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(Meinung) Tests in Gitarre & Bass

Hallo zusammen.

Matthias hatte einen Beitrag zum Thema 'G&B' verfasst. Dazu muss ich auch mal meinen Senf abgeben:

Ich frage mich bei der Lektüre der G&B ständig, nach welchem Prinzip die Instrumente und Verstärker, die "getestet" werden, ausgewählt werden. Wieso ich das tue?

Ganz einfach: Weil doch im Grunde genommen *jedes* Objekt (ob Bass, Gitarre, Verstärker, Gigbag etc.), das in der G&B ge"testet" wird, von dem jeweiligen Tester über den grünen Klee gelobt wird. Klar, hier im Brunetti Top findet sich mal ein lockeres Mutterchen, oder da bei der Cort Westerngitarre ist am Halsfuss der Lack nicht 100% korrekt aufgetragen.

Aber abgesehen von diesen unwichtigen Details spricht die Redaktion doch wirklich für jedes Testobjekt eine eindeutige Kaufempfehlung aus!
Da stellt sich mir die Frage: Wieso zum Henker machen die das?

Möglichkeit A: G&B bekommt die Testobjekte umsonst und frei Haus geliefert, weil ja jeder Hersteller schon weiss, dass eine positive Kritik bei herausspringt.
Möglichkeit B: G&B sucht in der Tat ausschliesslich solche Objekte zum Test aus, welche von Vornherein als 'ordentlich' bezeichnet werden können.

Verdächtig, verdächtig...
Was aber nicht heisst, dass ich nicht trotzdem jeden Monat zur Bahnhofsbücherei renne, um mir die neue Ausgabe zu kaufen ;)

Gruss,
WP

Re: (Meinung) Tests in Gitarre & Bass

Hallo!
Weder noch. Ich gehe davon aus, daß die Redaktion die Geräte frei zur Verfügung gestellt bekommt, aber das ist nebensächlich, da die Redaktuere die Teile nicht mit nach Hause nehmen können werden. Tatsache ist, daß die G&B als Special-Interest-Zeitschrift hauptsächlich anzeigenfinanziert ist, also die Werbung die Haupteinnahmequelle ist. Bedeutet, daß der Verlag darauf angewiesen ist, zufriedene Anzeigenkunden (in diesem Fall Instrumentenhersteller) zu haben. Diese möchten natürlich, daß die Produkte, für deren Werbung sie viel Geld ausgeben, auch gut dastehen. Würde die G&B mehrere Instrumente eines Herstellers verreissen, würde dieser sicher keine Anzeigen mehr schalten = Geldverlust. Die Marketingabteilungen werden bei der G&B sicher auch oft nachfragen und sich dafür starkmachen, daß doch möglichst bald das neue Effektgerät getestet wird... - so kommen die Teile dann in die Tests. Das bedeutet aber nicht, daß die Tests nur versteckte Werbung sind und die ganze G&B "gekauft". Man muss nur genau hinschauen und zwischen den Zeilen lesen. Wenn beschrieben ist, daß mehrere Teile etwas locker waren, ist das vermutlich ein Hinweis, daß die Verarbeitung überhaupt nicht gut ist. Außerdem muss man realistisch lesen: wenn eine 500.- Gitarre ein "tolles Preis/Leistungsverhältnis" hat, dann ist es halt eine ordentliche Einsteigergitarre, mehr nicht. Und die G&B wird trotzdem ihre Prinzipien haben und keine Korea-Spanplattenstrat als gute Gitarre anpreisen, also darfst Du auch nicht davon ausgehen, daß alles übermäßig gelobt wird und eigentlich Müll sein könnte.
Ist bei anderen Formaten nicht anders: kennt jemand "Top Gear" auf BBC-World? DAS ist eine Autosendung, da wird ein langweiliges, billiges Plastikcockpit nicht als "nüchtern", sondern als "hässliches Kinderspielzeug" bezeichnet. Und dabei sind die Formulierungen sehr lustig gewählt.

Also wenn die G&B etwas über den Tee lobt, dann ist es auch auf keinen Fall schlecht, schliesslich hat man ja auch einen Ruf und der bedeutet Leser und Leser bedeuten wiederum Anzeigen...

Gute Nacht,
Patrick


Re: (Meinung) Tests in Gitarre & Bass

Hallo!

