Re: (Gitarre) Der Weg zum guten Sound (do you remember?)


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Beitrag von Harvey vom Oktober 24. 2000 um 13:02:58:

Als Antwort zu: Re: (Gitarre) Der Weg zum guten Sound (do you remember?) geschrieben von Rainer am Oktober 24. 2000 um 11:37:39:

: Auch, aber warum klingen dann manche Player immer wie sie selbst, ob Strat oder Paula, Soldano oder Fender, TS9 oder Muff? Jimi z.B., oder Brian May, oder O//i :-))

Ist ja schwierig zu erklären, deshalb der Hinweis zur "Persona" - kann ja sein, daß man etwas wiedererkennt, ohne daß es dafür deutliche äußere Merkmale gibt.

Ich hatte da mal vor ein paar Jahren ein Aha-Erlebnis - da hörte ich mehrmals einen Song von Joe Walsh ("In my car"), da erschien beim Hören irgendwie vor meinem geistigen Auge dann Ringo Starr (!!??). Weder singt Joe wie Ringo, noch saß der am Schlagzeug, aber es hörte und fühlte sich eben nach Ringo an, ohne daß ich jetzt ein Experte wäre, was seine Musik angeht.

Später erfuhr ich dann, daß die beiden mal zusammen auf Tournee warten und Ringo den Song mitkomponiert hatte - aber rein äußerlich wäre kaum festzumachen, daß da in der Komposition von der Form her irgendetwas RS-typisches enthalten wäre, was man eindeutig identifizieren und benennen könnte, etwa eine Vorliebe für bestimmte Harmonien, Rhythmen, Arrangements oder was auch immer. Da hat also irgend etwas "abgefärbt" oder "durchgeschienen".

Wenn man etwas wiedererkennt, dann muß es sich wiederholen, also mindestens beim zweiten Mal so oder ähnlich daher kommen wie bei irgendeinem ersten Mal. Was wiederholt sich also?

Wenn man einen Gitarristen eindeutig identifiziert, egal mit welchem Equipment er spielt, dann benutzt er dieses vielleicht doch irgendwie in ähnlicher Weise, holt also aus verschiedenem Instrumentarium im Prinzip das Gleiche heraus - er hat vielleicht Sound-Vorlieben.

Wenn die Sounds im Sinne von Klangfarben (Verzerrungsgrad, Modulationen, Delay etc.) aber völlig unterschiedlich sind, ist es vielleicht die Phrasierung, die Wahl der Skalen oder kleiner Melodiefragmente, sozusagen die Verwendung ganz kleiner "Mikro-Bausteine", die anders angeordnet und kombiniert werden - spieltechnische, sozusagen im "Körperbewußtsein" abgelegte Routinen, Gewohnheiten eben, an denen man ihn wiedererkennt.

Wenn jemand so schöpferisch und originell wäre, daß er sich praktisch nie reproduziert und wiederholt, dürfte man ihn an den äußeren Formen, die er zum Ausdruck wählt, nicht mehr identifizieren können, er wäre ja die permanente Wundertüte, wo nichts so kommt, wie es schon mal war. Aber wer ist das schon? Ist doch wie mit der Sprache (siehe Friedlieb) - man lernt sie durch Nachahmen, dann beginnt man irgendwann, "selbst zu sprechen", erschafft vielleicht auch neue Worte, aber ohne den vorhanden Wortschatz geht es ja zunächst nicht, vor allem, wenn andere einen auch noch verstehen sollen.

Eben weil man bei der Gitarre so viele Möglichkeiten hat, sie individuell zu spielen, gibt es ja auch eine Menge Gitarristen mit Wiedererkennungswert, also mehr z.B. als etwa Saxophonspieler (IMHEars zumindest).

Carlos Santana z.B. - was macht ihn erkennbar? Soundmäßig passiert da ja nichts Ungewöhnliches - im Prinzip Gitarre pur plus Gain bis Hi-gain, was die Soli angeht. Ob er das in den Siebzigern mit SG + Marshall oder später mit PRS + MESA macht, ist ja nicht entscheidend. Spieltechnisch hat er einige Vorlieben oder Unarten - was das Ziehen von Tönen angeht, das etwas schräge Vibrato, bestimmte Läufe, die sich seit 30 Jahren widerholen. Aber darüber hinaus ist es auch eine bestimmte Art, melodiös zu spielen, Soli in ihrer Dynamik (bewußt oder unbewußt) aufzubauen, an bestimmten Stellen Einwürfe zu machen etc., und bei ihm spüre ich durchgängig so eine Palette bestimmter "Grundstimmungen" und Gefühle, die sich in den verschiedensten Songs wiederholen. Da gab´s doch mal eine Single mit John Lee Hooker, da hört man auch sofort, wer die Soli spielt, auch außerhalb des gewohnten Latin-Rahmens.

Ist manchmal wohl ganz subtil, was da durchdringt und woran man spürt, wer am anderen Ende der Leitung ist.





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