Liebe Gemeinde!
Beim Autofahren gibt es Schleuderkurse und Bremstraining. Nicht um zu schleudern oder um bei voller Fahrt zu bremsen sondern um für den Fall des Falles gewappnet zu sein. Der Fall des Falles ist ein falscher Ton im Solo. So ein richtig falscher Ton, der so überhaupt nicht in die Tonart passen will und noch nicht einmal als Jazz durchgeht. Ein so falscher Ton, dass mehr als die Hälfte des Publikums merkt, dass er falsch ist. Und wir als der Gitarrenspieler haben es auch gemerkt. Was jetzt? Das Solo ist ins Schleudern gekommen, jetzt heißt es gegenlenken.
Ziemlich sicher ist ein passender Ton in der Nähe - einen Bund hoch oder runter. Wir haben folgende Möglichkeiten:
1. Bending nach oben
2. Hammering nach oben
3. Slide nach oben
4. Pull-off nach unten
5. Slide nach unten
6. Benutzung des Vibratohebels
7. aushaken
Genug gelabert, jetzt meine Übung. Ein Backing, etwas Langsames am besten und harmonisch möglichst einfach. Ein schönes Lick spielen und jetzt mal bewusst daneben greifen. Autsch. Rettungsmaßnahme 1. Bending nach oben. Zwei Hürden sind hier zu nehmen. Erstens muss das Bending auf einem richtigen Ton enden und das zweitens bitteschön auch noch im Timing. Jetzt foppen wir das Publikum, indem wir den nächsten Ton ganz bewusst wieder einen Halbton zu niedrig greifen und wieder auf einen richtigen benden und den nächsten vielleicht auch noch. Jetzt wirkt es hoffentlich, als wäre das von Anfang an alles so gewollt gewesen. Genauso geht das mit Hammering eines Halbtons nach oben oder Pull-off eines Halbtons nach unten.
Beim Sliden kommt es nach meinem Geschmack besser, nicht nur einen Halbton rumzurutschen sondern eine richtige Strecke. Ob hoch oder runter sliden, ist eine Frage, wo man gerade auf dem Hals unterwegs ist. Aber auch hier gilt: Der Zielton muss natürlich dann "richtig" sein und das auch noch im Timing. Dann wieder von einem falschen Ton aus anschlagen, wieder auf einen richtigen sliden, nochmal und dann vielleicht fixen Lauf hinterher und die Muckerpolizei schiebt beeindruckt die Unterlippe nach vorne...
Das Prinzip sollte klar sein, für den Vibratohebel muss ich das ja wohl nicht nochmal erklären, oder?
Bleibt die laufende Nummer 7. "Aushaken". Noch einen falschen Ton hinterher. Diese Mal bitte auch bewusst im Timing daneben! Und so richtig, richtig, richtig viele Töne so daneben wie es geht, Two-Hand-Tapping auf allen Tönen dieser Welt und denen dazwischen, Mikroständer über die Saiten sliden, wilde Hebel-Attacken, Gitarre hochwerfen, Gitarre umdrehen und mit links spielen, grinsen und ab wieder auf richtige und schöne Töne.
Scheint ganz einfach zu sein, oder? Eben mal hoch oder runter rutschen, bißchen Saiten ziehen oder eben was tappen oder sich völlig zum Horst machen. So einfach ist es aber nicht, aus einem falschen Ton einen richtigen zu machen. Bei dem falschen Ton wie bis jetzt beschrieben, ist nämlich nur die Tonhöhe erkennbar falsch. Gibt aber noch andere Sachen, die man furchtbar falsch machen kann. Einen "richtigen" Ton machen auch andere Dinge als nur die Tonhöhe aus. Erstens Timing. Wenn ein Ton im Timing irgendwo im Nirvana ist, dann ist das schon ziemlich blöd. Zweitens der Ton selbst. Wenn der nicht so gespielt ist, wie er gemeint ist, kraftlos, unentschlossen, halbherzig und unkonzentriert, dann bringt es das nicht.
Das Tolle an der Übung ist, dass man sehr schnell merkt, dass ein Ton, der nur in der Höhe falsch ist, mit den Maßnahmen 1. bis 7. ganz einfach zu reparieren ist. Ein Ton, bei dem weder Höhe noch Timing noch Kraft stimmen, ist es verdammt schwer, noch die Kurve zu bekommen. Hey - wenn der Nebeneffekt dieses Notfalltrainings jetzt ist, immer auf richtiges Timing und Kraft im Ton zu achten, dann bringt das wirklich was.
Probiert es mal aus!