Ich stimme WP voll und ganz zu: Als Urteil über die Qualität eines Geräts taugen die Testes fast nie. Und Patrick liefert wohl den richtigen Grund für dieses Problem, allerdings - wenn ich von ein paar lockeren Schrauben lese, dann möchte ich auch davon ausgehen können, das an dem Gerät ein paar kleine Mängel sind, die ich selbst beheben kann, und nicht mehr.

Ich selbst spiele eine Wolfgang, und war deswegen auf den Testbericht der Music Man OLP gespannt.
Hab ich tatsächlich vier mal so viel gezahlt, nur weil ich da ein Locking System dranhab und ich mir das Tauschen des Sattels sowie das Justieren des Saitenniederhalters ersparen kann?
Ich denke nicht.
Für mich selbst sind daher die Testberichte eher als Marktübersicht nützlich: Hat man so ein paar Jahrgänge gesammelt, findet manb doch erstaunlich viele vergleichbare Gitarren, Bässe oder Amps und kann bequem technische Daten usw. vergleichen.

Schönen Gruss, Oli

Re: (Meinung) Tests in Gitarre & Bass

Hallo WP!

Ja, das fällt schon auf. Es ist auch wohl wirklich so, daß eine Fachzeitschrift da anders rangehen muß als vielleicht die Stiftung Warentest und sich mit Verrissen zurückhalten muß.

Man sollte so einen Test nie als Kaufempfehlung betrachten. Wenn er differenziert genug geschriben ist, liefert ein Test Anhaltspunkte dafür, ob das Instrument für einen selbst interessant ist, oder nicht. Das Urteil ob man kauft oder nicht, muß man letztendlich selbst fällen.

Bei G&B Testberichten muß man auch sehr genau lesen. Vernichtende Kritik steht manchmal zwischen den Zeilen.

Grüße
Bernd

Re: (Meinung) Tests in Gitarre & Bass

Hi WP,

da hast Du natürlich einen wunden Punkt berührt. Die Testberichte sind eigentlich nur als eine Art Marktübersicht mit jeweils genauer Beschreibung der Instrumente/Geräte zu verstehen. Mehr nicht!

Alle Zeitschriften leben heute ausschließlich von Werbung. Der Preis pro Heft, die der Abonent bzw. Käufer am Kiosk bezahlt, entspricht doch allenfalls Vertriebskosten. Da machen auch die Musikinstrumenten-Zeitschriften keine Ausnahme. Und wenn Du da mal genauer schaust, wer wieviel Seiten Werbung pro Ausgabe schaltet und bezahlt (pro Seite immerhin mehrere Tausend Mark), wir schnell klar, wohin der Hase läuft. Keiner der Finanzies 'ähm Anzeigenkunden wird ein schlechtes oder zu kritisches Testergebnis dulden wollen.

Wir hatten in Vergangenheit mal ein altes, renomiertes Blatt, in welchem sich ein Redakteur ein solches kritisches Testergebnis "leistete". Die Reaktion war promt: Entweder der betreffende Redakteur kommt weg - oder es kommt kein Anzeigengeld mehr! Die Zeitschrift entschied sich korrekterweise für den Redakteur und das Ergebnis kennen wir alle: Diese Zeitschrift existiert heute nicht mehr.

Deshalb muß man heute bei Testberichten schon ziemlich genau "zwischen" den Zeilen lesen, um sich halbwegs ein Urteil bilden zu können. Am besten, man testet anschließend das betreffende Instrument/Gerät im Fachhandel selbst, nimmt die Beschreibungen des Zeitschriftentests als Anregung und bildet sich sein eigenes Testergebnis. Das dürfte auch um einiges besser zutreffen, denn nicht ist mehr subjektiv, als Musikinstrumente. Denn hier entscheiden zu einem großen Anteil der persönliche Geschmack, sei es über die Halsform, die sonstige Ergonomie, dem Sound und der gesammten Optik. Und das kann bekanntlich höchst unterschiedlich ausfallen.


Viele Grüße & gut Ton

André

Re: (Meinung) Tests in Gitarre & Bass

Hallo nochmal.

Ich denke, dass Eure zwei Punkte Sinn machen; das war zum Einen, dass man bei der G&B zwischen den Zeilen lesen muss und kleine Kritikpunkte u.U. bedeuten könnten, dass das Testobjekt gar nichts taugt.
Und zum Anderen, dass die Artikel mehr Marktübersicht als Test sind.

