(Philosophie) Pat Metheny Konzert/Wayne Shorter CD


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Beitrag von Woody vom Juni 13. 2005 um 22:44:33:

Hallo zusammen,
es überschlagen sich die Ereignisse.
Am Donnerstag begab sich Pat Metheney zum Gitarrespielen in die Kölner Philharmonie, heute gab es eine neue CD von Wayne Shorter, Beyond The Sound Barrier.

Also Pat Metheny.
Am 29.03.05, so ist meiner Karte zu entnehmen, habe ich dieselbe erstanden, für den stolzen Preis von 30 € , als drittletzte verfügbare Karte in der billigsten Kategorie.
Am 9.6. gab es dann schließlich einb Konzert in der bis auf den letzten Platz ausverkauften Philharmonie.
Ich saß, diplomatisch ausgedrückt, doof. Auf der Chorempore hinter der Bühne, über den Lichttraversen. Die Beschallung war natürlich nach vorne gerichtet, nach hinten gab es gerade zwei kleine Boxen im größeren Monitor-Format, die oben auf den Lautsprechertürmen der Saalbeschallung hockten.
Auf die choremporen waren Lehnstühle gestellt, die Balkonbrüstung erlaubte es nur, entweder zu sehen, oder anständig zu sitzen, also saß ich die ganze Zeit halbverdreht vorne auf der Stuhlkante.
Zu Beginn der Show hatte es sich ein findiger Beleuchter ausgedacht, daß es ein wahnsinnig tolles Bild gäbe, die sieben Balkone von sieben Scheinwerfern anstrahlen zu lassen, so daß mir während des halben ertsen Stückes ein Bühnenscheinwerfer in die Fresse leuchtete.
Der Sound war ja nun auch in erster Linie Indirektschall der von den Rängen zurückkam.
Die Gitarre war sehr laut und immer gut zu hören, das Schlagzeug (besonders die Becken) in keiner Weise zu überhören, das Klavier war Brei, der Bass bestenfalls zu erahnen, der Rest weitestgehend Stummfilm.
Die erste Stunde in etwa spielten die Sechs fast in einem durch, zu jedem Stück wurde von zwei Technikern mindestens eine neue Gitarre herangeschleppt, bei manchen Stücken spielte Herr Metheny drei unterschiedliche Klampfen; daß auch vor jedem Stück die Gitarre gewechselt wurde brauche ich wohl nicht zu erwähnen.
Neben Bass, Drums, Klavier/Keyboards gab es noch drei hoffnungsvolle Jungtalente in der zweiten Reihe, die abwechselnd die unterschiedlichsten Instrumente bedienten, darunter auch diverse Gitarren, meistens aber Rässelchen und Räppelchen, Stabspiele, Mundharmonikas und Trompeten. Der Trompeter war aber oft mehr damit beschäftigt, an seinen Effekten herumzudrehen, als tatsächlich zu spielen.
Aber gehört habe ich ihn ja ohnehin selten.
Die Musik der ersten Stunde Programm fand ich ziemlich furchtbar. Wall of Sound, viel auskomponiertes Zeug, die Leadgitarre immer noch mit Mundharmonika, Trompete oder Gesang mitgespielt, nur vier wirkliche Soli.
Und ein enervierendes Sechszehntelpattern, daß ich zum Schluß nicht mehr hören konnte. Musik, die zu einer Fernsehdokumentation über den Untergang des römischen Reiches gepasst hätte, mit Zeitlupenbildern von auf dem Schlachtfeld sterbenden Legionären zwischen Sumpf und Nebelfetzen.
Dann gingen die Begleitmusiker ab, Pat Metheny sagt "Hallo" und "Das war die neue Platte". Gut, die werde ich mir also nicht kaufen.
Bis hierhin hatte ich mich also für 30 Eypo veritabel über den Sound und den Sitzplatz geärgert und mich gepflegt gelangweilt.

Der zweite Teil des Konzerteswurde dann wesentlich spannender.
Mit kleineren, wechselnden Besetzungen wurden dann Stücke gespielt und viel, sehr viel improvisiert. Das kann der Mann mit der Mopfrisur und den Ringelpullis nämlich richtig gut. Die Gitarrenbeherrschung ist unglaublich, das Spiel zu jeder Zeit absolut flüssig, und ich habe keinen Ton gehört, der nicht gut klang. Und das auch in affenartigem Tempo. Das war wirklich beeindruckend. Und bei keinem seiner Soli habe ich mich gelangweilt, im Gegenteil.
Und nach zwei weiteren Stunden fand ich es dann schade, daß das Konzert schon zu Ende war.
Fazit: Augen zu und durch hat sich gelohnt.
Ehrlich gesagt, zusehen beim Spielen wollte ich ihm auch nicht unbedingt, aber einen besseren Sound hätte ich sehr gern gehabt, was aber aufgewogen wurd durch einen tollen zweiten Konzertteil.
Der technische Aufwand, den die Pat Metheny Group treibt, ist fast schon lachhaft. Der Keyboarder z.B. hatte seinen eigenen Konzertflügel mit Midiinterface mitgebracht, zwei weitere Keyboards und zwei Laptops.
So viele lustige Gitarren wie an dem Abend werde ich auf einen Haufen wohl auch nicht wieder sehen.


Dann habe ich mir heute die neue CD von Wayne Shorter gekauft.
Da bin ich direkt schwer begeistert von. Ich werde wohl noch viele viele Durchläufe brauchen, bis ich sie verstehe, aber sie bringt das Erlebnis des live-Konzerts von damals wirklich in mein Wohnzimmer. Wobei meine Stereoanlage mit dem gigantischen Sound und der großen Dynamikspannweite einfach überfordert ist.
Nichts für Zwölftaktmusiker, aber ein Lehrstück, welche Bandbreite an Sounds und Dynamik man mit einem simplen akustischen Quartett (sax, bass, drums piano) erreichen kann.
Das würde ich Pat Metheny allemal vorziehen.


Gruß,
Woody


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