Re: Urheberecht im Kindergarten, war: Mal gucken, wann das bei uns eingeführt wird ...
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Beitrag von ferdi vom September 11. 2003 um 14:20:03:
Als Antwort zu: Re: Urheberecht im Kindergarten, war: Mal gucken, wann das bei uns eingeführt wird ... geschrieben von Michael Rodewald am September 11. 2003 um 14:05:49:
Hi,
ich halte es mit Rousseau, der im zweiten Buch vom "Emile oder über die Erziehung" sinngemäß und hier stichpunktartig verkürzt Folgendes äußert:
das Sprechenlernen nicht forcieren, am besten auf dem Land sprechen lernen lassen. Der Wortschatz sollte nicht künstlich vermehrt werden. Dem Kind nicht anerziehen, dass es sich durch weinen Zuwendung erkaufen kann, dass Zudringlichkeit mehr erreicht als freundliche Nachfrage. Seinem Weinen nachzugeben heißt, es zum Weinen anzureizen. Nicht zuviel Vorsicht! Kleine Unfälle erziehen zur Achtsamkeit, und in Freiheit entwickeln sich die Kräfte (und der Geist) weit besser. Gewachsene Kräfte ermöglichen ihrerseits selbstständige Bedürfniserfüllung. Nicht in erzieherischer Absicht das Kindes um seines Wohles willen quälen. Viele Kinder sterben jung, daher sollte man ihnen nicht die Kindheit verleiden. Es ist eine sehr zweifelhafte Fürsorge, die ein Kind heute leiden lässt, damit es ihm später einmal nützt! Weg zur Glückseligkeit: unsere Wünsche unseren Fähigkeiten entsprechend einschränken. Elend besteht nicht im Entbehren, sondern im (unerfüllbaren) Bedürfnis. Schwäche = Zustand, in dem die Bedürfnisse die Kräfte zu deren Erfüllung übersteigen. Herrschaft ist Sklaverei, da man, um das Volk so leiten zu können, wie es einem gefällt, sich so benehmen muss, wie es dem Volk gefällt. Der Herrscher ist Untertan seiner Minister. Die gesellschaftsspezifische Abhängigkeit von anderen Menschen ist unnatürlich und macht unfrei. Wirklich frei ist nur der, der nicht auf andere angewesen ist, dessen Wünsche nicht seine Kräfte übersteigen. Stellung des Kindes es muss seine Schwäche fühlen, aber nicht darunter leiden; es muss abhängig sein, aber nicht blind gehorchen; es muss bitten, aber nicht befehlen. Die Bedürfnisse des Kindes übersteigen seine Kräfte, daher ist es ohne Hilfe des Erwachsenen unglücklich und unfrei. Nicht den Mitteln der Natur entgegenarbeiten! Der Trieb zu laufen, zu springen und zu toben ist Ausdruck der kindlichen Konstitution, die sich zu kräftigen sucht und sollte nicht gebremst werden. Dem Weinen nachzugeben, obwohl es sprechen kann, heißt, es zum Weinen anzureizen. Ein Kind soll nicht erhalten, wonach es verlangt, sondern wessen es bedarf. Strenge und Nachsicht beides kann übertrieben werden, beides sollte vermieden werden. Abhärtung: Ruhig im kalten Schnee spielen lassen, statt es zu zwingen, sich zu wärmen. Sicherstes Mittel zum Unglück: Das Kind daran gewöhnen, dass es alles bekommt, was es begehrt. Hierdurch werden seine Wünsche unaufhörlich wachsen und es wird sich als Gebieter empfinden, hierdurch aber abhängig von der Hilfe anderer = Unfreiheit. Raisonnieren mit Kindern: hieße das Pferd von hinten aufzäumen. Sich der Vernunft zu bedienen um dieselbe zu entwickeln (=Ziel der Erziehung) macht keinen Sinn. Gut und Böse zu begreifen und zu begreifen, was Pflichten sind, ist nicht Sache des Kindes. Dies hieße, vorzeitige Früchte hervorzubringen, die weder reif noch schmackhaft sind. Zu verlangen, dass ein Kind eine Pflicht tut, die es nicht versteht, ruft nur Widerwillen hervor und macht sie zu Heuchlern, die lügen, um nicht bestraft zu werden. Deshalb: Das Kind Kind sein lassen! . Niemals dem Kind etwas befehlen, und zwar, um ihm beizubringen, dass es einen vernünftigen Grund gibt, etwas zu tun oder nicht zu tun das Joch der Notwendigkeit. Der Zwang der Gegebenheiten soll das Kind lenken, nicht der Zwang von Autorität. Was nicht getan werden soll, muss verhindert, nicht aber verboten werden. Und ein einmaliges Nein muss auch unerschütterlich Nein bleiben. So wird das Kind geduldig und gelassen, auch wenn es nicht bekommt, was es wünscht. Freiheit! Nur das Kind, für das Freiheit die Ausnahme ist, wird sie mißbrauchen. Negative Erziehung: Nicht lehren, was Tugend und Wahrheit sind, sondern vor Laster und Irrtum bewahren! Wut und Widerspenstigkeit des Kindes = Krankheit, weil Abweichung vom Normalzustand. Verliert man selbst die Fassung: Kind, du hast mich krank gemacht! Keine Strafen auferlegen, sondern sie spüren lassen, dass die Strafe natürliche Folge ihrer Handlung ist. Die Fabel vom Fuchs und dem Raben lehrt Kinder vielmehr, wie sie einen Käse aus dem Schnabel eines andern herausbekommen können, als zu verhindern, selbst ihren Käse zu verlieren. Erst dann lesen und schreiben lehren, wenn das Kind die Notwendigkeit erkennt (z.B. durch an es gesandte Briefe) ! Ebenso ist es schädlich, sich das Kind statt mit seiner selbst mit Geschichte und Geographie beschäftigen zu lassen! Berührungspunkt zu Kant: den Schüler lehren, seinen Verstand (und seine Sinne!) zu gebrauchen und dies lernt er, so Rousseau, nicht dadurch, dass sein Lehrer an seiner Statt denkt. Rousseau ist Empirist (alles, was im Verstand ist, ist durch Sinneswahrnehmungen in diesen hineingekommen)
Ich habe das im ersten Staatsexamen mal runterleierbar auswendig gelernt, erst jetzt, mit mehren eigenen und vor allem größeren Kids (3, 7 und 10) und in meinem Job merke ich, wieviel Recht der Mann hatte.
cu, ferdi
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