Re: (Philosophie) Vintage oder was... Die ewige Diskussion


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Beitrag von Friedlieb vom Juni 03. 2000 um 14:06:16:

Als Antwort zu: (Philosophie) Vintage oder was... Die ewige Diskussion geschrieben von Benjamin S. am Juni 03. 2000 um 12:21:45:

Hi Benjamin,

Nur für Eric: Ich finde jeder GIT-Abolvent sollte so ein Teil haben! ;-))) SCNR

Hehe.

: Aber müssen das unbedingt diese Original-Teile sein? Muß so eine Strat Jahrzente lang bespielt worden sein, damit sie nach was klingt?

Definiere Muß.

Muß eine Demo-Aufnahme einen Signal-Rauschabstand von 150 dB haben, muß das Aufnahmeverfahren einen linearen Frequenzgang zwischen 10 Hz und 100000 Hz haben? Muß auf der Gitarre der Namenszug eines bekannten Gitarristen stehen, und muß man die gleiche Gitarre haben wie sein Hero? Brauchen wir wirklich ein Monster-Kabel, ein auf 0,02% genaues Stimmgerät, drei unabhängige Kanäle, 256 Presets? Muß es immer eine Massiv-Holz-Gitarre sein oder darf auch mal Sperrholz verwendet werden? Muß der Hals aus einem Stück sein oder darf die Kopfplatte angeleimt sein? Muß es überhaupt ein Markeninstrument sein, oder gehts auch mit einer Herti-Gitarre für einen Hunderter? Muß der Steg mit dem sündteuren südafrikanischen Schwerzufindium(tm) beschichtet sein oder langt vielleicht auch schlichtes Gold? Und der Sattel, muß der Elfenbeinspender wirklich ein ausgewachsener Leitbulle im besten Mannesalter sein oder genügt ein handelsüblicher Elefant von der Stange?

Die (meine) Antwort: Es kommt drauf an. Wie immer. Es dürfte Einigkeit unter uns allen bestehen, daß am oberen Ende der Skala hinsichtlich Qualitätssteigerungen kein proportionales Preis-Leistungsverhältnis mehr zu finden ist. Vielmehr gilt dann das Motto, daß man für eine einprozentige Qualitätsverbesserung eine hundertprozentige Preiserhöhung in Kauf nehmen muß, und da ist es dann jedem selbst überlassen, ob sich das "lohnt" oder ob nicht.

Wenn eine Gitarre jahrzehntelang gespielt wird, nimmt sie natürlich den Geist all der Jahre, die Summe der Inspirationen aller Spieler etc. in sich auf. Wers glaubt... Aber abseits von diesem esoterischen Zeugs passiert noch ne ganze Menge mehr in der Zeit: Die Bundstäbchen und das Griffbrett werden ein bißchen abgeschliffen, und zwar mega-sanft. Das Holz altert in der Zeit weiter. Der Lack trocknet so richtig aus. Alles objektiv nachvollziehbare Dinge.

: Wenn man eine Gitarre aus dem gleichen (ebenso hochwertigem) Holz baut, die gleichen Pickups wie beim damaligen Modell verwendet, gleiche Mechaniken und Materialien, gleiche Elektrik. Dann müßte das Ding doch auch relativ ähnlich klingen (mal abgesesehen von dem Holz, daß aufgrund seiner Struktur bei jeder Gitarre etwas anders ist), richtig?

Es gibt teilweise die Herstellungsverfahren nicht mehr. Wenn bestimmte Pickups immer von klein Hänschen gewickelt wurden, der aufgrund seiner Linkshändigkeit oder was auch immer eine ganz spezielle Wickeltechnik hatte, dann ist das so und es ist nicht mehr zu reproduzieren. Nur ein Beispiel.
Und genau dafür gibt es doch diese Reissue-Serien oder wie das nochmal heißt. Damit müßte man doch genau die gleichen Sounds erreichen wie mit diesen 30-40 Jahre alten Teilen?!

: Oder ist das Ganze einfach nur psychisch als akustisch?

Es ist imho jede Menge Psyche dabei. Ein edler, 50 Jahre alter Wein wird als edel empfunden, selbst wenn er mehr nach Essig schmeckt als der aus der Tüte vom Aldi. Eine alte Klampfe ist was besonderes.

: Wir haben es zwar schon irgendwie tausendmal durch, aber ich frage mich das jedesmal aufs Neue! :-)

:-)

Keep rockin'
Friedlieb




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