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(Technik) Musik und Sport

Liebe Gemeinde!

Aus gegebenem Anlass übe ich derzeit deutlich mehr als vor einigen Wochen und Monaten. Dabei lässt mich ein Gedanke nicht richtig los: Was wir mit unseren Fingern und Händen da an Saiten und Griffbrett betreiben ist doch quasi Gymnastik, Kraftakte verbunden mit Fingerakrobatik und schnellen Bewegungen. Kurz gesagt: Sport. Kraft, Schnelligkeit, Ausdauer und Genauigkeit sind dabei ja die Schlüsselbegriffe.

Wie sieht das Training von Sportlern eigentlich aus? Interessant dabei ist, dass Sportler nicht das ganze Jahr über "in Form" bleiben. Das liegt schlicht daran, dass erst Ausdauer und Kraft ausgebildet werden müssen, danach sind hohe Geschwindigkeiten und genaue Bewegungen erst möglich.

Man sehe sich mal Fußballer an: Während der Zeit von Kraft- und Ausdauertraining sind die Jungs ziemlich tapsig und alles andere als grazil. Technische Kabinettstückchen sind nach dem Wintertraining nicht drin. Dafür können die Herren aber vor Kraft kaum laufen. Was ist dagegen am Ende der Saison? Die Mannschaften sind eingespielt aber körperlich ausgebrannt. Jetzt sind wieder Kraft- und Ausdauertraining angesagt.

Ich frage mich jetzt, ob wir als Instrumentalisten nicht in ähnlicher Form regelmäßig mal eine Auszeit von Virtuosität, Geschwindigkeit und technisch anspruchsvollem Spiel nehmen sollten, um ausschließlich Kraft und Ausdauer zu trainieren. Hat da schonmal einer drüber nachgedacht?

Liebe Leute, dass Musizieren mehr ist als Fingerakrobatik, das ist mir klar. Es geht nur um den reinen Aspekt des Trainierens/Übens. Also bitte kein Aufschrei aus der Fraktion der "Hauptsache das Feeling stimmt"-Spieler, ja?

Jetzt bin ich mal gespannt.

Gruß

Matthias



Re: (Technik) Musik und Sport

Hi Matthias,

alles ganz schön, was du da schreibst, aber was zählt ist doch das Feeeling, Mann.

Null Feeling-Checkung oder was?

Schurz beiseite! Ich komme selber fast nie zum Üben mit Instrument. Deshalb trage ich eigentlich immer einen kleinen Impander (diese Handkraft-Trainier-Dinger zum Zusammendrücken) in der Jackentasche. Den benutze ich mit den Fingerspitzen, nicht wie üblich mit dem Schließen der ganzen Hand. So zwinge ich mich mindestens zweimal täglich zum Krafttraining. Immer bis kurz vor den Krampf :o)

Wenn Zeit und Gelegenheit ist - also höchstens jeden zweiten Tag - mache ich zu Hause Fingerübungen, die sich immer auf das konzentrieren, was ich am meisten brauche, also entsprechend der (jaja, angestaubten und 1000x dagewesenen) Bluesrock-Schule meist hammerings / pull offs / bendings (God save the German language) auf allen relevanten Saiten und in allen Lagen, 1.-etwa 15. Bund. In der dritten Lage zB sind mMn ganz andere Muskeln an den Bendings beteiligt als weiter oben, und man braucht auch mehr Kraft. Bendings in F sind mit 11er saiten aber echt nur was für Masochisten. Wenn man es kann, für Angeber :o).

Bei den Hammerings geht es mir vor allem um reine Geschwindigkeit. Damit bin ich aber permanent unzufrieden, so wie ich eh immer unzufrieden bin mit meinem Spiel - aber halt auf höherem Niveau als ohne Training.

Viele Grüße, ferdi


Re: (Technik) Musik und Sport

Hallo Matthias,

Kraft und Ausdauer ergeben sich (ich selber spiele Bass) meiner Meinung nach von selber, sofern man/frau das Instrument öfters in die Hand nimmt und es benutzt, egal ob üben oder spielen. Ich übe relativ viel (und habe es auch nögtig :-)), bin aber noch nie auf die Idee gekommen, ausgerechntet Kraft oder Ausdauer zu üben.

