Re: Nachklapp zu (Session) Nachklapp zum Workshop (UTube inside)
Beitrag von michael (Jacuzzi) vom November 22. 2009 um 15:03:00:
Als Antwort zu: Nachklapp zu (Session) Nachklapp zum Workshop (UTube inside) geschrieben von Friedlieb am November 20. 2009 um 20:59:44:
Lieber Friedlieb,
: Um meine Haupt-These dazu in einen knappen Satz zu fassen: Forrest Gump wäre das nicht passiert.[...]
: Die Lösung des Problems aus meiner Sicht lautet also: nicht denken.
Na ja.
Ich habe zusammen mit ein paar anderen Jungs von der Schule mit elf Jahren angefangen, Gitarre zu spielen. Und ungefähr mit elfeinhalb wurde uns zum ersten Mal klar, dass es Leute gibt, deren Musikmachen eine ganze Menge mit Denken zu tun hat, und andere, bei denen das eher weniger der Fall ist. Das blieb so, und man kann wahrscheinlich auch bei den Aussensaitern jeden einzelnen von uns ungefähr auf einem Punkt dieser Skala plazieren.
Ein guter Freund von mir (und ein guter Musiker übrigens auch) wollte sich nicht "Bauchmusiker" nennen, sondern zog den Begriff "Schwanzmusiker" vor. Ich selbst war relativ rasch soweit, dass der Begriff "Kopfmusiker" auf mich ziemlich genau zutrifft. Klingt zwar ein bisschen reduziert, beschreibt aber eine für mich funktionierende Heransgehensweise an die Musik: Mit Kopf und denkend, wobei über den Bauchanteil damit noch nichts gesagt ist.
All die Jahre hatte ich es mit Leuten zu tun, die der Meinung waren, man dürfe nicht denken, und all die Jahre über hat mir das überhaupt nicht eingeleuchtet. Ich hatte vielmehr den Eindruck, dass der eigentlich unganzheitliche Zugang derjenige der Bauchmusik bzw. des "Denken-Abstellens" ist. Denn kein vernünftig denkender Kopfmusiker würde es als ideal ansehen, ohne Bauch spielen zu wollen, während umgekehrt der gewöhnliche Bauchmusiker ja tatsächlich versucht, mit dem "Nicht-Denken" den Kopf außen vor zu lassen. Hier werden möglicherweise, wie so oft, Bequemlichkeiten zum Dogma erhoben.
Forrest Gump ist für mich persönlich ein schwieriges Beispiel: Das war der Film, der damals Pulp Fiction die ganzen Oscars weggenommen hat. Aber selbst wenn man sich darauf einlassen möchte: Meinem Eindruck nach ist die Figur des Forrest Gump deswegen interessant, weil sie eine eigene Ratio verkörpert, und nicht etwa: keine Ratio.
Ich finde es ja auch nett, von einer Welle überspült zu werden, und ich könnte mir sogar vorstellen, irgendwann mal kurz laut AC-/DC oder andere Bauchmusik anzuhören. Aber für mein Musikmachen sind diese Erfahrungen nahezu völlig bedeutungslos. Und dass irgendeine Form von Flow etwas mit "Nicht-Denken" zu tun haben soll, deckt sich auch nicht mit meinen Erfahrungen. Ich weiß schon, dass viele mit der Vorstellung, "den Kopf mal abzustellen" eine gewisse Glückseligkeit in Verbindung bringen, und das wird eben oft auch im Zusammenhang mit Musik so gesehen. Aber eine notwendige Beziehung erkenne ich da nicht. Ich kann mir eher eine Beziehung zwischen "Flow" und "Erkenntnis" vorstellen.
Der Satz: "Die Ursache für mein Unwohlsein auf der Bühne liegt darin, dass ich zu viel denke", ist also sicher falsch, denn dann hätte mich dieses Unwohlsein ja schon die letzten dreißig Jahre begleitet.
Viele Grüße & noch einen schönen Sonntag,
Michael
- Re: Nachklapp zu (Session) Nachklapp zum Workshop (UTube inside) Friedlieb 23. November 2009 18:29:34
- Re: Nachklapp zu (Session) Nachklapp zum Workshop (UTube inside) Elwood 22. November 2009 15:10:56
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