Re: gitarristen-midlife-crisis...!?


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Beitrag von SerrArris vom Mai 06. 2003 um 00:56:51:

Als Antwort zu: gitarristen-midlife-crisis...!? geschrieben von martin am Mai 05. 2003 um 21:07:30:

Servus!

Bei dem durchlesen deines Threads bin ich irgendwie an meine persönliche Situation erinnert worden.

: jahrelang spielt und übt man, macht bands auf und wieder zu, wird besser, lernt neue leute kennen, die einen beeinflussen, wird wieder besser, die leute loben einen, die ersten studio-jobs, größere und wichtigere konzerte u.s.w.

Ok, ich spiel noch nicht so lang - erst drei Jahre. Aber, und hier kommt ja das Problem - hier nochmal ein richtig langes Zitat aus deinem Artikel:

: und wie die spielen! sowieso toll, schnell und kompliziert, aber für ihr alter halt außerdem noch gefühlvoll und irgendwie älter und bedeutsamer als sie es eigentlich können dürften... und dabei sind die auch noch total locker und unverkrampft, scheinen mehr party zu machen als zu üben!ich meine, der eindruck trügt wohl, die üben auch viel, aber es spielen dort halt die besten aus ganz deutschland, und die üben irgenwie anders und intensiver als ich das jemals könnte.
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: tja, und ich? ich habe für die konzerte geübt wie ein wahnsinniger, um überhaupt die stücke einigermaßen mitspielen zu können! mit ewig viel vorbereitung und fleiß.
: das war dann hinterher auch ganz okay, auch mit lob, aber der preis war so hoch, der druck so stark.
: ...
: und jetzt kommt es: obwohl ich da mit leuten zusammen spielen konnte, die so super sind, hat es mir richtig ein bisschen den spaß an der musik verdorben, weil ich ständig immer nur an meine grenzen kam und ständig überfordert war (das ging soweit, dass ich an einer wirklich offenen unisono-stelle total hörbar gepatzt habe, in einer mit 500 leuten besetzten aula in der musikakademie, peinlich!).
:

Mir ging es (obwohl ich jetzt erst drei Jahre spiele) ähnlich wie dir: Nach 2,5 Jahren Gitarre meint man, die Zeit wäre reif, sich nach einer geeigneten Band umzuschauen, was aber eine dumme Sache war für mich, den
(1) es gibt eh' zu viele Gitarristen auf dieser Welt für zu wenige Bands
(2) wenn man als Gitarrist Jazz (und Funk) spielen will, ist man in meiner Stadt verloren. Da gibt es nämlich kaum jemanden, der sowas spielen will.
Dachte ich - bis mich ein Bekannter, von dem ich wusste, das er wahnsinnig gut Posaune spielt ansprach (als ich mal wieder sturzbesoffen bei uns in einer Rockdisco war - tut hier aber nichts zur Sache) - oder ich ihn ansprach - naja, auf jeden Fall meinte er, sie würden einen Gitarristen suchen, für ihre Band, weil ihr Ehemaliger zum Studium in einen seeehr weit entfernten Ort gezogen ist. Und somit sich aus dem Bandleben zurückgezogen hat.
Auch meine Bedenken, das ich erst seit kurzem (Drei Jahre sind für mich eine kurze Zeit, ein Instrument zu spielen - mit'm Akkordeon habe ich inzwischen 12 Jahre auf'm Buckel) Gitarre spiele schreckten ihn nicht ab - und so war ich dabei. Und jetzt kommt die große Paralelle - einer unter einer Gruppe von Leuten, die alle ihr Instrument sehr gut beherschen, noch meist 1-3 andere Instrumente spielen (Zwei von ihnen spielen besser Gitarre, als ich es in 5 Jahren lernen kann), und eben unter jenen Leuten - ich. Mein Glück, das ich wenigstens zwei Leute dieser Band gekannt habe. Nach der ersten Probe (in der wir nur ein Stück vernünftig gespielt hatten, eine einfache Coverversion) war ich dann ofiziell dabei.
Dann fing es natürlich erst an - eigene Stücke, teils hammerhart (unschaffbar für mich), teils übungsbedürftig, aber zu erlernen - nun, wie du gesagt hast:

:findet ihr das gefühl auch so gemein, sich selbst einfach grenzen eingestehen zu müssen?

Jup, ist es. Ich habe noch das Glück, diese Grenzen schnell erweitern zu koennen - nach (wie gesagt) 12 Jahren Akkordeon ist mir aber das Problem bekannt, das es (vermeintlich) nicht mehr weiter geht. Du hast den Thread schon so toll benannt: "Midlife Crisis". Ein Gefühl, das nichts mehr weitergeht - ABER DAS AUCH SICHER NICHT STIMMT. (Wie es auch in der echten Midlife Crisis (so denke ich) ist). És geht langsamer voran, ja. Sogar extrem langsam - aber allein durch solche Erfahrungen, mal die Grenzen ausloten zu müssen, werden neue Energien wach. Ich hab' das deutlich gemerkt, da mir eben jenes Grenzen-ausloten erst den Ansporn dazu gegeben hat, im täglichen Training zu versuchen, darüber hinauszuwachsen. Auch haben mir meine Bandmitglieder ob ihrer Spielfreude (und das solltest du auch mal bei deinen jüngeren Kollegen so sehen) viel von eben jener vermitteln koennen - ich bin jetzt zwar genauso alt wie sie, hinke in meiner musikalischen Erfahrung um ca. 10 Jahre hinterher - aber es macht mir Freude, mit solchen Leuten zusammenzuspielen - und allein, das solche Leute auch noch mit mir zusammenspielen wollen, der ich nicht so begabt und erfahren bin, gibt mir auch einen großen Auftrieb.

In diesem Sinne,
Markus


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