Allerdings ist die Zeitschrift meiner Meinung nach trotzdem lesenswert, denn alles in allem - von einigen obszöne Blondinen in Marshall Anzeigen sowie dem fetten Holzfäller, der mit seiner Axt auf einem H&K Warp 'rumschreddet - ist die G&B doch wirklich für den Bereich E-Gitarre/E-Bass die einzig professionelle Zeitschrift auf dem Markt. Damit beziehe ich mich auf die klare Strukturierung der Artikel, des ganzen Heftes, und der interessanten Auswahl der Testobjekte.
Ausserdem ist ist doch wirklich astrein, dass die G&B vermehrt eher exklusive Produkte von kleinen, qualitativ hochwertigen deutschen Firmen testet.


Gruss,
WP

Re: (Meinung) Tests in Gitarre & Bass

Hi WP,

ich denke nicht, daß kleine Kritikpunkte bedeutden, daß das Testobjekt gar nichts taugt. Vielmehr ist es so, daß manchmal halt doch eine gewisse Art von Kritik eingebunden werden soll, die niemanden wirklich "weh" tut. Die von Dir zitierte Brunetti-Schraube ist sicherlich auch so ein Fall. Denn dieser Amp ist wirklich nicht schlecht und wenn da "eine Schraube locker" ist, dann verliert man auch keinen wichtigen Anzeigenkunden...

Selbstverständlich ist dieses Magazin lesenswert. Denn es wir eine Fülle an Infomationen in einer ansprechenden Verpackung geboten. Da sind wir einer Meinung. Auch daß gerne Produkte kleiner und alternativer Anbieter aus deutschen Landen wohlwollend gestestet werden, ist besonders hervorzuheben.

Viele Grüße

André

Re: (Meinung) Tests in Gitarre & Bass

Hi,

daß die Tests i. d. R. zu einem guten Ergebnis führen, und daß die Werbung einiges an Geld bringt, ist sicherlich richtig und mag auch in einem gewissen Zusammenhang stehen. Dazu ist hier ja schon einiges gesagt worden.

Aber: Viele Einsteigermodelle sind mittlerweile auch ganz einfach gut. Jemandem, dem Alembic zu HiFi-lastig und Sadowsky zu mittig klingt, wird sich ohnehin nicht für einen 500,-- DM Bass interessieren. Nur erfüllen diese Instrumente durchaus den Zweck, daß man damit Musik machen kann. Gemessen an dem Schrott, den man in den Siebzigern für 300-500 DM bekommen hat, ist ein Ibanez oder ein Collins heute durchaus ein brauchbares Instrument.

Und: Wenn ich mir heute ein neues Auto kaufen würde, würde ich nicht die Tests in Auto-Bild lesen, sondern mir den neuen TÜV-Report besorgen, weil mir die schweinsledernen Armlehnen und der Digital-Tacho nichts nutzen, wenn nach 5 Jahren die Achsaufhängungen weggerostet sind. Deshalb sind mir Info's von Amp-Nutzern z. B. in so einem Forum hinsichtlich der Haltbarkeit verschiedener Firmen genauso wichtig wie der Versuch eines Testers, den Sound eines Verstärkers in lautmalerischen Vokabeln wiederzugeben.

Ansonsten ist es einfach interessant zu sehen, was es so gibt. Eine Teuffel Birdfish hängt ja nun nicht in jedem Laden, eine OLP auch (noch) nicht, und das Ausprobieren kann einem niemand abnehmen. Wer den G&B-Test als Qualitätssiegel ansieht, dem ist wohl nicht zu helfen.

Gruß

Achim


Re: (Meinung) Tests in Gitarre & Bass

Hallo,

ich freue mich, daß solche Fragen gestellt werden. Ich dachte immer, alle Musiker würden in Fachzeitschriften eine Bibel sehen ;^)
In der Tat war es noch vor 15 Jahren bei einigen Redakteuren üblich, daß sie ohne geschenktes Instrument keinen Test schrieben. Die Basssammlung von Horst Stachelhaus war legendär! Das hat sich aber gewiss in den vergangenen Jahren geändert, wenngleich man schon davon aus gehen muß, daß der eine oder andere Herzenswunsch bestimmt gerne von diversen Herstellern befriedigt wird.

