Hallo Ihr da draussen,

stellt Euch folgende Szenerie vor: Am gestrigen Donnerstagabend fahre ich nach Strasbourg. Stadt und Parkplätze überfüllt. Freundliche Menschen flanieren, sonnige 25 Grad, Merquez- und Quiche-Duft zieht durch die Gassen. Vor der einen Kneipe gibt es Raï, vor der anderen R'n'B, an der Ecke Gitarrenjazz. Auf den großen Plätzen sind Bühnen aufgebaut, Band und Performances in stündlichem Wechsel. Geschäfte legen Stromanschlüsse aufs Trottoire, für die Sponti-Bands. Um Lautstärke und 22 Uhr und sowas schert sich kein Mensch. Auch die nicht die durchaus präsente und nicht gerade als tolerant und warmherzig bekannte französische Polizei in ihren verschiedenen Erscheinungsformen, trotz Verkehrschaos!

Du liebe Güte, seit zwei Jahren konnte ich erstmal wieder LAUT spielen – auf dem Fender Twin-Amp eines gallischen Kollegen. Gutes Teil! Ich dachte vorher, dieser Amp bringt es nicht, weil ich ihn nur mal in der bei uns so beliebten "Normal-Lautstärke" spielen konnte. Und die Zuhörer waren aus dem Häuschen, die Schwarzen, die Weissen, die Jenischen, die Wagges, die Jungen, die Alten, die Schwobe, die Japaner und selbst die, die sich die Ohren zuhielten.

Der Grund für das Spektakel: Seit ichweißnichtwieviel Jahren ist in F am 21.Juni "Fete de la musique", vom damaligen Kulturminister Jaques Lang "verordnet". Und alle, alle machen mit, von Marseille bis Brest, von Strasbourg bis Avignon. Ehrlich, könntet Ihr Euch sowas in D vorstellen?
An – wohlgemerkt – einem normalen Werktag! Man müsste mal dem Schröder mailen...

Danke fürs Lesen, Lotsaluv, JoNec

Sowas ähnliches gibt es bei uns in Darmstadt einmal im Jahr ein ganzes Wochenende. Schloßgrabenfest.
4 Bühnen in der Innenstadt, ist die Hölle los.
Ich weiß nicht genau wieviel Bands, aber schätzungsweise 40.
Kannst ja mal unter www.schlossgrabenfest.de nachschauen.

Gruß Waufel

... aber den Lauten war der regen scheißegal, und die Orianienstraße war auch ohne behördlichen Segen Fußgängerzone.

Salut, stooge

Jawoll - von Berlin bin ich ja mittlerweile echt geheilt, aber das muss man ihnen lassen - die einmal-im-Jahr-Quoten-Musikfoerderung haben sie sich gut installiert!!! Dauert nun bestimmt auch ncoh genaus lange wie in France bis das wirklich allen in's Blut uebergeht (da ist es ja wirklich goettlich) und Jo hat voellig recht, es sollte auch bei uns (aeh, Euch) eine Landesweite Aktion sein. Aber immerhin - naechstes mal AS-Session open air in Berlin????

gut Ton!
ullli

Fete de la Scheiße in Berlin ist m.E. eine Art Inzestveranstaltung, auf der die gleichen Bands jedes Jahr aufs neue zumeist auch an den gleichen Stellen spielen. Muß man den Veranstaltern einen Blasen, um die Gnade eines Auftritts zu erlangen? Ein Teil des Programms wird von den Clubs selber gemacht, und da ist es genau so: Endlich kann die Thekenkraft mal zeigen, wie toll sie singen kann, und der Rest des Abends wird von ihren/seinen Kumpels gerockt, die auch in ner echt coolen trash-Combo spielen, weißte. Oh Gott. Nie wieder.