Was mir hilft, mein Spiel zu verbessern, sind in erster Linie Übungen technischer Natur. Fingerhaltung und Fingersatz, saubere rechte Hand, entkrampftes Spielen/Haltung, Timing.

Und: Öfter mal alles um die Hälfte langsamer üben. Für mich oft sauschwer.

Ich versuche eher zu lernen, meine Kraft möglichst sparsam einzusetzen, statt diese zu trainieren, um andere unzulänglichkeiten(wozu ich auch unkonzentriertes aber auch verbissenes Spielen zähle) auszugleichen.

Vor ein paar Wochen habe ich mir zum Thema Üben ein Buch bestellt, "Zen und die Kunst Gitarre zu spielen". Es geht darin nicht WAS, sondern WIE üben sinnvoll ist. Sehr interessant.
Das erste Gitarrenbuch, das die 17 Euro wert war.

Viele Grüße
Finn

Re: (Technik) Musik und Sport

Hallo!

: Was wir mit unseren Fingern und Händen da an Saiten und Griffbrett betreiben ist doch quasi Gymnastik, Kraftakte verbunden mit Fingerakrobatik und schnellen Bewegungen. Kurz gesagt: Sport. Kraft, Schnelligkeit, Ausdauer und Genauigkeit sind dabei ja die Schlüsselbegriffe.

Meiner Meinung nach ist das der Weg zum "technischen" Gitarristen. Zwar durch den Hintereingang, aber das Ziel ist dasselbe. Was Du da ansprichst, ist das "Handwerkszeug", die "Fingerfertigkeit", all das, was vor allem jene Gitarristen so fleißig üben, die unbedingt schneller sein wollen. Stichwort Steve Vai.

Eine sehr spannende Frage ist für mich dabei: wenn man sich diesen Torturen wirklich unterzieht, kommt man dann automatisch an einen Punkt, wo man nur noch so ein Zeugs spielen will wie Steve Vai? Oder kann man trotzdem man selbst bleiben?

Ein ähnliches Thema: der ganze theoretische Unterbau. Das ist ja auch so eine Art "Handwerkszeug". Braucht man das? Kann es schaden?

Liebe Grüße, Ölfuss

Re: (Technik) Musik und Sport

Moin Matthias,

Ich frage mich jetzt, ob wir als Instrumentalisten nicht in ähnlicher Form regelmäßig mal eine Auszeit von Virtuosität, Geschwindigkeit und technisch anspruchsvollem Spiel nehmen sollten, um ausschließlich Kraft und Ausdauer zu trainieren. Hat da schonmal einer drüber nachgedacht?

Ja. Ich. Unter anderem. Ich dachte mir, wie man denn diese Bewegungen, die man beim Gitarrenspiel ausführt, üben kann. Recht schnell fiel mir auf, daß das ganz einfach ist - durch Gitarrespielen. It's that easy!!

um ausschließlich Kraft und Ausdauer zu trainieren.

Wozu soll das gut sein?

Mal ganz im ernst, wenn auch leicht übertrieben: Wenn ich schneller/filigraner Gitarrespielen können will, dann gehe ich nicht in's Fitnessstudio auf die Hantelbank. Weniger übertrieben: Diese Handgeräte, "Megagrip" oder wie die Dinger heissen, sind im Wesentlichen auch Käse. Es geht um die exakte Bewegung, und die bekommst Du nur beim Gitarrespielen hin.

Willst Du denn "kräftiger" Gitarre spielen? Die Saiten tiefer in die Bundstäbchen hauen? Das Halsholz auswringen? Einen Marathon hinlegen?

(folgendes muss man Dir doch eigentlich nicht erzählen)
Um zu üben musst Du lediglich wissen, wofür. Einfach so bringt nix. Und wenn Du Dir dann ein Ziel gesetz hast, meinetwegen das Solo von "Jump", dann gibt es keine bessere Übugun, als das einfach zu spielen. Langsam anfangend und schneller werdend. Das ist der wichtigste Punkt. Ein Fussballer, der schneller laufen möchte läuft ja auch nicht einfach vom einen Tag auf den andere doppelt so schnell und stolpert dabei ständig, sondern er trainiert sein Tempo langsam immer weiter, immer auf dem Level, den er gerade beherrscht.