Bereits angesprochen wurden die Anzeigenpreise: Eine Doppel - oder Rückseite farbig kostet um die 24 TDM. Wenn man die Seiten bestimmter Hersteller addiert, darf man sie getrost zu den Arbeitgebern der Redaktion zählen.
Vor ein paar Jahren bekam man noch in jedem besseren Kiosk G6B, Fachblatt, Guitar, und Soundcheck. Heute gibt es die G&B noch am Hauprbahnhof und in wenigen Musikläden. Die anderen Zeitungen sind weg. G&B hat im Herbst eine komplette Fender Ausgabe gedruckt. (.....)

Einen Test von Stiftung Warentest hat es übrigens mal gegeben: Die Ergebnisse waren für Musiker und Musikalienhändler gleich inakzeptabel! Verglichen wurden amerikanische Legenden mit Japanischen und Koreanischen Plagiaten. Der Test verlief genau so gewissenhaft, wie man es auch bei Waschmaschinen und Zahncrems kennt. Es war ein Schlag in die gläubige Seele der Musiker und der Test verschwand im Altpapier. Wer will denn wirklich wissen, ob seine Gitarre taugt, oder nicht. Mal ehrlich - ich habe mir vor 18 Jahren die Nase am Schaufenster vor einer Iceman platt gedrückt. Hätte jemand geschrieben, daß das Teil aber Kopflastig ist, ich hätte ihn für einen Schwachkopf gehalten.

Aber was anderes -
Wer hat denn schon mal nach der Kompetenz der Redakteure gefragt? Sind das Journalisten? Sind das Gitarrenbauer? Sind das erfahrene Musiker? Könnten die Leute, deren Beurteilungen dort abgedruckt werden, aus einem dieser Fachbereiche tatsächlich kompetent beurteilen? Es gibt sicher einige. Für die anderen ist Papier geduldig.

Sicher haben Fachzeitschriften eine Berechtigung: Dort laufen alle Informationen der Instrumenten - Wirtschaft zusammen. Wer wissen will was es gibt, kommt an G&B nicht vorbei. Die Frage, ob das Neue gut und notwendig ist, wird dort keiner wirklich beantworten wollen.

Grüßr
Walter




: Hallo!
: Weder noch. Ich gehe davon aus, daß die Redaktion die Geräte frei zur Verfügung gestellt bekommt, aber das ist nebensächlich, da die Redaktuere die Teile nicht mit nach Hause nehmen können werden. Tatsache ist, daß die G&B als Special-Interest-Zeitschrift hauptsächlich anzeigenfinanziert ist, also die Werbung die Haupteinnahmequelle ist. Bedeutet, daß der Verlag darauf angewiesen ist, zufriedene Anzeigenkunden (in diesem Fall Instrumentenhersteller) zu haben. Diese möchten natürlich, daß die Produkte, für deren Werbung sie viel Geld ausgeben, auch gut dastehen. Würde die G&B mehrere Instrumente eines Herstellers verreissen, würde dieser sicher keine Anzeigen mehr schalten = Geldverlust. Die Marketingabteilungen werden bei der G&B sicher auch oft nachfragen und sich dafür starkmachen, daß doch möglichst bald das neue Effektgerät getestet wird... - so kommen die Teile dann in die Tests. Das bedeutet aber nicht, daß die Tests nur versteckte Werbung sind und die ganze G&B "gekauft". Man muss nur genau hinschauen und zwischen den Zeilen lesen. Wenn beschrieben ist, daß mehrere Teile etwas locker waren, ist das vermutlich ein Hinweis, daß die Verarbeitung überhaupt nicht gut ist. Außerdem muss man realistisch lesen: wenn eine 500.- Gitarre ein "tolles Preis/Leistungsverhältnis" hat, dann ist es halt eine ordentliche Einsteigergitarre, mehr nicht. Und die G&B wird trotzdem ihre Prinzipien haben und keine Korea-Spanplattenstrat als gute Gitarre anpreisen, also darfst Du auch nicht davon ausgehen, daß alles übermäßig gelobt wird und eigentlich Müll sein könnte.
: Ist bei anderen Formaten nicht anders: kennt jemand "Top Gear" auf BBC-World? DAS ist eine Autosendung, da wird ein langweiliges, billiges Plastikcockpit nicht als "nüchtern", sondern als "hässliches Kinderspielzeug" bezeichnet. Und dabei sind die Formulierungen sehr lustig gewählt.
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: Also wenn die G&B etwas über den Tee lobt, dann ist es auch auf keinen Fall schlecht, schliesslich hat man ja auch einen Ruf und der bedeutet Leser und Leser bedeuten wiederum Anzeigen...
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: Gute Nacht,
: Patrick