Gruß
erniecaster
Übersicht
- (Gitarre) Üben mit falschen Tönen - gestartet von erniecaster 11. Oktober 2007 um 22:18h
- Re: (Gitarre) Üben mit falschen Tönen
- von
bluesfreak
am 12. Oktober 2007 um 12:14
- Re: (Gitarre) Üben mit falschen Tönen
- von
Michael (Jacuzzi)
am 12. Oktober 2007 um 14:09
- Re: (Gitarre) Üben mit falschen Tönen
- von
Michael (Jacuzzi)
am 12. Oktober 2007 um 14:09
- Re: (Gitarre) Üben mit falschen Tönen
- von
Johannes
am 12. Oktober 2007 um 11:30
- Re: (Gitarre) Üben mit falschen Tönen
- von
muelrich
am 12. Oktober 2007 um 07:30
- Re: (Gitarre) �ben mit falschen T�nen
- von
littlewing
am 12. Oktober 2007 um 00:30
- Re: (Gitarre) �ben mit falschen T�nen
- von
Johannes
am 12. Oktober 2007 um 11:25
- Re: (Gitarre) �ben mit falschen T�nen
- von
Johannes
am 12. Oktober 2007 um 11:25
- Re: (Gitarre) Üben mit falschen Tönen
- von
ullli
am 12. Oktober 2007 um 00:10
- Re: (Gitarre) Üben mit falschen Tönen
- von
Rolli
am 11. Oktober 2007 um 23:04
- Re: (Gitarre) Üben mit falschen Tönen
- von
Michl
am 11. Oktober 2007 um 22:40
- Re: (Gitarre) Üben mit falschen Tönen
- von
ferdi
am 11. Oktober 2007 um 22:28
- Re: (Gitarre) Üben mit falschen Tönen
- von
bluesfreak
am 12. Oktober 2007 um 12:14
Hi,
ich begegne den falschen Tönen anders, wenngleich mit ähnlicher Zielsetzung.
Variante A:
naserümpfend den Bassisten angucken
Variante B:
genervt guckend an den Knöpfen des Amps herumdrehen (Ausgangsstellung merken), Alternative: so tun als ob mit Effekten was nicht stimmt
Variante C:
ihn zum chromatischen Übergangston erklären und was einigermaßen Passendes hinterherschicken
Variante D:
nichts einigermaßen assendes hinterherschicken, sondern den gleichen Ton nochmal spielen, mit dem ernsthaften "wer das nicht als duftes Outside-Play erkennt, hat keine Ahnung von Jazzelementen in der Rockmusik"-Blick
Ich werde jetzt aber auch welche von deinen Varianten ausprobieren.
Gruß, ferdi
ich begegne den falschen Tönen anders, wenngleich mit ähnlicher Zielsetzung.
Variante A:
naserümpfend den Bassisten angucken
Variante B:
genervt guckend an den Knöpfen des Amps herumdrehen (Ausgangsstellung merken), Alternative: so tun als ob mit Effekten was nicht stimmt
Variante C:
ihn zum chromatischen Übergangston erklären und was einigermaßen Passendes hinterherschicken
Variante D:
nichts einigermaßen assendes hinterherschicken, sondern den gleichen Ton nochmal spielen, mit dem ernsthaften "wer das nicht als duftes Outside-Play erkennt, hat keine Ahnung von Jazzelementen in der Rockmusik"-Blick
Ich werde jetzt aber auch welche von deinen Varianten ausprobieren.
Gruß, ferdi
Hallo Matthias,
schönes Posting und eine hübsche Idee. Erinnert mich an etwas,
was ich mal im Booklet zur remasterten Deep Purple "In Rock" gelesen habe:
am Ende des Intros zu "Speed King" spielt Blackmore einen unmöglichen Ton
mit gedrücktem Vibratohebel, der beim Loslassen harmonisch passt.
Es wird ruhig, John Lord bekommt Raum und spielt fast barocke Töne.
Mittendrin produziert er versehentlich einen dissonanten Akkord, alle erwarten, dass er aufhört.
Stattdessen löst er über weitere dissonante Töne vollkommen logisch auf und los gehts.
Klingt, als hätte er nie etwas anderes vorgehabt.
Musik ist etwas wunderbares. Ich geh' jetzt üben...
Grüsse, Michael
schönes Posting und eine hübsche Idee. Erinnert mich an etwas,
was ich mal im Booklet zur remasterten Deep Purple "In Rock" gelesen habe:
am Ende des Intros zu "Speed King" spielt Blackmore einen unmöglichen Ton
mit gedrücktem Vibratohebel, der beim Loslassen harmonisch passt.
Es wird ruhig, John Lord bekommt Raum und spielt fast barocke Töne.
Mittendrin produziert er versehentlich einen dissonanten Akkord, alle erwarten, dass er aufhört.
Stattdessen löst er über weitere dissonante Töne vollkommen logisch auf und los gehts.
Klingt, als hätte er nie etwas anderes vorgehabt.
Musik ist etwas wunderbares. Ich geh' jetzt üben...