Kraft mag dem Fussballer helfen, den Ball nicht mehr am Torwart vorbei, sondern durch ihn hindurch zu schiessen, und Ausdauer hilft ihm sicher um... ausdauernder zu werden, aber was soll der gemeine Instrumentalist damit anfangen? Klar, im Blasinstrumentenbereich ist das sicher eine etwas andere Geschichte, so einer Trompete überhaupt einen Ton zu entlocken ist anstrengend genug, da mag Ausdauertraining in gewissem Maße vonnöten sein. Aber unsereiner, der so'n paar Drähte drückt, der tut doch nun kein körperlich hoch belastendes Werk. Oder? Und das eigentliche Training, das jeden Musiker letztlich zum wirklichen Herrscher über sein Instrument macht, ist das des Gehörs. Wenn Die Verbindung Bauch->gedachter Ton->Gehirn->Finger->Sound zeitlich minimiert wurde, also wenn Du ohne nachzudenken _weisst_ welcher Ton als nächstes dahingehört und wo exakt dieser auf dem Instrument liegt, dann isses relativ wurscht, ob Du 1000 Töne pro Sekunde mit 12kg Anpressdruck spielen kannst. Alles andere ist doch Satenwichser- und Effekthascherei (ohne Zweifel auch mal ganz witzig, aber wie viele dderartiger Soli haben Dich je berührt?)

Also bitte kein Aufschrei aus der Fraktion der "Hauptsache das Feeling stimmt"-Spieler, ja?

Habe ich vermieden :-)

Grüße
Felix


Re: (Technik) Musik und Sport

Hi,

Matthias: Was wir mit unseren Fingern und Händen da an Saiten und Griffbrett betreiben ist doch quasi Gymnastik, Kraftakte verbunden mit Fingerakrobatik und schnellen Bewegungen. Kurz gesagt: Sport. Kraft, Schnelligkeit, Ausdauer und Genauigkeit sind dabei ja die Schlüsselbegriffe.

Du: Meiner Meinung nach ist das der Weg zum "technischen" Gitarristen. Zwar durch den Hintereingang, aber das Ziel ist dasselbe. Was Du da ansprichst, ist das "Handwerkszeug", die "Fingerfertigkeit", all das, was vor allem jene Gitarristen so fleißig üben, die unbedingt schneller sein wollen. Stichwort Steve Vai. [...] wenn man sich diesen Torturen wirklich unterzieht, kommt man dann automatisch an einen Punkt, wo man nur noch so ein Zeugs spielen will wie Steve Vai?

Ich finde nein... es kommt doch einzig und allein darauf an, WAS man übt. Wenn ich jetzt Skalen rauf und runter spielen übte, am besten noch Modes, dann käme ich wohl mit Glück davon, wenn ich nicht wie Vai sondern wie AlDiMeola spiele. WEnn ich aber konzentriert das übe, was ichj brauche / was mit schwer fällt, dann ist das mMn jedem Stil zuträglich.

Ich spiele zB den abgehalfterten Spätsechzigerundoftundimmerwiederaufgewärmten Bluesrock-Stiefel. Ohne ordentliches Vibrato bei gezogenen Tönen geht das nicht - also muss man das üben, und zwar, bis es klappt. Neben Feeling gehört auch viel Kraft und Hornhaut dazu - Fingerkraft kann man aber auch separat üben. Oder besser: wenn man schon die Zeit nicht hat, MIT Instrument zu üben, dann wenigstens ohne.

Ein ähnliches Thema: der ganze theoretische Unterbau. Das ist ja auch so eine Art "Handwerkszeug". Braucht man das? Kann es schaden?