Re: (Meinung) Tests in Gitarre & Bass

Da ich ja gelegentlich auch Tests schreibe, gebe ich mal meinen Senf dazu. Eins vorweg: Zwar gehören KEYBOARDS und Gitarre und Bass zum gleichen Verlag und die Redaktionsräume sind genau übereinander, aber Berührungspunkte gibt es unter den Autoren keine. Die G&B-Internas kenne ich daher nicht und die Redaktionslinie könnte durchaus unterschiedlich sein.

Ich kann daher auch nur schildern, wie sich ein Test bei KB abspielt. Es gibt zunächst kaum vorherige Absprachen, außer etwa meiner Verfügbarkeit. I.d.R. weiß ich bei vielen Produkten nicht einmal, wie bedeutend die Firma als Anzeigekunde überhaupt ist. Und selbst wenn ich das weiß, kann ich ungestraft behaupten, dass mich das nicht weiter kratzt. Wir hatten in diesem Jahr z.B. wieder mehr schlechte Tests, weil es nach Jahren von wirklich hohem Niveau wieder einige schlechte Produkte gab. Björn Bojahr hat den OB-12 verrissen, ich habe HALion 1.0 (ein Software-Sampler) schlecht getestet und dies auch mit wasserdichten Belegen verzieren können. Und die Herstellerfirma ist unser wichtigster Anzeigenkunde, dass wusste ich sogar vorher. Das ist letztlich auch der Schlüssel. Viele Tests sind nicht deshalb freundlich, weil der Tester bestochen wurde, sondern weil er schlicht mit dem Gerät überfordert oder zu oberflächlich war.

Was die Abhängigkeit von Anzeigenkunden anbetrifft, ist die Sachlage etwas komplizierter, als man es sich landläufig vorstellt. Hohe Anzeigenpreise kann man nur nehmen, wenn man auch eine hohe Auflage hat. Die muss man sich aber beim LESER erarbeiten. Es gibt Beispiele aus der Branche (nein, keine Namen), wo Tests wirklich nach der Höhe der Anzeigen des Herstellers ausfielen. So etwas geht mit Mühe zwei Jahre gut. Dann hat es auch der letzte Leser gemerkt und die Auflage sinkt rapide und damit auch die Anzeigenkundschaft. Dafür gibt es Beispiele.

Darüberhinaus haben alle KB-Autoren entweder feste, gut bezahlte Jobs oder sind erfolgreiche Selbstständige wie Peter Gorges und Johannes Waehneld. Da hat man als Autor einen Ruf zu verlieren, aber nichts zu gewinnen, selbst wenn ein Vertrieb oder Hersteller versuchen würde, zu bestechen. Allein der Versuch wäre nicht mehr als lächerlich. Abgesehen davon: Wie könnte denn ein geschenktes Produkt einen dazu verleiten, einen guten Test zu schreiben? Wenn das Produkt schlecht ist, will ich es auch nicht geschenkt und wenn es gut ist, gäbe es ohnehin einen guten Test. Die Logik geht also nicht auf.

Was meinen Teil betrifft: Das wirklich ALLERLETZTE, was ich persönlich gebrauchen könnte, wäre NOCH eine Soundkarte. Einen guten Test durch Aussicht auf "Behalten" der Karte zu ergattern, so dämlich ist kein Hersteller!

Was ich allerdings gelegentlich mache, ist ein Produkt nach dem Test zu kaufen. Das kommt zwar eher selten vor, aber z.B. beim Boss VF-1 war das so. Dieses Gerät habe ich übrigens mit dem Autor des G&B-Artikels "geteilt" und ich habe es anschließend gekauft, das nur zur Behauptung, die Testgeräte würden den Autoren geschenkt.

