Hi Rainer!
: Lass mich ein Thema aus einer anderen Ecke nehmen, sagen wir mal Computer ... :-). Gehen wir nun zurück in das Jahr 1980 und schauen uns an, welche Werte und Methoden damals wesentlich waren: der Computer musste schnell sein, ein gutes Preis/Leistungsverhältnis haben, handhabbar sein, oder einfach neue Anwendungen ermöglichen. Wenn Inschinöhre nun einen neuen Computer entwickelt hatten, wurde dafür mit technischen Daten argumentiert, Werbung dafür bezog sich auf wenige, belegbare Daten und Informations-Modelle.
Interessantes Thema - Überlegungen meinerseits dazu:
Gehen wir zurück in die Zeit 1980 und (!) davor - Warum wurde ein Computer entwickelt, bzw. was mußte er leisten?! - In erster Linie war wichtig, dass das Ding zuverlässig läuft, damit man im Falle eines Falles ein schönes Kriegs-Szenario möglichst lange aufrecht erhalten kann.
Beinahe jede technische Neuerung hat einen militärischen Verwendungszweck als Grundlage - darüber kann man sich streiten, es ist aber in den meisten Fällen so. Grund: Selbst die ärmsten Länder können rel. viel Geld für den Verteidigungshaushalt freimachen - da wo Geld ist kann geforscht werden - da wo keines ist zerfallen Gebäude und Bücher müssen per Hand kopiert werden! (ich studiere Musikwissenschaften - ich weiß wovon ich rede! Möchte irgendein gerechtigkeitsliebender Mensch spenden?!)
Worauf will ich hinaus?! Diese ursprüngl. zu mil. Zwecken gebauten Geräte landen aber nach einer gewissen Zeitspanne beim Volk oder besser beim Verbraucher! Sieh Dir mal an was wir hier machen! Dafür war das Internet nie konzipiert!
Und das Volk hat eben eine pluralistische und auch kreative Umgehensweise mit diesen Dingen. Mir scheint, Saidy hätte mehr Ahnung von Computern, als beispielweise ich selbst. Na und?! Für mich muß das Ding funktionieren, wie meine Stereo-Anlage funktioniert und wie ein Auto funktioniert! Das Leben ist zu kurz um alles zu wissen.
Würde ich mich aber erdreisten und Dir als angehender Musikwissenschaftler vorschreiben: "Du darfst gar keinen Gefallen an Bach haben!!! Du hast ja gar nie (vorausgesetzt den Fall, dass...) gelernt, wie man Bach zu verstehen hat!!!" ... wäre der Aufschrei groß. Zugegebenmaßen wäre das auch sehr arrogant von mir - deshalb mache ich es nicht und würde es auch nie machen!!!
Daraus leite ich wiederum die Überlegung ab, dass ich Leute, die sagen, sie spielen halt einfach nur so Gitarre und die Theorie, die dahintersteht, interessiert sie gar nicht, ablehnen müßte, weil Poser und nicht wirklich "into it"!!
: Wie wird heute für Computer geworben? Mit Begriffen wie 'sexy' und 'Ihr Nachbar hat auch schon einen ...'.
Ok - das ist überspitzt - aber ich will, dass es so ist! Könntest Du Dir vorstellen, eine Gitarre aufgrund eines Koordinatensystems zu kaufen, in dem eine Spektral-Analyse des Frequenzbildes wiedergegeben wird?! Oder noch besser: Dein erstes Rendez-Vous mit einer Frau könnte auch so aussehen: Meiner ist x cm lang - wie dick siend Deine ... na lassen wir das!
Zusammenfassung: Menschen sind unterschiedlich - jeder hat unterschiedliche Beweggründe und Ansprüche, die Liebe seines Lebens zu beurteilen oder einen Computer zu kaufen! Wenn nun der Markt so aussieht, dass eben selbst Leute wie Boris Becker ins Internet müssen (weil das seine Frau sagt!) Dann muß wohl die Werbung dementsprechend ausgerichtet sein!
Schleppen nun die Leute die Mühlen in Scharen aus dem Media-Markt, weil sie 800MHz-CPUs und 128MB Speicher brauchen? Njet. Es sind Gründe, über die manche Leute lieber nicht sprechen wollen.
mmmh - ich komm ins Grübeln - meiner hat 90 MHz - zuwenig um damit HD-Recording machen zu können - ich glaube es ist legitim, dass ich auf einen neuen spare.
(Natürlich könnte ich mir auch ne Fostex R8 kaufen - mit der komm ich allein nur nicht sehr weit und Briefe schreiben kann ich damit auch nicht - ganz zu schweigen vom Internet!)
: Es gibt diesen Markt, auf den sich die Industrie immer beruft, schon so gut wie nicht mehr. Der Verbraucher bestimmt den Markt schon lange nicht mehr, sondern die Anbieter.
Auch wenn ich Gefahr laufe mich zu widersprechen: Yup - richtig! Wir sind satt, voll, haben auskonsumiert! Müssen aber dazu verleitet werden, es weiter zu machen.
Sonst funktioniert Kapitalismus nicht!
Ich sage immer: Man brauchst täglich eine Scheibe Brot und ein Glas Wasser alles andere is Luxus - wenn Du so leben solltest können wir das Thema Matketing, Konsum und Luxus noch mal von vorne durchdiskutieren!!!
: Ein ganz ähnlicher Prozess hat nun in noch vielen weiteren Bereichen eingesetzt, und leider auch in der Musik.
Dieses "leider" werde ich nie verstehen! Warum ist Musik soooo heilig?! Warum muß sie immer "echt" (was auch immer das sein mag) sein. Warum darf Gaultier modische Kleidung entwerfen, wenn aber Babyface absolut homogene und kommerzielle, weil den Zeitgeist treffende, Songs schreibt, dann sind die Puristen in Rage!!!
Die Grammies hätte Carlos schon vor 15 Jahren verdient. Warum bekommt er sie erst heute?
Hat er aber nicht! Freu mich, dass er jetzt hat! Besser Spät als nie - Gut Ding will Weile haben - kommt Zeit kommt Rat, etc.
: Wenn ich die Beträge der Marketing-Budgets und die Kosten für diese ganzen Veranstaltungen zusammenrechne, und wenn von diesem Betrag nur 50% an die Musiker direkt flössen, statt dass sich Leute, die eine Note nicht von einem Vogelschiss unterscheiden können, die Plautze mit Buffets und Champagner vollhauen, dann ..., ja dann würde ich gar nicht meckern.
Ich wünschte unsere Band hätte solche einen Menschen! Würde er uns bescheißen - wäre das ein rechtliches Problem - und müßte anderweitig dikutiert werden. (natürlich ist das auch ein menschliches Problem - führt aber zu weit weg!)
Grüße, Clem
Als Tip: Sei Dir darüber im Klaren, dass Du sehr von Dir selbst auf andere schließt - für wirkliches Verstehen ist das kein guter Ausgangspunkt!