Ich finde, es ist nützlich, wenn man genug versteht, um nachzuvollziehen, WARUM etwas gut klingt, zB ein bestimmter Ton in einem oder über einem Akkord. Der Ton klingt nicht besser, wenn ich weiß, dass er zB eine None ist, aber nur wenn ich das weiß, kann ich auch anderen Akkorden dieselbe Klangfarbe verleihen oder das ganze in verschiedenen Lagen spielen.

Ich gebe allerdings unumwunden zu, dass ich die allerallerallermeiste Musik, die "geschwindigkeitsmäßig", "geschicklichkeitsmäßig" und "harmonietechnisch" besonders anspruchsvoll ist, absolut langweilig und zum Weglaufen finde. Ich habe zB Abi vR.'s Kolumne immer sehr gemocht und finde ihn grundsympathisch. Ich habe mir letztens auf seiner HP die mp3s zu seiner Platte "King of Hearts" angehört und fand ausnahmslos jeden Song elend langweilig, und vor allem: immer dasselbe, dudelrauf, dudelrunter, ach was singt die Gitarre schön, hei, welch Sustain, es singt, es tirilliert, es schmust... egal, nix dagegen, Geschmacksache, aber man hört schon deutlich, dass er an so einem Gitarrendingenskirchen-Institut gewesen ist.

Ich finde, die gute alte Mollpentatonik, die man ja nach Belieben mit Dur, Moll oder Gewalt erweitern kann, rult. Auch Geschmacksache. Es gibt genug, die genau das total scheiße finden, und da hab' ich nix dagegen.

Viele Grüße, ferdi

Re: (Technik) Musik und Sport

Hi Felix,

Aber unsereiner, der so'n paar Drähte drückt, der tut doch nun kein körperlich hoch belastendes Werk. Oder?

Ganzton-Bendings, Molpen-Tatonik erste Lage in F, meinethalben auch G, das Ganze mit 11er Saiten oder dicker, das hat sehr viel mit reiner Kraft zu tun, und, wenn die Hornhaut fehlt, auch mit Schmerz.

cu, ferdi

Re: (Technik) Musik und Sport

Hi,

Ich frage mich jetzt, ob wir als Instrumentalisten nicht in ähnlicher Form regelmäßig mal eine Auszeit von Virtuosität, Geschwindigkeit und technisch anspruchsvollem Spiel nehmen sollten, um ausschließlich Kraft und Ausdauer zu trainieren.

Weil zum Gitarre spielen weniger Kraft notwendig ist, als die Fähigkeit, diese in die gewünschte Richtung zu richten.
Wer halbwegs regelmäßig spielt, wird wohl kaum an einem Bending scheitern, weil er die Seite nicht weit genug ziehen kann. Viel wahrscheinlicher ist z.B. ein Abrutschen von der Seite, grade wenn die Greifhand vorher ganz woanders war und man wenig Zeit zum Greifen hat.
Das fällt für mich eher unter Virtuosität.

Ob man Ausdauer trainieren sollte? Darunter kann ich mir nur das "Abhärten" der Fingerkuppen vorstellen. Da muss man natürlich so fit sein, wie es Proben und Gigs erfordern.

Gruß, Oli




Re: (Technik) Musik und Sport

: Hi,
:
: Ich frage mich jetzt, ob wir als Instrumentalisten nicht in ähnlicher Form regelmäßig mal eine Auszeit von Virtuosität, Geschwindigkeit und technisch anspruchsvollem Spiel nehmen sollten, um ausschließlich Kraft und Ausdauer zu trainieren.
:
Hallo,

viel Kraft und Ausdauer = Leistungssport = Mord ;-)

Haben nur Zehnkämpfer den Blues?

Am besten das Gitarrespielen trainieren.
Jerry Garcia, mein Lieblingsgitarrist ( nach ihm kommt lange
Zeit nichts und dann irgendwann Bob Weir ;o)), gab bis zu
seinem Tod rd. 2300 Konzerte mit den Grateful Dead und dazu
noch ca. 1000 mit seiner JGBand - das nenne ich Training!

Aber wie schaffe ich es 1000 Jahre alt zu werden, um so
halbwegs auf die Anzahl von Gigs zu kommen...