Ich will allerdings nicht verschweigen, dass es seit etwa zwei Jahren vermehrt Versuche von Vertrieben und Herstellern (Vertriebe sind meist schlimmer, da Hersteller die Schwächen des Produkts besser kennen und es eher sportlich sehen, wenn man sie gefunden hat) gibt, Tests nachträglich zu beeinflussen. Früher war es nämlich üblich, Tests vor erscheinen dem Hersteller oder Vertrieb zu schicken, um Kommentare dazu zu bekommen. Gerade bei den langen Vorläufen einer Magazin-Produktion war es üblich, das Fehler beseitigt wurden, bevor das Heft ausgeliefert war. Inzwischen nutzen das aber einige Hersteller, um eine gerechtfertigte Kritik zu beeinflussen. Das führt dann bei uns aber nur dazu, dass man die Tests eben nicht mehr vorab herausgibt. Alle Tänze, die ein Hersteller aufführt, kommen daher auch immer erst nach dem Erscheinen der Ausgabe. Solange man aber gut begründet getestet hat und wirklich mit dem Produkt vertraut ist, dann sieht man das sehr gelassen.

Bei meinen Tests wurden auch nie nachträglich Tendenzen geändert. In der Regel geht es nur um Rechschreibfehler. DAS ist bei anderen Magazinen aber durchaus auch anders (wieder keine Namen).

Ich habe auch meine "Problem"-Tests durchgestanden. Einer der kompliziertesten war der eines Produktes, das Friedlieb gut kennt, die Creamware Pulsar-Karte. Das war ein Zweiteiler und daher gab es überhaupt den Anreiz des Herstellers, nach dem ersten Teil zum Hörer oder zur Email zu greifen. Das war nämlich durchaus kein guter Test und er war auch nicht so, wie ihn sich Friedliebs damaliger Chef vorgestellt hatte. Da wir aber alle Kritikpunkte belegen konnte, haben wir kein Wort davon zurück genommen.

Mit gewisser Verzögerung wurden auch die Kritikpunkte, die ich im Test hatte, nach und nach abgestellt. Das gibt es nämlich auch noch: Hersteller reagieren auf Tests und Kritik.

Ich bin trotzdem privat Creamware-User, weil diese Karte Aspekte hat, die mir gut gefallen. Die Schwächen (alles was Klangerzeugung und Synthesizer betrifft) betrafen mich nicht, da ich da einen externen Gerätepark habe. Ich habe in dem Test daher auch differenziert. Es gab damals dann aber Leser, die sich darüber beschwert haben, dass ich das Produkt nicht in Bausch und Bogen verrissen habe. DAS wäre aber einfach unfair gegenüber dem Produkt gewesen, das ja auch gute Seiten hatte und hat.

Nun zu den Wertungen innerhalb der Tests und wie man als Autor wertet:
Eine Testwertung muss nachvollziehbar sein und zwar direkt aus dem Test. Daher nenne ich die Kriterien, an denen ich messe im Text. Dann ist ein Urteil auch für den Leser nachvollziehbar. Bei Gitarren ist so etwas aber bedeutend schwieriger, dass muss man auch sehen. Die Verarbeitung ist heute auf einem allgemein hohen Stand und ein Klang könnte man höchstens an Referenzen messen, die der Leser aber dann kennen müsste. Es hilft ja wenig, dass man eine Strat-Kopie an der Strat des Autors misst, denn die kennt ja kein Leser. Bei Synthesizern ist das anders, die klingen immer identisch und sind im nächstens Laden auch zu vergleichen.

Eines kann ich aber bis heute nicht ganz verstehen:
Sowohl bei KB als auch bei G&B beklagen sich immer wieder Leser über das ausbleiben der Verrisse. Schaut man dann aber in die entsprechenden Webforen und setzt man das mal als den Schnitt der Leser, dann ist die Mehrheit dort WEITAUS kritikloser als die Magazin-Autoren. Im "Grünen" hält doch fast jeder Gitarren über 1.000 DM für "Abzocke der Industrie". Im KEYBOARDS-Web-Forum gibt es mehr glühende Behringer Anhänger, als von diesem Schrott jemals verkauft worden ist. Und im G&B musste ich bereits mehrmals wütende Replies einstecken, weil ich gewagt hatte, die Guillemot ISIS zu kritisieren (und zwar mit fast wörtliche den gleichen Aussagen aus meinem damaligen KB-Test).
Kritik wollen Leser scheinbar nur über Produkte lesen, die sie nicht haben. Die eigenen Gerätschaften sind offenabr tabu. Nach jedem schlechten Test bekomme ich nie zustimmende Leserpost. Nein, ich bekomme Post von Lesern, die sich beschweren, dass ich IHR Produkt kritisiert habe. SO läuft das in der Regel.

