Re: (Philosophie) Profimusiker? Da lern' ich doch lieber was anständiges :-))
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Beitrag von groby vom Oktober 28. 2003 um 13:11:46:
Als Antwort zu: Re: (Philosophie) Profimusiker? Da lern' ich doch lieber was anständiges :-))) geschrieben von Der Felix am Oktober 28. 2003 um 12:07:43:
Hi.
Da kommt mir immer wieder das Bild der Blues Brothers im Country-Schuppen in den Kopf. Was bitteschön unterscheidet diesen Schuppen vom von Oly beschriebenen auf Mallorca?
Wahr.
In den Staaten ist Country die bei weitem grösste Musiksparte. Das meiste und schlimmste davon dringt ja gar nicht hierher.
Country-Stars dort spielen auch ein bisschen selbst Gitarre aber eigentlich tun die sich mit Musikantenstadl überhaupt nichts.
Sie stehen dort in anderen aber genauso albernen Kostümen herum und singen den gleichen Kram von brechenden Herzen und grünen Wäldern und feurigen Küssen.
Schön fände ich es, wenn in so einer Diskussion wie dieser hier nicht mit Worten von der Größenordnung wie "hierzulande" und "Schlagerkram" die gesamte deutschsprachige Musikszene einfach auf Patrick Lindner herunterpresst würde.
Da gibt es vieles was nicht nur sogar musikalisch deutlich mehr Schmackes und Rafinesse hat als mancher totgehörte Klischee-Rocksong, sondern auch textlich ganz grandios ist.
Und letztlich ist das meiste im Countrybereich dort und Schlagerbereich hier Volks-Musik. Musik für das Volk, im besten Sinne.
Zur Unterhaltung, für zum bei Tanzen, zum Mit-Pfeifen beim Bügeln und Autowaschen.
Gebrauchsmusik, halt.
Praktischer Kitsch.
Gruß, groby *
p.s.: Ich setze meine kleine affektierte Textverbreitungskampagne fort. Leider mit nochmal Kurt Schwitters. Aber es passt gerade so gut.
KITSCH UND DILETTANTISMUS Wir kennen ihn, überall umgibt er uns. Nur wenige erkennen ihn, die meisten sehen ihn nicht. Sehr wenige leiden darunter, daß es Kitsch gibt. Zum Erkennen des Kitsches ist nicht eine besonders große Begabung erforderlich, sondern nur intensive Beschäftigung mit den Dingen. Das Denken muß eine gewisse Qualität haben, damit jemand den Kitsch erkennen kann. Daraus ergibt sich, daß Kitsch Mangel an Qualität ist. Aber auch Dilettantismus ist Mangel an Qualität. Nun beruht der Unterschied von Kitsch und Dilettantismus darin, daß der Kitsch Resultat qualitätloser Denkweise ist, der Dilettantismus aber Resultat qualitätlosen Handwerks. Sie sehen, daß eine Arbeit gleichzeitig Kitsch und Dilettantismus sein kann. Versagt der Mensch, der die Arbeit schafft, als Persönlichkeit, so entsteht Kitsch, versagt bei immerhin qualitätvoller Persönlichkeit die handwerkliche Fähigkeit, so entsteht Dilettantismus. Der Dilettantismus läßt die Menge der urteilslosen Menschen unbefriedigt, weil sie den Mangel an handwerklichem Können sehen kann und als Mangel empfindet, während sie die Persönlichkeit, die gearbeitet hat, oder den Ernst, der den arbeitenden Menschen begeisterte, darüber nicht sehen kann. Der Kitsch aber befriedigt den Harmlosen meist restlos, weil er das handwerkliche Können bewundert, welches er nicht hat, und weil dem Harmlosen nicht auffallen kann, daß da keine Persönlichkeit bei der Arbeit war, weil er für Persönlichkeit aber überhaupt keinen Sinn hat. Und nun die Kunst: sie läßt den Harmlosen noch unbefriedigter als der Dilettantismus, weil er hier überhaupt nichts erkennen kann. Wenn die Persönlichkeit des Künstlers das Handwerk zum Schöpferischen meistert, so hält das der Harmlose für schlechtes Handwerk, da er die Persönlichkeit nicht erkennt und so den Grund zu der schöpferischen Verbiegung nicht sieht. Daher blüht der Kitsch und genießt der Kitscher die größten Ehren und erzielt die höchsten Preise.
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