Unverkrampfte Grüße
Eddy



Re: (Technik) Musik und Sport

Hallo zusammen,

: Kraft und Ausdauer ergeben sich ... meiner Meinung nach von selber ...
Das glaub' ich auch - zumindest entwickelt sich die für das, was ich spielen will, nötige Kraft und Ausdauer. Klar ist es besser, Reserven zu haben, d.h. länger spielen zu können, vielleicht auch schneller, als für das eigene Repertoire notwendig.
Als Fingerpicker krieg' ich z.B. Reinhard Mey, Hannes Wader recht gut hin; ich spiel' aber auch immer wieder mal z.B. David Qualey - obwohl ich jede Hoffnung, jemals wie er klingen zu können, begraben habe. Das ist einige Nummern größer als die beiden anderen genannten - allerdings nicht nur in Bezug auf Geschwindigkeit sondern vor allem auf Klang und dem dadurch erzeugten Feeling! Wie bei Ritchie Blackmore - selbst bei Hochgeschwindigkeits-Passagen hörst Du jeden Ton klar und artikuliert.

Ich seh' das auch so wie im Sport: ein 10 000 m-Läufer rennt im Training sicherlich längere Strecken - dann kann er sicher sein, daß er, wenn's drauf ankommt, mit den 10 km auf jeden Fall gut im Rennen liegt.


: ... "Zen und die Kunst Gitarre zu spielen". Es geht darin nicht WAS, sondern WIE üben sinnvoll ist. Sehr interessant.
Das kann ich mir vorstellen! Ein Vergleich:
Vielleicht hast Du mal was vom japanischen Bogenschießen, Kyudo, gehört. Dabei soll es wirklich vorkommen, daß ein Schütze mit seinem zweiten Pfeil den zuvor von ihm in's Ziel geschossenen ersten Pfeil trifft - und zwar ohne auf das Ziel zu schauen! Für uns kopflastig Gezüchteten erst mal unvorstellbar.
Bei vielem scheint mir das Loslassen des Zieles der Schlüssel für den Erfolg zu sein - schon ein bißchen "Der Weg ist das Ziel". Du kannst Dich sicher nicht bewußt daran erinnern, wie Du Deine Muttersprache gelernt hast, aber Du weißt, was eine Fremdsprache nach herkömmlichen Methoden (Schule etc.) pauken für ein Akt ist. Welche Sprache kannst Du am besten?

Cheerio
Hans-Jürgen

Re: (Technik) Musik und Sport

Hallo Matthias,

interessanter Ansatz! Wenn die Fußball-Gitarrenparallele funktioniert, wäre es mal auszuprobieren, in längeren auftrittsfreien Phasen Kraft, Ausdauer und Techniken zu bolzen, während vor entscheidenden Gigs Musikalität und Virtuosität auf dem Trainingsplan stünden. Nur leider ist die Musik nicht so ein Saisongeschäft wie der Fußball .. versuch mal deiner Band klarzumachen, dass du in xy nicht auftreten kannst weil du gerade in der Krafttrainingsphase bist ;-)

Davon abgesehen ist Abwechslung im "Training" meines Erachtens das A&O des Gitarreübens. Vielleicht wirklich mal aus Spaß einzwei Wochen Kraft-Trainingslager einlegen, schaden kanns ja nicht, hmm ..

Gruß
knorke

Re: (Technik) Musik und Sport

Hallo!

Da bin ich aber völlig anderer Ansicht. Vorab gleich eins: Diese ganzen Griffbrettflitzer sind mir herzlich egal. Bei vielen scheint es tatsächlich darum zu gehen, schnell und schwierig zu sein.

Wenn ich aber jemanden wie Eddie Van Halen oder Stevie Ray Vaughn höre, dann glaube ich, Charakter zu hören und die technisch schwierigen Parts sind da, weil sie musikalisch sinnvoll sind.

Etwas zu können, bedeutet ja nicht, das dauernd zu tun. Mein Auto schafft ungefähr 200 km/h. Die fahre ich nicht, wenn ich durch eine verkehrsberuhigte Zone muss.