Aber, ein versönliches Wort zum Schluss:
Der Hauptgrund für die Zunahme der freundlichen Tests ist ganz einfach: Richtig schlechte Produkte gibt es nicht mehr. Ich kann eigentlich nur noch zwischen sehr gut, gut und Mittelmaß unterscheiden. Echten Schrott habe ich schon lange nicht mehr gesehen. Die Stiftung Warentest hat es da einfacher. Unter 10 getesteten Waschmaschinen ist mindestens eine, die durch die Funktionsprüfung fällt. Das passiert bei Gitarren und Synthesizern einfach nicht (mehr).

Re: (Meinung) Tests in Gitarre & Bass

: Da ich ja gelegentlich auch Tests schreibe, gebe ich mal meinen Senf dazu...

Aloha Rainer -

manchmal bedauer ich es wirklich von Keyboards keinen blassen Schimmer zu haben. Sonst würde ich deine Testberichte wahrscheinlich genauso gern lesen wie deine Beiträge im AS (die im Grünen les ich nicht mehr, aber das ist another story). Kurzum: Gratulation!

Meine eigenen .013euro zu dem Thema:
Ich lese das G&B schon immer sehr emotionslos. Die Testberichte dienen mir dabei als Marktübersicht. Selten genug les' ich die Tests überhaupt. Das Layout des G&B hat sich angenehm gemausert und seit einiger Zeit kann man unter dem Kürzel "ps" auch immer mal wieder interessante Produktvorstellungen finden. Soweit so gut. Was ich vermisse sind fundierte Interviews mit interessanten Künstlern. Da findet man leider viel Einheitsbrei und wenig lesenswertes. Ausnahmen bestätigen immer die Regel. Nun gut, ich geb' mir dafür das "Rolling Stone" und tröste mich damit seit Jahren über den Verlust des "Sounds" hinweg.

Zum Thema Tests vielleicht noch eins:
Manche US Magazine (und auch das dahingeschiedene SOLO und das tools) bieten Herstellern die Möglichkeit des Kommentars zum Test, und zwar dem eigentlichen Test angehängt. In US Magazinen fand ich das zumeist lesenswert. Beim SOLO und beim tools nervt mich das beigepackte Werbegeseier der Hersteller (ok, meistens der Vertriebe. Das ist schon ein deutlicher Unterschied).

slide on ...
bO²gie


Re: (Meinung) Tests in Gitarre & Bass

Hi Rainer,

es ist doch immer wieder schön, mal was von 'nem "Insider" zu lesen :-)))


Ganz klasse fand ich folgenden Abschnitt:

: Kritik wollen Leser scheinbar nur über Produkte lesen, die sie nicht haben. Die eigenen Gerätschaften sind offenabr tabu. Nach jedem schlechten Test bekomme ich nie zustimmende Leserpost. Nein, ich bekomme Post von Lesern, die sich beschweren, dass ich IHR Produkt kritisiert habe. SO läuft das in der Regel.

Genau das ist ein Hauptgrund für mich, diese "Was haltet ihr von ...?"-Fragen zu hassen :-))) (Mal davon abgesehen, daß man bei vielen dieser Fragen ja merkt, daß der Frager dieses Teil schon besitzt. *eg*) Wenn ich mir vorstelle, was wir alles angestellt haben, um den "Emilizer" zu testen - vorher / nachher - Hörprobe mit ausgewählten Gitarristen, vorher / nachher- Aufnahmen unter gleichen Bedingungen etc. pp. - was soll da die Aussage: "dieser Amp hat vergleichsweise crispe, klingende Höhen" bringen?
Wer soll denn solche Fragen denn eigentlich auch beantworten? Diejenigen, die das Teil besitzen, wären ja die ersten Ansprechpartner - aber die werden ja wohl das Teil nicht unbedingt verreissen - was man selbst hat ist toll, s.o. :-))) Oder sollen die antworten, die so'n Teil mal zwanzig Minuten in 'nem Musikgeschäft ausprobiert haben? Am interessantesten wären ja eigentlich die Antworten von Leuten, die so'n "erfragtes" Teil mal besessen haben und es dann verkauft haben: "WARUM ich meine(n) XXX verkauft habe"

