Re: (Meinung) Mein Problem mit "innovativ"


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Beitrag von Martin Abend vom Juni 13. 2005 um 17:33:29:

Als Antwort zu: (Meinung) Mein Problem mit geschrieben von Oly am Juni 13. 2005 um 16:46:40:

Noch was generelles zum Thema "Innovation in der Musik".

Letztendlich ist auch Innovation keine absolute Grösse. Egal, was man so macht: irgendeiner kommt immer und behauptet, dass Captain Beefheart das '67 schon längst eingeführt hat.

Zunächst würde ich 2 Ebenen unterscheiden: Technische und musikimmanente Innovationen. Technische sind z.B. die Benutzung eletronischer Klangerzeuger gewesen, oder z.B., frei nach dem Beuys'schen Kunstbegriff - die Einbindung arbitärer Klangerzeuger in einen musikalischen Kontext, siehe Einstürzende Neubauten.

Musikimmanente Innovationen sind da schon schwieriger rauszuhören. Grunge z.B. war m.M. nach alles andere als innovativ. Das waren die 70 mit mehr verzerrten Gitarren. /Siehe auch Mike Watts'Song "The Kinds Of Today Should Defend Themselves Against The 70ties")

Aber nehmen wir nochmal Sonic Youth. Da wurde - zumindest sehe ich das so - aus Punk und Proto-Punk (wie Stooges, MC5) und Lärm mithilfe dekonstruktivistischer Methoden durchaus etwas innovatives geschaffen: Man konnte sich wieder der Rockmusik bedienen, ohne in die typischen rockistischen Fallen zu tappen - eben genau jenes Gesicht-Verzerren bei Gitarrensoli.

Dekonstruktivistisch dran war die Idee, "Rock" mit seinen eigenen Ausschliessungen zu konfrontieren. Z.B. Gitarren nach eigenen Vorstellungen zu stimmen, um eigene Klangästhetiken zu erreichen (jaja, Beefheart, ich weiss), um den üblichen Schweinerockklischees zu entgehen. Oder Songs zu steigern, ohne, dass es zum Höhepunkt kommt. Oder das outro doppelt so lange zu spielen, wie den eigentlichen Song.

Eine weitere Idee, die z.B. auch mit kunsttheoretischen/psychoanalytischen Überlegungen dieser Zeit einherging, war, den Aspekt des "Rests" wieder in's Zentrum zu Rücken. Die Fragestellung war also: Was kommt beim Rock hinten raus? Was passiert, wenn man versucht, ROCK ohne Rock zu spielen? Wenn man den Stil als Text liesst: Wodurch wird er bedingt? Was muss er auslassen, um sich selbst zu konstituieren? Oder, wie bei den Kollegen der "ernsten" Musik: Wie kann man denn heute komponieren, ohne, dass man in die Klischees vorheriger Generationen verfällt? Branca und Young waren da sicherlich das eine Extrem, Philip Glass das andere.

Andere Bands/Künstler sind andere Wege gegangen, um da raus zu kommen, wie z.B. sich einer verfremdeten Heavy Metal Ästhetik zu bedienen (Napalm Death, John Zorn), oder haben sich der Country Musik zugewandt (Uncle Tupelo, die alt.country-"Bewegung")

Wie gesagt: Das kann man so sehen, muss man aber nicht. Undmögen muss man das alles auch nicht.

MAddin


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