Ich möchte gerne meine musikalischen Ideen umsetzen können, wofür ein Mindestmaß an Technik nötig ist. Den schmutzigen Rest brauche ich für meine Cover-Band. Hey, da muss in einen Song ein rattenschnelles Solo mit Tapping-Einlage. Herrje, was fühle ich mich wieder jung! ;-)

Gruß

Matthias

Re: (Technik) Musik und Sport

Hallo!

: Da bin ich aber völlig anderer Ansicht. Vorab gleich eins: Diese ganzen Griffbrettflitzer sind mir herzlich egal.

Okay, sicher war das auch ein bißchen eine Provokation von mir. Zum Teil habe ich mich aber auch mißverständlich ausgedrückt, wie ich an Deiner und ferdis Reaktion bemerkt habe.

Ich bewundere zwar die Griffbrettflitzer, will aber selbst keiner sein, weil dadurch meines Erachtens ein bißchen die Seele verlorengeht. Und genau diese Gefahr sehe ich halt beim rein technischen Üben.

: Ich möchte gerne meine musikalischen Ideen umsetzen können, wofür ein Mindestmaß an Technik nötig ist.

Dem kann ich zustimmen, so sehe ich das auch. Ich hatte bisher nur immer Angst, beim technischen Üben die Grenze zum seelenlosen Gedudel zu überschreiten. :-)

Liebe Grüsse, Ölfuss

Re: (Technik) Musik und Sport

Hallo zusammen,

Hallo Hans-Jürgen,

Ich seh' das auch so wie im Sport: ein 10 000 m-Läufer rennt im Training sicherlich längere Strecken - dann kann er sicher sein, daß er, wenn's drauf ankommt, mit den 10 km auf jeden Fall gut im Rennen liegt.

Dem ist nicht unbedingt so. Ich kenne Marathon-Läufer, die laufen als Training maximal 20km, aber nicht die volle Distanz. Gleiches gilt auch für Mittelstrecken (meine Sparte), zuviel Trainieren ist kontraproduktiv, und eine Woche vor dem Termin wird nicht mehr trainiert, sondern ausgeruht, damit am Tage X die volle Leistung da ist.

Dementsprechend bemühe ich mich eher darum, möglichst täglich den Bass mindestens ein Viertelstündchen in der Hand zu haben und keine Endlos-Übungen zu starten. Ich spreche jetzt latürnich als Amateur, ich weiß von den Kollegen aus dem Profilager aber, dass die auch drei Mal die Woche sechs Stunden üben; da aber nur ganz spezielle Patterns.

Rainer

Re: (Technik) Musik und Sport

Hallo Matthias,
Die Frage, die sich mir bei Kraft und Ausdauertraining aufdrängt ist: wofür?
Du setzt voraus, daß Dein Gitarrenspiel davon profitieren könnte.
Ich für meinen Teil glaube das nicht.
Die Muskelgruppen, die ich zum Gitarrespielen brauche, werden durch ein regelmäßiges Üben/Spielen am besten trainiert.
Wenn man Deinen Gedanken mal konsequent weiterführt, würde es ja auch Sinn machen, Konditionstraining (z.B. Jogging) zu beginnen, um besser auf die Belastungen einer Auftrittssituation vorbereitet zu sein, Rückentraining für die schweren Paulas am Gurt und fürs Headbanging und Schnellkrafttraining für die Beine fürs höhere Hopsen.
Klar, irgendwie hat der Gedanke was, jeden Dritten Tag einmal die Hanteln zu schwingen, und dann automatisch besser Gitarre zu spielen. Aber ich denke, da ist mal wieder dein Hirn mit Dir durchgegangen. :-)

Um optimal (was auch immer das heißen mag) Gitarre zu spielen, brauche ich Technik, die mich optimal unterstützt, und das in mehrerer Hinsicht. Ich brauche:
-eine solide Spieltechnik, damit ich nicht auf dem Griffbrett über meine eigenen Finger stolpere,
-ein gutes Setup, damit ich mich höre, eine gute Klangkontrolle habe und mich mit einem guten Sound gern auf die Bühne stelle,
-ein ausreichendes theoretisches Verständnis dessen, was ich da spiele, damit ich nicht nach Punkten spielen muß, sondern damit ich musikalisch gestalten kann.