Ein Test kann für mich eigentlich nur eine tiefergehende Produktvorstellung sein und auf Sachen eingehen, die der Vertrieb "vergißt" zu erwähnen - wen nervt nicht die z.B. irre lange Umschaltzeit bei Multieffektgeräten - da kann ein Test schon einiges hervorbringen (und man kann es objektiv vergleichen.) Ich persönliche mag Tests, in denen hauptsächlich subjektive Aussagen vorherrschen (der Sound, einfach unbeschreiblich, die Bespielbarkeit, fantastisch, das Programmieren, kinderleicht etc.) überhaupt nicht.

Bei vielen Test vermisse ich auch ganz einfach die "Roadtauglichkeit" - es soll ja auch Musiker geben, die nicht nur im Wohnzimmer spielen. (Ob sich 'ne Röhre auf der Bühne durch Erschütterung lockert ist die eine Sache - ob sie sich aber lockert, wenn ich mit 120 km/h über irgendwelche Bahnschienen fahre, 'ne andere. Krasses Beispiel, aber ich denke, ihr wißt was ich meine.)

Gibt es eigentlich Tests für, sagen wir mal, mmmmhhh ... Schuhe? Klar, man könnte objektive Sachen testen - die Sohle war nach 500 km bei achtzig Kilogramm Belastung auf sandigem Boden durchgelaufen - aber was würde die Aussage: "der Schuh ist äußerst bequem" bringen? Oder: "man kann äußerst leicht hineinschlüpfen" - wer? Jemand mit Plattspreizsenkfuß? Jemand mit hohem Spann und kleinem großem Onkel?

Wie oben gesagt - ein Test als tiefergehende Produktbeschreibung ist für mich ok - sobald mir zu viele Adjektive drin vorkommen, lese ich persönlich nicht mehr weiter.

Gruß

Oly


Re:

Hi Rainer!

Du hast da doch in der Tat mit einigen Vorurteilen aufräumen können; besonders Deine Ausführungen zum Verhältnis "Leser <-> Magazin <-> Anzeigenkunden" fand ich klasse, weil logisch erklärt.

Besten Dank,
Gruss,
WP


Re: (Meinung) Tests in Gitarre & Bass

Manche US Magazine (und auch das dahingeschiedene SOLO und das tools) bieten Herstellern die Möglichkeit des Kommentars zum Test, und zwar dem eigentlichen Test angehängt. In US Magazinen fand ich das zumeist lesenswert. Beim SOLO und beim tools nervt mich das beigepackte Werbegeseier der Hersteller (ok, meistens der Vertriebe.

Haben wir auch schon gehabt. Selten zwar, aber so einmal im Jahr passiert das. Wenn Du bei uns so etwas liest, dann ist das ein deutliches Indiz dafür, dass es sich um einen "Problemtest" handelte und der Hersteller nach Erscheinen der Ausgabe vor Wut unter der Decke geklebt hat, weil wir ihn nicht vorher gefragt haben oder nachträglich etwas zurücknehmen wollten (den Wunsch dazu hatte schon so mancher Hersteller).

Ich finde so etwas aber eigentlich auch deshalb in Ordnung, weil es meist unglaublich entlarvend ist und in den Fällen, die ich kenne, ein Eigentor des Herstellers. Denn unsere Leser sind da sehr aufmerksam und verstehen das schon!

Re: (Meinung) Tests in Gitarre & Bass (Hilfe... :D9 )

Hola Senores,

: Was aber nicht heisst, dass ich nicht trotzdem jeden Monat zur Bahnhofsbücherei renne, um mir die neue Ausgabe zu kaufen ;)


EBEN, dass regt mich ja so auf... da steht ja nicht wirklich was Interessantes drin, leider in letzter Zeit zu viel NuMeatal-Kram, die Moderne wird völlig ausgebledet (Roni Size/Reprazent oder FaunaFlash haben AUCH!!! live-Musiker... in diesem Zusammenhang sei nr mal auf auf das neue 4Hero-Werk hingewiesen... :D) ... Schade, Popade....

Ihr treuer Leser

Jan Hemme