Re: (Philosophie) "the star spangled banner" (Hendrix) Versuch einer Analyse


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Beitrag von ferdi vom Dezember 14. 2003 um 11:16:21:

Als Antwort zu: (Philosophie) geschrieben von wilhelm am Dezember 14. 2003 um 01:33:15:

Hi,

schön zusammengefasst.

Das alles würde ich als Gesellschaftskritik verstehen, die in ihrer Schärfe aber haarscharf als Verunglimpfung einer Nationalhymne und damit eines Staates hätte interpretiert werden können (ich glaube da sind die meisten Staaten ziemlich empfindlich).

Ich würde noch einen Schritt weitergehen und behaupten, Teilen der US-Bevölkerung wurde klar, dass die TV-Version der Nationalhymne eine Verunglimpfung bzw ein propagandistischer Missbrauch war. Hendrix konnte demnach für etwas, wovon viele überzeugt waren, nicht öffentlich angeprangert werden. In einer späteren, posthumen Radio-Biographie ("life lines", ich weiß nicht, welcher Sender) wurde stattdessen Hendrix' Mitgliedschaft bei den berühhhmtem Screamin' Eagles, der Elite Luftlandetruppe (51st Airborne oder so) herausgestellt. Hendrix als der wahre Patriot, sozusagen.

Soviel zu Somit stand hier Hendrix wohl mit einem Bein im Gefängnis. Über Reaktionen der Presse oder Öffentlichkeit ist mir nichts bekannt.

Weiterhin schreibst du
Aus Filmauschnitten weiß ich nur, daß Dick Garret in seiner gleichnamigen Talkshow Hendrix`s Darbietung als "unorthodox" bezeichtnet hatte, worauf Hendrix aber lediglich erwiderte, das er sie nicht unorthotox sondern "schön" fände, sich hier offenbar auf eine Diskussion garnicht einlassen wollte (wie gesagt, kenne ich nur Ausschnitte der Talkshows, vielleicht wurde das Thema doch noch vertieft).

Das war doch nun wirklich total oberflächliches TV-Blabla. Ernsthafte Kritik war weder beabsichtigt noch wurde sie erwartet. Der Verweis auf die Unorthodoxie der hendrix'schen Nationalhymnenversion war ebenso salopp wie der auf den Kimono, den er trug, nicht? Das Publikum kicherte beherzt und damit war's gut. Ich jedenfalls kann keinen Gegenwind zu Hendrix' Version erkennen. Und: hieß der Moderator nicht Cavett? Muss nochmal nachgucken.


Somit triffst du mMn ins Schwärzeste, wenn du behauptest Zum Glück ordneten die Verantwortlichen bzw. Machthaber wohl seine Interpretation der Nationalhymne unter künstlerischer Freiheit ein [und ordneten] Hendrix`s Darbietung lediglich als Variante, vielleicht sogar als "Gag" [ein].


Wenn ich die Woodstock-Version sehe und mir ins Gedächtnis rufe, wieviel Arbeit es ist, mit Strat, Fuzz, Octaver und Vibe mittles massiven Tremoloeinsatz eine abgeworfene Napalmbombe zu simulieren, dann kommt mir zu deiner Beobachtung er vermied nämlich auffallend, beim Spielen der Hymne irgendwelche optischen Mätzchen zu machen, er stand ganz ruhig da, wollte wohl damit der Sache eine gewisse Würde, Ernsthaftigkeit verleihen, nicht in den Verdacht geraten, die Hymne, und vor allem auch die Menschen, auch die rechtschaffenen, die respektvoll bei ihr die Hand zum Herzen führen, verhöhnen zu wollen. am ehesten ein, dass es voller Konzentration bedarf, das zu leisten. Dagegen ist ein Purzelbaum mit Strat bei "Rock Me Baby" eine Kleinigkeit. Respekt und Rücksicht ok, immerhin kritisierte er mit der Version das massenhafte Sterben von Menschen, aber nicht Rücksicht auf die Patrioten im konservativen Sinne.

Denn diese Hymne (wie andere auch) für sich gesehen, kann ja ruhig stellvertretend für Ideale stehen, dann ist ja in Ordnung, wenn man ihr mit Respekt gegenübertritt. Das traue ich Hendrix weder zu noch geben es irgendwelche Biografien (die am besten rechercierte ist mMn "Crosstown Traffic" von Charles Murray) her. Ich sehe die Woodstock-Version von "Star Spangled Banner" als eine Entlarvung des propagandistischen Missbrauchs der Hymne und ein in-der-Luft-Zerreißen des falschen Ideals der Weltpolizei USA, die mal eben hier und da Probleme durch militärische Übermacht löst. Übrigens immer noch topaktuell das Ganze...

Danke für den interessanten Denkanstoß.

cu, ferdi


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