Das ist so meine Liste, wobei ich alle drei Punkte gleichmässig gewichte.
Ein gutes Setup und eine gutes Theorieverständnis sind halt andere Baustellen, an denen ich arbeite.
Um von meinen Fingern nicht im Stich gelassen zu werden, hat es für mich bisher immer gereicht, viel und konzentriert zu spielen. Wenn Du regelmäßig übst, auf eine saubere Grifftechnik achtest, dabei gut zuhörst, ob es auch gut klingt, dann kannst Du Dich auf Deine Greifhand verlassen, wenn Du sie brauchst.
Für Koordination unsd Geschwindigkeit macht es auch Sinn, öfter mal Skalen (auch in Brechungen, z.B. Terztonleitern) oder Pattern für die Improvisation mit Metronom langsam startend auf Geschwindigkeit zu bringen.
Damit bin ich bisher immer gut gefahren und bin auch bei längeren Spiel-und Probenphasen immer fit geblieben, auch wenn ich, auf Orchesterfahrten zum Beispiel, an einem Wochenende mal 16-20 Stunden Cello spielen musste.

Wenn Du aber unbedingt meinst, was für Deine Muckis tun zu müssen, dann nimm Dir eine Übegitarre und zieh da richtig dicke Drähte drauf, oder spiel 2-3 mal die Woche mal eine Viertelstünchen Bass.
Die Muskelbeanspruchungen sind dann vergleichbar, aber das "Training" ist immer noch ein musikalisches.

Gruß,
Woody

Re: (Technik) Musik und Sport

Hallo Woody,


: Die Frage, die sich mir bei Kraft und Ausdauertraining aufdrängt ist: wofür?


Dass ausgerechnet du das fragst, überrascht mich.

Außer dir hat auch jeder verstanden, dass ich es mir um Training der FINGER ging.


: Wenn man Deinen Gedanken mal konsequent weiterführt, würde es ja auch Sinn machen, Konditionstraining (z.B. Jogging) zu beginnen, um besser auf die Belastungen einer Auftrittssituation vorbereitet zu sein, Rückentraining für die schweren Paulas am Gurt und fürs Headbanging und Schnellkrafttraining für die Beine fürs höhere Hopsen.


Alles davon ist auch sinnvoll, vorausgesetzt, man möchte Headbangen und hoch hopsen.

: Aber ich denke, da ist mal wieder dein Hirn mit Dir durchgegangen. :-)

Was ich gerade denke, schreibe ich nicht.

Gruß

Matthias

Re: (Technik) Musik und Sport

Hallo Woody!
Ich kann dir überhaupt nicht zustimmen.
Jeder Sportler kennt das, dass man nicht nur die eigentliche Stammdisziplin trainieren muss, um gut zu sein. Rennfahrer z.B. fahren nicht nur Auto, sondern sitzen auch in der Muckibude, Joggen, wasweissich...
Ist bei der Gitarre nicht anders. Kondition und Kraft kann man eben auf andere Arten effektiver üben, als nur über das eigentliche Gitarrespielen.
Um Kondition für einen 3 Stundengig zu bekommen, muss man nicht ständig 3 Stundengigs simulieren.
Selbstverständlich kann Training die Übung nicht ersetzen, aber zumindest ergänzen.

Viele Grüße

Re: (Technik) Musik und Sport

Guten Morgen Woody,

im Grunde kommentierst du dein Posting durch dieses und frühere (Matthias verwies bereits) selbst.

Du sagst, Harmoniekenntnisse und Setup sind andere Baustellen. Also gut, dann wollen wir sie auch nicht beackern.

Du spielst selber dicke Saiten, räumst Bendingschwierugkeiten auf den ersten 5 Bünden ein. Woran liegen diese? WIeso können das manche?

Du sagst, viel Spielen sei das beste Training. Was nun, wenn man dazu nicht die Zeit / Möglichkeit hat? Flinte ins Korn?

