Re: gitarristen-midlife-crisis...!?


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Beitrag von Kurt (auch ein Jazzer) vom Mai 09. 2003 um 17:48:37:

Als Antwort zu: gitarristen-midlife-crisis...!? geschrieben von martin am Mai 05. 2003 um 21:07:30:

Hallo Martin,

ich bin selber jenseits der Mitte 30 und kenne das
Gefühl nur zu gut. Ich entwickle mich auf der Gitarre
nur im absoluten Schneckentempo vorwärts - und hab die
prima Standard-Ausreden dafür: Job, Ehefrau, Kinder, Haus ..

Ich spiele seit neun Jahren in einer Jazzcombo mit fast
unveränderter Besetzung (nur die Bläser: 1 Sax, später kam
ein Flügelhorn dazu, erfuhren Veränderung). Und leider -
oder glücklicherweise - entwickelt sich die ganze Band
in demselben Schneckentempo! Manchmal habe ich sogar den
Eindruck, die Band entwickelt sich noch langsamer als ich,
obwohl ich sicher der übefaulste von allen bin.

Um das frustrierende Gefühl, eigentlich so gut wie NICHTS
zu können, für eine gewisse Zeit zu überwinden, dienen mir
Jazzworkshops, am besten einwöchige. Ich besuche sie aber
nicht nur zur Frustüberwindung, sondern um Urlaub zu machen
und dabei tierisch guten, absoluten SUPER-SPASS zu haben!
(ich finde keinen geeigneten Ausdruck der Superlative)
Das ist - ich kann meinen Vorrednern nur zustimmen - das
wichtigste beim Musikmachen als Amateur (=Liebhaber!): SPASS.

Außerdem geht's bei solchen Workshops sicher nicht so
stressig zu wie bei Bujazzo-Arbeitsphasen - aber das
allgemeine Niveau ist natürlich auch vieeeel niedriger.

Wichtig finde ich dabei, daß es kein reiner Gitarristen-
Workshop ist, denn dann entkommst Du nicht dem Dilemma,
dich ständig im Vergleich mit "Besseren" zu sehen.

Was ist aber "besser"? Schneller mit den Fingern? - Der Beste
von allen (Jim Hall) spielt langsam! Alle Akkorde ausspielen? John Scofield (kann es zwar aber er) macht
es meistens nicht!
Worauf kommt es an? Für das wichtigste halte ich: timing,
groove, und wiedererkennbare Motive/Lines über einen
"quasi geatmeten Bogen" wie ein Bläser oder Sänger, dem
irgendwann die Luft ausgeht und seinem Lick ein Ende setzen
muß, zu spielen.
Das, was allgemein als gut&besser gilt: Schnelligkeit
und alle Skalen/Harmonien gecheckt zu haben, wofür du auch üben
mußt wie ein Schwein, diese Dinge sind "nur" Mittel zum Ausdruck,
die dir vielleicht (noch) nicht zur Verfügung stehen.
Was "Bedeutendes" sagen mit Deinem Spiel kannst Du auch
ohne diese Mittel.


Aus eigener bzw. Hörensagen-Erfahrung empfehle ich dir
folgende Frustbrecher-Workshops: Erlangen, Bielefeld, Trier.

keep things swinging
kurt


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