PUR ist am besten (war: Effekte für jeden Song den passenden Sound)


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Beitrag von Michael (Jacuzzi) vom September 19. 2003 um 16:34:48:

Als Antwort zu: (Effekte) für jeden Song den passenden Sound (wie macht Ihr das??) geschrieben von Oliver am September 17. 2003 um 17:14:18:

Lieber Oliver,

jetzt gebe ich auch noch ganz schnell meinen Senf dazu, weil ich nämlich finde, dass ein Gesichtspunkt bislang nicht genügend Berücksichtigung gefunden hat, und das ist die Zahl bzw. Art deiner Mitmusiker, insbesondere im Hinblick auf die Benutzung von Delays & Chorus.

Also wenn's zum Beispiel ein Trio werden sollte, passen natürlich Effekte bis zum Abwinken rein. Da kann man auch mal drüber nachdenken, das Effektboard zweistöckig anzulegen. Ich war vor ein paar Monaten in Scott Henderson: Das war vielleicht mal schön, was der für einen Raum hatte & was der damit alles gemacht hat. Der stand mit einem Fuss immer auf irgendsoeinem Gerät, und meistens hat man auch gemerkt, dass sich was verändert. Ich hatte übrigens das Gefühl, dass seine beiden Mitstreiter selbst immer ein wenig neugierig drauf waren, wie's als nächstes klingen wird ....

Ist natürlich auch so, dass man das Triospielen im Kreuz haben muss. Nicht jeder ist wohl dazu in der Lage, einen Sound hinzubringen, der dafür groß genug ist (und nicht durch Effekte künstlich hochgezüchtet werden muss).

BTW: Wie hieß noch gleich der Police-Gitarrist: Andy Summers oder so ähnlich? Und ist hier einer alt genug, sich an die Rocknacht mit Police 1980 oder 1981 zu erinnern, wo er diese hochgerüstete Tele gespielt hat? War da ein Humbucker drin oder täuscht mich die Erinnerung? Ich war einen Tag später in der Mutter aller Musikläden, dem Musik-Eck, bei Fex, dem Vater aller Musikalienhändler, und das ganze Geschäft inklusive Kunden hat einen Tag lang Kaffe getrunken, geraucht (darf man heut auch nicht mehr) und über diese Gitarre diskutiert.

Ich schweife ab, aber heute ist einer dieser herbstlichen Maitage mit den entsprechenden Anwandlungen. Kommt hinzu, dass hier immer um diese Jahreszeit die Sonne ins Büro scheint, und da denkt man gern mal an die sonnigen Achtziger zurück (bzw. an die Achtziger, die 1981 noch sonnig aussahen).

Was ich eigentlich sagen wollte, war: Dieser Gitarrist ist für mich das Paradebeispiel eines Trio-Gitarristen, der es eben nicht nur im Sound, sondern auch im Händchen hatte. (Darüber, dass Sting zu Lasten seiner Mitmusiker immer zu viel Ruhm & Ehre eingeheimst hat, diskutieren wir dann andermal.)

So, jetzt aber zur anderen Variante: Wenn deine Band ein bisschen dicker besetzt ist, empfiehlt sich, meiner Erfahrung nach, dringend eine Soundreduktion auf das Wesentliche, und da gehört insbesondere ein Delay (das meistens ohnehin nur dem persönlichen Wohlfühleffekt des Gitarristen dient: Fathers little Helper) nicht dazu. Hat verschiedene Gründe:

Viel Effekt ist meist auch viel Sound bzw. Frequenz, und da gibts einfach Bereiche, die von anderen Instrumenten abgedeckt werden und wo man sie nicht stören sollte. Wenn da zum Bsp. ein paar Bläser rumstehen und ein Keyboarder, freuen die sich, wenn gleichzeitig mit ihnen kein Delay erklingt (das klart nämlich die Rhythmik auf, und Bläser und Keyboarder haben ja bekanntermaßen immer Timingprobleme, auch wenn man da nicht drüber sprechen darf). Und im Solo ein Delay zu benutzen, dient auch nicht wirklich der Klarheit, man wünscht sich halt hinterher, wenn man die Aufnahme hört, immer, man hätte grad eines zur Hand gehabt ... nur so'n kleines, an dieser einen Stelle ....

Übrigens auch kein Chorus oder wenig. Da gibts nämlich rasch mal leichte bis mittlere Frequenzabweichungen, und Bläser haben ja meist ein Ansatz- und Intonationsproblem & freuen sich, wenn die Klampfe das nicht noch zusätzlich verunklart. Und was das Keyboard betrifft, dürft ihr mich jetzt schlagen, aber ein Chorus bei Tasteninstrumenten (gleich welcher Art) ist so viel differenzierter, präziser, moderner und wirkungsvoller als bei Gitarren, dass es raucht. Da hab ich doch lieber eine wirklich gitarrige Gitarre vor einem wirklich schönen Keyboard, und keine 2 Chorus, die sich in die Quere kommen .....

Das bringt mich auf was anderes, und das ist die grundsätzliche Rollenverteilung in der Band: Wenn man der Gitarre ihren Platz (und damit eben auch ihren Sound) zuweist, dann kriegt das Publikum mit, was eine Gitarre ist und wann sie spielt (die ganz hellen merken sogar, was sie spielt), und es erleichtert daneben auch noch die musikalische Arbeit: Der Rest der Band weiß schon ungefähr, wer für welche, ich sag mal, musikalische Geste zuständig ist, und kann sich drauf einstellen. Ein Rhodes darf ein Rhodes sein, eine Gitarre eine Gitarre, und plötzlich klappt's auch innerhalb der Band mit dem Nachbarn. (BTW: Wer für eine Band Stücke macht & auf der Suche nach einem Bandsound ist, der das ganze Projekt auch nur ein bisschen unterscheidungsfähig macht, kann auf enstprechende Zuweisungen schlechterdings nicht verzichten.)

Schließlich das wichtigste, und jetzt komme ich aber echt bald zum Schluss: Gitarristen neigen stärker als Keyboarder dazu, mit dem Sänger zu konkurrieren (ist eine psychische Sache), und das darf man ja nicht, bekanntermaßen. Es gilt der Erfahrungswert: Je aufwendiger ein Gitarrist seinen Sound gestaltet & pflegt, desto eher muss man zu ihm sagen, dass das jetzt grad die Strophe war, und dass da später noch mal der Refrain kommt.

In diesem Sinne also: Bei "richtigen" Bands ein Plädoyer für ein kleines, im besten Sinne "gitarristisches" Setup: Mit & ohne Gain, Chorus nur homöopathisch, und Wah natürlich (denn das werden diese verd.... Keyboarder nämlich nie hinkriegen, und wenn sie sich auf den Kopf stellen).

(PS: Wenn du Scott Henderson bist, ist natürlich alles wieder ganz anders.)

Gruß,

Michael (Jacuzzi)


NP: Scott Henderson, "Lady P", verbunden mit der dringenden Empfehlung an alle, sich bitte unbedingt diese Platte zu kaufen: "Well to the Bone". Was kann man da lernen! Ich verschick auch gern mal (Urheberrechtsmodus off) ein MP3 zu Anschauung (Urheberrechtsmodus on), aber erst näxte Woche, weil nämlich die Sonne immer noch scheint & ich jetzt endlich rausgehe.


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