Re: (Live Review) O-feindt / Rose Tattoo / HH-Markthalle
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Beitrag von bO²gie vom Juni 01. 2002 um 16:19:43:
Als Antwort zu: Re: (Live Review) O-feindt / Rose Tattoo / HH-Markthalle geschrieben von falke am Juni 01. 2002 um 10:52:40:
Aloha falke -
: naja, ob das unbedingt ein Lehrstück in Sachen Rock'n'Roll sein soll?
Das Zitat hieß ja auch nicht umsonst "..Rock'n'Roll bis zum Erbrechen ..".
: Brüllt, grunzt, gurgelt. ... : : Halt ich nix von. Authentischer RocknRoll - Klasse, Alles Geben auf der Bühne: auch Klasse. Aber mit feuchten Augen dazustehen und denken: "Gleich stirbt er" - man, das ist wirklich gequirlte Kacke.
Mit dem "mit feuchten Augen dazustehen und denken: "Gleich stirbt er" ... wenn es so gewesen wäre, ich gäbe dir vollkommen recht. Jeder der sowas glorifiziert gehört gehörig mit Katzendreck beworfen.
Aber Fakt ist auch: In einer Zeit wo Auftritte wegen der falschen Seife im Hotel abgesagt werden und Stars und Sternchen wegen einem kleinen Schnupfen die Popgazetten füllen, da wirkt ein Angry Anderson natürlich befremdend. Wie bei allen Menschen bei den Selbsterhalt und Selbstzerstörung Hand in Hand gehen. Nur gehört nicht nur das kuschelige Leben auf den Bahamas und die regelmäßige schweizer Blutwäsche zum Rock'n'Roll. Es gehören auch die befremdenden Aussensaiter dazu die ihren Obsessionen nicht kontrollieren (können/wollen). Angry Anderson gehört zu diesen Bessenen. Kein Visionär, der sein eigenes Leiden in goldenen Lyric verbrämt, nur ein Schreihals in einer Schweinerockkombo die seit 1976 ein mehr als wechselhaftes Schicksal hatte.
Klar kann man sich trefflich drüber streiten ob man diese Form der "Authenzität" gutheißt. Aber was kümmert das eine Band wie die Tatts? Ich stehe jeder Form von Radikalität mehr als Skeptisch gegenüber. Und die Frage: "Würde ich tauschen wollen, würde ich mich so radikal selbstzertören wollen?" kann ich nur mit einem klaren "Nein" antworten. Trotzdem beeindruckt mich Radikalität. Und manchmal manifestiert sich Radikalität eben auch im Schweinerock. So wie mich auch die Radikaltät eines Chet Bakers oder Robert Johnson beeindruckt. : Und das Kokettieren mit Hochprozentigen, himmeldieberge, was soll denn das?
Ich habe mein Leben lang nicht mit Hochprozentigem kokettiert und ich werde auch im Alter damit nicht beginnen. Ich trinke ja nicht einmal Bier. Und ich habe nicht das Gefühl dadurch zu einem besseren (oder schlechteren) Rock'n'Roller geworden zu sein. Aber ich verschließe auch nicht die Augen. Offensichtlich hat Angry Anderson ein schweres Alkoholproblem. Mir steht es nicht an ihn zu belehren wie er mit seiner Sucht umzugehen hat. Die Verantwortung gegenüber seinem eigenen Körper trägt man einzig uns allein selbst. Als schwer Nikotinsüchtiger weiß ich wovon ich spreche.
Klar kann man sich trefflich drüber streiten ob ein warnender Zeigefinger Hinweis bei solchen Zuständen angebracht sei. Dieser missionarische Eifer fehlt mir jedoch gänzlich.
: .. "Konfirmand geht mit grossen Augen in die weite Welt und entdeckt die richtigen Männer".
Hier muß ich dann doch mal die erboste "Einspruch" Karte ziehen. Rose Tattoo reihen sich in eine lange Erfahrung mit dem Rock'n'Roll Zirkus ein. Die Reihe der gescheiterten Helden, die ich an den Pissrinnen der Clubs in diesem Lande livehaftig erlebt habe reicht von den Restbeständen der Pretty Things bis zu Dee Dee Ramone. Oft genug gingen diese Erfahrungen soweit das ich für eine Zeit die Gitarre an den Nagel gehängt habe. Nicht aus Frust, sondern aus Lebenslust. Aber letztendlich sind es die gegensätzlichen Welten die mich immerwieder in die Musik zurückgezogen haben. Beeindruckend sind eben nicht nur Erlebnisse wie die Radikalität der Tatts, sondern auch ungezählte positive Erlebnisse. Es mag vielleicht seltsam klingen, aber das Erleben solcher Abende (und davon gab' es allein in 3 Jahren LOGO Zeit, bei ca. 250 Konzerten im Jahr, mehr als genug) hat mich im Nachhinein immer wieder motiviert meinen eigenen Weg zu suchen (und oft zu finden).
: der völlig nüchtern und gesund heut abend seinen Stromjob macht
So sind Stromjobs auch am schönesten, findet ... bO²gie
... und wünscht einen gesunden und erfolgreichen Gig.
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