High Chico - interessant, auch mal diese Wahrnehmung mitzukriegen. Kann mir ja auch durchaus vorstellen, dass DU da den Nagel voll getroffen hast. Ich habe es halt im letzten mal nur per Zufall miterlebt, und habe das spontane Erlebnis durchaus genossen. Merke: In Frankreich ist JEDER zum Musizieren aufgerufen, geradezu, singende Kellnerinnen sind also essentiell fuer sowas ;-)

aber wie schon getippt - dem Franzosen an sich (hustel) liegt die oeffentliche Musikmachung im Blut, uns wohl nicht. Waere natuerlich toll, wenn es implantierbar waere, ich zweifel da aber... Lieber die naechste AS-Sommer-Session in Frankreich dann!!!

gut Ton!
ullli

Lieber Üllli,

isch find' das Idee ganz vorzüglisch! Weisst Du, dann wir können machen die Musique, wo immer so 'errlisch kribbelt in Bauch. Eventuel an die 21 de Juin, längste Tag auf nördlische 'albkugel (und lautester Abend in Fronkreisch!)

Und, lieber Chico: Deine Ausführungen zu alten Gitarren fand ich treffend. Auch mit der Beurteilung des 500-Alte-Geigen-Ladens stimme ich überein. Die Sache mit Berlin kann ich nicht beurteilen. Was ich aber mit dem Thread sagen wollte: Dieses Fest findet im ganzen Land statt, am gleichen Tag, jedes Jahr, in den großen Städten und den kleinen Nestern, mit Chanson, Flamenco, Flötenserenaden, Neo-Punk, HipHop, Oldies, Keltensounds, Afrobeat, Rock'n'Roll, JuJu, Goa, Tralala...
Wahnsinn!

Lotsaluv, JoNec

Geschäfte legen Stromanschlüsse aufs Trottoire, für die Sponti-Bands.

Das Bild läßt mich ja nicht mehr los - ich sehe mich förmlich mit dem Band-Bus langsam den Boulevard entlangschleichen oder das Trottoire entlangtrotten, auf der Suche nach der nächsten Kabeltrommel - und wenn´s paßt, einstöpseln und los.

Harvey

Hi Harvey,

Du liegst mit Deinem Bild kaum daneben. Nur: Vergiss, den Bandbus. Da kommt man da, wo es abgeht nicht durch. Aber die Bands, die auf der Parkbank sitzen, der Drummer nur mit Snare/HiHat; die Jazzgitarristen, die sich während der Pause der Rockband einstöpseln; die Afros, die sich mit ihren 27 verschiedenen Trommeln überall dazustellen; die algerischen Cafebesitzer mit ihren Arabic-Scale-Casios; wandernde Bands mit kleinem Besteck: das ist "Fete de la musique"!

Allerdings: Wo ist der Monitor, ich hör mich nicht?! Wann spielen wir, wer macht den Support?! Was ist mit dem Catering?! Warum rennen die Kids zwischen meinen Tretminen und dem Amp hin und her?! Kann man den Bereich vor der Band nicht freihalten?! Wir brauchen 6 x 11 Meter, Kraftstrom und mindestens 8 KW Licht und müssen einen Soundcheck von mindestens 2 Stunden machen!

Das alles geht leider nicht, pas de tout!

Ein sonniges Wochenende, JoNec

: Fete de la Scheiße in Berlin ist m.E. eine Art Inzestveranstaltung, auf der die gleichen Bands jedes Jahr aufs neue zumeist auch an den gleichen Stellen spielen. Muß man den Veranstaltern einen Blasen, um die Gnade eines Auftritts zu erlangen? Ein Teil des Programms wird von den Clubs selber gemacht, und da ist es genau so:

Na ja, ganz so schlimm ist es nicht. Das Angebot war von der Qualität natürlich gemischt, aber es gab auch Höhepunkte. Uns die Stimmung war hier in 36 wirklich gut, trotz Scheisswetter.

: Endlich kann die Thekenkraft mal zeigen, wie toll sie singen kann,

Stimmt sogar. In einem Hof hat Thierry vom Bateau Ivre mit Quetsche völlig abgedrehte französische Folklore gespielt, kam wirklich gut. Und singen konnte er.

Ansonsten waren die Trhsenschlampen aber gur mit Servieren beschäftigt, das Bier floss wie der Regen ...

Mir hat's trotzdem Spaß gemacht. Aber jetzt erst mal ausruhen für CSD ...

Hasta luego, bei saidy (?),
stooge