für alle, die diesem Beispiel nacheifern, neue Maßstäbe gesetzt. Wir können uns möglicherweise auf einiges gefasst machen.
:
: 2. So ist Schröders Charakterisierung des Sachverhalts als "Kriegserklärung an die zivilisierte Welt", durchaus treffend. Denn das eigentlich neue und auch die Botschaft von diesem Attentat ist, dass potentiell wir alle in unserer gemütlichen Zivilisation gemeint sind; man ist in der Lage überall und zu jeder Zeit zuzuschlagen. Ich fühle mich zum ersten Mal von einer solchen Entwicklung direkt persönlich bedroht und werde mich am Sonntag mit sehr gemischten Gefühlen ins Flugzeug setzen. Meine Vorfreude auf den lange erwarteten Urlaub hat sich erstmal in Nicht-Wohlgefallen aufgelöst.
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: 3. Schröders Formulierung scheint mir aber komplexer zu sein als es ihm wohl bewusst ist. Denn die Attentäter haben genau dies gewollt und erreicht: sie werden als Kriegspartei ernst genommen, die Welt kümmert sich um sie. Für mich besteht die große Gefahr darin, dass eine ‘Kriegserklärung an die nichtzivilisierte Welt' folgt. Automatisch als Teil der ‘nichtzivilisierten Welt' ins Visier gebracht haben sich die auffällig oft gezeigten fähnchenschwingenden Palästinenser. Ob unter den Opfern jemand war, der möglicherweise mit ihrer Sache sympathisiert, scheint keine Überlegung wert. Dass ihnen das noch leid tun wird, zeigt die (m.E. ernstgemeinte) Reaktion ihrer politischen Führung. Wenn man sie jetzt endgültig aus der zivilierten Welt (=Friedensprozess) ausgrenzt und nur noch auf sie einprügelt, schafft man jedoch nur neue Selbstmordattentäter. Die Versuchung angesichts dieser Bilder ist jedoch groß.
:
: Schöne Grüße, Mathias
:
: NP: Tom Waits, Hold on
Ich kann das nicht mehr hören!!!