(Kulturelle Verarmung) Der HR im Sender erspart den Zimmermann... oder so.


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Beitrag von Tom(2) vom April 19. 2004 um 12:00:29:

Hallo,

hier ein interessanter Link für alle, die im Einzugsgebiet des Hessischen Rundfunks hausen, und bislang Sendungen wie "Der Ball ist rund", "Der Tag" und "Radio Schwarz/Weiss - Musik in Farbe" mit ihrem Gegenangebot zum Mainstream gehört haben:

Rettet Schwarz Weiss

Zum Hintergrund:

"(...) Seit geraumer Zeit erleben wir drastische Veränderungen im Programm des Hessischen Rundfunks und stellen eine weitere Anpassung an das Niveau der kommerziellen Sender fest. Im Fernsehen wurden gehaltvolle und kritische Sendungen wie "Dienstag" durch boulevardesk-populistische Formate wie "Big Äbbel" oder "crime! der Justizreport" ersetzt, die mit ungewöhnlich hohem Werbeaufwand an den Start gebracht wurden. Die Streichung der vor allem bei einem jüngeren, urban orientierten Publikum beliebten Sendung "Late Lounge" ist zu befürchten. Die Frankfurter Rundschau wertet die Entwicklung des hr als "Niedergang zum Schnarch- und Schunkel-Sender".

Ins Bett mit Robbie?
Ähnliche Veränderungen zeichnen sich nun auch im Hörfunk ab, um - wie es heißt - unter dem Druck der Gebührendiskussion den Erwartungen des Publikums gerecht zu werden. Gravierende Einschnitte haben jedoch bereits viele Hörerinnen und Hörer verärgert. Das Jugendradio xxl wurde als you-fm neu gestartet. Im Zuge dieses Relaunchs kam das renommierte Musikmagazin "Unfrisiert" ebenso unter die Räder wie andere musikjournalistische Sendungen. Zur Zeit befindet sich die populäre Welle hr3 im Umbau. Gemäß der fragwürdigen Maxime "die Robbie-Williams-Klientel will mit den Hits aufwachen und damit ins Bett gehen" (Wellenchef Jörg Bombach) wird das musikalische Spezial-Angebot vor Mitternacht abgeschafft. Davon betroffen sind Kultsendungen wie "Hard & Heavy", Volker Rebells "Kramladen" und "Der Ball ist rund" mit Klaus Walter, letztere seit 27 bzw. 20 Jahren fester Bestandteil von hr3.

Vom Einschalt- zum Begleitradio:
das Aus für "Schwarz Weiss" und "Der Tag"?
Nach hr3 und you-fm soll jetzt auch hr1 komplett von einem Einschalt- zu einem Begleitprogramm umgestaltet werden: Magazinitis und musikalischer Einheitsbrei rund um die Uhr. Damit sind profilierte und populäre Sendungen von der Abschaffung bedroht, insbesondere die in ihrer facettenreichen Art in Süddeutschland einmalige Musiksendung "Schwarz Weiss - Musik in Farbe" und das politische Hintergrund-Magazin "Der Tag". Sogar die nicht eben als HR-freundlich geltende Frankfurter Allgemeine Zeitung bezeichnet diese beiden Sendungen als "Glanzstücke" und "Vorzeigesendungen des HR-Radios".

Qualitätsradio lebt von Gebühren
Um dem Rundfunk die nötige Unabhängigkeit gegenüber staatlichen wie privatwirtschaftlichen Interessen zu gewähren, bedarf es einer Gebührenfinanzierung. Außerdem ermöglichen Gebühren ein Programm, das nicht nur an Einschaltquoten, sondern auch an kultureller Kreativität und musikalischer Vielfalt orientiert ist. Deswegen protestieren wir gegen den Versuch einiger Politiker, die Struktur des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Frage zu stellen und ihn zu Gunsten der privaten Sender zu schwächen. Andererseits beobachten wir den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und insbesondere den HR dabei, seine Legitimation als Gebührenempfänger zu verspielen.

Kein Kompromiss: ein Abschied!
Wenn wir die Abschaffung von "Schwarz Weiss" und "Der Tag" nicht als medienpolitisch motivierte Aktion verstehen sollen, dann können wir diese Maßnahmen nicht nachvollziehen. Ist den Menschen in diesem Bundesland eine einzige einstündige politische Wort-Sendung in der Informations(!)-Welle hr1 tatsächlich schon zuviel? Wird es dem hessischen Publikum gerecht, auf die rasant zunehmende musikalische Vielfalt in einer globalisierten Welt mit der Abschaffung eines hintergründig-unterhaltsamen Musik-Journals zu reagieren? Wir glauben das nicht. Aber: wenn dem so wäre, dann müssten sich die Verantwortlichen etwas Besseres einfallen lassen als phantasielos die Vereinheitlichung des Programms voranzutreiben und dabei die Stammkundschaft zu vergraulen.

Was wir nach derartigen Reformen im Äther vorfinden werden, ist nicht der oft beschworene Kompromiss zwischen Qualität und Quote. Der Hessische Rundfunk nähme Abschied von den Qualitäten, die sich aus dem Anspruch - und dem Auftrag! - eines öffentlich- rechtlichen Senders ergeben. Dazu gehören

Information und Aufklärung.

Mut zur Kritik.

kulturelle Kreativität und musikalische Vielfalt.

Für die gefällige Flachheit und Banalität der kommerziellen Medien gibt es bereits genügend Raum im Äther. Wenn der HR sein Programm gezielt auf einen Spiegel des vermeintlichen Massengeschmacks reduziert und von den Privaten nicht mehr zu unterscheiden ist, dann stellt sich die Frage nach der Berechtigung von Rundfunkgebühren.

Sollten diese Veränderungen tatsächlich durchgesetzt werden, dann müssten wir uns als Zuhörer und Zuschauer vom Hessischen Rundfunk verabschieden.

Das wollen wir verhindern!
Deshalb fordern wir
die Erhaltung von "Schwarz Weiss" und "Der Tag" im Programm von hr1.
die Beibehaltung tiefergehender Einschalt-Sendungen in allen Wellen.
eine selbstkritische Revision der neuen TV-Formate jenseits des Kriteriums der Quote."


Danke für die Aufmerksamkeit,
gruss
Tom


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