Unterschiedlicher Zugang zur Musik (war: (Aussenjam) AJ29: THEORIEFREI)
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Beitrag von Friedlieb vom Juni 03. 2005 um 15:59:09:
Als Antwort zu: Re: (Aussenjam) AJ29: THEORIEFREI geschrieben von muelrich am Juni 03. 2005 um 06:47:53:
Hi Uli, : damals, als mir Leute so'n scheiss erzählten wie: Noten, Theorie, eh Alter, da mach ich mir bloß meinen Stil kaputt...
siehste, das meinte ich mit dem Bier. Es gibt ja nun verschiedene mögliche persönliche Standpunkte zu fast jedem Thema, jeder hat seinen eigenen, jeder mit einer gewissen Berechtigung, alle haben irgendwie recht und manchmal auch unrecht. So ist das mit Noten auch. Manche können was damit anfangen, andere halten sie für unverzichtbar, andere für absolut verzichtbar, noch andere für schädlich. Jeder nach seinem Gusto. Man tut sich ja nichts.
Und hier komme ich endlich zum Bier: wenn wir also in Bierlin so schön beisammen sitzen werden, dann wirst Du an dem Grinsen in den Gesichtern sofort ablesen können, wie bestimmte Dinge gemeint sind. Auch wenn gerade mal kein ;-) dabeisteht.
Bestimmte Dinge sind zum Beispiel: spitze Kopfplatten sind böse, Röhren sind gut, alles andere saugt, dünnere Saiten als .013er für die hohe E sind nur für Mädchen, Floyd Rose ist total scheiße, die Musikindustrie ist böse, Gibson ist wie Harley und Yamaha ist wie Yamaha, Noten sind schlecht, Stereo ist Teufelszeug, und so weiter. Alles Meinungen, die man haben kann, teilweise erstaunlicherweise sogar begründen, die man aber nicht teilen muß, auch hier nicht. :-)
Trotzdem gehört es nahezu zum "guten Ton" in der hiesigen Aussensaiter-Kneipe, daß jeder der oben genannten Allgemeinplätze mindestens einmal pro Woche vorgetragen werden muß, und zwar bierernst. Was uns wieder zum Bier zurückbringt. Es ist nämlich meistens nicht so ernst gemeint, auch wenn es sich so liest.
Beispiel Floyd Rose - es ist bekannt und unbestritten, daß manche Floyd Rose Systeme unter bestimmten Umständen auf manchen Gitarren den Klang zum schlechteren verändern (wobei "schlechteren" jetzt schon wieder subjektiv ist). Daraus wird dann "Floyd Rose ist böse", ungeachtet der auch unbestrittenen Tatsache, daß es je nach Anwendung auch schonmal Vorteile haben kann. Die Frage ist, ob man jedesmal aufs Neue Lust und Zeit hat, alle Vor- und Nachteile wirklich eingehend zu betrachten und bis zuende zu diskutieren - was wir ja oft genug auch machen. Dann kürzt man halt ab...
Wie Eddie eben ja schon schrieb, nähern wir uns der Musik von individuell verschiedenen Richtungen. Die Musik bleibt aber die selbe, und die vereint uns.
Unterschiedliche Zugänge zur Musik sind sowas wie die beiden Seiten einer Medaille: Man sollte nie vergessen, daß es ein und dieselbe Medaille bleibt.
Mein Spruch mit den Noten hat auch so eine Geschichte, die ich jetzt doch mal der Allgemeinheit erzähle und nicht erst in Bierlin.
Outing: also, ich tue mich schwer mit Noten. Ich habe sie mal irgendwann gelernt und kann sie auch, wenn man mir nur genug Zeit läßt, lesen. Auf der Gitarre kann ich für jede Saite und jeden Bund sofort sagen, wie der Ton heißt. Wetten? Sag mal! 5. Bund E-Saite. A! Siehste, das war der Beweis. Wenn ich ein Stück höre, dann kann ich je nach Komplexität für meine Verhältnisse schnell genug mitspielen. Bei geschriebenen Noten bin ich ein hoffnungsloser Dilletant, in der Musiktheorie ebenso. Ich glaube aber, für mein Musikerleben keine Noten zu brauchen, und bin damit eigentlich zufrieden.
Nun war ich aber mal eine Zeitlang mit Leuten konfrontiert, die musikerpolizeimäßig immer drauf rumgeritten haben, wie wichtig es für jeden ernsthaften Musiker doch ist, Noten zu können, und wer keine Noten lesen kann, der soll erst überhaupt nicht wagen, sich als Musikant zu bezeichnen.
Um darüber keine Komplexe zu bekommen (und auch, um nicht Noten lesen lernen zu müssen...), habe ich mich damals in einen Abwehrmodus geflüchtet, etwa so: "was seid ihr doch so arrogant, die ihr so begnadete Musiker wie Stevie Wonder oder Jeff Healey aus eurem Kreis ausschließt". Blinde können schließlich grundsätzlich genau so gut Musik machen wie Sehende, nur daß sie keinen Gebrauch von visualisierenden Hilfsmitteln machen können. Der Vorwurf der fehlenden political correctness trifft also jene, die behaupten, ohne notenvomblattlesenkönnen sei man kein Musiker. Wer hingegen Noten für sich als nützlich und gut erachtet, der kann das ja tun, ohne das irgendjemand auch nur das Geringste dagegen vorbringen könnte.
Diese lange Geschichte ironisch überspitzt heißt dann eben "Noten sind nicht p.c. weil sie Blinde ausgrenzen".
Was den älteren Lothar-Thread betrifft, so ist es doch einfach nur so: Die Aussenjams sind so wie sie sind. Take it or leave it. Die wenigsten Leute, die ein Backing machen, schreiben die Noten oder das Metrum auf. Deshalb bringt es nichts, immer wieder aufs neue danach zu fragen, denn würden solche Unterlagen existieren, so wären sie direkt mitgeliefert worden (hat Jochen auch schon ein paarmal geschrieben).
Auch an Lothar: die wenigsten Sachen hier sind bös gemeint. Man muß nur schonmal zwischen den Zeilen lesen. Naja und das Bier halt...
Keep rockin' Friedlieb
NP: Richie Sambora - Who I am
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