Grüsse, Michael
Schönes Posting Matthias!
: Das Tolle an der Übung ist.....
Was heisst hier Übung, das ist seit Jahrezehnten die Essenz meines Solospiels :-)
Grüße
Rolli
: Das Tolle an der Übung ist.....
Was heisst hier Übung, das ist seit Jahrezehnten die Essenz meines Solospiels :-)
Grüße
Rolli
Schoener Beitrag, ernie, Danke!
gut Ton!
ullli
gut Ton!
ullli
in einem solchen fall spiel ich den ton immer und immer wieder, bis allen klar ist, dass er GEWOLLT war ;),
lg, toller beitrag,
d.
lg, toller beitrag,
d.
Hallo Matthias,
ad1: schöner Beitrag
ad2: wie Du selbst und auch einige der bisherigen Antworten schon aufgezeigt haben, benutze ich bisher die Methode der Wiederholung. Kann man sicherlich auf einigen meiner Aussenjams auch hören. Hat bisher auch live ziemlich gut fonktiuniert.
Liebe Grüße
Uli
ad1: schöner Beitrag
ad2: wie Du selbst und auch einige der bisherigen Antworten schon aufgezeigt haben, benutze ich bisher die Methode der Wiederholung. Kann man sicherlich auf einigen meiner Aussenjams auch hören. Hat bisher auch live ziemlich gut fonktiuniert.
Liebe Grüße
Uli
: in einem solchen fall spiel ich den ton immer und immer wieder, bis allen klar ist, dass er GEWOLLT war ;),
:
Brian Eno hat einmal gesagt: "Honor your mistake as a hidden intention." Recht hatter :-)
Viele Grüsse,
Johannes
:
Brian Eno hat einmal gesagt: "Honor your mistake as a hidden intention." Recht hatter :-)
Viele Grüsse,
Johannes
Hallo erniecaster,
schöner Beitrag. Das hier möchte ich nochmal unterstreichen, weil ich es auch immer wieder festgestellt habe:
:
: Das Tolle an der Übung ist, dass man sehr schnell merkt, dass ein Ton, der nur in der Höhe falsch ist, mit den Maßnahmen 1. bis 7. ganz einfach zu reparieren ist. Ein Ton, bei dem weder Höhe noch Timing noch Kraft stimmen, ist es verdammt schwer, noch die Kurve zu bekommen.
Kurz gesagt: Wenn das Timing und die Energie dahinter stimmt, ist es fast egal, was für Töne man spielt. (Und leider habe ich bei meinem Timing reichlich Übungsbedarf festgestellt :-))
Viele Grüsse,
Johannes
schöner Beitrag. Das hier möchte ich nochmal unterstreichen, weil ich es auch immer wieder festgestellt habe:
:
: Das Tolle an der Übung ist, dass man sehr schnell merkt, dass ein Ton, der nur in der Höhe falsch ist, mit den Maßnahmen 1. bis 7. ganz einfach zu reparieren ist. Ein Ton, bei dem weder Höhe noch Timing noch Kraft stimmen, ist es verdammt schwer, noch die Kurve zu bekommen.
Kurz gesagt: Wenn das Timing und die Energie dahinter stimmt, ist es fast egal, was für Töne man spielt. (Und leider habe ich bei meinem Timing reichlich Übungsbedarf festgestellt :-))
Viele Grüsse,
Johannes
Servus,
geniales Posting, musste grad kräftig schmunzeln...
Allerdings muss ich gestehen daß ich meist zu faul bin aus dem falschen Ton was zu machen, werd mal die Liste von Dir als Vorgabe verwenden und versuchen abzuarbeiten. Allerdings halt ichs meist mit der Maxime das auch den Großen sowas passiert, gut zu hören z.B. auch bei The Reverend himself hier und da ich auch grad erste Schritte im Sliden (u.a. für Tush, Stay with me usw.) mache find ich meine Soloversuche grad gar nimmer so schräg...
Gruß
Stefan
geniales Posting, musste grad kräftig schmunzeln...
Allerdings muss ich gestehen daß ich meist zu faul bin aus dem falschen Ton was zu machen, werd mal die Liste von Dir als Vorgabe verwenden und versuchen abzuarbeiten. Allerdings halt ichs meist mit der Maxime das auch den Großen sowas passiert, gut zu hören z.B. auch bei The Reverend himself hier und da ich auch grad erste Schritte im Sliden (u.a. für Tush, Stay with me usw.) mache find ich meine Soloversuche grad gar nimmer so schräg...
Gruß
Stefan
Lieber Stefan,
: ... z.B. auch bei The Reverend himself hier ......
Danke für diesen wundervollen Link. Es gibt keine falschen Töne.
(Und was Kid Rock betrifft, bin ich ganz bei Pam: Der hat einfach was, der Junge ....)
Gruß,
Michael
