Hallo liebe Aussensaiter,
inspiriert vom kürzlich laufenden Vibratoeinstell-Thread habe ich mal meine ganz persönlichen Erfahrungen mit der Stratocaster aufgeschrieben. Vielleicht ist es Euch mit Euren Instrumenten ähnlich gegangen und vielleicht kann es auch Anfänger dazu motivieren sich mit ihren Instrumenten zu richtig zu beschäftigen, ehe sie wieder in der Bucht landen.
Meine Beziehung zu dieser Gitarre war anfangs nicht ungetrübt und es dauerte einige Jahre, bis wir uns aneinander gewöhnten.
Manchmal scheint man sich im Kreis zu drehen. Nach einer Odysee durch verschiedene Gitarrentypen bin ich wieder da angekommen, wo ich angefangen habe: der Stratocaster.
Die Strat war genaugenommen meine zweite elektrische. Angefangen habe ich mit einer Framus, welche zwar eine Stratocasterform, dafür aber zwei Humbucker und einen festen Steg hatte. Ich habe diese Gitarre mehr als vier Jahre intensivst gespielt und war auch sehr zufrieden damit. Dennoch sah ich die Framus aufgrund ihres schmalen Halses ein Wenig als "Spielzeug" an und außerdem wollte ich eigentlich von Anfang an einen Vibratohebel. Dazu kam, dass alle alle meine "Helden" eine Stratocaster spielten. Als dann die günstigeren Squires in den Musikläden auftauchten entschloss ich mich die Framus in Zahlung zu geben und auf eine weisse Squier Stratocaster upzugraden.
Aber es war anfangs keine Liebesgeschichte - es dauerte recht lange bis ich mit ihren Eigenheiten zurechtkam. Jetzt erst wurde mir bewusst, wie unproblematisch die Framus war.
Angefangen hat es mit dem floating Vibrato. Da ich die Angewohnheit hatte den Handballen auf der Brücke aufzulegen verursachte ich dadurch immer Verstimmungen. Auch war ich enttäuscht, dass meine Unisono Bendings nicht mehr stimmten. Und natürlich war der Einsatz des Vibratohebels auch problematisch, da sich die Gitarre danach verstimmte.
Das zweite Problem war die Besaitung. Da ich nie viel Geld zur Verfügung hatte kaufte ich mir keine kompletten Saitensätze (welche damals 16 bis 20 DM kosteten!) sondern habe mir bei Bedarf (d. h. wenn Saiten gerissen sind) Einzelsaiten im örtlichen Musikladen gekauft. Damals ist mir nie aufgefallen, dass es eigentlich Akustiksaiten waren, die Framus mit den Humbuckern ist mit diesen klaglos zurechtgekommen. Auf der Stat klangen diese jedoch viel zu dünn.
Als weiterer Stolperstein entpuppte sich der Stegpickup. Jeder weiß, welche Sounds in den 80ern gefragt waren, der Strat Stegpickup war dafür viel zu schrill.
Es dauerte dann eine ganze Weile bis ich diese Probleme in den Griff bekam. Ein netter Gitarrenhändler in Stuttgart schenkte mir zwei Federn und erklärte mir, wie ich das Vibrato stillegen, bzw. aufliegend einstellen konnte. Die Akustikgitarrensaiten habe ich dann auch nicht mehr verwendet und parallel zu meinem Stegpickup habe ich einen kleinen Kondensator gelötet. Als wichtigste Modifikation habe ich einen "Treblebleed"-Kondensator zur Vermeidung von Höhenverlusten beim Zudrehen des Lautstärkereglers eingelötet.
Durch viele Gigs habe ich es dann geschafft "meinen Sound" zu finden und schließlich die Gitarre mit ihren Eigenheiten zu beherrschen. (Jahre später meinte jemand auf einer Session, ich würde meine Strat nicht wie eine Strat, sonder wie eine Les Paul spielen :-)
Als ich dann Geld in die Finger bekam fing sich das GAS-Karussell so langsam an zu drehen. Nacheinander wurden Tele, ES-335, Gretsch, und Mosrite meine Hauptgitarren.
Meine Strat war inzwischen an den Bünden dermaßen abgespielt, dass ich sie nur noch als Slidegitarre gebrauchen konnte. Und das auch nur in der offenen Stimmung, denn ein Capo schnarrte auch an den eingekerbten Bünden.
Ingendwann einmal fasste ich mir ein Herz und hab sie zur Neubundierung gegeben und breite Jumbobünde draufmachen lassen. In dem Zug liess ich noch die Guß-Saitenreiter durch normale aus Stahl ersetzen. Durch diese Maßnahmen, verbunden mit der Einstellarbeit des Gitarrenbauers ist die Gitarre für mich so toll spielbar geworden, dass sie alle meine anderen Gitarren in den Schatten stellt und sie deshalb schon einige Zeit meine erklärte Lieblingsgitarre ist.
Was macht eine Strat für mich zur besten Gitarre?
1) gute Ergonomie:
liegt ausgewogen am Gurt, lässt sich im Sitzen gut spielen
angenehmes Gewicht
angenehme Form schmiegt sich an Körper
Gute Erreichbarkeit Lautstärke- und Tonpotis, PU-Schalter
2) Vielseitigkeit
Vibrato lässt sich gut seinen Bedürfnissen anpassen
Vielseitiger Sound
Gute Einstellung der Intonation
Gute Modifikationsmöglichkeiten aufgrund einfachem Aufbau und vielseitigem Angebot
3) Robustheit
Einfache Konstruktion
Stabile Lage wg. geradem Halswinkel
Alles hat zwei Seiten: Durch ihre Vorzüge hat sie eine dementsprechend hohe Beliebtheit. Dadurch gibt es natürlich auch viele Strats und Statspieler und obwohl mir das Design gefällt, habe ich mich irgendwie schon daran sattgesehen.
Aber wenn man sie selber umhängen hat, dann sieht man sie ja nicht :-)
Gruß
Dan