Ich jedenfalls kann sagen, dass zB ein Handimpander mit den Fingerspitzen bedient genau die Muskelgruppen trainiert, die man für Bendings braucht. Ob man das jetzt scheiße oder erbärmlich oder lächerlich findet, ändert nichts daran, dass ich so ein Ding in der Jackentasche habe.

cu, ferdi

Re: (Technik) Musik und Sport

Au weih,
da scheine ich ja manchem bös auf den Fuß getreten zu haben.
Mein Posting stellt meine höchst extrem und überaus persönliche Sicht der Dinge dar.

Ich habe meine Saitenprobleme gelöst, ich habe meine Gitarren samt und sonders, wie schon an anderer Stelle erwähnt, auf andere Saiten umgestellt, die mich klanglich und technisch besser unterstützen.

Ich bin weit davon entfernt, Musiker, die ihren Fingern regelmäßiges Krafttraining angedeihen lassen, scheiße und/oder lächerlich zu finden, oder Matthias den Verlust seiner geistigen Zurechnungsfähigkeit zu unterstellen. Meine eventuell in diese Richtung mißverstandene und vielleicht auch mißverständliche Äußerung sollte lediglich zum Ausdruck bringen, daß Matthias Ansatz meiner Meinung nach zu rationalistisch ist.

Die Idee, durch längere Phasen "unmusikalischen Trainings" die eigenen musikalischen Fähigkeiten steigern zu können, leuchtet mit nicht ein.
Der Hinweis auf Fußballer, die "vor Kraft kaum laufen können" scheint mir da ziemlich treffend.
Wenn ich nach einer längeren Phase außschließlichen Ausdauer- und Krafttrainings vor Kraft und Ausdauer nicht musizieren kann, ist diese Art von Üben für mich fragwürdig.

Ich möchte meine Fähigkeiten im Wesentlichen jederzeit abrufbar haben.
Deshalb scheidet ein "saisonales Üben" für mich aus.
Wenn ich durch mein Material an physische Barrieren gelange, die mich technisch einschränken, muß ich entweder mein Material umstellen, oder lernen, diese Barrieren zu überwinden, damit sie mich nicht beim Spielen behindern.

Ich für meinen Teil halte das Üben am Instrument für die beste Methode, mit den physikalischen und musikalischen Widrigkeiten des Gitarrespiels umzugehen.

Gruß,
Woody

Re: (Kraftmeier) Musik und Sport

Jetzt ich auch noch mal schnell meinen Neujahrssenf:

: Ich für meinen Teil halte das Üben am Instrument für die beste Methode, mit den physikalischen und musikalischen Widrigkeiten des Gitarrespiels umzugehen.

Am besten ist es genau andersherum, nämlich sich gelegentlich so weit wie möglich von seinem Instrument zu entfernen. Es gibt zahlreiche Muskulatur- und Dehnungsübungen, und Kraft wie Elastizität sind eine Menge wert beim Spielen, vor allem aber Kraft. Gar nicht zu reden von anderen, musikalischen Übungen, die einem fern der Klampfe ganz neue Horizonte aufmachen. Rhythmik zum Beispiel.

Und wenn man sich mal ohne Gitarre mit der Gitarre beschäftigt, geht's auch gleich im Kopf wieder besser.

Gruß,

Michael (Jacuzzi)

NP: FZ, Do Not Pass Go

Re: (Technik) Musik und Sport

Hi Rainer,

: Dem ist nicht unbedingt so. Ich kenne Marathon-Läufer, die laufen als Training maximal 20km, aber nicht die volle Distanz.
: ... zuviel Trainieren ist kontraproduktiv, und eine Woche vor dem Termin wird nicht mehr trainiert, sondern ausgeruht, damit am Tage X die volle Leistung da ist.

Leuchtet mir ein - 42 192 m (richtig?) sind schon 'n ganz schöner Koffer! Bei der Menge ist 'ne andere Trainings-Strategie angesagt. Bin in grauer Vorzeit selbst Langstrecke gelaufen, aber das war rein hobbymäßig und meine längste Strecke (zweimal die Woche) waren immer 12,4 km.

Cheerio
Hans-Jürgen