Re: (Aussenjam) AJ84 und Selbstkritik und mein Beruf


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Beitrag von ion vom Dezember 12. 2007 um 22:35:37:

Als Antwort zu: Re: (Aussenjam) AJ84 und geschrieben von hayman am Dezember 12. 2007 um 19:11:24:

lieber hayman,

jetzt sehe ich klarer und kann nach Deinen letzten Ausführungen auch etwas dazu sagen. Ich versuchs mal nach der Chronologie Deines Postings (Achtung, das könnte länger werden):

Zunächst einmal ist meine Preisgestaltung kein Indiz für besonders hohe Selbstein- oder Überschätzung sondern hart an der Realität entlang kalkuliert: Nach Abzug von Materialkosten und Steuer mache ich mit jeder Arbeit einen Gewinn, der für einen jungen Künstler wie ich einer bin üblich ist. Dieser Betrag ist nicht Leistungs- oder Aufwandsorientiert. Wäre er es und ich würde zum Beispiel die reguläre Handwerkerstunde als Berechnungsgrundlage nehmen, wäre die Arbeit wesentlich teurer.
Ich kann Dir verraten, dass ich selbst bei voller Auslastung wesentlich weniger einnehme, als den Betrag, für den die Lockführer so lange streiken. Dies wäre wohlgemerkt mein Ziel, ich kann nämlich nicht davon Leben, noch nicht mal, wenn ich ohne Frau und Kind dastünde.
Was aus der Website, die sich noch im Aufbau befindet, noch nicht hervorgeht, ist, dass es alternativ auch günstigere Varianten mit einfacherer Hardware geben wird, in etwa zum halben Preis.
Da ich aber vorwiegend auf Unternehmen als Kunden blicke (ich stehe nämlich der Galleristen- und Kuratorenwelt kritisch gegenüber und sehe hier einen alternativen Weg), habe ich die teurere Version zum Aufhänger, denn sie klingt nicht nur besser, sondern sieht einfach auch besser und professioneller aus.

Trotzdem liegt natürlich auch hier die Messlatte sehr hoch. Und zwar nicht nur auf handwerklicher, sondern auch und/oder vor allem auf inhaltlicher Ebene.
Ich verstehe Kunst als eine Art Therapeuten der Gesellschaft und das erlegt mir als Künstler (und eigentlich jeder öffentlichen Person) eine enorme Verantwortung auf. Deshalb such ich auch den Weg direkt an die öffentlichen Orte in und um öffentliche Unternehmen und widersetze mich gleichzeitig einem Trend zur Reduktion der Kunst auf dekorative Elemente:
Agenturen, die Kunsthochschulabgänger zu Auftragsarbeiten engagieren, in denen etwa Farben und Inhalte der Arbeiten so vorgegeben sind, dass sie zur Einrichtung der auftraggebenden Firma passen, sprießen reihenweise aus der Versenkung.
Ich will zeigen, dass sowas nicht nur unnötig sondern sogar schädlich ist, denn es beraubt das Unternehmen und die Kunst per se ihrer Glaubwürdigkeit.
Welchen Schaden so etwas anrichtet und schon angerichtet hat, sieht man ganz gut an der generell weit verbreiteten Skepsis (mild augedrückt) gegenüber Künstlern, die ich u.a. auch in diesem Thread zu spüren bekommen habe oder es zumindest glaube. Ich käme nie und nimmer auf die Idee den vielleicht misslungenen AJ eines anderen selbständigen mit "ist das etwa unternehmerische Freiheit?" zu kommentieren. Sobald man aber sagt, man sei Künstler, wird man nach anderem Maß beurteilt.
Hätte ich mich gleich beim Betreten des Raums für meine vermeintliche Zunft entschuldigen sollen wie Amerikaner für ihren Präsidenten? Nein, denn hier geht es im Gegensatz zum amerikanischen Beispiel nur um Vorurteile.

Es ging hier nur um einen AJ. Sorry, aber Gitarrespielen ist mein Hobby. Das heißt nicht, dass es hier eine andere oder gar keine Latte geben sollte, ich habe ja durchaus eingesehen, dass die Gitarre zu laut ist. Aber die Art und Weise der, sagen wir "Kritik", hat doch wesentlich mehr bemängelt, als diesen Makel. Sollte ich etwas falsch verstanden haben, bitte ich um Entschuldigung mit Aufklärung.

lieben Gruß

tomek


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